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Veröffentlicht am 29.04.2018

Ein interessanter, bewegender und Mut machender Roman über die Rolle unterschiedlicher Frauen in der Gesellschaft

Der Zopf
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Die Welt ist voll von starken Frauen. Doch oftmals ist es nicht leicht für sie, ihren Weg zu gehen. Gesellschaftliche Konventionen, vorbestimmte Rollenbilder und von Männern beherrschte Domänen hindern ...

Die Welt ist voll von starken Frauen. Doch oftmals ist es nicht leicht für sie, ihren Weg zu gehen. Gesellschaftliche Konventionen, vorbestimmte Rollenbilder und von Männern beherrschte Domänen hindern sie daran und zwängen sie in ein Klischee, das längst nicht mehr tragbar ist. Drei dieser Frauen, die mit großem Mut und Durchhaltevermögen ihrem Leben eine neue Richtung geben, bestimmen die Handlung in diesem Roman, der gleichermaßen bewegend und ernüchternd ist.

Da ist zum einen die Italienerin Giula, die anstatt ihre Fähigkeiten für ein Studium zu nutzen, lieber in die Perückenfabrik ihres Vaters einsteigt und plötzlich von dem Ruin des Familienunternehmens steht. Zum anderen lernt der Leser die Inderin Smita kennen, die verdammt dazu ist, eine Schmutzsammlerin zu sein und von einem besseren Leben für ihre Tochter träumt. Und dann gibt es da noch die kanadische Anwältin Sarah, deren Tag viel zu wenig Stunden hat, bis sie von einer schweren Krankheit heimgesucht, ihr Lebensziel neu überdenkt.

Laetitia Colombani versteht es, mit einfachen Worten und viel Gefühl über das Schicksal von Giulia, Smita und Sarah zu erzählen, die sich nie kennenlernen werden und doch irgendwie miteinander verbunden sind. Dabei nimmt sie sich ausreichend Zeit, um ihre Probleme, ihre Gefühle und ihre Hoffnungen darzustellen und gleichzeitig aufzuzeigen, wie kräftezehrend ihr täglicher Kampf um ein selbstbestimmtes Leben ist. Aber auch ihre glücklichen Momente stellt sie heraus, wenn eine kleine Errungenschaft wieder neuen Antrieb für weitere Vorhaben gibt.

Charakterlich sind die drei Frauen sehr unterschiedlich. Während Smita aufgrund ihres Status in der Gesellschaft ruhig und zurückhaltend in Erscheinung tritt, zeichnet sich die in einer liebevollen Familie aufgewachsene Giulia durch Toleranz und Lebensfreude aus, währenddessen die dreifache Mutter Sarah alles daran setzt, mit enormen Ehrgeiz voranzukommen. Doch in einem sind sie sich gleich. Ihr unbändiger Wille sorgt dafür, dass sie sich nicht unterbuttern lassen.

Fazit:
Ein interessanter, bewegender und Mut machender Roman, der die Rolle unterschiedlicher Frauen in der Gesellschaft thematisiert und dabei angenehm unterhaltsam ist.

Veröffentlicht am 29.04.2018

Ein humorvoller Roman für Zwischendurch, der gut unterhält, aber wenig Tiefgang besitzt

Manchmal will man eben Meer
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Eine Mutter-Kind-Kur in Cuxhaven ist zwar nicht das, was sich die Journalistin Yola Wolkenstein erträumt, aber für ihre 4-jährige Tochter Janelle nimmt sie es gerne in Kauf, 3 Wochen mit viel Sport, gesundem ...

