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Skadi

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.09.2018

Ein wichtiges Buch

Tote Mädchen lügen nicht
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Clay bekommt einen Karton mit insgesamt 7 Kassetten. 13 Tondateien befinden sich darauf, 13 Botschaften von Hannah, die kurz zuvor Suizid begangen hat und nun auf diesen Kassetten die Gründe dafür darlegt ...

Clay bekommt einen Karton mit insgesamt 7 Kassetten. 13 Tondateien befinden sich darauf, 13 Botschaften von Hannah, die kurz zuvor Suizid begangen hat und nun auf diesen Kassetten die Gründe dafür darlegt und wer die Schuldigen sind.

Das erste Mal habe ich das Buch bereits vor einigen Jahren gelesen – lange, bevor es die Serie auf Netflix gab. Nachdem ich nun auch die zweite Staffel der Serie gesehen habe, habe ich mich dazu entschlossen, das Buch noch einmal zu lesen. Meist habe ich vor Rereads von Büchern, die mir gefallen haben, immer etwas Angst, aber machen wir es kurz: Diese Geschichte konnte mich erneut fesseln.

Und wo wir gerade bei der Serie sind: So gut sie auch sein mag, das Buch ist 1.000 Mal besser! Das liegt meines Erachtens vor allem daran, dass die Serie viel Effekthascherischer ist, während mir persönlich das Buch viel näher gegangen ist. Die Warnungen vor der Serie sollten definitiv auch für das Buch gelten.

Insbesondere die gewaltvolleren Szenen sind mir selbst beim Lesen viel näher gegangen, das beklemmende Gefühl viel stärker. (Selbstverständlich ist das auch davon abhängig, wie viel Distanz man beim jeweiligen Medium persönlich wahren kann.)

Damit habe ich eigentlich schon den ersten Pluspunkt des Buches aufgezählt: Es berührt, bewegt und ist beklemmend – ich halte es für fast unmöglich, dieses Buch zu lesen, ohne nachfühlen zu können, wie es Hannah und vor allem Clay geht. Das mag vor allem auch am klaren und gleichzeitig bildhaften Schreibstil liegen, der das Lesen trotz der schweren Thematik zu einem Vergnügen macht.

Viel wichtiger ist jedoch die Botschaft, die dieses Buch vermittelt. Suizid (und weitere behandelte Themen) gehören in unserer Gesellschaft nach wie vor zu den größten Tabuthemen, umso bedeutender ist der Beitrag, den dieses Buch leistet. Es zeigt deutlich, wie sehr auch kleine und unscheinbare Taten verletzen können. Ich persönlich fand die Gründe, wenn auch nicht als einzelne, in der Gesamtheit genommen nachvollziehbar, dass es anderen nicht so geht, zeigt meines Erachtens sehr gut, dass auch die Hinterbliebenen häufig damit hadern, wenn ein geliebter Mensch Suizid begeht.

Um es kurz zu sagen: Ein wichtiges Buch. Wer von der Serie begeistert war oder sie noch nicht kennt, sollte das Buch definitiv lesen. Allen anderen die sich für die Thematik interessieren, denen kann ich es auch nur wärmstens empfehlen. Für mich wird es auch weiterhin zu meinen Lieblingsbüchern gehören.

Veröffentlicht am 14.09.2018

Wenn die Würde antastbar wird

Die Würde ist antastbar
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„Die Würde ist antastbar“ ist eine Sammlung von Essays des bekannten Autors Ferdinand von Schirach.

Für gewöhnlich kaufe ich mir nur wenige Bücher in dieser Richtung. Auch dieses war ein spontan Kauf, ...

„Die Würde ist antastbar“ ist eine Sammlung von Essays des bekannten Autors Ferdinand von Schirach.

Für gewöhnlich kaufe ich mir nur wenige Bücher in dieser Richtung. Auch dieses war ein spontan Kauf, ein Mängelexemplar in der örtlichen Buchhandlung. Man könnte es auch als Glücksgriff bezeichnen!

Ferdinand von Schirach hat einen lockeren und dennoch berührenden Stil. Leicht zu lesen, schwer zu verdauen. Mit seinen scharfen Analysen und präzisen Beobachtungen regt von Schirach mit jedem seiner Essays zum Nachdenken an Er beschäftigt sich dieses Mal nicht nur mit dem Recht – auch wenn es de ein oder anderen höchst interessanten Text zu dem Thema, in diesem kleinen Büchlein findet – sondern auch mit anderen Dingen wie dem Schreiben, dem Fortschritt der Technik und dem Rauchen. Häufig hinterlassen sie ein ungutes Gefühl im Magen, man bleibt ein wenig sprachlos zurück und trotzdem kann man nicht aufhören zu lesen.

Kurzum: Wer gerne Essays liest, der sollte sich diese Textsammlung zulegen.

