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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.06.2018

Einfühlige, kurzweilige Geschichte

Die Frauen von Long Island
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MEINUNG:
Die Frauen von Long Island könnte als Titel nicht besser passen, denn die Hauptrolle in diesem Roman spielen Edith, Maggie und ihre kleine Tochter Lucy. Maggie erbt das Haus von ihrer Freundin ...

MEINUNG:
Die Frauen von Long Island könnte als Titel nicht besser passen, denn die Hauptrolle in diesem Roman spielen Edith, Maggie und ihre kleine Tochter Lucy. Maggie erbt das Haus von ihrer Freundin und ehemaliger Auftraggeberin Liza. Der Haken daran ist nur, dass sie quasi auch die in dem Haus lebenden Mutter von Liza, Edith, gleich „miterbt“. Maggies Zukunftsaussichten sind nicht besonders rosig, also nimmt sie das Erbe an.

Anfangs empfindet Edith Maggie und Lucy verständlicherweise als Eindringlinge. Das Arrangement, dass durch Lizas Tod entstanden ist, ist natürlich sehr fragwürdig, wenn auch durchdacht, denn Edith hat Alzheimer. Die Autorin zeigt hier die das frühe Stadium der Erkrankung auf, aber immer mit dem Wissen im Hinterkopf, dass es mit dieser Erkrankung leider keine Verbesserung mehr geben wird. Auch wenn Edith es sich noch nicht eingestehen will, aber sie braucht Hilfe. Das ist der Punkt, wo Maggie und sie sich dann langsam annähern. Edith wirkt anfangs sehr griesgrämig und in sich gekehrt, aber ich fand sie zu keinem Zeitpunkt unsympathisch. Ich mochte ihre erfrischende Ehrlichkeit, die manchmal über das Ziel hinaus ging. Edith ist eine Frau mit Geheimnissen, die nach und nach ans Licht kommen, besonders als Edith bewusst wird, dass die vielleicht ihre bald letzten lichten Momente sein werden
.
Maggie und Edith verbindet der Tod von Liza. Auch wenn beide damit unterschiedlich umgehen, merkt man den Verlust doch bei beiden sehr, was vor allem an der Art des Todes liegt. Liza war gefeierte Autorin und manisch-depressiv. Die Beziehung zwischen Liza und Edith war nicht immer einfach. Im Verlauf der Geschichte wird klar, dass beide Geheimnisse voreinander hatten, die nun erst ans Tageslicht kommen. Die Autorin geht grundsätzlich sehr gefühlvoll auf die Bewältigung der Vergangenheit und Trauer ein, die auch ein Stück des neuen Weges ist, denn Maggie und Edith zusammen beschreiten. Nach Beendigung des Romans blieb ich zufrieden zurück, obwohl die Aussicht für Edith nicht die beste ist.

FAZIT:
Ein Roman durch den ich quasi durchgeflogen ist. Ein Roman, der trotz seiner doch vielen schweren Themen nie an Leichtigkeit verliert. Es fehlte lediglich so ein wenig der roten Faden, der dafür sorgt, dass sich das Buch auch dauerhaft im Kopf bleibt. Die Frauen von Long Island lebt von seinen tollen weiblichen Charakteren.

Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 25.06.2018

Psychologisches Verwirrspiel

The Wife Between Us
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INHALT:
Vanessa: Das perfekte Leben, das war einmal. Seit der Scheidung von Richard ist sie ein Wrack. Nur ein Gedanke hält sie aufrecht: seine Hochzeit mit der anderen zu verhindern.
Nellie schwebt im ...