Eine Mutter-Kind-Kur in Cuxhaven ist zwar nicht das, was sich die Journalistin Yola Wolkenstein erträumt, aber für ihre 4-jährige Tochter Janelle nimmt sie es gerne in Kauf, 3 Wochen mit viel Sport, gesundem Essen und frischer Luft an der Nordsee zu verbringen. Doch kaum ist sie mit ihrem "Wölkchen" dort angekommen, werden sie auch schon mit lautstarken Kinder und nervige Mütter konfrontiert, während Yola gleichzeitig telefonische Hiobsbotschaften von ihren Redaktionskolleginnen erhält. Ein Albtraum, der auf keinen Fall die gewünschte Erholung verspricht. Und trotzdem gelingt es Yola das Beste aus dem Chaos zu machen und dafür wird sie mit wundervollen Freundschaften, einem unvorhergesehenen Abenteuer und lebensverändernden Erkenntnissen belohnt.

"Manchmal will man eben Meer" ist ein lockerleichter und humorvoller Roman, der seine Leser an die Küste entführt, wo sie gemeinsam mit Yola und Janelle die Höhen und Tiefen einer Kur durcherleben. Angefangen mit muskelkatererzeugender Aquagymnastik über kräftezehrendem Walking bis hin zu wunderschönen Strandbesuchen sind sie stets dabei und lernen nicht nur die wundersame Wirkung Kneippscher Güsse kennen, sondern auch eine Reihe an Frauen, die es in ihrem Alltag nicht immer einfach haben. Doch anstatt den Kopf in den Sand zu stecken, nehmen diese sich ihrer Probleme an und machen das Beste daraus. Vor allem während der knapp bemessenen Freizeit am Meer, wo sie endlich auch einmal nur an sich denken können.

Lustige Sprüche und offenherzige Bekenntnisse sind an der Tagesordnung, wenn die bunt durcheinandergewürfelte Truppe von Müttern die Kureinrichtung und ihre Umgebung unsicher macht. Da wird getrunken und gelacht, ein Rockkonzert steht plötzlich auf dem Plan und die erotische Ausstrahlung des männlichen Klinikpersonals wird diskutiert. Aber auch ernste Gespräche gibt es ab und an, die aber leider viel zu kurz und selten sind. So erlebt der Leser mit "Manchmal will man eben Meer" einen turbulenten Roman, bei dem kein Auge trocken bleibt und der neben der Lust auf einen Strandspaziergang auch das Bedürfnis nach einem zünftigen Mädelsabend weckt. Nur die wirklich wichtigen Probleme kommen hier einfach zu kurz, was ein wenig schade ist.

Fazit:
Ein humorvoller Roman für zwischendurch, der gut unterhält, aber wenig Tiefgang besitzt.


Veröffentlicht am 24.04.2018

Wunderbar spannend und unvorhersehbar

Ihr totes Herz
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Jessie amüsiert sich auf einer Party, als das Schreckliche geschieht. Gerade noch mit einem Drink an der Bar wacht sie auf einem Steg am Wasser wieder auf und spürt, dass sie vergewaltigt worden ist. Ein ...

Jessie amüsiert sich auf einer Party, als das Schreckliche geschieht. Gerade noch mit einem Drink an der Bar wacht sie auf einem Steg am Wasser wieder auf und spürt, dass sie vergewaltigt worden ist. Ein Trauma, das Jessie schon einmal durchlitten hat, nur, dass es damals mehrere Opfer gab und sie nicht mit Blut an den Händen in der Nähe einer Leiche zu sich gekommen ist. Deshalb ergreift Jessie völlig verstört die Flucht und hofft, dass der grausame Albtraum bald ein Ende hat.

"Ihr totes Herz" ist nach "Schwarze Magnolien" der zweite Thriller von Rebeca M. Williams. Einem Pseudonym, hinter dem eine erfolgreiche deutsche Romanautorin steckt, die zuvor als Juristin tätig war. Deshalb wundert es nicht, dass sie mit Jessies Ex-Verlobten Bert einen versierten Anwalt ins Rennen schickt, der seine einstige Freundin aus dem Schlamassel herauspauken soll. Und das, obwohl sie sich an überhaupt nichts erinnern kann und aufgrund der eindeutigen Spurenlage als Hauptverdächtige gilt.

