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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.01.2019

Spannend, schockierend, realistisch!

Der Patriot
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Der Leser folgt in diesem Buch verschiedenen Handlungssträngen, die durch mehr oder weniger kurze Kapitel beschrieben werden. Darunter ist der Täter, dann eines der Opfer, sowie eine aufstrebende, karriereorientierte ...

Der Leser folgt in diesem Buch verschiedenen Handlungssträngen, die durch mehr oder weniger kurze Kapitel beschrieben werden. Darunter ist der Täter, dann eines der Opfer, sowie eine aufstrebende, karriereorientierte Journalistin und schließlich August, ein in Chile lebender Schwede, der für einen russischen Gangsterboss als Leibwächter arbeitet. Die Zusammenhänge werden im Verlauf der Geschichte schnell klar, durch die kurzen Kapitel wird eine starke Spannung aufgebaut, die bis zum Schluss anhält. Es fiel mir schwer, das Buch für eine Pause aus der Hand zu legen.

Die Geschichte spielt hauptsächlich in Schweden, und ich fand sie sehr realitätsbezogen. Die rechtsorientierte Partei der Schwedendemokraten hat einen großen Zulauf und sogar schon Regierungsambitionen. Sie wettert hauptsächlich gegen Zuwanderung und die Islamisierung der Gesellschaft. Dies fällt bei so manchen Leuten in der Bevölkerung auf fruchtbaren Boden. Hier haben es einige rechte Fanatiker auf Journalisten abgesehen, ihrer Meinung nach von der „Lügenpresse“, die angeblich falsche Nachrichten verbreiten. Brutale Morde werden geplant und ausgeführt. In den sozialen Medien werden sie und ihre Taten von Gleichgesinnten gefeiert und verherrlicht. Das spornt sie zusätzlich an, sie fühlen sich als Führer einer gerechten und notwendigen Bewegung. Wenn Hass auf Fanatismus trifft, dann kann so etwas entstehen, wie es hier eindrucksvoll beschrieben wird.
Ein besonders perfider Plan führt dazu, dass ein unschuldiger Schwede mit syrischen Wurzeln, der sehr gut integriert ist, zum Terroristen wird. Was den Fremdenhass weiter schürt und die Täter noch gefährlicher macht. Da es sich keineswegs und dumme Personen handelt, sind sie sehr schwer zu fassen.
Ein harter Thriller, der durchaus so passiert sein könnte. Und das nicht nur in Schweden. Leider.
Und die Tatsache, dass der Autor selbst als Journalist massive rechtspopulistische Drohungen erhalten hat, macht es nicht besser. Aber glaubwürdiger. Eine wichtige Geschichte in einer gefährlichen Zeit. Eine Mahnung an Politiker, die noch nicht wissen wie sie dem Druck von rechts wirkungsvoll begegnen sollen. Aber auch eine Mahnung an die Gesellschaft, besser aufzupassen und sich nicht von unglaubwürdigen und falschen populistischen Parolen beeinflussen zu lassen.

Veröffentlicht am 21.01.2019

Historisch, spannend, stilvoll – gewürzt mit einer guten Prise Humor. Großartig!

Die Farben des Feuers
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Marcel Péricourt ist tot. Der Leiter des großen Bankimperiums war reich und mächtig. Madeleine, seine Tochter, erbt nahezu sein gesamtes Vermögen. Das ruft Neider auf den Plan, die sich ebenfalls Hoffnungen ...