INHALT:
Vanessa: Das perfekte Leben, das war einmal. Seit der Scheidung von Richard ist sie ein Wrack. Nur ein Gedanke hält sie aufrecht: seine Hochzeit mit der anderen zu verhindern.
Nellie schwebt im siebten Himmel: Ausgerechnet sie, die alles andere als ein aufregendes Leben führt, hat sich der attraktive, charismatische Richard ausgesucht. Alles wäre perfekt, gäbe es da nicht Dinge, die aus dem neuen Heim verschwinden. Und diese Frau, die sie beobachtet.
Emma: «Ich weiß, du wirst mir nicht glauben, aber du musst die Wahrheit über Richard erfahren.» So beginnt der Brief, den sie eines Tages erhält. Emma ist skeptisch, jeder weiß, dass Nellie von Richard besessen ist. Und wohin das führen könnte …
MEINUNG:
The Wife Between Us wird aus zwei Sichten erzählt: Aus der Ich-Perspektive von Vanessa und aus der Sicht von Nellie in der dritten Person. Beide verbindet ein Mann: Richard. Vanessas Leben ist nach der Scheidung von Richard völlig aus der Bahn geraten. Nellie dagegen freut sich auf die anstehende Hochzeit mit Richard. Das ist im Großen und Ganzen erstmal keine neue Story, aber der Schein trügt hier. Im Klappentext eine dritte Frau genannt, die zunächst erstmal nicht in Erscheinung steht. Ich habe beim Lesen förmlich gespürt, wie mein Gehirn gearbeitet hat, um jeden noch so kleinen Hinweis hin und her zu drehen, ob nicht doch mehr dahinterstecken könnte.
Der flüssige Schreibstil machte es mir leicht durch die Seiten zu fliegen. Dennoch brauchte es fast die Hälfte des Buches bis eine wirklich essentielle Wendung eintritt, die ich wirklich zweimal lesen musst, um es zu begreifen. Mit dieser Wendung verschiebt sich die bisher angenommenen Tatsachen. Ich habe es nicht vorhergesehen und hat dann auch Mühe die neuen Fakten für mich zu sortieren und übereinander zu legen. Immer wieder unterschwellig wird auch klar, dass die Ehe zwischen Vanessa und Richard wohl doch mehr Schein als Sein war. Was zwischen den beiden an jenem besagten Abend, der das Ende ihrer Ehe bedeutet, wirklich passierte, erfährt man erst nach und nach. Es bleibt auch lange schwierig Richard einzuschätzen, denn er kommt nicht persönlich zu Wort, sondern wir erleben ihn nur indirekt.
Vanessa ist psychisch am Ende und kommt bei ihrer Tante unter, nach der Scheidung von Richard. Es gelingt ihr nur mühsam ihr Leben wieder auf die Beine zu bekommen. Sie hat definitiv auch ein Alkoholproblem. Man versteht erst am Ende, warum Vanessa so geworden ist. Nellie ist das junge und sehr hübsche, naive junger Mädchen, dass sie viel so sehr von Richard leiten und beeinflussen lässt, aber Liebe macht bekanntlich blind. Über Emma erfährt man nur sehr wenig, da sie ebenso wie Richard kein eigenen Erzählpart hat. Es bleibt auch lange schwierig Richard einzuschätzen, denn er kommt nicht persönlich zu Wort, sondern wir erleben ihn nur indirekt.

FAZIT:
Drei Frauen. Ein Mann. Eine Geschichte, in der nichts so ist, wie es scheint. Fans von Gone Girl kommen hier auf ihre Kosten und auch allen anderen Thriller- und Spannungsromane-Fans möchte ich dieses Buch ans Herz legen. Der Roman lebt von seiner unterschwelligen Spannung, die im gesamten Verlaufs der Geschichte spürbar ist. Nach der ersten Wendung entfaltet das Buch sein volles Potential.

Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 07.06.2018

Nach anfänglichen Schwierigkeiten ein Highlight geworden

Die Schönheit der Nacht
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INHALT:
Die angesehene Pariser Verhaltensbiologin Claire sehnt sich immer rastloser danach, zu spüren, dass sie lebt und nicht nur funktioniert. Die junge Julie wartet auf etwas, das sie innerlich in Brand ...

INHALT:
Die angesehene Pariser Verhaltensbiologin Claire sehnt sich immer rastloser danach, zu spüren, dass sie lebt und nicht nur funktioniert. Die junge Julie wartet auf etwas, das sie innerlich in Brand steckt – auf des Lebens Rausch, auf Farben, Mut und Leidenschaft. In der glühenden Sommerhitze der Bretagne, am Ende der Welt, entdecken die beiden unterschiedlichen Frauen Lebenslust und Leidenschaft neu – und werden danach nie wieder dieselben sein.