Veröffentlicht am 31.08.2018

Eine Reise im Balkanexpress

Mord im Balkanexpress
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1895. Am Burgtheater in Wien soll der neue Theaterdirektor vorgestellt werden. Unter den Gästen wird auch Kaiser Franz Joseph sein, doch einem glücklichen Zufall sei Dank ist der Kaiser an diesem Abend ...

1895. Am Burgtheater in Wien soll der neue Theaterdirektor vorgestellt werden. Unter den Gästen wird auch Kaiser Franz Joseph sein, doch einem glücklichen Zufall sei Dank ist der Kaiser an diesem Abend zu spät und nicht anwesend, als die Bombe im Burgtheater hochgeht. Die an diesem Abend anwesende Schauspielerin Christine Mayberger begibt sich mit dem deutschen Agenten Albrecht Prinz von Schwarzburg-Rudolstadt auf die Jagd nach den Attentätern.

Das Buch ist in der dritten Person Singular und im Präsens geschrieben. Zudem wird immer wieder die Perspektive gewechselt, sodass man als Leser nicht nur die Ereignisse rund um Christine und Albrecht, sondern auch die um die Attentäter und den Serben Lazard verfolgen kann.

Durch die fülle an auftretenden Figuren mag es vielleicht im ersten Moment ein wenig verwirrend klingen, wer nun wer ist – in dieser Hinsicht ist das Personenverzeichnis zunächst einmal etwas erschreckend, beim Lesen allerdings hatte ich persönlich keine Probleme damit. Die Figuren sind gut charakterisiert und unterscheiden sich dadurch voneinander.

Insbesondere Christine und Ica sind zwei starke Frauenfiguren, die durch ihre Art viele Sympathiepunkte sammeln können. Insgesamt fällt es tatsächlich leicht, mit den einzelnen Figuren mit zu fiebern, ganz unabhängig davon, auf welcher Seite sie stehen.

Sprachlich kann der Roman definitiv punkten. Durch die Wortwahl entsteht eine Atmosphäre, die hervorragend zum Ende des 19. Jahrhunderts passt. Unterstrichen wird dies ebenfalls durch den doch recht nüchternen und schnörkellosen Schreibstil.

Stellenweise fällt die Spannung leider ein klein wenig ab. Für einen Krimi eigentlich unüblich fiebert der Leser nicht der Auflösung eines Mordfalls oder in diesem Fall des Attentats zu Beginn hin, denn noch bevor die Bombe detoniert, ist klar, wer die Täter sind. Viel mehr geht es um die Frage, ob es den Tätern gelingt ein weiteres Attentat auf den Kaiser auszuüben. Dennoch hat der Krimi genügend Stellen mit Tempo und auch die langsamen Szenen funktionieren hervorragend.

Es ist vielleicht nicht der beste historische Krimi, den ich bislang gelesen habe, dennoch ist das Buch eine kleine Zeitreise. Über die historische Korrektheit kann ich nicht all zu viel sagen, allerdings fühlt sich diese Zeit beim Lesen sehr lebendig an und der entstandene Eindruck deckt sich mit dem, was mir über diese Zeit bekannt ist.

Für Liebhaber historischer Romane, insbesondere historischer Krimis, definitiv empfehlenswert.

Veröffentlicht am 29.07.2018

Ein schönes Fantasy-Abenteuer für Jung und Alt

Drachenkralle 1: Die Klaue des Morero
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Der 14-jährige Simon befreit die Drachin Maya von Jägern, die sie gefangen haben. Die beiden verpflichten sich durch ein Ritual miteinander. Als Simons Dorf von Fremden überfallen wird, erzählt einer der ...

Der 14-jährige Simon befreit die Drachin Maya von Jägern, die sie gefangen haben. Die beiden verpflichten sich durch ein Ritual miteinander. Als Simons Dorf von Fremden überfallen wird, erzählt einer der Täter ihnen von der Klaue des Moreros. Um zu verhindern, dass der böse Herrscher Igor alle Menschen unterwirft, begeben sie sich auf eine abenteuerliche Reise. Begleitet werden sie dabei von Simons bester Freundin Katharina und dem Drachen Maro, so wie von Simons jüngerer Schwester Jana.

Drachenkralle ist der Debüt-Roman von Janika Hoffmann und der Auftakt einer Trilogie und richtet sich an ein etwas jüngeres Publikum.

Mir persönlich hat der Roman dennoch sehr gut gefallen. Zunächst einmal möchte ich anmerken, dass das für mich auch der Knackpunkt der Bewertung war: ich habe lange hin und her überlegt, wie viele Sterne ich dem Roman geben soll. Er weist zwar einige Schwächen auf, über die sich jedoch leicht hinwegsehen lässt, insbesondere für jüngere Leser. Da ich nicht ganz zur Zielgruppe gehöre, habe ich mir überlegt, wie ich das Buch vor einigen Jahren beurteilt hätte und mit meinen damaligen Lieblingsbüchern verglichen – mein 12-Jähirges ich wäre absolut hin und weg von dieser Geschichte gewesen.

