Profilbild von TochterAlice

TochterAlice

Lesejury Star
offline

TochterAlice ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit TochterAlice über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.07.2018

Ein naives Mädchen

Die Liebe in diesen Zeiten
0

ist Mary North zu Kriegsbeginn: aus gutem Hause, bisher völlig behütet, will sie sich einbringen - und scheitert zunächst an ihrer Unwissenheit. Wie man sich vorstellen kann, kommt sie, nachdem sie ins ...

ist Mary North zu Kriegsbeginn: aus gutem Hause, bisher völlig behütet, will sie sich einbringen - und scheitert zunächst an ihrer Unwissenheit. Wie man sich vorstellen kann, kommt sie, nachdem sie ins kalte Wasser gestoßen wurde, doch ganz gut zurecht. Nicht jedoch mit dem Krieg und seiner Brutalität, mit dem sie - wie viele Engländer nicht gerechnet hat.

So ist ihre Liebesgeschichte zu den beiden Männern Tom und Alastair - es ist nicht unkompliziert,zu Kriegszeiten eine junge, hübsche Frau in England zu sein - geprägt von den Wirren der Zeit.

Aber nicht nur - auch von den Wirren der Erzählkunst des Chris Cleave, mit der ich mich bereits zum zweiten Male nach "Gold" ziemlich schwer getan habe. Denn diese ist geprägt durch Umständlichkeit und Abschweifungen. So wurde aus einem eigentlich interessanten und fesselnden Thema für mich ein ziemlich langweiliges Werk, das auch durch die hervorragende Übersetzung von Susanne Goga-Klinkenberg nicht gerettet werden konnte.

Andere haben es mehr genossen und so möchte ich niemanden davon abhalten, sich an dieses Werk zu wagen. Ich selbst jedoch werde auf Abstand zu Chris Cleave gehen - wir beide sind definitiv nicht füreinander gemacht!

Veröffentlicht am 27.07.2018

Nicht aus Kurpfalz

Tote Jäger schießen nicht
0

sondern mitten aus dem Pott, nämlich aus Bochum, kommt der Jäger Hannes Schreiber, der - Nomen est Omen - hauptberuflich Journalist ist.

Er ist nun im tiefsten Osten gelandet, im Oderbruch, wo er mit ...

sondern mitten aus dem Pott, nämlich aus Bochum, kommt der Jäger Hannes Schreiber, der - Nomen est Omen - hauptberuflich Journalist ist.

Er ist nun im tiefsten Osten gelandet, im Oderbruch, wo er mit Gesinnungsgenossen auf die Pirsch geht.

Obwohl Schreiber wie ich ein Riesen-Dylan-Fan ist und ständig Songs von diesem Barden, mittlerweile ja sogar Nobelpreisträger, zitiert werden, kann ich mit ihm nicht warm werden. Oder vielmehr: nicht mehr.

Denn ich habe vor einigen Jahren den damals frisch erschienenen Band "Das Karpaten-Projekt" gelesen und durchaus genossen. Ich habe das Buch längst nicht mehr, um es zu überprüfen, aber ich gehe davon aus, dass ich mich über solch machohaften Sprüche, wie sie hier reihenweise vorkommen und veraltete Anspielungen v.a. auf Politik auch damals nicht amüsiert hätte. Dazu muss man sagen, dass "Tote schiessen nicht" in einer Neuauflage veröffentlicht wurde und erstmals 2004 auf dem Markt war, das war sieben Jahre vor der Veröffentlichung des genannten Folgebandes. Und hier wird ständig über "den Gerd" (Schröder) gesprochen, der politisch ja schon längst von der Bühne ist. Möglicherweise ist dieser Band auch einfach zu veraltet für eine Neuauflage, ich hatte daran jedenfalls keinen Spaß, auch wenn ich die durchaus originellen und eigenwilligen Kapitel, die die Wölfe betreffen, ganz gerne gelesen habe.

