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Veröffentlicht am 04.09.2018

Sehr bewegende Geschichte

Libellenschwestern
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Der Prolog beginnt an einem schwül-heißen Augustabend im Jahr 1939. Zu diesem Zeitpunkt wird das Schicksal der 12-jährigen Rill Foss und ihrer Geschwister besiegelt. Sie leben mit ihren Eltern als Fluss-Piraten ...

Der Prolog beginnt an einem schwül-heißen Augustabend im Jahr 1939. Zu diesem Zeitpunkt wird das Schicksal der 12-jährigen Rill Foss und ihrer Geschwister besiegelt. Sie leben mit ihren Eltern als Fluss-Piraten auf dem Mississippi in der Nähe von Memphis, Tennessee. Ihr Vater muss die hochschwangere Mutter mit Komplikationen ins Krankenhaus bringen, und während dieser Zeit werden sie gewaltsam von Beamten von Bord und in ein Waisenhaus der "Tennessee Children’s Home Society" gebracht. Dort beginnt eine grausame Zeit voller Demütigung und Misshandlung.

In einem zweiten Erzählstrang, der in der Gegenwart spielt, lernen wir die Senatorentochter Avery Stafford kennen, eine junge Anwältin, der eine politische Karriere vorherbestimmt ist. Avery lernt bei einem offiziellen Besichtigungstermin eines Altenheims die 90-jährige May Crandall kennen. Diese entwendet ihr das Libellenarmband, welches Avery von ihrer Großmutter May geschenkt bekam. Als sie es sich zurückholt, entdeckt sie in deren Zimmer ein altes Foto, auf welchem sie ihre Großmutter zu erkennen glaubt. Ihre Neugier ist geweckt, doch weder May Crandall, noch ihre demente Großmutter können oder wollen ihr diesbezüglich weiterhelfen. Trotzdem kommt Avery bei ihren Nachforschungen einem dunklen Kapitel ihrer Familiengeschichte auf die Spur.

Der Erzählstil ist flüssig und bildhaft. Lebendig werden die Ereignisse geschildert, die Protagonisten sind authentisch und real dargestellt. Der stete Wechsel der Zeitebenen zwischen Rill (Ende der dreißiger Jahre) und Avery (in der Gegenwart) hält die Spannung hoch und man kann als Leser kaum erwarten, wie es weitergeht. Im Laufe der Story ahnt man, dass die beiden Erzählstränge zueinander gehören und zum Schluss war ich emotional so berührt, dass ich die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte.

Dieses Buch kann ich jedem empfehlen. Wir erfahren in diesem Buch die erschütternde Wahrheit über die "Tennessee Children’s Home Society", und deren Leiterin, Georgia Tann, die unter dem Deckmantel der Wohltätigkeit Millionen Dollar mit dem Verkauf von Kindern an wohlhabende kinderlose Paare verdiente, die teilweise ihren Eltern entrissen wurden, um zwangsadoptiert zu werden.

"All jenen, die Waisenkindern helfen, ein Zuhause zu finden. Ich wünsche euch, dass ihr euch stets dessen bewusst seid, wie wertvoll eure Arbeit und eure liebevolle Hingabe sind." (Zitat Buchanfang)

Das Cover zeigt eine Libelle, aus vielen kleinen Mosaiksteinen zusammengesetzt und in Pastelltönen, und bei genauerem Hinsehen erkennt man in der Libelle einen Arm, der zu einer Frau in einem Sommerkleid gehört. Lisa Wingate gelingt es, ihren fiktiven Roman mit wahren Fakten zu unterlegen und daraus eine sehr spannende und emotional mitreißende Geschichte zu machen.

Fazit: Eine Geschichte, die tief berührt und unter die Haut geht. Demnach eine Empfehlung an Leserinnen und Leser, die es gern anspruchsvoller mögen.

(Recensio Online)

Veröffentlicht am 28.07.2018

Erschütternd und fesselnd

Wie der Wind und das Meer
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Erzählt wird die Geschichte von den Trümmerkindern Sarah und Paul, die bei einem Luftbombenangriff in München 1945 ihre Familien verlieren. Ich habe direkt die Bilder vor Augen von Krieg, Zerstörung, Gewalt ...

