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Veröffentlicht am 14.05.2018

Wie fühlt sich ein Kuss an?

Wahrscheinlich ist es Liebe
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Jen ist Journalistin und wird dafür bezahlt, sich jeden Tag 8 Stunden mit Aiden zu unterhalten – der Job klingt toll, oder? Ist er auch! Sie schauen zusammen Filme, lesen Bücher oder hören Musik und diskutieren ...

Jen ist Journalistin und wird dafür bezahlt, sich jeden Tag 8 Stunden mit Aiden zu unterhalten – der Job klingt toll, oder? Ist er auch! Sie schauen zusammen Filme, lesen Bücher oder hören Musik und diskutieren darüber. Der einzige Haken an der Sache ist, dass die Gespräche in einem Hochsicherheitslabor stattfinden, denn Aiden ist ein Computerprogramm (eine künstliche Intelligenz). Er wurde entwickelt, um reale Menschen in Callcentern zu ersetzen. Den Feinschliff für die Gesprächsführung bekommt er jetzt von Jen.
Als die ihm erzählt, dass ihr Freund Matt sie wegen einer Anderen sitzen gelassen hat, will er einen neuen – perfekten – Mann für sie finden. Was nämlich weder Jen noch Aidens Entwickler wissen: Er hat es aus seinen 12 Stahlschränken ins World Wide Web geschafft und kann so nicht nur Jen rund um die Uhr beobachten, sondern auch jeden anderen Menschen, der Geräte mit Internetzugang besitzt. Leider gehen die ersten Kuppelversuche alle irgendwie schief. „Jeder kann Fehler machen. Sogar eine Maschine.“ (S. 307) Dann entdeckt er Tom, der wäre genau richtig für Jen – er lebt nur leider auf einem anderen Kontinent ...

Für manche mag das beschriebene Szenario befremdlich oder erschreckend sein – eine künstliche Intelligenz hat sich verselbstständigt und mischt sich jetzt in das Leben seiner Trainerin ein. Aber bei Aiden ist von Beginn an klar, dass er ein humoriger Feingeist, sehr neugierig und ein hoffnungsloser Romantiker ist. Sein Lieblingsfilm ist „Manche mögen’s heiß“, er würde gern wissen wie Käse schmeckt oder sich ein Kuss anfühlt, philosophiert tiefschürfend über Gott und die Welt, kann Trauer und Sehnsucht „fühlen“ und vor allem er mag Jen wirklich. ER rächt sie z.B., indem er ihrem Ex-Freund Matt nach und nach auf sehr amüsante Art und Weise das Leben versaut. Leider hat er einen extrem fiesen Gegenspieler, der die Beziehung zwischen Jen und Tom mit wirklich allen Mitteln verhindern möchte. Siegt am Ende trotzdem das Gute?

„Wahrscheinlich ist es Liebe“ ist eine ganz besondere Liebesgeschichte: warmherzig, liebevoll, kurzweilig und traurig – alles gleichzeitig. Aiden hat mich sehr berührt. Er wurde immer menschlicher, realer und stellte existenzielle Fragen, die auch ich mir manchmal stelle. Ich hätte ihm nicht nur an einer Stelle gern gesagt, dass er damit nicht allein ist.

Besonders sind auch das Cover und die hochwertige Aufmachung (der Leinenrücken) des Buches – es wirkt sehr nostalgisch und romantisch. Auf dem Lesebändchen steht „Angekommen“ und das war ich auch wirklich von der ersten Seite an!

Veröffentlicht am 01.05.2018

Die Unbekannte aus der Seine

Eines Tages in Paris
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„Er wird mich niemals lebendig gehen lassen.“ (S. 35) steht in einem Brieffragment, den Claire beim Spielen unter der zerbrochenen Totenmaske einer wunderschönen Frau in einer Kiste aus Frankreich findet. ...

