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Veröffentlicht am 11.08.2018

In kurzen Sequenzen zu Gott

Per Anhalter in den Himmel
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und auch zu Jesus herangeführt werden junge Menschen durch diese Ansammlung von Geschichten, Gedichten und Weisheiten, die in verschiedene Themenbereiche zusammengefasst sind. Diese heißen bspw. "Vergebung"; ...

und auch zu Jesus herangeführt werden junge Menschen durch diese Ansammlung von Geschichten, Gedichten und Weisheiten, die in verschiedene Themenbereiche zusammengefasst sind. Diese heißen bspw. "Vergebung"; "Etwas Verändern", "Vertrauen und Mut" und "Glaube".

Und "Inspiration", das ist mein Lieblingsteil. Denn er enthält gleich mehrere Geschichten, die mir quasi die Schuhe ausgezogen haben, allen voran die vom barfüßigen Hippie und Christen Bill, der in der Kirche schief angeschaut wurde, als er sich mangels anderem Platz (ich nehme an, bei diesem Typen hatte keiner Lust, beiseite zu rücken) und auf ganz besondere Weise Bestätigung und Zuwendung erfuhr. Auch die von Robert Reed, der trotz schwerster Körperbehinderung ein Leben lebt, das vielen Gesunden zu anstrengend wäre: ein Leben für Gott! Und vor allem: Ein Niemand aus der Dritten Reihe, da habe ich beim Lesen in der Straßenbahn ein paar Tränchen vergossen: es geht um einen Sportler, der durch Gott Kraft schöpft. Und zwar auf ganz besondere Weise.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass anderen Lesern wieder andere Themen wichtiger sind - das kommt ganz auf die eigenen Erfahrungen, Interessen und Schwerpunkte im Leben an. Vieles hat mich auch eher wenig oder gar nicht angesprochen und ich könnte mir denken, dass es dem ein oder anderen genauso geht - wir ticken eben alle verschieden und das trifft auch auf manch einen der Autoren in diesem Buch zu.

Was viele Geschichten gemein haben, das ist die Schilderung von Schlüsselerlebnissen, also nicht vom Alltag der Menschen, sondern von besonderen Begebenheiten oder auch von Erfahrungen, die eine Wende herbeigeführt haben.

In vielen davon kommen - adressatengerecht - junge Leute vor, die noch dabei sind, ihren eigenen Kurs zu finden. Es werden Meilensteine auf dem Weg zu Gott beschrieben ebenso wie auch Weisungen Gottes, die über Mittler an die Protagonisten herangetragen werden.

Kleine und etwas größere Perlen oder auch Murmeln sind es, die sich hier aneinander reihen - ein jeder Leser kann sich seine Lieblingsstücke herauspicken. Bei mir hielten sich die besonderen Kleinode und die nicht ganz so tollen Sequenzen so ziemlich die Waage. Dennoch habe ich das Buch sehr gern gelesen und ich bin zuversichtlich, dass es vielen Jugendlichen genauso geht, denn es ist sehr abwechslungsreich. Ich könnte mir aber auch gut vorstellen, dass die jungen Leser sich viel Zeit, viele Pausen während der Lektüre genehmigen, um das Gelesene zu verarbeiten, sacken zu lassen.

Ein schönes Geschenk beispielsweise für Konfirmanden!

Veröffentlicht am 01.08.2018

Kritisch und mausetot

Tod im Wald der Engel
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ist der Journalist Hartmut Lanski nach der Vernissage der Malerin Anna, der er bei ihrer eigentlich sehr erfolgreichen Ausstellungseröffnung mit kritischen Fragen zugesetzt hat. Und ausgerechnet sie findet ...

ist der Journalist Hartmut Lanski nach der Vernissage der Malerin Anna, der er bei ihrer eigentlich sehr erfolgreichen Ausstellungseröffnung mit kritischen Fragen zugesetzt hat. Und ausgerechnet sie findet bei einem kleinen Entspannungspaziergang nach dem für sie aufwühlenden Event seine Leiche. Sein Tod hat ihn aber nicht davon abgehalten, vorher noch eine saftige Kritik zustande zu bringen und rechtzeitig zum Abdruck vorzulegen.

Grund genug für die gepeinigte Künstlerin, ihn um die Ecke zu bringen - findet jedenfalls die Neusser Ermittlungsleiterin Gabriele Richards und setzt sich gemeinsam mit ihrem Kollegen Brenner auf Annas Fersen. So sehr, dass Anna nicht umhin kommt, selbst zu ermitteln.

Es gibt einige, für die Entwicklung relevante Erzählstränge, die leider nicht zu Ende ausgeführt werden, was ich sehr schade fand. Auch empfand ich die Rolle von Amateurermittlerin Anna teilweise zu groß - das reichte bis in unrealistische Dimensionen. Doch schreibt die Autorin Andrea Tillmanns mitreißend und anschaulich, auch der Humor kommt - wie es sich bei einem saftigen Lokalkrimi gehört - immer wieder zum Tragen. Eine nicht ganz runde, aber dennoch stimmige Geschichte also.