Erzählt wird die Geschichte von den Trümmerkindern Sarah und Paul, die bei einem Luftbombenangriff in München 1945 ihre Familien verlieren. Ich habe direkt die Bilder vor Augen von Krieg, Zerstörung, Gewalt und Hoffnungslosigkeit. Selbst Kinder wurden ab 1944 aufs Land geschickt, weswegen die Einwohnerzahl drastisch sank. Das stimmt mich traurig und lässt mich an meine Großeltern denken, die damals aus ihrer schlesischen Heimat vertrieben wurden. Mein Großvater fand meine Großmutter inmitten von Schutt und Asche und rettete ihr das Leben. So wie bei Sarah und Paul. Der elfjährige Junge irrt mit seinem Koffer durch die städtischen Überreste und stößt dabei auf die jüngere Jüdin Sarah. Da diese seiner verstorbenen Halbschwester ähnelt und er ihr helfen möchte, geben sich beide fortan als Geschwisterpaar aus. Ein Pakt, um zu überleben.

"Unsere Familie hat sogar einen Wahlspruch: Wir gehören zusammen wie der Wind und das Meer. Zusammen sind wir stark, zusammen kann uns nichts geschehen." (Seite 28)

Wir begleiten die beiden über viele Jahre hinweg und erfahren, wie sie ihr Leben nach dem Krieg verbringen. Dabei ermöglichen der bildgewaltige Schreibstil und die leicht verständliche Sprache der Autorin ein tiefes Abtauchen in die Geschehnisse. Eine riesengroße Lüge, die die beiden zur Kriegszeit schützte und die ihnen als Erwachsene allerdings zum Verhängnis wird. Wir erleben, wie sie sich lieben lernen, aufgrund bestimmter Umstände eigene Wege gehen müssen, auf andere Menschen treffen und den anderen jedoch ständig im Herzen tragen. Und wie es das Schicksal will, treffen beide wieder aufeinander. Gänsehaut-Momente, in denen mitgelitten und natürlich ausreichend mitgeheult wird! Ich frage mich, was aus ihnen geworden wäre, wenn sie doch rechtzeitig die Wahrheit gesagt hätten. Die Konsequenzen ihrer verbotenen Liebe sind für mich das Hauptthema.

Das Buch ist in fünf größere Abschnitte mit jeweils kürzeren Kapiteln unterteilt, was das Lesen deutlich angenehmer macht. Große Zeitsprünge bereiten mir meistens Schwierigkeiten und mindern den Lesefluss, hier allerdings spielt das überhaupt keine Rolle, weil man ohnehin eine Seite nach der anderen lesen möchte.

Ich muss gestehen, dass ich trotzdem eine Weile für diesen Roman brauchte, weil ich ihn hin und wieder zur Seite legen und über das Gelesene nachdenken musste. Allerdings denke ich, dass die Autorin das freut, denn schließlich geht es hierbei um ein wichtiges Thema. Man merkt, dass Lilli Beck viel diesbezüglich recherchiert hat. Das war definitiv nicht mein letztes Buch von ihr.

Fazit: Ein sehr ergreifendes und dramatisches Zeitzeugnis der deutschen Geschichte!

Veröffentlicht am 05.06.2018

Wahnsinn!

Tears of Tess - Buch 1
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REZENSION - "Tears of Tess"
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Vorab möchte ich erst einmal die Aufmachung des Buches loben. Ein Paperback mit einem Umschlag in für Festa typischer Lederoptik. ...

REZENSION - "Tears of Tess"
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Vorab möchte ich erst einmal die Aufmachung des Buches loben. Ein Paperback mit einem Umschlag in für Festa typischer Lederoptik. Fühlt sich super an und sieht hochwertig aus.

Ich lasse mich leider öfter mal von der Seitenanzahl abschrecken. Hier sind es 528. Normalerweise würde ich jetzt "Puh!" schreiben, aber tatsächlich fällt mir nur ein "leider ..." ein. 528 Seiten, die man gar nicht merkt. Man liest, fiebert und leidet mit und schwupps ist man am Ende angelangt.

"Tears of Tess" ist mein erstes Buch vom Festa Verlag und ein Versuch, ein neues Genre kennenzulernen: Dark Romance. Bücher, die erotische Szenen enthalten, jedoch - anders als bei einem pornografischen Roman - mit einer gut ausgearbeiteten Story punkten. Der Verlag selbst schreibt, dass zwar viele und heftige Sexszenen vorkommen, diese jedoch bewusst zur Entwicklung der Charaktere beitragen. Damit konfrontiert der Verlag mutig und konsequent die Branche und Medien, bricht Mauern ein, greift Tabu-Themen auf und zeigt beispielhaft, dass Kultur auch anders sein kann.

