Fesselndes, mysteriöses Krimi-Debüt
Der KreidemannMit ihrem Debüt „Der Kreidemann” hat die Engländerin C.J. Tudors einen fesselnden Thriller mit Mystery-Elementen verfasst, der zeitweise eher an einen Coming-of-Age-Roman erinnert, und in dem nichts so ...
Mit ihrem Debüt „Der Kreidemann” hat die Engländerin C.J. Tudors einen fesselnden Thriller mit Mystery-Elementen verfasst, der zeitweise eher an einen Coming-of-Age-Roman erinnert, und in dem nichts so ist, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint.
Erzählt wird die sehr komplexe Geschichte von der Hauptfigur Eddie auf zwei verschiedenen Zeitebenen, die zum einen im Jahr 1986 und zum anderen 2016 angesiedelt sind. C.J. Tudors versteht es mit ihrer mitreißenden, atmosphärisch dichten Erzählweise zunehmend eine unterschwellige Spannung aufzubauen, auch wenn die Handlung oft gemächlich voranschreitet. Durch den Wechsel zwischen den allmählichen Enthüllungen des Ich-Erzählers, über die ihn als 12-jährigen prägenden Ereignisse in seiner Kleinstadt, und den Verwicklungen in der Gegenwart entwickelt sich eine vielschichtige Geschichte um Freundschaft, Liebe, Hass, Rivalität, fatalen Begierden und den finsteren Abgründen der menschlichen Psyche. Schon bald wird deutlich, dass die Geschehnisse aus der Vergangenheit noch keinen Abschluss gefunden haben. Nach einigen überraschenden Wendungen zieht die Spannung zum Ende hin noch einmal enorm an und die Geschichte gipfelt in einem packenden, recht kurzen Showdown. Zum Ende hin werden allerdings die vielen offenen Fragen von der Autorin recht schnell und unspektakulär abgehandelt, um dem Leser abschließend eine schlüssige Auflösung zu liefern. Mich konnte diese allerdings nicht vollkommen überzeugen.
Neben der Hauptfigur Eddie hat die Autorin viele der Nebenfiguren abhängig von ihrer Rolle in der Handlung entsprechend vielschichtig ausgearbeitet, andere hingegen blieben etwas farblos. Insbesondere Eddies Freunde Mickey, Hoppo und Fat Gav und natürlich Nicky, das einzige Mädchen der Clique, sind mit ihren Geheimnissen und ihren dynamischen Beziehungen untereinander aber hervorragend getroffen und geben genug Anhaltspunkte für Spekulationen. In beiden Handlungssträngen ist der Autorin mit Eddie ein sympathischer, aber zugleich auch sehr ambivalenter Charakter gelungen, der mit seinem teilweise unheimlichen und undurchsichtigen Verhalten Skepsis an der Aufrichtigkeit und Vertrauenswürdigkeit als Erzähler aufkommen lässt.
FAZIT
Eine fesselnde, mysteriöse Geschichte - mit interessanten, gut ausgearbeiteten Charakteren aber wenig Thrill und einigen Ungereimtheiten. Trotzdem ein sehr unterhaltsames und lesenswertes Debüt!