Wunderbar spannend und mit einem Plot, der lange Zeit nicht verrät, was in der Partynacht geschehen ist, versteht es "Ihr totes Herz" zu fesseln. Sei es durch Andeutungen über Jessies früheres Leben, das von Gedächtnisausfällen und diversen Männerbekanntschaften geprägt ist oder durch Bedenken von Jessie selbst, die sich das fremde Blut an ihrer Kleidung nicht erklären kann. Und dann sind da noch Zeugen, die Jessie gesehen haben wollen und Gegenstände, die in ihrer Wohnung auftauchen und vom Tatort sind.

Rebeca M. Williams hat mit Jessie eine Figur geschaffen, die nicht jedermanns Sache ist. Einerseits erregt sie das Mitleid des Lesers, weil sie ohne eigenes Verschulden in eine missliche Situation gerät. Andererseits aber macht sie ihn wütend, weil sie völlig naiv und unkontrolliert von einem Dilemma in das nächste tappt. Hier wäre etwas mehr Glaubwürdigkeit angebracht, damit die Handlung realer erscheint und das durchlittene Martyrium einer jungen Frau noch lebendiger und nachvollziehbarer wirkt.

Fazit:
Ein gut geschriebener und unterhaltsamer Thriller, der nicht so schnell aus der Hand gelegt werden kann und bis ganz zum Schluss offen lässt, wer hier ein gefährliches Spiel mit allen Beteiligten treibt.

Veröffentlicht am 30.03.2018

Eine gelungenen Kombination aus Verbrechen und Humor

Ostfriesenfete
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Als der ostfriesische Kommissar Rupert von seiner einstigen Schulkameradin Nadja eine Einladung zu einer Loserparty auf Langeoog erhält, wundert er sich. Schließlich war Nadja immer darauf erpicht, die ...

Als der ostfriesische Kommissar Rupert von seiner einstigen Schulkameradin Nadja eine Einladung zu einer Loserparty auf Langeoog erhält, wundert er sich. Schließlich war Nadja immer darauf erpicht, die Beste zu sein. Nun aber lädt ausgerechnet sie zu einem Treffen in ihrem Ferienhaus ein, wo jeder der Anwesenden seine schlimmste Niederlagen präsentiert. Soll das etwa eine späte Rache, weil Rupert damals in puncto Liebe zu ihr nicht ehrlich war? Oder ist er einfach nur der Ersatz für einen tollen Hecht, der kurzfristig abgesprungen ist? Rupert will´s wissen und stürzt sich in ein Abenteuer, das schon bald mit einem handfesten Verbrechen aufwarten kann.

Es ist eine wundervolle Idee, die Klaus-Peter Wolf in seinem Krimi verarbeitet hat. Denn anstatt mit tollen Häusern, schicken Autos und erfolgreichen Kindern zu buhlen, lässt er seine Figuren als Trottel oder Loser dastehen, um mit Häme im Gesicht über fremde Misserfolge herzuziehen. Dass das nicht gut gehen kann, ist wohl klar. So macht es zum einen keinen Spaß, sich vor anderen als Verlierer zu präsentieren und zum anderen ist mit Kommissar Rupert ein Mann mit dabei, dessen täglich Brot das Aufklären von Morden ist. Deshalb kommt es auch, wie es kommen muss. Einer der ehemaligen Schulkameraden ist am nächsten Morgen tot und ausgerechnet Rupert, der sein Licht nur ungern unter den Scheffel stellt, verpatzt seine Chance, ein Superbulle zu sein.