Dass fast nur Frauen dieses Genre schriftstellerisch bedienen, kann ich nachvollziehen, finde ich allerdings schade. Los, Männer, traut euch! Ich würde gern lesen, wie sich Dark Romance anfühlt, wenn es aus der Feder eines (männlichen) Autors stammt.
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Dieses Buch beginnt mit einem dramatischen, noch ruhigen Prolog. Tess und Brax sind ein glückliches Paar aus Australien und möchten ihre Zweisamkeit bei einer romantischen Reise nach Mexiko auskosten. Tess möchte die Gunst der Stunde nutzen, um Brax von ihren geheimen, sexuellen Fantasien und Neigungen zu erzählen. Was zunächst wie ein Liebes-Trip klingt, entpuppt sich bald zu einer Geschichte, aus der keiner mehr unverändert herauskommt. Tess wird von einem Frauenhändler entführt und verkauft. Der Albtraum beginnt ...

Ich lerne Tess als eine sehr sympathische, mutige und starke Frau kennen, die auch in den schlimmsten Momenten versucht, ihren Lebenswillen aufrecht zu erhalten. Sie beeindruckt mich mit ihrer Robustheit und Tapferkeit.

Q, ein weiterer Charakter in diesem Buch, verkörpert zunächst den reichen Bad Boy. Er ist sexy, sehr attraktiv, hat aber auch seine düsteren Seiten und wirkt oftmals recht besitzergreifend. Bei ihm weiß ich nicht, woran ich genau bin. Er bleibt ein aufregendes Rätsel. Bei den Sexszenen mit ihm bin ich einige Male rot angelaufen :D Später erzählt die Autorin mehr über seine Vergangenheit und gibt einen guten Blick hinter die Kulissen frei. Dadurch wird mir vieles, was er tut und sagt, verständlicher.

Als beide Protagonisten aufeinander treffen, fühlt sich das an wie ein unruhiger Vulkan. Man hat etwas Angst davor, dass er ausbricht, findet die Vorstellung dennoch faszinierend und kann den Ausbruch kaum erwarten.
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Der Schreibstil ist frisch, modern und liest sich flüssig. Die Sprache ist leicht verständlich, facettenreich und ziemlich explizit.

Die Kapitel sind mit Schwalben verziert, die mir gut gefallen. Im Laufe des Buches wird inhaltlich auf sie eingegangen.
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Fazit: Ein beeindruckendes Buch, welches mich fassungslos und emotional völlig durchgenommen (passt ja zum Genre) zurücklässt. Puh! Nichts für Zartbesaitete, aber für Leser mit Mut zu etwas Neuem.

Das Cover wirkt schlicht und harmlos. Das täuscht, meine Lieben! Oh! Ja!
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https://recensio-online.blogspot.com/2018/06/pepper-winters-tears-of-tess.html

Veröffentlicht am 03.06.2018

Spannend inszeniert

iCats Kamikatze
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Erst einmal vorweg: Der Titel wurde klasse gewählt, oder? Kamikatze! Gefällt mir - Achtung Wortwitz! - tierisch gut :)

Das Hörbuch startet quasi mittendrin und punktet auch zugleich mit einer actiongeladenen ...

Erst einmal vorweg: Der Titel wurde klasse gewählt, oder? Kamikatze! Gefällt mir - Achtung Wortwitz! - tierisch gut :)

Das Hörbuch startet quasi mittendrin und punktet auch zugleich mit einer actiongeladenen Szene. Katzenagentin Indy wird entführt. Oh nein! Dabei schafft es der Sprecher Simon Veredon eine angenehme Spannung aufzubauen. Die Hintergrundmusik spielt im angemessenen (üblichen) Zeitmaß (tempo giusto) und unterstützt den Suspense Effekt hervorragend. Hätte auch eine Szene aus "Mission Impossible" sein können. Die musikalische Begleitung dort gefällt mir ebenso gut wie hier. Und wer bitte kennt die Titel-Melodie nicht? summt
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Dass die Autorin mit einer guten Portion Humor ausgestattet ist, merkt man an vielen, wenngleich auch auf den ersten "Blick" unauffälligeren Details wie die Abkürzung KGB. Uns bekannt als der staatliche Geheimdienst Weißrusslands, hier jedoch bezeichnend für den KatzenGeheimBund. Passend also zur Katzenagentin, die mich oft an Catwoman erinnert. Sie ist ziemlich tough, selbstbewusst, intelligent und hat kein Problem damit die Krallen zu benutzen.