Marcel Péricourt ist tot. Der Leiter des großen Bankimperiums war reich und mächtig. Madeleine, seine Tochter, erbt nahezu sein gesamtes Vermögen. Das ruft Neider auf den Plan, die sich ebenfalls Hoffnungen auf ein stattliches Sümmchen aus der Erbschaft gemacht hatten. Das sind in erster Linie Charles, der Onkel von Madeleine, und Gustave, der zweite Mann und leitender Prokurist der Bank. Madeleine kann sich an ihrem Erbe allerdings nicht erfreuen, denn ihr Sohn Paul stürzt am Tage des Begräbnisses von Vater Marcel aus einem Fenster im zweiten Stock. Schwer verletzt kommt er ins Krankenhaus. Er überlebt, aber er ist gelähmt und für den Rest seines Lebens auf den Rollstuhl angewiesen. Madeleine ist schwer getroffen, sie opfert sich für das Wohlbefinden von Paul auf. Sie bekommt nur am Rande mit, was in der Bank vor sich geht. Sie vertraut Gustave, der nun die Geschäfte leitet, und sie unterschreibt alles, was er ihr vorlegt.
Da Charles und Gustave sich um ihren Anteil am Erbe betrogen fühlen, geben sie sich mit der Situation nicht zufrieden. Ihrer Ansicht nach haben sie mehr verdient, und eine Frau ist mit geschäftlichen Dingen doch sowieso überfordert. Ihr heimtückischer Plan bringt die völlig ahnungslose Madeleine in große Schwierigkeiten. Sie verliert die Bank und fast ihr ganzes Vermögen. Nun ist es an ihr, sorgfältig zu planen. Zunächst, um über die Runden zu kommen und die Existenz für sich und ihren Sohn zu sichern. Und dann natürlich, um die Übeltäter zu bestrafen.
Ihr Rachefeldzug hat es in sich.

Ein wunderbares Buch, das mir sehr gut gefallen hat. Der Schreibstil ist erstklassig, stark im Ausdruck und doch auch humorvoll. Einprägsam und sehr gut zu lesen. Die Charaktere sind sehr gut dargestellt. Man fühlt mit der Protagonistin Madeleine und behält doch immer eine gewisse Distanz zu ihr. So wie sie selbst ihre Distanz nie ganz aufgibt, selbst nicht zu ihrem Geliebten. Paul wird zu einem starken Jungen, der mit den Ereignissen wächst, trotz seiner schlimmen Erlebnisse (oder gerade deswegen). Mein Lieblingscharakter war Vladi. Eigentlich nur eine Nebenfigur, doch mit durchweg positiver Ausstrahlung. Sie hat das Herz am rechten Fleck, wie man so sagt. Sie sprach nie ein Wort Französisch, und dennoch hat sie offenbar jeder verstanden. Tolle Figur!
Insgesamt eine spannende Geschichte vor dem historischen Hintergrund der Zwischenkriegszeit, ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Diesen Autor muss man im Auge behalten, ich werde sicher auch seine anderen Bücher lesen.

Veröffentlicht am 28.11.2018

Mord an einem Hoffnungsträger

Stieg Larssons Erbe
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Als ich 1986 von dem Mord an Olof Palme hörte, saß ich in einem Bus in Hamburg, wo ich damals lebte. Viele Menschen wirkten sehr betroffen, mir ging es nicht anders. Palme galt auch außerhalb Schwedens ...