Nun aber zu meinem Leseeindruck. Simon, der Protagonist ist genauso sympathisch wie Maya, Katharina, Maro, Jana und einige der später noch auftauchenden Figuren. Während des Lesens habe ich das kleine Grüppchen sehr ins Herz geschlossen und als ich auf der letzten Seite ankam, war ich ein wenig traurig, mich vorerst von ihnen verabschieden zu müssen.

Die Welt, die Janika Hoffmann mit Sarmela erschaffen hat, erwacht mit jeder Seite weiter zum Leben. Dies liegt vor allem an den wunderbaren Beschreibungen der verschiedenen Orte, die das Gespann auf seiner Reise besucht und durchqueren muss. Als Leser fällt es leicht, sich diese vor dem inneren Auge vorzustellen.

Die Spannung fällt an keiner Stelle ab. Jede Szene bringt den Plot voran, auf langweilige Szenen zur Überbrückung wurde weitestgehend verzichtet. Und wenn doch mal eine langsamere Szene dazwischen ist, dann ist sie doch sehr schön zu lesen. Immer wen man denkt, die Helden würden endlich eine Pause bekommen, wartet der nächste Schrecken auf sie. Dadurch wird es fast unmöglich, das Buch aus der Hand zu legen.

Der Schreibstil wirkt einfach, was in diesem Fall kein Manko ist. Er passt damit aber hervorragend zur Zielgruppe und lässt sich locker und leicht lesen. Perfekt für ein entspanntes Wochenende mit Tee auf dem Sofa oder im Bett.

Kurz gesagt: ein bezaubernder Fantasy-Roman, nicht nur für jüngere Leser.

Veröffentlicht am 19.07.2018

Big Brother is watching you

1984
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„1984“ ist gerade in der heutigen Zeit wohl aktueller denn je. Was George Orwell vor inzwischen 70 Jahren schrieb, scheint heute an vielerlei Stellen Realität werden. An dieser Stelle sei gesagt, dass ...

„1984“ ist gerade in der heutigen Zeit wohl aktueller denn je. Was George Orwell vor inzwischen 70 Jahren schrieb, scheint heute an vielerlei Stellen Realität werden. An dieser Stelle sei gesagt, dass der Inhalt selbstverständlich nicht EXAKT real zu werden scheint, aber im übertragenen Sinne – man darf nie vergessen, dass man sich die Welt in den 40er Jahren (!) wohl kaum so vorstellen konnte, wie sie heute ist und doch wirkt das Werk nicht, soweit von unserer Realität entfernt, wie man angesichts seiner Entstehungszeit denken könnte. In einem Zeitalter, in dem Unternehmen eine Fülle an Daten von Benutzern sammeln, scheint „Big Brother is watching you“ gar nicht mehr so abwegig. Daran mag es auch liegen, dass man nach dem Lesen etwas erschrocken zurück bleibt.

Nun ist dieses Buch dennoch nicht ganz unumstritten – wie wohl die meisten Klassiker. Es polarisiert weniger mit seinem Inhalt – wenn auch da Potential vorhanden wäre – als mit Orwells Schreibstil. Ich muss ganz ehrlich gestehen, nach den ersten Seite wollte ich es auch abbrechen. Mein Urteil: zu trocken, zu langatmig, zu langweilig. Es hat mich nicht gepackt und nicht gefesselt. Es war eine Qual weiter zu lesen. Kurz gesagt: ich habe mich dazu gezwungen und mich ein wenig verliebt. Dennoch kann ich jeden verstehen, der es abbricht, wer Action und Spannung will, ist hier nämlich leider falsch. Die Figuren bleiben auswechselbare Pappaufsteller, bis zum Schluss empfindet man leider nur wenig Empathie mit ihnen. Gleichzeitig steckt darin allerdings auch ein Teil der Genialität dieses Buch – der Fokus liegt auf den richtigen Dingen, die Botschaft geht nicht durch die Charaktere verloren.

1984 ist kein Buch, das man nebenher zum Spaß liest, obwohl es ein Roman ist, mutet es an vielen Stellen beinahe wissenschaftlich an – und hier liegen auch die Stärken des Romans. Wer Spaß an politischen Analysen und Theorien hat, der wird sich mit der Zeit ebenfalls verlieben. Alle anderen eher nicht.

Dennoch würde ich das Buch jedem empfehlen – wenn man beim Lesen den Kopf nicht ausschaltet, zieht man einen Mehrwert daraus. Dieser heißt zwar nicht Spaß, dafür Bildung.