Kurzum: wer bis zum Ende gespannt sein möchte - und welcher Krimileser will das nicht -, atmosphärische Regionalkrimis mit sympathischen Protagonisten - in diesem Falle vom Niederrhein - mag und auch gegen tierische Ermittlungen nichts einzuwenden hat, der ist hier trotz der kleinen Abstriche goldrichtig aufgehoben und wird seine Freude an der Lektüre haben!

Veröffentlicht am 01.08.2018

Gerechtigkeit

Nachsommer
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ist oft nur ein Wort. Gerade im Familienleben gibt es so viele Bevorzugungen von Kindern seitens der Eltern. Häufig und gerade auch, wenn diese längst dem Kindesalter entronnen sind und sich nur noch ...

ist oft nur ein Wort. Gerade im Familienleben gibt es so viele Bevorzugungen von Kindern seitens der Eltern. Häufig und gerade auch, wenn diese längst dem Kindesalter entronnen sind und sich nur noch selten bei den Eltern blicken lassen. Dann müssen sich die Geschwister, die in der Nähe geblieben sind, sich um die Eltern kümmern und quasi immer zur Verfügung stehen, starke Nerven haben. So auch Olof, dessen jüngerer Bruder Carl - von jeher der Erfolgreichere, Hübschere, Beliebtere - letzteres gerade auch bei der längst verwitweten Mutter - sich längst in die Staaten davongemacht hat, was seine Mutter sehr verletzt hat. Es bringt sie jedoch nicht davon ab, seinen Namen ständig im Munde zu führen, ihn gegenüber seinem Bruder Olof als den besseren, liebenswerteren darzustellen. Auch wenn sie seit Jahren sauer ist auf Carl. Aber sie will ihn unbedingt nochmal sehen vor ihrem Tod.

Wie im Vorgängerroman "Septembernovelle" geht es hier um eine Dreiecksbeziehung, vielmehr um zwei: Olof, Carl und ihre Mutter sowie Olof, Carl und Carls Frau Klara.

Der Autor Johan Bargum erzählt seine Geschichte in wenigen Worten, die aber umso mehr sagen - und noch mehr Fragen hinterlassen. Denn vieles wird nur angedeutet und das betrifft sowohl Ereignisse als auch Gedanken. In der Hinsicht hat das Büchlein durchaus etwas Philosophisches, auch wenn die Erzählweise eher eine pragmatische ist. Auf jeden Fall lohnenswert für Leser, die nach der Lektüre gern weiterdenken und ein Büchlein, das man so schnell nicht vergessen wird!

Veröffentlicht am 29.07.2018

Der Erwählte

Die Gesichter
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Nein, ich spreche (bzw. schreibe) hier nicht von Thomas Manns Rezeption des mittelalterlichen Werkes "Gregorius" von Hartmann von Aue - die Rede ist von Pinch, dem Sohn des Künstlers Bear Bavinsky. ...

Nein, ich spreche (bzw. schreibe) hier nicht von Thomas Manns Rezeption des mittelalterlichen Werkes "Gregorius" von Hartmann von Aue - die Rede ist von Pinch, dem Sohn des Künstlers Bear Bavinsky. Einem von vielen, muss man sagen, denn Bear hat in seinem frauenreichen Leben eine Reihe von Kindern gezeugt, von denen er die meisten nur selten oder sogar nie zu Gesicht bekommt.

Pinch, der in Wirklichkeit Charles heißt, schon, denn er ist über all die Jahre hinweg, der einzige, zu dem der Maler, eine vereinnahmende und schillernde Persönlichkeit, über die Jahre bzw. Jahrzehnte hinweg Kontakt hält, auch wenn sie sich fast immer in verschiedenen Ländern, meist auch auf unterschiedlichen Kontinenten aufhalten. Doch jeden Sommer treffen sie sich in Bears Ferienhaus in Südfrankreich, einem recht kleinen Häuschen in einem winzigen Nest. Dort haben sie Geheimnisse - sowohl gemeinsame als auch jeweils eigene.

Warum gerade Pinch? Er ist vollkommen anders als sein Vater, ein unscheinbarer Typ, der als Lehrer in einer Sprachenschule in London arbeitet und nicht gerade gesellig ist. Manchmal erscheint er als einer, mit dem die Dinge einfach so geschehen, aber das ist nur ein Teil seiner Persönlichkeit.

Denn es ist Pinch, der im Fokus des Romans steht, natürlich vor allem im Verhältnis zu seinem Vater, aber doch auch als Charakter mit einem eigenen Leben. Ein zurückhaltender Mann, der doch imstande ist, gelegentlich Einfluss auf andere auszuüben, nicht nur auf seinen Vater.