Als ich 1986 von dem Mord an Olof Palme hörte, saß ich in einem Bus in Hamburg, wo ich damals lebte. Viele Menschen wirkten sehr betroffen, mir ging es nicht anders. Palme galt auch außerhalb Schwedens als große Hoffnung für eine friedliche Welt, nicht nur bei Sozialdemokraten. Schon bald nach der Tat wurde klar, dass bei den Ermittlungen wohl einiges schief lief. Sehr viele Theorien machten damals schon die Runde. Dass der „Millennium“-Autor Stieg Larsson sich so intensiv mit dem Mordfall beschäftigt hatte, war mir bisher nicht klar.
Es ist das Verdienst von Jan Stocklassa, die schreckliche Tat und die ganz unterschiedlichen Theorien noch einmal in Erinnerung zu rufen. Kein leichter Stoff, sich durch die umfangreichen Aufzeichnungen von Larsson zu arbeiten, von denen in diesem interessanten Buch ja nur ein kleiner Teil wiedergegeben wird. Man kommt schnell zu dem Eindruck, dass die zuständigen Ermittler wohl eher ihre Profilierungssucht pflegten, als an einer tatsächlichen Aufklärung interessiert zu sein. Was dann wieder der Theorie Nahrung geben könnte, dass auch hochrangige Personen aus Polizei- und Regierungskreisen als Auftraggeber nicht ausgeschlossen werden können. Was wiederum nur eine von vielen Optionen ist.
Ich fand es sehr interessant, die Spurensuche so dargestellt zu bekommen. Ich denke, für historisch und politisch interessierte Leser ist dies ein bemerkenswertes Buch. Ich fand es gut und wichtig, denn dieses Verbrechen (alle anderen natürlich auch) sollte aufgeklärt werden. Und alles, was in irgendeiner Form dazu beitragen könnte, ist sinnvoll und notwendig. Auch wenn es nur dazu beiträgt, sich wichtige Fakten noch einmal in Erinnerung zu rufen.

Veröffentlicht am 22.09.2018

Ist der Weiße noch zu stoppen?

Das Heer des Weißen Drachen
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Anthony Ryan hat eine sehr große Phantasie. Das wurde bereits in seiner Rabenschatten-Trilogie deutlich. Auch die ersten beiden Bände von Draconis Memoria bestätigen das. Wieder einmal entwirft der Autor ...

Anthony Ryan hat eine sehr große Phantasie. Das wurde bereits in seiner Rabenschatten-Trilogie deutlich. Auch die ersten beiden Bände von Draconis Memoria bestätigen das. Wieder einmal entwirft der Autor eine völlig neue Welt. Eine Welt, in der Drachen zum Alltag gehören, wie bei und Kühe und Schweine. Es sind Nutztiere, sie werden ausgebeutet. Ihr Produkt lässt sich gut vermarkten. Das Produkt der Drachen ist ihr Blut. Es wird vom lebenden Tier „geerntet“, und es ist wertvoll und zugleich gefährlich. Nur wenige Menschen, sogenannte „Blutgesegnete“, können dieses Blut trinken. Normale Menschen würde es töten, aber den Gesegneten verleiht es für kurze Zeit übernatürliche Fähigkeiten, die unterschiedlich sind, je nachdem, von welcher Drachenart das Blut stammt. Es gibt blaue, schwarze, rote und grüne Drachen. Und es gibt den Weißen. Das der nicht nur eine Legende ist, sondern wirklich existiert, erfuhren wir im ersten Band der Trilogie. Am Ende des Bandes ist der mächtige weiße Drache erwacht. Im zweiten Band nun hat er sich erhoben und bedroht die Menschheit. Er rüstet sich für den Kampf und erschafft sich eine Armee. Er hat die Gabe, Menschen zu beeinflussen und unter seine Kontrolle zu bringen. Kann das Ende der Menschheit noch verhindert werden? Es gibt einige, die daran arbeiten. Die Reisen von Clay, Lizanne und Hilmore gehen weiter, neue Gefahren müssen bewältigt werden, neue Rätsel müssen gelöst werden. Die Kapitel wechseln wie gewohnt zwischen den Protagonisten hin un her. Clay und Hilmore begeben sich mit ihren Leuten auf die Suche nach dem geheimnisvollen Turm aus Clays Vision. Nach Überwindung des Südmeers wartet das Eis auf sie. Lizanne ist mit Tekela und Arberus auf Feros, sie wohnen im Hause ihres Vaters. Lizanne will dem Protektorat eigentlich den Rücken kehren und sich um Tekela kümmern, doch man kann sie umstimmen und auf eine gefährliche Mission ins Corvantinische Kaiserreich schicken. Auch Tekelas Verehrer Sirus taucht wieder auf, ihn erwarten ganz neue Erfahrungen. Es gibt neue Verbündete und neue Gegner, die Geschichte bleibt sehr spannend und geheimnisvoll.

