Zwei Schwestern im besetzten Frankreich
Die NachtigallWie verlief die Besetzung Frankreichs durch die Deutschen? Was stand am Beginn von Vichy-Frankreich? Wie mögen sich die Unterworfenen wohl gefühlt haben, wie haben sie reagiert?
Diese Fragen versucht ...
Wie verlief die Besetzung Frankreichs durch die Deutschen? Was stand am Beginn von Vichy-Frankreich? Wie mögen sich die Unterworfenen wohl gefühlt haben, wie haben sie reagiert?
Diese Fragen versucht die Amerikanerin Kristin Hannah in ihrem Roman "Die Nachtigall" zu beantwortet, in dessen Mittelpunkt zwei Schwestern, Vianne und Isabelle, stehen. Vianne, die wesentlich Ältere, hat bereits länger eine eigene Familie und muss mit dem Umstand klarkommen, dass ihr Mann an der Front kämpft und sie allein mit dem schweren Alltag, der Erziehung ihrer Tochter Sophie und ihrem Berufsalltag als Lehrerin klarkommen muss, in der Kleinstadt unweit von Tours, in der ihre Familie lebt. Ihr in Paris lebender Vater schickt ihr bald ihre um einiges jüngere Schwester Isabelle, die ganz andere Probleme hat. Sie kann und will nicht verstehen, dass Vianne sich einfach dem Schicksal ergibt. Genau mit ihrer Ankunft zusammen fällt die Eroberung des Ortes durch die deutschen Truppen, die sich ausbreiten, auch Viannes Familie muss einen Armeefunktionär beherbergen. Während Vianne erkennt, dass Kooperation es ihr und vor allem ihrer Familie leichter machen, ist Isabelle partout nicht bereit dazu - sie tut alles, um sich dem Widerstand anzuschließen (was gar nicht so einfach ist, wenn man keine entsprechenden Kontakte hat) und für eine freie Heimat zu kämpfen.
Ein ergreifendes Buch mit starken, gut ausgearbeiteten Charakteren - wenn auch ein prägnanter Stil definitiv nicht die Sache der Autorin ist. Auch wenn ich nicht so weit gehen würde, die Beschreibungen als weitschweifig zu bezeichnen - etwas prägnanter und gebündelter wäre es mir lieber. Aber das ist ganz klar Geschmackssache und zudem verständlich, dass die Autorin als Amerikanerin die komplexen Abläufe und Handlungen im gerade entstehenden Vichy-Frankreich - und davor - in aller Ausführlichkeit schildert. Was mir gefällt ist, dass geschickt Ansprachen Petains und De Gaulles ins Geschehen eingebaut werden und sehr dabei helfen, die unterschiedlichen Positionen zu verdeutlichen.
Auf jeden Fall ein lohnenswertes Buch für Freunde (und vor allem Freundinnen) mitreißender Liebes- und Familienromane vor spannender historischer Kulisse. Wenn man auch bei 600 Seiten ein bisschen Zeit und Muße braucht. Ich würde mir gut überlegen, ob ich es - wie es eigentlich passend scheint - mit in den Frankreich-Urlaub nehme und dies davon abhängig machen, ob immer mal wieder die Möglichkeit besteht, sich in eine Ecke zurückzuziehen und zu konzentrieren!