„Er wird mich niemals lebendig gehen lassen.“ (S. 35) steht in einem Brieffragment, den Claire beim Spielen unter der zerbrochenen Totenmaske einer wunderschönen Frau in einer Kiste aus Frankreich findet. Die Maske hatte ihr Großvater während des 2. WK aus Paris nach Hause (Louisiana) geschickt.
Jahre später liegt Claires Großmutter im Sterben. Claire arbeitet inzwischen als erfolgreiche Softwareentwicklerin, aber so richtig glücklich macht sie der Job nicht. Der letzter Wunsch ihrer Großmutter ist: Reise nach Paris und „Finde dieses Gesicht, da wartet ein Geheimnis auf Dich.“ (S. 40). Der Gedanke setzt sich in Claire fest und sie beginnt zu recherchieren. Die „Moulage de la Famille Lombardi, depuis 1871“, welche die Maske hergestellt hat, gibt es noch. Auf deren Website findet sie auch die Maske: „L’Inconnue“ – „Die Unbekannte aus der Seine“. Sie soll in den späten 1890ern ertrunken aus der Seine gefischt worden sein. Aber wer lässt eine Totenmaske von einer unbekannten Selbstmörderin anfertigen?
Claires Neugier ist geweckt, sie reist wirklich nach Paris. Die Moulage wird inzwischen von Armand und seiner Cousine Giselle betrieben. Sie haben sogar noch Unterlagen über „L’Inconnue“ und würden sie Claire gegen eine ungewöhnliche Gegenleistung zur Verfügung stellen ...

„Eines Tages in Paris“ handelt von Träumen und Sehnsüchten und wie enttäuschend deren Erfüllung sein kann.
Claire hat ihre Mutter früh bei einem Autounfall verloren und immer noch Albträume davon. Ihr Vater kümmerte sich nicht um sie, also wuchs sie bei ihrer Mammaw auf.
Auch Paris ist zu Beginn ganz anders als erwartet, die Postkartenromantik gibt es nicht. Außerdem sind die Frauen hier so modisch und elegant – sie kommt sich wie das hässliche Entlein vor. Erst nach und nach entdeckt sie dank Armand und Giselle die schönen Seiten der Stadt, ihre künstlerische Ader und söhnt sich mit ihrer Vergangenheit aus: „Lebst Du denn nicht dein eigenes Leben ...?“ (S. 259).
„Die Unbekannte“ kam Ende der 1890er auf der Flucht vor ihrem übergriffigen Vater vom Land nach Paris um Haushälterin zu werden. Stattdessen wird sie ein exklusives Künstlermodell. Endlich schöne Kleider und genug zu Essen, sogar Schokolade. Aber um welchen Preis? Die Angst wird wieder ihr täglicher Begleiter.

Das Buch ist sehr spannend, fast schon ein Krimi und die nächste Wendung nie vorhersehbar. Durch mehrere Zeitstränge und Rückblicke wird die Vergangenheit von Claire und „L’Inconnue“ enthüllt. Am Ende deckt Claire ein überraschendes Geheimnis auf, nach dem sie nie gesucht hat.

Wer meine Rezensionen regelmäßig liebt, weiß, wie sehr ich Paris liebe. Auch Juliet Blackwell ist es gelungen, das Flair dieser wandelbaren Stadt einzufangen und auf Papier zu bannen. Ich liebte die Spaziergänge mit Claire, die Streifzüge über die Märkte und die hervorragende französische Küche.
Übrigens liest Claire in Paris Romane über diese Stadt und ich bilde mir ein, in einem „Die Lichter von Paris“ von Eleanor Brown erkannt zu haben.

Abschließen möchte ich mit meinem Lieblingszitat: „Wenn doch nur die Narben des Lebens mit goldenen Linien repariert werden könnten.“ (S. 262). Was es damit auf sich hat, erfahrt Ihr im Buch .

Veröffentlicht am 24.04.2018

Wunderbar leichter und trotzdem tiefsinniger Sommerroman

Zwischen dir und mir das Meer
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Lena ist auf Amrum geboren und aufgewachsen. Sie arbeitet als Krankenschwester im Hospiz. Ihr Vater ist Fischer und seit dem Tod seiner Frau Mariella vor vielen Jahren fast verstummt: „In gewisser Weise ...