Eines muss ich dann doch kritisieren. Ich hätte mir das Kartenmaterial detailreicher gewünscht. Die Karten empfinde ich als durchaus hilfreich für den Text, die Routen der Protagonisten lassen sich so besser verfolgen. Aber viele Orte, die im Text eine wichtige Rolle spielen, sind in den Karten nicht verzeichnet. Zum Beispiel ist die Insel Feros nirgendwo eingetragen. Sie gehört offenbar zu den Tyrrel-Inseln, aber wo ist sie? Und wo ist Sanorah? Es wäre schön, wenn das etwas genauer dargestellt würde. Aber der spannenden Geschichte schadet das an sich nicht so sehr.
Was die wichtigen Berichte des „Sanoraher Aufklärer“ bedeuten, wird dem Leser erst ganz am Ende des Bandes klar. Und das Ende deutet dann auch auf einen interessanten und spannenden Abschlussband dieser Trilogie hin.

Veröffentlicht am 05.07.2018

Musik und Liebe in verschiedenen Zeiten

Wenn wir wieder leben
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Eine Geschichte über die Verdrängung. Die Verdrängung von schrecklichen Ereignissen, die gerade geschehen und die man nicht wahrhaben will. Und über die Verdrängung einer furchtbaren Vergangenheit, die ...

Eine Geschichte über die Verdrängung. Die Verdrängung von schrecklichen Ereignissen, die gerade geschehen und die man nicht wahrhaben will. Und über die Verdrängung einer furchtbaren Vergangenheit, die man am liebsten vergessen möchte. Aber die Wahrheit bahnt sich dennoch ihren Weg.
Ein großartiges Buch, das mich sehr berührt hat. Verdrängung spielte auch in meiner Familie eine große Rolle, daher konnte ich so manches nachempfinden. Charlotte Roth schreibt wunderbare Geschichten, dies ist, wie sie selbst sagt, ihre persönlichste. Sie erzählt in zwei Strängen die Geschichte von Wanda und Gundi. Wanda lebt im West-Berlin der 60er Jahre, Gundi lebt im Danzig der Vorkriegszeit.
Die anfangs noch sehr naive Wanda begibt sich auf Spurensuche an ihren Geburtsort Zoppot bei Danzig. Dort möchte sie mehr über ihre Mutter erfahren. Gundi, ebenfalls sehr naiv und lebenslustig, hat Musik im Blut. Alles andere interessiert sie nicht, die Musik ist alles in ihrem Leben. Sie ist ein positiver Mensch, sie möchte in allem das Gute sehen. Und sie sieht vor lauter Gutem das Böse nicht. Ihre drei Freunde, mit denen sie zusammen in einer Musikgruppe spielt, sehen etwas mehr als sie, aber Gundi ist die dominante Person in dieser Gruppe, sie gibt die Richtung vor. Alles läuft scheinbar gut für Gundi und ihre Gruppe, bis sie eines Tages auf ihre große Liebe trifft. Von da an wird es kompliziert, und der näher rückende Krieg schafft weitere Probleme. Das Ende der Geschichte hatte ich so nicht erwartet. Eine sehr interessante Überraschung!

Eindrucksvoll und einfühlsam beschreibt Charlotte Roth die Charaktere, der sympathische Pop war meine Lieblingsfigur. Auch sehr gut dargestellt fand ich die Handlungsorte Danzig und Zoppot, die zur damaligen Zeit die Perlen an der Ostsee waren. Ich konnte mich hineinversetzen in das Geschehen, in das Leben von Deutschen und Polen und in die Wirren der damaligen Zeit. Mit Pop hätte ich gern mal einen Machandel getrunken.
Schon nach den ersten Seiten hatte ich Schwierigkeiten, das Buch aus der Hand zu legen. Es war aufregend, den Wegen der Protagonistinnen zu folgen, es war dramatisch und es war auch spannend. Sehr empfehlenswert!