Aber insgesamt machte mir dieser Band nur eingeschränkt Freude und ich werde sicher so bald nicht wieder zu einem Schreiber-Krimi greifen. Es gibt zu viel wirklich Spannendes und Fesselndes - durchaus auch zu Wölfen!

Veröffentlicht am 27.07.2018

Jeder ist sich selbst der Nächste?

Sei achtsam mit dir
0

Nein, so ist es nicht unbedingt: viele Menschen wollen zwar, dass es ihnen gut geht und sorgen für sich im materiellen Sinne, legen Wert darauf, sich einen Platz in der Gesellschaft zu erobern und ihn ...

Nein, so ist es nicht unbedingt: viele Menschen wollen zwar, dass es ihnen gut geht und sorgen für sich im materiellen Sinne, legen Wert darauf, sich einen Platz in der Gesellschaft zu erobern und ihn zu halten. Aber auch sie - und die anderen, die sowieso mehr an ihr Umfeld denken, natürlich in noch größerem Maße - hören oft genug nicht in sich hinein, lauschen nicht auf ihr Innerstes, auf das, was sie wirklich brauchen.

Dieses Buch adressiert genau diesen Punkt: man sollte achtsam mit sich selber sein. Zudem spricht es das Thema Selbstmitleid an, das aus meiner Sicht das falsche Wort, der falsche Begriff ist: Selbstfürsorge sollte es sein, was man in den Vordergrund stellt, ein Anspruch, der über Selbstmitleid hinausgeht und mehr will.

Tatsächlich bleibt dieses Buch, so spannend und vielseitig es auch sein mag, stellenweise doch ganz schön an der Oberfläche. Irgendwie habe ich das Gefühl, als sei es nicht so richtig zielorientiert konzipiert worden: es gibt ein bisschen von diesem, ein bisschen von jenem. Viele Beispiele, viele Übungen, viele Anregungen - aber es baut nicht so recht aufeinander auf. Nichts Halbes und nichts Ganzes also, man weiß nicht so recht, was das Ziel dieses Buches sein soll, außer dass es einem besser geht. Nicht mit diesem Konzept, dazu ist es zu wabbelig, zu nichtssagend, finde ich. Schade, denn das Buch ist sehr schön aufgemacht und bietet eine Fülle von Ideen und Anstößen. Doch wenn mir tatsächlich etwas helfen soll, ein Buch, dann sollte es sich viel runder und durchdachter präsentieren.

Veröffentlicht am 25.07.2018

In the clearing stands a boxer

Deutscher Meister
0

singen Simon & Garfunkel in ihrem bekannten Song: auch in Berlin steht einer im Ring - ein Boxer, meine ich. Und was für einer: Trollmann, der Zigeuner, der auch 1933 noch kein Auge trocken lässt. Ein ...

