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Veröffentlicht am 04.09.2018

Geheimnisse und Verschwörungen

Walter muss weg
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Hannelore Hubers Ehe war alles andere, als eine Liebesheirat, sondern von ihrem Ziehvater bestimmt. Entsprechend lief sie dann auch. Kein Wunder also, dass Hanni nicht sonderlich trauert, als Walter plötzlich ...

Hannelore Hubers Ehe war alles andere, als eine Liebesheirat, sondern von ihrem Ziehvater bestimmt. Entsprechend lief sie dann auch. Kein Wunder also, dass Hanni nicht sonderlich trauert, als Walter plötzlich verschwindet und sich herausstellt, dass er dann wohl doch nicht beim Spaziergang, sondern in Mariannes „Etablissement“ gestorben ist. Doch dann gerät alles in Schieflage. Wortwörtlich. Auf der Beerdigung stürzt der Sarg ab und heraus purzelt nicht Walter, sondern Albin, der Bestatter. Statt Antworten findet Hanni immer mehr Fragen und so macht sie sich daran, den Fall auf eigene Faust zu lösen …

Thomas Raab ist eindeutig gewöhnungsbedürftig. „Stille“ hat mich schon sehr viel Kraft gekostet. Ich dachte, ein Buch, das mit „spielerisch, humorvoll und herrlich böse“ wirbt, ist genau das, was ich mag. Tja. So spielerisch ist es leider nicht. Die Satzkonstrukte sind wirklich genial, aber auch schwer zu lesen auf Dauer. Der Humor ist hier bissig und böse, gemein und verletzend. Von „spielerisch“ so gar keine Spur.

Die Figuren sind alle Originale, aus denen man viel mehr hätte herausholen können. Hannis Kindheit, Jugend, Ehe – ihr ganzes Leben – lief nicht märchenhaft und da ist es auch verständlich, dass der Humor auf der Strecke bleibt. Dennoch fehlt dieser Figur ein wenig Galgenhumor, ein wenig etwas Helles. Statt sich selbst einen kleinen Lichtblick zu schaffen, hat sie das Dunkel selbst noch verstärkt. Einzig Amelie Glück, die in ihrer kindlichen Naivität quasi unverletzbar wirkt, bringt ein wenig Leichtigkeit ins Buch. Alle, durchweg alle anderen Figuren sind düster und boshaft, egoistisch, falsch und hinterhältig.

Ich habe das Buch nicht abgebrochen, weil ich Wortspiele liebe und bis ans Ende gehofft habe, dass ich einen Grund finden werde, diese Krimireihe weiter zu verfolgen. Ich denke, es ist mir nicht gelungen. Die letzten Seiten jedoch gehen ans Herz. Nur deshalb bekommt dieses Buch am Ende dann doch noch drei Sterne von mir.

Veröffentlicht am 22.08.2018

Ein Vorschuljahr geht schnell vorbei

Die Elternsprecherin
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Jen ist Ende 40, hat einen wunderbaren Mann, zwei fast erwachsene, studierende Töchter und einen Vorschul-Sohn. So ein klein wenig hat sie auch eine Midlife-Crisis, denn sie stürzt sich mit doppelter Energie ...

Jen ist Ende 40, hat einen wunderbaren Mann, zwei fast erwachsene, studierende Töchter und einen Vorschul-Sohn. So ein klein wenig hat sie auch eine Midlife-Crisis, denn sie stürzt sich mit doppelter Energie in diverse Aktionen. Da wäre das Workout mit dem Personal Trainer, um an einem Schlammlauf teilzunehmen, aber vor allem die Tätigkeit als Elternsprecherin. Von der Zeit ihrer Töchter weiß sie, wie heftig das werden kann und diesmal will sie alles anders machen und die beste Elternsprecherin aller Zeiten werden. Dabei schießt sie gern mal übers Ziel hinaus, trifft den falschen Ton oder aber auch mitten ins Wespennest …

Das Buch beginnt rasant und zieht den Leser gleich mitten ins Geschehen. Jen ist voller überschüssiger Energie und macht keine halben Sachen. Das ist witzig und mitreißend, strengt aber auch irgendwann auf halber Strecke des Buches an. Vielleicht auch nur, wenn man nicht mehr Mitte 20 ist, sondern im Alter von Jen? Ich weiß es nicht. Mich jedenfalls hat Jens Hyperaktivität mit der Zeit wirklich arg angestrengt. Sie kämpft gegen Helikoptereltern, Spießer und den Alltagswahn, ich kämpfte gegen meinen aufkommenden Widerwillen an. So gern ich Jen anfangs mochte, so sehr hat sie mich auf weiten Strecken des Buches auch genervt.

Wunderbar die Menschen um sie herum. Alle mit Ecken und Kanten, einige auch mit Macken, die man geduldig ertragen können muss, aber viele mit sehr viel Geduld und Verständnis für Jen. Das merkt sie nur nicht in ihrem Übereifer. Das komplette Vorschuljahr stolpert sie so durch diverse Fettnäpfchen, in ein paar Fallen und durch ihr Leben. Das ist teils amüsant, aber laut lachen musste ich nicht wirklich oft.