MEINUNG:
Auf Nina George war ich schon länger gespannt, die vor allem Das Lavendelzimmer von ihr immer so hochgelobt wird. Die Schönheit der Nacht war nun mein erstes Buch der Autorin. Von außen macht das Buch sehr viel her. Es besticht durch seinen roten Stoffrücken, welche wunderbar zu dem recht dunklen Cover passt. Der Autorenname in Türkis bietet einen schönen Kontrast.
Obwohl Nina George eine Deutsche ist, spielt das Buch in Frankreich. Ich habe aber gelesen, dass die Autorin selbst ein Teil des Jahres in Frankreich lebt. Ich bin ehrlich gesagt kein großer Fan von Frankreich, aber Nina George schafft, dass man sich zwangsläufig für das Land begeistert, denn ihr ganzer Erzählstil ist sehr frankophon und man spürt in jeder und zwischen jeder Zeile die französische Lebensart. Die Geschichte ist auch sehr gut jetzt für den Sommer geeignet, da sie komplett in den Sommermonaten spielt.
Die Sprache von Nina George hat mich zunächst erschlagen, denn sie ist sehr besonders und vollgepackt mit literarischen Stilmitteln. Ich habe beim Lesen immer wieder gestaunt, wie man in der Lage sein kann so zu schreiben. Es hat etwas gedauert bis mich dareingefunden habe. Anfangs verlief die Handlung des Romans in meinen Augen etwas schleppend. Mir fehlte so ein bisschen das Ziel, aber durch den wenig aussagekräftigen Klappentext, habe ich mir verschiedene Varianten überlegt in welche Richtung es gehen konnte.

Claire ist ein schwieriger Mensch, aber genau solche Charaktere mag ich. Es gibt immer wieder Rückblicke in die Vergangenheit, die erahnen lassen, warum Claire so ist wie sie ist. Die Ehe zwischen Claire und ihrem Mann scheint kompliziert zu sein, obwohl es mir scheint, dass hier nur ein wirklich arges Kommunikationsproblem vorliegt. Claire wirkt oft verloren. Besonders die frühe und nicht gewollte Mutterschaft ist für sie äußerst prägend. Sie hat auch jetzt, wo ihr Sohn 22 Jahre alt ist, noch das Gefühl nur als Mutter und nicht mehr als Frau gesehen zu werden. In meinen Augen quält sie sich damit aber sehr. Anstatt einfach mal zu reden, zieht sie sich zurück und geht sogar fremd, um sich selbst als Frau wieder wahrgenommen zu fühlen.

Dann gibt es noch Julie, eine junge Frau mit der Claire eine schicksalshafte Begegnung hat und die sich dann als die Freundin ihres Sohnes herausstellt. Julie begleitet die Familie in ihre Ferien. Zwischen Julie und Claire gibt es immer wieder Reibungspunkte. Die Anziehungskraft zwischen beiden ist enorm. Dennoch war mir zumindest nicht so schnell klar, in welcher Form sich ihre Beziehung entwickeln wird und wo hier die wirkliche Faszination für die andere liegt.

FAZIT:
Nach meinen anfänglichen Schwierigkeiten mit dem Buch, ist das letzte Drittel grandios gewesen. Ich habe selten so etwas Gutes gelesen. Man davon so viel mitnehmen. In mir hat etwas berührt. Die Geschichte macht Mut etwas zu wagen und wieder zurück zu sich zu finden.
Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 28.05.2018

Mitreißend und intensiv

Es geschah in dunkler Nacht
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INHALT:
Die Ärztin Emma begleitet ihren Ehemann Adam mit den gemeinsamen Kindern Alice, Zoë und Sam für ein Jahr nach Botswana, wo Adam an einem Forschungsprojekt arbeiten soll. Das vermeintliche Abenteuer ...

INHALT:
Die Ärztin Emma begleitet ihren Ehemann Adam mit den gemeinsamen Kindern Alice, Zoë und Sam für ein Jahr nach Botswana, wo Adam an einem Forschungsprojekt arbeiten soll. Das vermeintliche Abenteuer ihres Lebens entpuppt sich jedoch als Albtraum, denn eines Abends verschwindet Sam spurlos. Die verzweifelte Suche nach ihm bleibt erfolglos, und die ganze Familie droht daran zu zerbrechen. Schließlich kehren sie zurück nach England. Doch es scheint unmöglich, in ihren Alltag zurückzukehren. Denn auch ein Jahr nach Sams Verschwinden plagt Emma die Ungewissheit. Was geschah damals wirklich in Afrika?