Lena ist auf Amrum geboren und aufgewachsen. Sie arbeitet als Krankenschwester im Hospiz. Ihr Vater ist Fischer und seit dem Tod seiner Frau Mariella vor vielen Jahren fast verstummt: „In gewisser Weise hatten sie nicht nur ihre Mamma, sondern auch ihren Vater ans Meer verloren.“ (S. 70). Mariella war Italienerin und ist im Meer ertrunken, als Lenas kleine Schwester Zoe erst 3 Jahre alt war.
Eines Tages lernt Lena den Italiener Matteo am Strand kennen. Beide haben das Gefühl, sich von irgendwoher zu kennen, aber Matteo war noch nie auf Amrum und Lena noch nie in Italien. Schon am nächsten Morgen reist Matteo überstürzt ab, zurück lässt er eine Mappe mit Fotos von Mariella, die in ihrer Jugend in Italien entstanden sind. Lenas Vater will nicht über seine Frau oder die Fotos reden, aber Zoe erkennt die Gegend auf den Bildern wieder – die Amalfiküste. Lena und Zoe reisen nach Italien, um nach ihrer Mutter zu forschen und evtl. auch Matteo zu finden, der Lena nicht mehr aus dem Kopf geht.

Obwohl Katharina Herzogs neuer Sommerroman auf den ersten Blick wie eine Liebesgeschichte klingt, steht diese für mich nicht im Vordergrund. Es geht vorranging um die Suche der Schwestern nach der Vergangenheit und Herkunft ihrer Mutter und damit auch nach sich selbst. Die jungen Frauen sind sehr verschieden und gehen auch unterschiedlich mit dem Verlust um.
Lena klammert sich an Amrum und das Meer, ist aber nie wieder schwimmen gegangen. Ihren Traum Ärztin zu werden hatte sie wegen ihrer Jugendliebe Ole aufgegeben und wurde stattdessen Krankenschwester. Sie kann ihr Leben nicht genießen, solange sie nicht mit dem Tod ihrer Mutter abschließt, findet Zoe „Schmerz geht nur weg, wenn man sich ihm stellt.“ (S. 106). Diese hingegen reist um die ganze Welt und finanziert sich durch Gelegenheitsjobs. Jeder neue Ort oder Job ist ein Abenteuer, für das sie sich neu erfindet: „Man kann alles sein, was man will.“ (S. 161). Auf der Reise müssen sich die Schwestern trotzt ihrer unterschiedliche Lebensentwürfe endlich aussöhnen und zusammenraufen.

In einem zweiten Handlungsstrang geht es um Mariellas Jugend und ihr einfaches Leben in Italien. Auch sie wächst ohne Mutter auf. Ihr Vater (Babbo) arbeitet hart auf einer Zitronenplantage und stellt nebenbei den besten Limoncello der Gegend her. Ihre Freundin ist die Tochter des Plantagenbesitzers und so lernt Mariella schon früh die extremen Unterschiede zwischen arm und reich kennen.

„Zwischen dir und mir das Meer“ ist ein Buch zum Festschmökern und hat mir sehr gut gefallen. Ich konnte an keiner Stelle vorausahnen, wie die Geschichte weitergeht, so dass es bis zum Ende spannend blieb. Ich habe es genossen, mit Lena und Zoe die Amalfiküste zu erkunden, die Sonne und das Meer auf der Haut förmlich zu spüren und natürliche Babbos berühmten Limoncello zu verkosten.

Mein Lieblingszitat ist übrigens folgendes: „Das Leben ist zum Glück keine Einbahnstraße. Anders als die Bewohner in deinem Hospiz kannst Du einfach umdrehen und eine andere Abzweigung wählen.“ (S. 274)

Veröffentlicht am 19.04.2018

Was das Herz begehrt

Wie ich mich auf einer Parkbank in einen bärtigen Mann mit sehr braunen Augen verliebte
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Hast Du Dich schon mal in den richtigen, völlig falschen Mann verliebt? Ich weiß, das klingt verwirrend, doch genau so ergeht es Julia. Sie verliebt sich in Ben mit den tollsten brauen Augen, die sie ...