Der Stil ist entsprechend – flott, energiegeladen, rasant, aber eben auch anstrengend. Ich habe für dieses Buch länger gebraucht, als für nicht mal 400 Seiten bei mir üblich ist. Wirklich schlecht ist das Buch dennoch nicht, eben einfach nur sehr kräftezehrend. Viele kleine Nebenschauplätze und Themen ergeben ein gesamtes Familienleben. Ein klein wenig „Desperate Housewifes“ steckt auch darin.

Fazit: Das Buch ist nicht sehr anspruchsvoll, mittelprächtig lustig, legt den Finger auf ein paar kleine Wunden – aber es beeindruckt nicht nachhaltig. Das macht bei mir dann drei Sterne.

Veröffentlicht am 21.08.2018

Wenn eine moderne Oma 80+ Briefe schreibt …

Eine alte Frau ist doch kein WLAN!
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Humor ist immer so eine Sache. Der eine lacht über Mario Barth, der andere bleibt da total trocken. Ich zum Beispiel. Auch mag ich „Der kleine Nils“ nicht, diese Fake-Anrufe von einem angeblichen kleinen ...

Humor ist immer so eine Sache. Der eine lacht über Mario Barth, der andere bleibt da total trocken. Ich zum Beispiel. Auch mag ich „Der kleine Nils“ nicht, diese Fake-Anrufe von einem angeblichen kleinen Jungen. Das alles ist mir viel zu pump und unterstes Niveau.

Mathilde Jägers ruft nicht an, sie schreibt. Und zwar mit der Schreibmaschine. An so ziemlich alles und jeden, an Institutionen, an Firmen, an den DFB, an die Post, an Brauereien … Sie ist nicht gar so plump, sie ist nicht gemein. Ihre Briefe sind tatsächlich teils unfassbar logisch in ihrer Unlogik. Das hat einen unbestreitbaren Charme. Noch interessanter und lustiger sind jedoch die Antworten. Teils wird total ernst auf die Schreiben eingegangen, teils pikiert, teils „in gleicher Münze“, also mit einem zwinkernden Auge und ebenfalls witzig. Nicht alle Abgeschriebenen haben geantwortet – eine Auswahl davon findet sich ebenfalls auf der CD.

Insgesamt nicht schlecht, aber vom Hocker haut mich das leider nicht. Möglicherweise ist der Trick, pro Tag nur einen Brief mitsamt Antwort zu genießen. Am Stück ist es etwas dröge. Als Kolumne im Radio oder in der Zeitung stelle ich mir das wieder recht witzig vor.

Die Sprecher (Christiane Blumhoff als 83jährige Briefeschreiberin Mathilder Jägers, Julia Fischer und Herbert Schäfer für die Stimmen der antwortenden Personen) machen einen echt guten Job. Ob nun leicht hochnäsig, ein wenig ironisch oder liebevoll-besorgt, es ist ein Genuss, ihnen zuzuhören.

So komme ich zu dem Schluss, dass es darauf ankommt, wie man dieses Hörbuch hört. Ist nur nicht so einfach, die CD immer nur für ein Kapitel einzulegen, finde ich. So bleibt mir nur, mittlere drei Sterne zu geben. Nicht schlecht, aber auch nicht der Hit.

Veröffentlicht am 21.08.2018

Durchweg tieftraurig

Weit weg und ganz nah
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Jess ist eine herzensgute Frau, obwohl sie nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens steht. Die Beziehung zum Vater von ihrer Tochter und Wunderkindes Tanzie ist zerbrochen, sie ist alleinerziehend. ...

Jess ist eine herzensgute Frau, obwohl sie nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens steht. Die Beziehung zum Vater von ihrer Tochter und Wunderkindes Tanzie ist zerbrochen, sie ist alleinerziehend. Da ihr Ex einen Nervenzusammenbruch hatte, lebt auch dessen Sohn Nicky bei Jess, denn seine Mutter ist mit „Big Al“ durchgebrannt. Außerdem ist da noch Norman, der riesige, stinkende Hund aus dem Tierheim, der bei den dreien wohnt. Jess tut alles, um die Kinder glücklich zu machen, doch so langsam steht ihr das Wasser bis zum Kragen. Da spielt ihr das Schicksal eine Menge Geld in die Hände. Was soll Jess tun? Das Geld könnte die Grundlage für Tanzies Wunschschule sein …

Die Beschreibung las sich typisch Joyo Moyes. Ich habe deshalb auch damit gerechnet, dass ich gefühlstechnisch gebeutelt werde. Aber eigentlich habe ich auch erwartet, viel und oft lachen zu können. Da wurde ich leider enttäuscht. Dieses Buch ist durchweg tieftraurig. Es geht extrem unter die Haut und bewegt zutiefst. Man denkt automatisch darüber nach, wo und wann man vorschnell über andere Menschen geurteilt hat. Man grübelt, wem man wie helfen könnte. Doch ist man einfach nur runtergezogen. Die Hoffnungsschimmer sind so selten und so kurz, das Düstere, die Rückschläge, die Tiefschläge so oft und so heftig, dass ich dieses Hörbuch in vielen „Sitzungen“ hören musste und immer wieder längere Pausen brauchte.