MEINUNG:
Seit dem Debütroman von Jane Shemilt, Am Anfang war die Schuld, der mir sehr gut gefallen hat, habe ich ein Auge auf die Autorin geworfen. Mir gefällt einfach die Intensivität, wie sie Familien aufgreift, die von heute auf morgen durch ein schreckliches Ereignis, den Verlust eines Kindes, aus der Bahn geworfen werden.

Genauso wie in ihrem Erstlingswerk gibt es eine Mutter, die Ärztin ist, aus deren Sicht die Geschichte erzählt ist und deren Kind plötzlich verschwunden ist. In diesem Fall ist Emma und ihr neugeborenes Baby Sam. Auch wenn sich hier Parallelen finden lassen, ist der Roman doch ganz anders. Ich würde sagen, dass es hier der Klappentext ein kleines Manko ist, denn er erzählt eigentlich schon die ganze Geschichte. Es bleibt scheinbar nur noch die Frage offen, was mit Sam passiert ist und ob Emma und ihre Familie ihn wiedersehen werden. Dennoch liegt hier in meinen Augen nicht der Fokus auf dem Verbrechen und der Ermittlung (es ist kein Krimi oder Thriller), sondern auf dem familiären Konstrukt.

Sowohl Emma als auch ihr Mann Adam sind Ärzte und leben für ihren Beruf. Es ist für beide nicht immer leicht, die Familie, zu diesem Zeitpunkt nur Alice und Zoë, und den Job unter einen Hut zu bekommen. Man spürt schon sehr deutlich, dass hier ein Ungleichgewicht vorliegt, denn Fokus liegt bei beiden doch mehr auf ihrem Beruf. Zwischen beiden spürt man auch eine gewisse Rivalität, die aber vor allem von Emma ausgeht. Als Adam das Angebot bekommt nach Botswana zu gehen, möchte Emma zunächst nicht mitkommen. Diese Entscheidung ist weniger zum Wohle der Kinder gefallen, sondern eher wegen der eigenen beruflichen Interessen: Es würde sie zurück werfen in der eigenen Forschung. Man spürt schon zu diesem Zeitpunkt, dass vor allem die ältere Tochter Alice darunter leidet. Ich hätte beide auch manchmal gerne geschüttelt und gebeten weniger auf die eigene Karriere fixiert zu sein.

Als die Familie dann doch geschlossen mit nach Afrika geht, beruhigt sich die Lage etwas. Alle scheinen etwas zur Ruhe zu kommen und die Kinder fühlen sich wohl. Die Geschichte wird zum Teil rückwärts erzählt und trifft dann ungefähr ab der Hälfte des Buches auf den Gegenwartsstrang zum dem Zeitpunkt als Sam verschwunden ist. Es werden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ihn zu finden. Die Familie ist davon schwer traumatisiert und die Ehe von Emma und Adam droht daran zu zerbrechen. Die Autorin streut so ein paar Hinweise ein, was mit Sam passiert sein könnte, aber so richtig hat man keine Ahnung, obwohl man sich das Schlimmste ausmalt. Gut hat mir auch die Beschreibungen in Afrika gefallen. Ich konnte förmlich die Hitze auf der Haut spüren und die afrikanische Landschaft vor meinen Augen sehen.

Mein einziger Kritikpunkt ist hier das Ende bzw. die Auflösung. Das war mir ein bisschen zu sehr „Herr Zufall“, obwohl es gut gemacht war und ich auch mitgefiebert habe. Da hätte die Autorin ein bisschen mehr darauf hinarbeiten können, denn die Lage war ziemlich aussichtslos und mir war nicht klar, wie die Autorin das zu Ende bringen wollte. Es erschien etwas willkürlich.

FAZIT:
Jane Shemilt konnte mich diesem Buch wieder abholen, auch wenn es für mich nicht an das erste Buch heranreichte. Trotz minimaler Kritikpunkt ein intensives Leseerlebnis.

Veröffentlicht am 25.05.2018

Eine besondere Geschichte

Die Ladenhüterin
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INHALT:
Die literarische Sensation aus Japan: Eine Außenseiterin findet als Angestellte eines 24-Stunden-Supermarktes ihre wahre Bestimmung. Beeindruckend leicht und elegant entfaltet Sayaka Murata das ...