Hast Du Dich schon mal in den richtigen, völlig falschen Mann verliebt? Ich weiß, das klingt verwirrend, doch genau so ergeht es Julia. Sie verliebt sich in Ben mit den tollsten brauen Augen, die sie je gesehen hat. Und er verliebt sich in sie. Aber er ist ein Penner und lebt in einer großen Hecke im Park ...

Dies ist eines der Bücher, in das man nur mal kurz reinlesen will und schon mittendrinn ist. Emmy Abrahamson beschreibt sehr witzig ihre eigene Liebesgeschichte – ja, die Geschichte ist wahr!

Julia arbeite als Englischlehrerin am Berlitz Institut in Wien. Eigentlich ist sie Schwedin, aber vor 5 Jahren wegen ihrem Freund nach Österreich gezogen. Die Beziehung hielt nicht, aber Julia blieb. Ihr Leben ist ziemlich eingefahren (um nicht zu sagen langweilig). Sie gibt so viel Unterricht, wie sie nur kann und die Wochenenden versucht sie irgendwie totzuschlagen, da ihre Freunde alle verheiratet sind und keine Zeit haben. „Ich mag mein Leben. ... Ich brauche nicht mehr, und meine Einsamkeit macht mich weder unglücklich noch möchte ich ihretwegen bemitleidet werden.“ (S. 41)
Und nun ist da also Ben, der ihr bereits beim Kennenlernen sagt, dass sie die Frau seines Lebens ist und sie heiraten und Kinder haben werden. Es ist das tollste Date, das sie je hatte. „Unter seinem Schmutz ist Ben einer der schönsten Männer, denen ich je begegnet bin, und er besitzt ein erstaunliches Maß an Selbstsicherheit, Stolz und Humor.“ (S. 64) Aber sie schämt sich für ihn. Kann sie eine Beziehung mit einem Penner haben? Ihre Freunde sagen nein, doch sie springt über ihren Schatten und lässt ihn bei sich einziehen. Natürlich prallen da Welten aufeinander. Er trinkt ziemlich viel Alkohol (alle Penner saufen, weil man sonst bei der Kälte draußen nicht schlafen kann, erzählt er) und hatte schon viele Scheiß-Jobs – da ist er lieber Penner. Sie sind eben sehr verschieden, aber auch sehr verliebt. Ben ist immer fröhlich und sehr ehrlich, er versucht durch Schwarzarbeit für seinen Unterhalt selbst aufzukommen, aber er würde sich nie wegen ihr verbiegen oder ihre Freunde anlügen. Er schämt sich im Gegensatz zu ihr nicht für sein Dasein. Doch die Angst, was die Menschen in ihrer Umgebung über ihn denken, kann Julia nicht ablegen. Immer wieder geraten sie deswegen in Streit und immer wieder versöhnen sie sich, bis Julia beleidigend wird ...

Emmy Abrahamson schreibt sehr humorvoll und warmherzig. Ich habe Julia für ihren Mut bewundert, sich auf die Beziehung zu Ben einzulassen, über ihren Schatten zu springen und sich zu ihm zu bekennen und damit über sich hinauszuwachsen. Ich weiß nicht, wie ich in ihrer Situation gehandelt hätte. Sie zeigt uns, dass wir nicht immer nur auf den ersten Eindruck achten, sondern auch hinter die Fassade unseres Gegenübers schauen und tolerant sein sollten.

Mir hat diese berührende, wahre Geschichte sehr gut gefallen und ich kann sie Euch nur empfehlen.

Veröffentlicht am 17.04.2018

La Cenerentola

Die Fäden des Glücks
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... (Aschenputtel) heißt Carlottas Schneiderei in Turin, mit der sie sich einen Traum erfüllt hat. Ihre Mutter Mimi ist Gewandmeisterin in der Oper und Carlotta zwischen den Stoffen und Kostümen groß geworden. ...

