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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.10.2018

Roman einer Stadt und einer Zeit

Chicago
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Das Werk des Filmschaffenden und Dramatikers David Mamet war schon immer beeindruckend. Jetzt hat er einen Roman hinzugefügt. Dafür hat er seinen Stil in stimmige Prosa angepasst. Er schreibt ausdrucksvoll ...

Das Werk des Filmschaffenden und Dramatikers David Mamet war schon immer beeindruckend. Jetzt hat er einen Roman hinzugefügt. Dafür hat er seinen Stil in stimmige Prosa angepasst. Er schreibt ausdrucksvoll und kraftvoll.

Chicago ist ein Portrait der Stadt in den zwanziger Jahren. Die Zutaten sind üppig. Detailreich schildert Mamet die Gegend mit Gebäuden und Straßen. Es fehlen weder die Hochbahn noch Al Capone. Es gibt die Clubs und Bars und die Chicago Tribune. Hier arbeitet der Zeitungsreporter Mike Hodge mit seinem Kollegen Parlow und dem Chefredakteur Crouch und vielen anderen.

Die markigen Dialoge prägen Maments Stil, zumal die Hauptfigur Mike nicht auf den Mund gefallen ist. Es stecken Hardboiled-Elemente darin.

Einen Tiefschlag muss Mike hinnehmen, als seine Verlobte Annie erschossen wird. Mike ist fassungslos, da er kein Motiv sieht. Das zieht sich durch den Roman und am Ende wird Mike dem Mörder gegenüberstehen.

Chicago ist ein gelungener Roman und man muss hoffen, dass David Mamet weitere Bücher schreibt.

Veröffentlicht am 27.09.2018

Die Aufarbeitung

Deutsches Haus
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Ich habe das Hörbuch gehört, das von Eva Meckbach gelesen wird.
Ihre leicht getragene, aber sorgfältige und passende Art zu lesen, spricht mich an.

Das Thema des Romans halte ich für immer noch relevant ...

Ich habe das Hörbuch gehört, das von Eva Meckbach gelesen wird.
Ihre leicht getragene, aber sorgfältige und passende Art zu lesen, spricht mich an.

Das Thema des Romans halte ich für immer noch relevant und in dieser Form selten umgesetzt. Die Hauptfigur, die junge Dolmetscherin Eva ist ahnungslos, was in den Lagern bis Kriegsende passiert ist. Doch im Prozess, in dem sie polnisch übersetzt, erfährt sie viel.
Von den meisten wird das Geschehen nach dem Krieg bis Mitte der sechsziger Jahre verdrängt. Niemand weiß etwas oder will etwas wissen. Doch das Nichtwissen über die Verbrechen ist nicht glaubwürdig. Und außerdem gibt es die, die uneinsichtig leugnen.

Je mehr Eva erfährt, desto mehr versteht sie auch, dass es sie selbst etwas angeht und ihre Kindheit nicht so klar, wie gedacht. Auch die Rolle der Eltern wird in Frage gestellt.
Diese Erfahrung verändert sie. Letztlich ist es ein Entwicklungsroman!

Veröffentlicht am 26.09.2018

warmherzig und humorvoll

Honig aufs Herz
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Honig aufs Herz ist ein komischer Titel, über den sich auch der männliche Protagonist wundert als Eve, die weibliche Hauptfigur, sich verspricht. Eigentlich wollte sie sagen „Hand aufs Herz“, aber es passt ...

Honig aufs Herz ist ein komischer Titel, über den sich auch der männliche Protagonist wundert als Eve, die weibliche Hauptfigur, sich verspricht. Eigentlich wollte sie sagen „Hand aufs Herz“, aber es passt trotzdem, denn die Story ist honigsüß. Eve startet als Privatdetektivin, obwohl sie auf den ersten Blick nicht besonders talentiert dafür scheint. Doch es war der Traum von ihr und ihrem verstorbenen Vater.
Ihr neuer Nachbar Nicolaj ist Taxifahrer und nach einem anfänglichen schmerzhaften Zusammenstoß freunden sie sich an.

