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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.07.2018

Die Reihe wird mit jedem Band besser!

Vergessene Seelen
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„Vergessene Seelen“ ist aus meiner Sicht der bisher beste Band der Reihe um Kriminalkommissar Max Heller und die vom Krieg gebeutelte Stadt Dresden. Wie Frank Goldammer von der Nachkriegszeit erzählt, ...

„Vergessene Seelen“ ist aus meiner Sicht der bisher beste Band der Reihe um Kriminalkommissar Max Heller und die vom Krieg gebeutelte Stadt Dresden. Wie Frank Goldammer von der Nachkriegszeit erzählt, lässt auf fundiertes Wissen schließen und immer wieder spürt man Zuneigung des Autors zu seiner Heimatstadt.

Wie schon in den vorangegangenen Bänden wird der Kriminalfall geschickt in den zeitgeschichtlichen Rahmen eingewoben und manchmal ist nicht klar, was überwiegt – der Krimi oder der historische Roman. Das tut der Geschichte aber keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. Erst durch diese detaillierte Schilderung der Lebensumstände und der Stimmung in der Stadt wird der Roman so richtig lebendig. Die politische und wirtschaftliche Situation wird nicht oberlehrerhaft, sondern ganz ungekünstelt geschildert, so dass sich dem Leser ein ganzheitliches Porträt des Lebens im Jahr 1948 in der sowjetischen Besatzungszone erschließt. Ich kenne keinen anderen Autor, der die historischen Hintergründe so treffend und gleichzeitig so selbstverständlich rüberbringt. Ein großes Kompliment dafür!

Der Fall selbst reißt viele verschiedene Themen an: von häuslicher Gewalt über Medikamentenmissbrauch bis zu politisch motivierten Verbrechen. Es werden Spuren gelegt, die allesamt schlüssig sind – und doch überrascht am Ende die Auflösung, obwohl sie – in der Rückschau betrachtet – ebenfalls von Anfang an schlüssig angelegt war. Hier wird nicht – wie mitunter bei anderen Krimis - auf den letzten 30 Seiten ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert, das für den Leser überhaupt nicht vorhersehbar war. Für mich also ein rundum gelungener Kriminalfall.

Ein weiterer Aspekt, der für mich persönlich wichtig war in diesem Roman, ist die Weiterentwicklung der Figur des Max Heller. In meiner Rezension zum Vorgängerband hatte ich ein wenig kritisiert, dass Heller (noch) „zu gut für diese Welt“ ist und kaum Ecken und Kanten hat. Mit der persönlichen Geschichte Hellers, die in diesem Band aufgedeckt wird, bekommt sein Charakter nun Tiefe und wirkt erst richtig authentisch.

Und nun mein großes Dilemma: ich vergebe mit Vergnügen und voller Respekt 5 Sterne und habe das Gefühl, dass Frank Goldammer mit jedem Buch besser wird. Ich warte voller Vorfreude auf den angekündigten 4. Band „Roter Rabe“ und frage mich: was soll ich dann nur vergeben? Wenn das so weitergeht, muss ich irgendwann zwei Rezensionen zu einem Buch schreiben, um die verdienten Sterne vergeben zu können

Veröffentlicht am 08.07.2018

Ein Krimi für alle Sinne - Spannung, Fernweh und Magenknurren garantiert!

Provenzalische Schuld
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Mit Pierre Durand auf Mörderjagd zu gehen, wird für mich immer mehr zur „Familienangelegenheit“. Denn mittlerweile sind mir Pierre und Charlotte, sowie Assistent Luc und Bürgermeister Arnaud immer mehr ...

Mit Pierre Durand auf Mörderjagd zu gehen, wird für mich immer mehr zur „Familienangelegenheit“. Denn mittlerweile sind mir Pierre und Charlotte, sowie Assistent Luc und Bürgermeister Arnaud immer mehr ans Herz gewachsen und ein Jahr ohne neuen Fall will ich mir gar nicht mehr vorstellen. Diesmal geht es privat ein wenig holprig zu im Leben des Dorfpolizisten, aber man erfährt auch etwas mehr über seine Vergangenheit in Paris.

