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Veröffentlicht am 01.05.2020

aktuelles Thema spannend verpackt

Zara und Zoë - Tödliche Zwillinge
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"Tödliche Zwillinige" ist bereits der zweite Thriller um die Zwillingsschwestern Zara und Zoe. Der Autor und Journalist Alexander Oetker hat sich in der Literaturszene bereits einen Namen mit seinen Büchern ...

"Tödliche Zwillinige" ist bereits der zweite Thriller um die Zwillingsschwestern Zara und Zoe. Der Autor und Journalist Alexander Oetker hat sich in der Literaturszene bereits einen Namen mit seinen Büchern um Commisaire Luc Verlain gemacht. Mit Zara und Zoe kamen zwei weitere spannende Bücher aus seiner Feder auf den Markt.
Zara und Zoe könnten unterschiedlicher nicht sein. Während die eine für Europol arbeitet, Mann und zwei Kinder hat, ist die andere eine gefürchtete Mafia-Patin, welche vor nichts zurückschreckt. Ein neuer Fall für Zara verlangt von ihr, dass sie die Regeln bricht. Das Einzige was sie nicht kann. Deshalb bittet sie ihre Schwester Zoe um Hilfe, damit ein schrecklicher Terroranschlag verhindert und hunderte von Menschen gerettet werden können. Die beiden tauschen die Rollen, nicht ahnend, dass während dieser Zeit auch Zara alles andere als zur Ruhe kommt.

Der Einstieg ins Buch ist etwas holprig, da es in viele relativ kurze (manchmal nur 1-2 Seiten umfassende) Kapitel unterteilt ist, welche aus immer wieder anderen Perspektiven erzählt werden. Im weiteren Verlauf nimmt die Anzahl Perspektiven ab und die Charaktere sind hinreichend bekannt, sodass ein weiterer Wechsel kein Hinderniss für den Lesefluss mehr ist.
Erfrischend ist hier, dass sich jeweils nicht nur die Perspektive ändert, sondert auch der Schreibstil je nach Figur etwas angepasst wird. Mal ist er eher nüchtern, mal wird mehr geflucht etc.
Die Handlung wird schnell vorangetrieben. Dem Leser bleibt kaum Zeit um Nachzudenken. Der Spannungsbogen ist von Beginn an relativ hoch, kann dann aber auch nicht mehr gesteigert werden.
Die Figuren werden realistisch dargestellt - manchmal vielleicht etwas klischeehaft. Bei der Handlung sieht es ein wenig anders aus. Wer denkt, dass man nach einer stundenlangen Motorradfahrt einfach vom Motorrad hüpft und mir nichts dir nichts auf eine Brücke läuft um von dort auf einen fahrenden Laster zu springen, ist wohl noch nie längere Zeit auf einem Zweirad unterwegs gewesen. Solche Szenen kennt man von Actionfilmen à la Hollywood. Dies tut dem Lesevergnügen zwar keinen Abbruch, rückt das Ganze aber eben auf die nicht ganz ernstzunehmende Action-Schiene und weg vom seriösen Polit-Thriller.
Auch wer den ersten Band der Zwillinge nicht gelesen hat, kann der Handlung hier gut folgen obwohl er dadurch weniger über den Hintergrund der beiden Frauen weiss. Das Aufrollen der Familiengeschichte im ersten Band war interessant und bringt dem Leser die beiden Protagonistinnen näher. Dies kommt im zweiten Band etwas zu kurz.Deshalb meine Empfehlung, zuerst das erste Buch zu lesen. Beide sind aufgrund der geringen Anzahl Seiten (je 336 Seiten - ein Zufall?) bei relativ grosser Schrift, schnell gelesen und eignen sich gut als Lektüre für einen kurzweiligen Abend.


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Veröffentlicht am 17.04.2020

Pageturner

Herzenskälte
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"Herzenskälte" ist der zweite Band in der Thriller-Serie um Jennifer Leitner und Oliver Grohmann der Autorin Saskia Berwein. Insgesamt sind bisher fünf Bände und eine Novelle um die beiden Ermittler Leitner ...