Und der sicher von vielen Zeitgenossen mit ganz anderen Augen betrachtet werden würde, wenn sie alles über ihn wüssten. Was ihnen aber nicht vergönnt ist, im Gegensatz zum Leser.

Der Autor Tom Rachman hat ebenso einen Entwicklungs- wie einen Beziehungsroman geschaffen. Ich habe vor allem genossen, dass er im Künstlermilieu spielt, das hat ihn für mich ganz besonders lesenswert gemacht. Wobei es für mich auch einige Abstriche gab, denn der ruhige Pinch und mehr noch sein Vater rasen durch das Leben - und letzterer dazu noch durch Beziehungen - als wenn es kein Morgen gäbe. An manchen Figuren ziehen sie regelrecht vorbei, auch wenn diese mehrfach auftauchen. Stellenweise nahm ich dies als ein unstetes Buch wahr, gefüllt mit unsteten Figuren, was sicher zu einem großen Teil an Bear und an seinem Verständnis von Familie liegt und möglicherweise von anderen Lesern mit einem anderen persönlichen Hintergrund als ich ihn habe, auch anders wahrgenommen wird.

Insgesamt habe ich das Buch, obwohl gelegentlich für mich verwirrend, sehr gerne gelesen und empfand es als unterhaltsam. Zudem habe ich - nach "Die Unperfekten" und "Aufstieg und Fall großer Mächte" den Stil des Autors sehr genossen. Rachman bleibt sich treu im Hinblick auf unvorhergesehene Entwicklungen, überraschende Windungen, Ränke und - sprachliche - Schwänke. Dennoch ein Buch, das man nicht schnell mal zwischendurch lesen kann, aber durchaus eines für Rezipienten, die ihre Mußestunden gern auch mal mit Anspruchsvollerem füllen!

Veröffentlicht am 28.07.2018

Tausendundeine Nacht im Balkan-Stil

Die Tigerfrau
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Der Tiger und seine Frau sind - als Thema einer Geschichte - für Tea Obreht ein Mittel, das enge und vertraute, seit ihrer Kindheit gereifte, doch durchaus komplexe und nicht unkomplizierte Verhältnis ...

Der Tiger und seine Frau sind - als Thema einer Geschichte - für Tea Obreht ein Mittel, das enge und vertraute, seit ihrer Kindheit gereifte, doch durchaus komplexe und nicht unkomplizierte Verhältnis ihrer Protagonistin und Ich-Erzählerin Natalia zu ihrem Großvater zu beschreiben. Dieser ist nun verstorben - auf einer geheimnisvollen Reise, für die zunächst niemand den Grund kennt - und Natalia blickt zurück.

Die Basis für die Beziehung zwischen Großvater und Enkelin bestand in zwei Geschichten aus dem Leben des Großvaters, die er ihr - wie ein Geschenk, quasi als Beweis seines Vertrauens - anvertraut hatte. Auf diesem Hintergrund spürt sie dem Tod des Großvaters und seinem Leben nach, folgt ihm an seinen Todesort...

Obwohl die junge Autorin wundervoll mit der Sprache umzugehen versteht, wird die detailgenaue Darstellung von Figuren und Vorgängen von teilweise nur nebensächlicher Bedeutung an manchen Stellen zu umständlich und verkompliziert so das Geschehen und aus meiner Sicht auch den Lesegenuss. Ein wenig hapert es gelegentlich auch an der Übersetzung: Der Originaltitel des Romans lautet "The Tiger's Wife", also "Die Frau des Tigers", was aus meiner Sicht eine ganz andere Bedeutung als der jetzige deutsche Titel transportiert und dem Inhalt des Buches viel stärker entspricht. Ein weiterer "Störfaktor" war für mich die Verwendung des Wortes "sachlich" in der deutschen Ausgabe: Natalia und ihre Freundin werden "sachlich auf die Wangen" geküsst (S.33), auf S. 136 hat ein sachlicher Bauer seinen Auftritt - ich finde die Anwendung dieses Adjektivs im Deutschen an den beiden Stellen etwas befremdlich und gehe davon aus, dass die Autorin etwas anderes im Sinn hatte.

Der Stil der noch so jungen amerikanischen Autorin mit serbischen Wurzeln, - Obreht ist Mitte der 1980er Jahre in Belgrad geboren und im Alter von 12 Jahren in die Staaten ausgewandert - ihre Detailverliebtheit und die Einbindung paranormaler und fantastischer Elemente gemahnen auch an die großen Autoren und Nobelpreisträger aus dem lateinamerikanischen Kulturkreis wie Garcia Marquez oder Vargas Llosa - Freunde dieser Autoren dürften hier auf ihre Kosten kommen und durch ihre Unterstützung der jungen Schriftstellerin möglicherweise einen Weg ganz nach oben ebnen.