Der Fall selbst ist diesmal wieder schön verzwickt angelegt und zeitweise hatte ich so ziemlich alle Leute in diesem Buch unter Verdacht Mal den einen mehr, mal den anderen weniger, aber jeder trug sein Päckchen mit sich herum, das allemal als Motiv getaugt hätte. Und trotzdem war die Auflösung eine große Überraschung (die man wirklich nicht kommen sieht). So muss ein Krimi sein – denn wer will schon über zwei Drittel eines Buches nur seinen anfänglichen Verdacht bestätigt bekommen? Zudem wird mit der Landwirtschaftsmisere der Provence auch wieder ein Thema näher betrachtet, über das es sich zu reden lohnt. Ich werde mir auf jeden Fall demnächst im Supermarkt genau überlegen, ob es wirklich das preiswerteste Stückchen Butter von der Eigenmarke der Handelskette sein muss…

Natürlich kommen auch in diesem Buch Kulinarik & Landschaft nicht zu kurz, so wie man es schon von den Vorgängerbänden kennt. Es ist eben ein Krimi für alle Sinne, und solche lese ich ganz besonders gern. Für mich hat Sophie Bonnet mit diesem Roman wieder ins Schwarze getroffen und so sehne ich schon wieder den nächsten Teil herbei...

Veröffentlicht am 25.06.2018

Wunderbar erzählter Roman über eine besondere Freundschaft

Ein Pfundskerl namens George
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Colin Campbells Buch über seine Freundschaft zu George, dem riesigen Neufundländer, besticht für mich vor allem durch seine schöne Erzählweise. Colin klingt sehr ehrlich in diesem Buch und scheut sich ...

Colin Campbells Buch über seine Freundschaft zu George, dem riesigen Neufundländer, besticht für mich vor allem durch seine schöne Erzählweise. Colin klingt sehr ehrlich in diesem Buch und scheut sich auch nicht zuzugeben, dass ihn die Trennung von seiner Frau so sehr aus der Bahn geworfen hat, dass er professionelle psychologische Betreuung in Anspruch nehmen musste. Um die Leere in Haus und Herz zu kompensieren, rät ihm ein Freund zu einem Hund. Colin versucht es – und schenkt einem Hund aus schwierigen Verhältnissen eine zweite Chance auf Liebe. Nach einem holprigen Start lernt er, dass die Liebe, die er dem Tier gibt, hundertfach zu ihm zurückkommt, denn George wird zu seinem treuen Gefährten.

Es ist einfach toll zu lesen, wie Colin durch die Aufgabe, George ein Heim zu bieten und ihn zu erziehen, wieder aus seiner Lebenskrise herausfindet. Und es ist noch toller zu lesen, wie George von einem verängstigten Nervenbündel zu einem fröhlichen und unbeschwerten Tier wird, das sich in seiner Haut und seiner Umgebung rundum wohl fühlt. Dass die beiden am Schluss sogar zusammen surfen gehen und an einem Spaß-Surf-Wettbewerb für Hunde teilnehmen, ist noch das i-Tüpfelchen dieses Buches.

Von solchen Geschichten darf es ruhig mehr geben!

Veröffentlicht am 14.06.2018

Wenn’s um die Wurst geht, versteht der Fickel keinen Spaß!

Grillwetter
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Ehrlich gesagt – wenn die berühmte Thüringer Rostbratwurst in Gefahr ist, würde ich auch unter Aufbietung aller Kräfte versuchen, das wohlschmeckende Kulturgut vor der Ausrottung zu retten Deshalb kann ...

Ehrlich gesagt – wenn die berühmte Thüringer Rostbratwurst in Gefahr ist, würde ich auch unter Aufbietung aller Kräfte versuchen, das wohlschmeckende Kulturgut vor der Ausrottung zu retten Deshalb kann ich es schon irgendwie verstehen, dass der träge Anwalt Fickel in seinem 4. Fall zur Hochform aufläuft und sogar seine neue Flamme ein ums andere Mal versetzt.