"Herzenskälte" ist der zweite Band in der Thriller-Serie um Jennifer Leitner und Oliver Grohmann der Autorin Saskia Berwein. Insgesamt sind bisher fünf Bände und eine Novelle um die beiden Ermittler Leitner und Grohmann erschienen.
Saskia Berwein hat ursprünglich eine Ausbildung zur Justizfachangestellten absolviert. Das dabei erworbene Wissen kann sie hervorragend in ihre Bücher einfliessen lassen.
Obwohl es sich wie erwähnt um eine Serie handelt, lassen sich die einzelnen Bände auch unabhängig von einander und in beliebiger Reihenfolge lesen, da es sich um in sich abgeschlossene Bücher handelt. Notwendige Verweise zu vorhergehenden Teilen werden hinreichend getätigt. Da es sich nichtsdestotrotz um eine Reihe handelt, fehlt dem Leser eines einzelnen Bandes der rote Faden und die Charakterentwicklung.

In "Herzenskälte" haben es Kommissarin Leitner und Staatsanwalt Grohmann mit einem brutalen Killer zu tun. Allem Anschein nach hat er es auf das Herz der Opfer abgesehen, denn dieses fehlt jeweils. Als wäre der Fall nicht kompliziert genug, steht plötzlich Grohmanns sechzehnjährige Tochter Hannah vor seiner Haustüre und eröffnet ihm, dass sie bei ihm einziehen wird. Die Lage spitzt sich zu als Hannah in den Dunstkreis des Mörders gerät.

"Herzenskälte" ist ein echter Pageturner. Bereits auf der ersten Seite gelingt es der Autorin die Leserschaft zu fesseln und Spannung zu erzeugen. Dabei ist ihre Sprache klar und gut verständlich. Der Leser kann den Geschehnissen problemlos folgen und auch die Ermittlungsschritte sind nachvollziehbar. Die Handlung ist in sich stimmig, ergibt Sinn und ist nicht durchschaubar, sodass der Mörder lange Zeit unbekannt bleibt. Auch wird die Handlung schnell vorangetrieben, ohne dabei überhastet zu wirken.
Beschreibungen von Personen, Orten etc. wirken realistisch. Die Autorin fand ein gutes Mass an ausführlichen Darstellungen ohne dabei zu sehr ins Detail zu gehen und den Leser damit unter Umständen zu langweilen.
Das Buch ist in mehrere Kapitel unterteilt, welche meiner Meinung nach eine gute Länge haben.

Für mich ein spannender Thriller, welche ich gerne weiterempfehlen kann. "Herzenskälte" bietet einige Stunden Lesevergnügen und ist problemlos als Einzelband zu lesen.

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Veröffentlicht am 17.04.2020

gefühlvoll

Mohnschwestern
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Die Autorin von "Mohnschwestern", Ilona Einwohlt, ist in Literaturkreisen bereits bestens als Kinder- und Jugendbuchautorin bekannt. Mit "Mohnschwestern" feiert sie nun ein gelungenes Belletristikdebüt. ...

Die Autorin von "Mohnschwestern", Ilona Einwohlt, ist in Literaturkreisen bereits bestens als Kinder- und Jugendbuchautorin bekannt. Mit "Mohnschwestern" feiert sie nun ein gelungenes Belletristikdebüt.

"Mohnschwestern" erzählt auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen die Geschichten von Lotte und Hazel. Die junge, zwanzigjährige Lotte verliebt sich 1943 zum ersten Mal. Wilhelm, der junge Mann, welcher sich in ihren Kopf und in ihr Herz geschlichen hat, ist ihre wahre grosse Liebe. Doch die Umstände sind gelinde gesagt schwierig. Nicht nur das NS-Regime, auch Wilhelms eigene Pläne scheinen dem Liebesglück im Wege zu stehen.
Hazel Geschichte ist in der Gegenwart angesiedelt. Auch sie scheint in Liebesdingen nicht gesegnet zu sein und sucht noch immer den Richtigen.
Ein kleines Bild von Mohnblumen verbindet die beiden Frauen über Generationen hinweg.