"Ostfriesenfete" ist eine kurze Episode aus dem unermüdlichen Schaffen des ostfriesischen Kult-Kommissars Rupert, dem diesmal wieder herrlich schräge Sachen passieren. Mit viel Humor, krimineller Energie und einem untrüglichen Gespür für die Verhaltensweisen von Menschen in Szene gesetzt, erlebt der Leser neben vielen amüsanten Dialogen, einen überheblichen Rupert, der sich mit Bruce Willis vergleicht und trotzdem einem schmierigen Fernsehkommissar unterlegen ist. Das Ganze wird wie gewohnt, mit einer ordentlichen Portion Lokalkolorit erzählt und einer Spannung, die in diesem Fall eher unterschwellig zutage tritt. Denn neben der genüsslichen Ausschlachtung menschlicher Schwächen bleibt halt wenig Platz für eine ausgiebige Mörderjagd.

Fazit:
Ob kurzes Intermezzo oder vielschichtiger Kriminalroman. Klaus-Peter Wolf weiß seine Leser mit einer gelungenen Kombination aus Verbrechen und Humor zu unterhalten.

Veröffentlicht am 25.03.2018

Ein subtiler Thriller, der leider viel zu lange braucht, um in Fahrt zu kommen

The Woman in the Window - Was hat sie wirklich gesehen?
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Die Psychologin Anna Fox verbringt ihre Tage damit, aus dem Fenster zu schauen und zu beobachten, was in ihrer Nachbarschaft vor sich geht. Denn bereits seit einem Jahr lebt sie allein in einem viel zu ...

Die Psychologin Anna Fox verbringt ihre Tage damit, aus dem Fenster zu schauen und zu beobachten, was in ihrer Nachbarschaft vor sich geht. Denn bereits seit einem Jahr lebt sie allein in einem viel zu großen Haus, das sie aufgrund ihrer Krankheit nicht verlassen kann. Ein tristes Dasein, das Anna nur mit Alkohol erträgt und so greift sie viel zu oft zu einem Glas Wein, obwohl sie von Psychopharmaka abhängig ist. Ein gefährlicher Cocktail, der Anna zum Verhängnis wird, als jemand ihre Nachbarin mit einem Messer niedersticht. Von Panik übermannt, ruft sie die Polizei, wird aber selbst von einer aufkommenden Ohnmacht niedergestreckt. Später dann, als Anna erwacht, werden ihre Beobachtungen als Hirngespinste abgetan, da es im Haus der Nachbarn keine Spuren eines Überfalls gibt.

"Woman in the Window" ist eine Adaption des Hitchcock-Klassikers "Das Fenster zum Hof", in dem ein im Rollstuhl sitzender Reporter aus purer Langeweile die Marotten seiner Nachbarn auspioniert und ist sich sicher, dass einer von ihnen seine Frau ermordet und zerstückelt hat. Eine merkwürdige Situation, die in diesem Fall nur auf die Wahrnehmungen einer einzigen Person basiert und dadurch mit enormen Zweifeln behaftet ist. Deshalb passt auch in A. J. Finns Version des Klassikers die gewählte Hauptfigur besonders gut. Denn Anna Fox ist eine Frau, der man aufgrund ihres seltsamen Verhaltens nur wenig Glauben schenken kann, da sie durch ein traumatisches Ereignis geprägt, labil und süchtig ist.

In wunderbar kurzen Kapiteln erzählt A. J. Finn in seinem Debüt die Geschichte eines perfiden Verbrechens, bei dem sich der Leser nie sicher sein kann, was Fiktion und was Wahrheit ist. So erhält er immer nur scheibchenweise wichtige Informationen, die er für die Einschätzung der Ereignisse braucht, während gleichzeitig beunruhigende Dinge geschehen. Wie ein Foto, das Anna erhält und das zeigt, dass ein Fremder sie beim Schlafen beobachtet hat oder eine Nachbarin, die sie besucht und Tage später eine ganz andere ist. Leider aber sind diese Angst einflößenden Vorkommnisse vor allem zu Beginn des Buches nur rar gesät und darum braucht der Leser Einiges an Geduld, bis er von der verhängnisvollen Handlung gefesselt wird.

Fazit:
Ein vielschichtiger Thriller, der subtil und mit gut gewählten Figuren ins Rennen geht, leider aber viel zu lange braucht, um durchgängig spannend zu sein.