Hans-Henner Hess hat mal wieder einen humorvollen und zuweilen auch kuriosen Kriminalroman geschrieben, der – wie immer – von seinen drolligen Figuren und der zuweilen eingestreuten Ostalgie lebt, die man als Thüringer nun mal mitbringt. Ich als Sächsin kann den Nationalstolz schon verstehen, denn wo der Thüringer seine Wurscht verteidigt, würde ich für den Dresdner Christstollen oder meine heißgeliebte Eierschecke kämpfen Vielleicht kann der Herr Hess den Herrn Fickel demnächst ja mal ins Nachbarbundesland schicken? hüstel

Okay, zurück zum Buch: der Fickel rutscht mal wieder mehr oder weniger bewusst in eine Kriminalgeschichte hinein und es ist eine Wonne, ihn bei seinen Ermittlungen zu begleiten. Er wirkt ständig leicht überfordert, aber trotzdem irgendwie sympathisch. Eine große Rolle nimmt diesmal auch seine Exfrau, die (mittlerweile) Leitende Oberstaatsanwältin Gundelwein, ein. Ihre Midlife Crisis ist fast genauso amüsant wie das Herumgestochere vom Fickel im undurchsichtigen Insolvenzrecht.

Also, kurz gesagt: einfach lesen!

Veröffentlicht am 14.06.2018

„Das Leben ist eine dringliche Angelegenheit“

Frauen, die Blumen kaufen
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Es gibt Bücher, bei denen ich es unheimlich schade finde, dass sie so wenig bekannt sind und mir wünschen würde, dass sie viel mehr Aufmerksamkeit erhalten würden. Dieses hier ist eins davon. „Frauen, ...

Es gibt Bücher, bei denen ich es unheimlich schade finde, dass sie so wenig bekannt sind und mir wünschen würde, dass sie viel mehr Aufmerksamkeit erhalten würden. Dieses hier ist eins davon. „Frauen, die Blumen kaufen“ ist ein unheimlich kluges, feinfühliges und doch modernes Buch, das von einer wunderbar poetischen Sprache lebt. So viele Sätze sind mir aufgefallen – um sie sich alle zu merken, hätte ich jede dritte Seite des Romans abfotografieren müssen.

Ich bin wirklich begeistert von dieser Geschichte, die so ganz anders war als ich es erwartet hatte und doch voll und ganz alle Lese-Erwartungen erfüllt hat. Da geht es zunächst um Marina, die neu im Viertel ist und auf einen wunderschönen Garten samt Blumenladen stößt. Die Besitzerin stellt Marina kurzerhand als Aushilfe ein und öffnet ihr damit einen neuen Lebensweg. Denn Marina hatte sich nach dem Tod ihres Mannes fast aufgegeben. Die Stammkundinnen, die bald zu Freundinnen werden, haben alle ihre ganz eigenen Gründe Blumen zu kaufen – aber nach drei Monaten sind aus allen andere Menschen geworden. Eigentlich klingt diese Story wie ein x-beliebiger Frauenroman, den man mal an einem Wochenende durchliest. Dass aus dieser Geschichte eine solche Perle entstehen kann, hat mich schwer beeindruckt. Denn Vanessa Montfort beschreibt die Entwicklung ihrer „Frauen, die Blumen kaufen“ manchmal einfühlsam, manchmal sehr direkt. Aber irgendwie immer auf dem Punkt.

Einen kleines i-Tüpfelchen birgt das Buch in einer Szene, als die Schriftstellerin selbst im Roman den Blumenladen betritt und ihre Figuren kennenlernt. Das habe ich in dieser Form noch in keinem Buch gelesen und fand es sehr reizvoll.

Ich kann diesen Roman einfach nur jedem ans Herz legen und inständig hoffen, dass er eine große Leserschaft findet. Es wäre sonst unheimlich schade, denn ich finde wirklich, dass er eine kleine Kostbarkeit ist.