Wie bereits erwähnt, spielt "Mohnschwestern" in zwei verschiedenen Zeiten. Die beiden Zeitstränge werden abwechselnd weitergeführt, wobei Lotte in den 1940er Jahren mehr Raum gewährt wird, während Hazel in der Gegenwart zu einer Nebengeschichte wird.
Die Autorin schaffte es, nicht nur die Zeit, sondern auch den Erzählstil anzupassen. Hazels Geschichte wirkt viel oberflächlicher und modernen. Lottes hingegen ist tiefgründiger und vom Erzählstil her auch anspruchsvoller, jedoch noch immer leicht und flüssig zu lesen.
Ähnlich verhält es sich auch bei den beiden Protagonistinnen. Sie werden unterschiedlich porträtiert. Lotte wirkt zugänglicher, der Leser kann sich leicht mit ihr identifizieren, sich in sie hineinversetzen, mit ihr mitfühlen. Hazel bleibt irgendwie unnahbar und distanziert, schwer zu greifen.

Die Geschichte um Lotte ist sehr spannend, mitreissend, aufwühlend. Sie geht einem nahe und lässt den Leser innehalten. Dieses dunkle Kapitel der Menschheitsgeschichte ist noch gar nicht so lange her und wir vergessen heute oft, in welch guten Zeiten wir leben dürfen.
Die Geschichte mit Hazel jedoch hat mir relativ kalt gelassen. Hier frage ich mich warum überhaupt doppelgleisig gefahren wurde. Wirklich viel erfahren wir nicht von Hazel und die Abschnitte mit ihr haben mich immer aus der Geschichte mit Lotte gerissen. Es war als ob man einen Spielfilm im TV schaut, der immer wieder durch (nervige) Werbung unterbrochen wird.
Aufgrund des Klappentextes "Im Jahr 2018 entdeckt Hazel bei der älteren Frau Mathilda ein Bild, das sie magisch fesselt. Welche Bedeutung haben die Blumen darauf, die sie so in ihren Bann ziehen, und wie kommt es, dass Mathilda so viel über Hazels Leben zu wissen scheint?" habe ich mir etwas anderes vorgestellt. Hazel trifft Mathilda erst im letzten Teil des Buches (Randnotiz 2019 und nicht 2018) und dass Mathilda viel über ihr Leben zu wissen scheint, ist mir ehrlich gesagt nicht aufgefallen. Sie reden ja kaum miteinander und treffen sich insgesamt zweimal bei Mathilda und einmal kurz auf der Strasse.
Zudem ist auch die Auflösung inwiefern Hazel, Mathilda und Lotte miteinander in Verbindung stehen, nicht spannend oder wichtig, sondern meines Erachtens eher irrelevant.
Meiner Meinung nach wäre es besser gewesen nur Lottes Geschichte zu erzählen. Die Side-Story um Hazel hat sich auf mein Lesevergnügen negativ ausgewirkt.



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Veröffentlicht am 20.03.2020

fulminant

Ich erwarte die Ankunft des Teufels
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"Ich erwarte die Ankunft des Teufels" (Originaltitel: The Story of Mary MacLane) ist das Erstlingswerk von Mary MacLane. Geschrieben wurden die Aufzeichnungen bereits 1902, doch erst jetzt wurde erstmals ...

"Ich erwarte die Ankunft des Teufels" (Originaltitel: The Story of Mary MacLane) ist das Erstlingswerk von Mary MacLane. Geschrieben wurden die Aufzeichnungen bereits 1902, doch erst jetzt wurde erstmals eine deutsche Übersetzung veröffentlicht.
Mary MacLane (geb. 1881) schreibt in diesem (Tage)-Buch über ihr Leben in Kanada, ihre Gedanken, Gefühle, Hoffnungen, Wünsche. Bereits kurz nach der Erstveröffentlichung ihres Werkes hat dieses für grosse Aufmerksamkeit und Aufregung gesorgt. Mary MacLane, auch bekannt als Wild Woman of Butte, war eine sehr bekannte Schriftstellerin und hat vor allem mit ihrem Erstlingswerk für Skandal gesorgt.

Wie bereits erwähnt, schrieb sie in "Ich erwarte die Ankunft des Teufels" eine Art Tagebuch. Sie nahm dabei kein Blatt vor den Mund und schrieb in einem sehr direkten, hitzigen und eigenen Stil. Sie vergleicht sich selbst mit Marie Bashskirtseff, einer anderen bekannten Memoirenautorin. Sie bezeichnet sich selbst als Genie und findet unter den Bewohnern von Butte mit ihrer "stumpfen Blödheit" keine Entsprechung.
Sie schreibt über das öde Leben in einer öden Gegend, die vielen Spaziergänge und ihr auf gewisse Weise sehr tristes und belangloses Leben. Sie schreibt wie es ist eine junge, willenstarke, intelligente Frau ihrer Zeit zu sein und welche Steine die Gesellschaft einer solchen Person in den Weg legt.