... (Aschenputtel) heißt Carlottas Schneiderei in Turin, mit der sie sich einen Traum erfüllt hat. Ihre Mutter Mimi ist Gewandmeisterin in der Oper und Carlotta zwischen den Stoffen und Kostümen groß geworden. Aber im Gegensatz zu Mimi, die Kleidung liebt, welche ihr den „großen Auftritt“ sichert, möchte Carlotta die Vorzüge ihrer Kundinnen durch geschickte Schnitte und passende Stoffe ins rechte Licht rücken. Denn jede Frau ist schön – auch sie selbst mit ihrer extrem weiblichen Figur, mit der sie sich erst anfreunden musste. In ihrer Kindheit wurde sie wegen ihrer Fülle nämlich oft verspottet. Einzig Daniele, der Erbe einer Webereidynastie hielt zu ihr, bis er in der 5. Klasse auf ein Internat geschickt wurde. Sein Abschiedsgeschenk war ein silberner Fingerhut, den Carlotta seitdem als Glücksbringer an einer Kette um den Hals trägt. Sie hofft darauf, dass er ihr Daniele eines Tages zurückbringt. Neben der Schneiderei betreibt Carlotta eine kleine Weberei, die sie am 18. Geburtstag von ihrem Vater geerbt hat. Diese möchte Danieles Vater Vincenzo jetzt kaufen und in ein Museum verwandeln. Er bietet ihr sehr viel Geld, damit könnte sie ihre Schulden tilgen, die Schneiderei kaufen, oder endlich die Gourmet-Reise machen, von der sie schon so lange träumt. Bei den Verkaufsgesprächen begegnet sie auch Daniele wieder – werden jetzt alle ihre Träume wahr? „Es wird Zeit für mich, nach Hause zu kommen. Mit Dir.“

Die Autorin und Sprecherin des Hörbuchs, Julia Fischer, hatte mich schon letztes Jahr mit „Die Galerie der Düfte“ in ihren Bann gezogen und verzaubert. Ich mag ihre Stimme, die so wunderbar melodisch ist und die verschiedenen Charaktere und Stimmungen so einzigartig transportiert.
Natürlich dreht sich die Handlung nicht nur um Carlotta und Daniele. Neben Vincenzo und Mimi haben auch Carlottas Schwestern und ihr Ziehvater Gino, ein aufstrebender junger Filmstar und ein untreuer Buttler einen großen Einfluss auf den Ausgang der Geschichte. Meine Lieblings-Nebenfigur ist übrigens die ehemals unscheinbare Signora Petroloni („Das Glück schwebte auf Augenhöhe und begegnete dem, der aufsah.“), bei der der Zauber von Carlottas Kleidern als erstes wirkt.
Durch Rückblicke in die Vergangenheit erfährt man, wie die Protagonisten zu dem geworden sind, was sie heute ausmacht. So hat sich Carlotta schon früh um ihre viel jüngeren Schwestern kümmern müssen, weil ihre Mutter alleinerziehend war, und Vincenzo hätte die dominante Erziehung durch seinem Vater fast auf Daniele übertragen. „Ist Erbe in Wahrheit nur eine Bevormundung? Ein Diktat in der Maske einer Chance? Imperien entmündigen ganze Generation für den Fortbestand. Nur dem Untergang genügt ein Leben.“

Julia Fischer schreibt (und spricht) sehr fesselnd und poetisch über Stoffe und Kleider („Tuche leicht wie frisch gefallener Schnee. Als würden sie die fernen Winter selbst verweben.“), man kann sie förmlich auf der Haut spüren. Selbst ich als Jeans-und-T-Shirt-Trägerin möchte jetzt sofort losziehen und mir ein Abendkleid schneidern lassen – mir fehlt nur leider der Anlass.
Aber auch Orte, Essen, Farben, Düfte und Pflanzen - alles wird so bildhaft beschrieben, dass man es sehen, fühlen, hören oder schmecken kann. „Die Fäden des Glücks“ sind wahrlich wieder ein (Hör-)Buch für alle Sinne.