INHALT:
Die literarische Sensation aus Japan: Eine Außenseiterin findet als Angestellte eines 24-Stunden-Supermarktes ihre wahre Bestimmung. Beeindruckend leicht und elegant entfaltet Sayaka Murata das Panorama einer Gesellschaft, deren Werte und Normen unverrückbar scheinen. Ein Roman, der weit über die Grenzen Japans hinausweist.
Keiko Furukura ist anders. Gefühle sind ihr fremd, das Verhalten ihrer Mitmenschen irritiert sie meist. Um nirgendwo anzuecken, bleibt sie für sich. Als sie jedoch auf dem Rückweg von der Uni auf einen neu eröffneten Supermarkt stößt, einen sogenannten Konbini, beschließt sie, dort als Aushilfe anzufangen. Man bringt ihr den richtigen Gesichtsausdruck, das richtige Lächeln, die richtige Art zu sprechen bei. Keikos Welt schrumpft endlich auf ein für sie erträgliches Maß zusammen, sie verschmilzt geradezu mit den Gepflogenheiten des Konbini. Doch dann fängt Shiraha dort an, ein zynischer junger Mann, der sich sämtlichen Regeln widersetzt. Keikos mühsam aufgebautes Lebenssystem gerät ins Wanken. Und ehe sie sichs versieht, hat sie ebendiesen Mann in ihrer Badewanne sitzen. Tag und Nacht.

MEINUNG:
Seit Die Vegetarierin und Geständnisse bin ich Fan von asiatischer Romane, die auch von asiatischen Schriftstellern geschrieben sind. Man taucht hier immer in völlig andere Gesellschafts- und Kulturformen ab. Vieles ist mit meiner europäisch geprägten Lebensweise oft kaum nachvollziehbar, aber gerade deswegen ist die Literatursparte so vielversprechend für mich.

Keiko ist in der Tat sehr speziell. Sie schätzt Ordnung bzw. geordnete Abläufe in ihrem Leben sehr. Die Arbeit im Konbini ist da genau das richtige für sie und Keiko liebt ihre Arbeit. Hier wird der Leser gleich mit diversen Vorurteilen konfrontiert, denn in der Regel ist der Job im Konbini nur als berufliche Zwischenlösung zu sehen und nicht als Job fürs Leben, wie er es für Keiko ist. Bei uns in Deutschland ist das wohl zum Teil vergleichbar mit den Jobs in der Gastronomie, wo Fachkräfte auch das eine oder andere Mal gefragt werden, was man noch so macht, als ob es nur ein Job ist, weil man Geld braucht oder gerade nicht das Passende findet. Die Akzeptanz ist hier für Keiko sehr gering.

Ein weiteres Problem ist auch, dass sie noch immer nicht verheiratet ist in ihrem Alter und dafür immer wieder Nachfragen oder spöttische Kommentare erntet. Keiko ist wie sie ist und lässt sich davon nicht wirklich aus der Bahn werfen. Sie ist eine liebenswerte Person, die aber scheinbar nur wenig Zugang zu ihrem Gefühlsleben zu haben scheint. Vieles, was für die meisten Menschen ganz selbstverständlich ist, auch gewisse zwischenmenschliche Verhaltensweisen, bleibt ihr fremd. Dadurch kommt es auch immer wieder zu der einen oder anderen lustigen Anekdote.
Keikos so wohl geordnetes Leben wird dann durch Shiraha gestört, auch wenn das für sie zunächst so gar nicht absehbar bar. Shiraha ist ebenso, aber anders seltsam. Ich empfand Shiraha tatsächlich als Störfaktor, aber ohne ihn gäbe es auch keine wirkliche Handlung in dem Buch. Keiko und er reiben sich aneinander und auch Keikos so geliebte Arbeit im Konbini gerät in Gefahr.

FAZIT:
Es ist eine sehr kurzweilige, aber einprägsame Geschichte für alle die gerne besondere Charaktere in Außenseiterrollen und Geschichte im asiatischen bzw. japanischen Kulturraum mögen. Bei mir bekommt es seinen Platz im Regal direkt neben Die Vegetarierin.

Ich vergebe 4 von 5 Sternen.