Mir gefiel die deutsche Übersetzung gut obwohl ich das englische Original nicht gelesen habe und daher keine Vergleiche ziehen kann. Das Cover finde ich sehr gut gewählt, insbesondere da Mary MacLane eine Fotografie von sich erwähnt, welche ihren Aufzeichnungen beiliegt.
Insbesondere das Nachwort der Übersetzerin Ann Cotten und der Essay von Juliane Liebert runden die Ausgabe ab. Diese beiden zusätzlichen Texte geben dem Leser mehr Kontext zur damaligen Zeit und liefern Erklärungen und Präzisierungen, welche sonst möglicherweise Leerstellen beim Leser hinterlassen hätten.

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Veröffentlicht am 04.07.2018

poetisch, fantasievoll, anregend

Das Haus der Geschichten
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Thomas Franke ist ausgebildeter Sozialpädagoge und nur nebenberuflich als Autor tätig. 2010 erschien sein erster Roman „Das Haus der Geschichten“. Seither folgten „Das Tagebuch“ (2013), „Der Spiegel des ...

Thomas Franke ist ausgebildeter Sozialpädagoge und nur nebenberuflich als Autor tätig. 2010 erschien sein erster Roman „Das Haus der Geschichten“. Seither folgten „Das Tagebuch“ (2013), „Der Spiegel des Schöpfers“ (2014) sowie „Der Geschichtensammler“ (2015).
Marvin Heider lebt in Berlin und träumt von einer Karriere als Autor. In seiner Altbauwohnung stapeln sich Bücher um Bücher und auch er selbst hat schon einiges zu Papier gebracht. Leider war bisher kein Verlag von seinen schriftstellerischen Fähigkeiten überzeugt, sodass Marvin sich mit immer wechselnden Jobs über Wasser hält. Ein Stellenangebot sollte sein Leben jedoch grundlegend verändern. Ein Buchhändler und Antiquar sucht einen Gehilfen. Für den Bücherliebhaber also ein idealer Job. Doch der rätselhafte alte Mann betreibt im Keller seines Buchladens eine narratorische Apotheke. Was es damit auf sich hat und wer die hübsche junge Frau ist, welche immer wieder in der Buchhandlung auftaucht, wird Marvin schon bald erfahren.


„Das Haus der Geschichten“ erzählt in einer Rahmenhandlung die Geschichte von Marvin Heider. In mehreren voneinander unabhängigen Kurzgeschichten werden immer wieder Fragen zum Glauben und dem Sinn des Lebens aufgeworfen. Die Geschichten sind dabei sehr unterschiedlich, fantasievoll, tragisch, unterhaltsam, zum Nachdenken anregend. Dabei steht, wie zu erwarten war, der christliche Glaube im Vordergrund. Das Buch ist aber weder moralisierend noch missionierend und auch nicht nur für Menschen gedacht, welche dem christlichen Glauben angehören. Vielmehr werden auch allgemeinere Fragen gestellt resp. solche, die nicht zwingend mit dem Christentum in Verbindung gebracht werden müssen. Eindrücklich schafft es der Autor, dass man als Leser immer wieder neu in eine Geschichte eintauchen kann und so zeitweise sogar die Haupthandlung vergisst. Der Schreibstil ist flüssig und gut verständlich und dennoch hat er etwas Poetisches. Franke erzählt sowohl die Kurzgeschichten wie auch die Rahmenhandlung auf eine unaufgeregte, langsame und bedächtige Art und Weise. Dennoch lässt einem das Buch nicht los und Seite um Seite will gelesen werden. Dieses Zitat aus dem Buch beschreibt sehr schön wie es zumindest mir beim Lesen ergangen ist: "Die Zeit verging so rasch, als hätte jemand ein Loch in die Uhr gebohrt, sodass die Minuten reihenweise herauspurzelten."