Die einzelnen Charaktere sind einzigartig, somit gänzlich verschieden und werden authentisch in Szene gesetzt. Am besten gefallen mir die Sächsisch sprechenden Brüder. Eine herrliche "Überraschung" in dem Katzen-Krimi. Ich habe die Stelle mehrmals angehört, weil sie so witzig ist.
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An wenigen Stellen empfinde ich die Neben- oder Hintergrundgeräusche unpassend. Wenn ich mich storytechnisch in einem Wohnzimmer befinde, in welchem sich zwei Kater unterhalten, erwarte ich nicht unbedingt lautes und belebtes Straßenleben. Das irritiert etwas.

Das Ankündigen von Gefahr hingegen wird von einem gut gewählten Crescendo (Dynamik der Musik) untermauert. Ich spüre förmlich die Bedrohlichkeit, der die mir sympathischen Akteure und deren Defensivkraft ausgesetzt sind.
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Die 25 Kapitel hören sich ratzfatz weg.

https://recensio-online.blogspot.com/2018/06/horeindruck-von-kerstin-fielstedde.html

Veröffentlicht am 20.05.2018

Was für ein Buch!

Im Blutrausch
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Auf Grund des Motives, entschied ich mich beim Cover für eine zensierte Version. Wer wissen möchte, wie dieses aussieht, kann beim Verlag nachsehen.

Jeder Fan von brutalen Thrillern mit Sex und Gewalt ...

Auf Grund des Motives, entschied ich mich beim Cover für eine zensierte Version. Wer wissen möchte, wie dieses aussieht, kann beim Verlag nachsehen.

Jeder Fan von brutalen Thrillern mit Sex und Gewalt kommt hier auf seine Kosten! Das Buch liest man nicht nebenbei, sondern hintereinander weg. Pageturner! Und was für einer, puh!

Manche Bücher sind so extrem, dass man nicht genau weiß, ob man sie weiterempfehlen sollte. Da ich jedoch in letzter Zeit auf viele Festa-Leser gestoßen bin und mitbekam, was sie mögen, ist eine Rezension zu "Im Blutrausch" sicher gut aufgehoben bei ihnen.

Ich habe dieses Buch nicht nur gelesen, sondern inhaliert. Es ist böse, derb, fies und ein ganz neues Terrain für mich. Meine ersten Gehversuche in diesem Bereich verliefen gut. Jetzt habe ich Blut geleckt :D

In dem Buch geht es um obsessive Gewalt, Folterungen, Kindesmisshandlung und Vergewaltigung einer Minderjährigen. Harter Tobak, Freunde!

Der betagte Ermittler Jack Eichord musste in seinem Leben schon mit mehreren Serienkillern Vorlieb nehmen und ist einiges gewohnt. Für ihn gibt es kaum noch Grenzen des Unfassbaren. Bis zu dem Tag X und einem Fall von grauenvoller Bestialität. Er jagt einen Mörder, der seine Opfer besonders grausam tötet. Zunächst scheint die Tat eher zufällig passiert zu sein, ohne tiefere Motive und ohne erkennbares Muster. Dann stellt sich jedoch heraus, dass es sich bei dem mutmaßlichen Killer um den Profi Frank Spain handelt. Dieser verfolgt persönliche Ziele und gilt daher umso gefährlicher.

Die Story wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, was - in einem vertretbaren Rahmen - ganz angenehm ist. So kann man etwas mehr hinter die Fassade der Figuren blicken und sich Gedanken um allerlei Häppchen machen, die uns der Autor im Laufe des Geschehens serviert. Der Schreibstil ist locker und trotz der Einfachheit ziemlich packend. Oder vielleicht genau deswegen?

Am Ende sitzt man da, die Kinnlade heruntergeklappt, die Augen vor Schreck geweitet und sich fragend, wozu das Tier "Mensch" eigentlich alles imstande ist.