Bei Romanen dieser Art ist mir wichtig, dass die Figuren sympathisch sind und Humor haben. Das ist hier der Fall, das primizive oder die Arroganz anderer Liebesromanhelden spürt man hier nicht.
Eher sind die beiden lange zurückhaltend. Komik ergibt sich auch aus anderen Passagen, z.B. in den Dialogen, wenn z.B. Eves Exfreund sie immer Äffchen nennt, ein unmöglicher Kosename. Auch zwischen Eve und ihrer Schwester gibt es lebhafte Dialoge, die funktionieren. Fast sind die Szenen zwischen Eve und Nicolaj die ernsthaftesten, vielleicht weil sie beide eine Vergangenheit verarbeiten müssen. Bei Nicolaj bleibt lange unklar, was es in seiner Vergangenheit gab.Als es endlich klar wird, versteht man seinen Zustand.

Der Plot funktioniert manchmal nicht ganz, aber es bleibt immer so interessant, dass man am Buch dranbleibt. Es gibt auch ein klein weng Action.
Es ist kein anspruchsvoller Roman, aber warmherzig und humorvoll und das ist mir am wichtigsten.

Veröffentlicht am 22.09.2018

Am Mondsee

Unter der Drachenwand
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Arno Geiger hat viel Aufmerksamkeit für sein Werk erhalten. Es war auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Sicher zu recht, auch wenn das mächtige Werk in seiner Detailliertheit Geduld vom Leser erfordert.

Der ...

Arno Geiger hat viel Aufmerksamkeit für sein Werk erhalten. Es war auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Sicher zu recht, auch wenn das mächtige Werk in seiner Detailliertheit Geduld vom Leser erfordert.

Der mittelschwer verletzte Soldat Veit Kolbe verbringt seine Konvalenzzeit am Ende des Zweiten Weltkrieges in einem Bergdorf am Mondsee in Österreich. Dort ist auch die Drachenwand, eine hohe Felswand. Eine Umgebung, die ihren Teil zur Atmosphäre des Buches beiträgt.
Kolbes Eindrücke vermitteln ein Bild dieser Zeit, 1944, die wirklich keine einfache war. Die Kriegszeit verletzte die Menschen manchmal körperlich, oft aber auch emotional. Haltlosigkeit und Zerrissenheit sind die Folge.

Arno Geiger hat sich durch Briefe aus dieser Zeit zu dem Roman inspirieren lassen und ihm gelingt eine Sprache, die glaubwürdig ist.
Neben Veit Kolbes Erzählperspektive sind weitere Figuren wichtig, die briefartig erzählen. Lange Briefe sind auch in das Buch integriert.
Im Vordergrund ist der Alltag, Kriegspassagen gibt es nur wenige.

Ein Buch, dass man nicht so schnell vergisst.

Veröffentlicht am 18.09.2018

Verbundenheit

Ich komme mit
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„Ich komme mit“ ist die Geschichte von Lazy und Vita, ein ungleiches Paar, die sich jedoch gegenseitig Freundschaft und Unterstützung bieten. Das ist wichtig, da der junge Lazy an Leukämie erkrankt ist ...

„Ich komme mit“ ist die Geschichte von Lazy und Vita, ein ungleiches Paar, die sich jedoch gegenseitig Freundschaft und Unterstützung bieten. Das ist wichtig, da der junge Lazy an Leukämie erkrankt ist und die 72jährige verwitwete Vita sehr einsam ist. Vita nimmt den kranken jungen Mann bei sich auf.
Mal wird aus Lazys, mal aus Vitas Perspektive erzählt. Das ist stilistisch sehr geschickt gemacht und die Autorin Angelika Waldis geht beim schildern des Verlaufs von Lazys Krankheit und der Vertiefung der Freundschaft sensibel und behutsam vor.
Sie erzählt auch die Vorgeschichte, als Lazy in der Liebe zu seiner Freundin aufging, die Krankheit beendete das.
Sie setzt auch Motive ein, wie zum Beispiel das eines Fuchses, der in einer Stele eingraviert ist. Diese Stele befindet sich in der Türkei nahe der syrischen Grenze, wo Lazy und Vita hinreisen.

Zu erwähnen sind auch die gut gemachten Dialoge. Eine Stärke der Autorin. Neben dem ernsten Ansatz gibt es auch eine leise Ironie zwischen den Hauptfiguren. Ein Mittel, um überhaupt irgendwie weiterzumachen.

Auch wenn der Roman relativ kurz ist, hat man nach der Lektüre das Gefühl 2 besondere Menschen gut kennen gelernt zu haben. Man erfährt von Krankheit und Einsamkeit, aber auch von Verbundenheit.