Die Figuren sind, wie für die Autorin typisch, sehr speziell. Diese Menschen würde man sofort erkennen, würden sie einem auf der Straße begegnen. Sich mit einer der Figuren zu identifizieren, ist entsprechend schwierig. Besonders Ed, der durch eine gedankenlose Tat in Schwierigkeiten gerät und dem sein vieles Geld das Leben bisher zwar angenehm gestaltet, aber doch kein Glück gebracht hat, ist alles andere als Durchschnitt. Was er tut, ist so außergewöhnlich, dass es schon unglaubwürdig ist. Ebenso ist aber auch Jess trotz all ihrer Stärke das ganze Buch hindurch gern mal sich selbst im Weg. Ab und an handeln alle Figuren etwas konfus und unlogisch. Vermutlich musste das so sein, um insgesamt dann da hinzukommen, wo die Story am Ende landet. Für mich war das aber etwas zu konstruiert und unlogisch.

Ich muss gestehen, dass ich erst weit am Ende das typische Moyes-Feeling bekommen habe. Das war sehr gut geschrieben und packte mich dann enorm. Aber das war leider schon arg spät und trotz aller Sympathie kann ich deshalb nur drei Sterne vergeben.

Veröffentlicht am 20.08.2018

Wer überleben will, sollte seine zweite Chance nicht verspielen

Der Flüstermann: Thriller
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Spezialermittlerin Laura Kern muss im Internet den Mord an einer jungen Frau mitansehen. Der Täter hat diese zuvor dabei gefilmt, wie sie einen Bettler ignoriert hatte. Mehrfach. War das der Grund für ...

Spezialermittlerin Laura Kern muss im Internet den Mord an einer jungen Frau mitansehen. Der Täter hat diese zuvor dabei gefilmt, wie sie einen Bettler ignoriert hatte. Mehrfach. War das der Grund für ihren Tod? Dann taucht ein weiterer Film auf – ähnlich aufgemacht und ebenfalls ein grausamer Tod. Laura sucht verzweifelt nach dem Täter. Doch dann entdeckt sie eine Spur …

Der Fall ist interessant, die Motivation, die sich am Ende offenbart, ebenso alt wie nachvollziehbar (falls man bei Mord von „nachvollziehbar“ sprechen kann). Das Medium Internet bietet dem Mörder eine Plattform, seine Tat zu zeigen. Doch wieso er dies tut, hat sich mir nicht so ganz erschlossen. Zudem wird auch den Betrachtern nicht klar, was Sinn und Zweck der Morde ist. Alle Opfer haben ihre zweite Chance vertan – aber worauf bezogen?

Streckenweise zog sich die Story ein wenig, aber nie so schlimm, dass man gedanklich abschweifen würde. Ich wurde gut unterhalten und auch der Sprachstil ist angenehm. Dennoch haut mich das Buch nun nicht vom Hocker. Es ist eine angenehme Lektüre zum Abschalten, ohne extreme Spannungsspitzen. Interessant, aber nicht explosiv, möchte ich sagen. Die immer wieder eingeschobenen Rückblenden in die Zeit sechs Jahre davor lassen den Leser/Hörer gut dosiert verstehen, um wen es sich handelt, wer zu den möglichen Opfern gehörten könnte und – recht spät, um die Spannung nicht zu verderben – wer der Mörder sein muss. Wie nun Laura Kern hinter des Rätsels Lösung kommt, ist für mich nicht ganz überzeugend, aber akzeptabel. Sie und ihr Team tappen erst total im Dunkeln und dann überstürzen sich die Ereignisse und die Lösung ist da. Das stört mich ein wenig. Auch das Privatleben hat mir in diesem Buch zu viel Raum bekommen. Gut, das ist inzwischen „modern“ und in vielen Krimis und Thrillern, aber nun ja, ich finde es leider nicht so wirklich gelungen.

Beate Rysopp ist eine begnadete Sprecherin, doch stelle ich für mich fest, dass ich sie eher im historischen Genre passend finde. Ihre Stimme ist fest und stark, aber dennoch gefühlvoll und weich, sodass sie auch bei Liebesromanen genial eingesetzt werden kann. Doch für einen Thriller oder Krimi empfinde ich sie als nicht rau genug, da höre ich lieber „Reibeisen“.

Bei der Bewertung tue ich mich etwas schwer. Da für mich „Der Flüstermann“ zu wenig Thrill bietet, kann ich leider nur drei Sterne geben. Ein unaufgeregter Krimi für zwischendurch, aber kein Thriller.