singen Simon & Garfunkel in ihrem bekannten Song: auch in Berlin steht einer im Ring - ein Boxer, meine ich. Und was für einer: Trollmann, der Zigeuner, der auch 1933 noch kein Auge trocken lässt. Ein Auszug aus seinem (Boxer)Leben in einer sehr schweren Zeit, unmittelbar nach Hitlers Machtergreifung wird hier geschildert, die Vorbereitung auf den Kampf seines Lebens - gegen den Konkurrenten Witt - und der Kampf selbst. Ein halbes Jahr als Auszug aus Trollmanns Leben, aus Nazideutschland, denn auch das ist es und Autorin Stephanie Bart schildert dies ausgesprochen gekonnt und so atmosphärisch, dass es mir nicht schwerfiel, in diese ganz spezielle Umgebung einzutauchen.
Trollmann ist - noch - magisch: "SA-Mann Willi Radzuweit rempelte zurück: "Mach du mir erst mal so ne Flanke vor, dann kannste mir in Zukunft auch sagen, bei wem ich klatschen soll und bei wem nich!""(S.8) Auch die falsche Seite, die neue Führungsriege kann sich - noch - nicht entziehen.
Doch geht es mir zu sehr ins Boxen - ich habe wirklich große Achtung vor der Autorin, dass sie so tief in die Materie eingetaucht ist, die Zusammenhänge so detailliert und gleichzeitig stimmungsvoll beschreiben kann, auch wenn ihr Versuch, die Sprache, den Stil der damaligen Zeit aufzugreifen, mitunter mühselig zu rezipieren ist.
Keine leichte Kost: Stephanie Barth hat es sich und ihrer Leserschaft nicht leicht gemacht: ihr Einblick in das Sportler-, das Boxermilieu der Nachkriegszeit beruht auf mehr als auf guter Recherche - es ist das absolute Eintauchen in das Thema, eine Verschmelzung auf Zeit. Ich lese viel und empfinde dies in der Regel auch bei durchaus anspruchsvollen als Entspannung, als kleinen Ausbruch aus dem Alltag. Hier war es anders: dieses Buch hat mich gefordert, über Gebühr, wie ich finde. Im Klartext: Das Thema Boxen nahm überhand, wurde mir einfach zu viel. Trotz meiner Bereitschaft, in diesem Milieu zu versinken, war ich froh, mich daraus wieder befreien zu dürfen.

Eine Leseempfehlung mit Einschränkungen ist es also, die ich ausspreche, für einen sehr, sehr kleinen Personenkreis, der gewillt ist, sich dem Thema Boxen in der frühen Nazizeit für einen begrenzten Zeitraum komplett auszuliefern!

Veröffentlicht am 24.07.2018

Eine mitreißende Liebesgeschichte, wie sie hätte sein können

Das Glück, wie es hätte sein können
0

Serge und Suzanne - zwei Menschen, zwei Welten. Wir begegnen Serge, dem Erfolgreichen, bereits 60jährigen mit wesentlich jüngerer Frau und zwei Kindern zunächst aus Suzannes Blickwinkel, ihr fällt an Serge ...

Serge und Suzanne - zwei Menschen, zwei Welten. Wir begegnen Serge, dem Erfolgreichen, bereits 60jährigen mit wesentlich jüngerer Frau und zwei Kindern zunächst aus Suzannes Blickwinkel, ihr fällt an Serge das zu starke Rasierwasser, der zu dunkle Anzug auf, ihm an ihr bei der ersten Begegnung - noch - nichts. Kein Wunder, denn Suzanne ist eigentlich unauffällig und kommt aus einer anderen, einer einfacheren Schicht, ist weder jung noch schön. Die Klavierstimmerin ist gar nicht so unglücklich in ihrem Leben - sie nimmt es, wie es ist. Aber sie hat etwas, das Serge auf sie aufmerksam werden lässt - Liebe, Verlangen, Begehren, Sehnsucht? Lesen sie selbst und kommen Sie der Sache auf die Spur, es wird in einer wunderbar atmosphärischen Sprache erzählt werden, wie auch schon der Beginn dieser Geschichte: der Leser kann sich fallen lassen, sich einbetten in den wohligen, stilvollen Klang von Veronique Olmi.

Wirklich? Nun, der Stil ist eloquent, ja elegant - typisch französisch eben, aber der Inhalt hat mich nicht mitgerissen, mich nicht in den Strudel gerissen, wie ich es ob Stil und Spache erwartet hatte. Ein nettes, kleines Buch für zwischendurch, mir geht das böse Wort "belanglos" durch den Sinn. Nun, wie auch immer, die Geschichte von Serge und Suzanne wird bald aus meinem Gedächtnis verschwunden sein, zu wenig (Be)Merkenswertes - oder Aufmerkenswertes - zeichnet sie aus.

Ein kleines Büchlein für zwischendurch, das man lesen kann, aber nicht muß. Es schadet nicht - aber so richtig bereichernd ist es auch nicht.