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Veröffentlicht am 29.12.2018

Patricks Vermächtnis

Geheimakte / Geheimakte Cíbola
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„...Ich bin seit Jahren in dieser Neuen Welt unterwegs und was ich an Grausamkeiten mit ansehen musste, übertrifft jedes Maß an Vorstellungskraft, die ein Mensch aufbringen kann. Und das Schlimmste ist, ...

„...Ich bin seit Jahren in dieser Neuen Welt unterwegs und was ich an Grausamkeiten mit ansehen musste, übertrifft jedes Maß an Vorstellungskraft, die ein Mensch aufbringen kann. Und das Schlimmste ist, all diese Taten wurden von Männern begangen, die unserem Herrgott die Treue geschworen haben. Aber das Gold hat ihre Seelen für sich eingenommen...“

Wir schreiben das Jahr 1539. Der Mönch Marcos de Niza war aus dem Inneren des amerikanischen Kontinents zurückgekehrt. Er soll dort Cibula gesehen haben, eine der sagenhaften sieben goldenen Städte. Das Eingangszitat stammt von ihm.
Dann wechselt die Handlung ins Jahr 1961. Die Archäologen Max Falkenburg und Joseph Carter räumen den Nachlass ihres Freundes Patrick auf. Der war beim letzten Unternehmen tödlich verunglückt. In seinen Unterlagen stoßen sie auf die Legende von Cibola. Sie stellen fest, dass Patrick an die Existenz der Stadt geglaubt hat. Das Auffinden sollte die Krönung seiner Forschung werden und ihn aus dem Schatten von Max führen. Max ist tief betroffen. Er will das Vermächtnis seines Freundes zu Ende führen.
Der Autor hat einen fesselnden Roman geschrieben. Er verknüpft gekonnt historische Legenden mit einer abwechslungsreichen Handlung.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er unterstützt den flotten Handlungsverlauf.
Schnell stellt sich heraus, dass schon Patricks Recherchen weitere Abenteurer auf den Plan gerufen haben. Doch das waren noch nicht die letzten Interessen. Dr. Haywood, eine amerikanischer Archäologe, der Patricks Nachfolge an der Universität antritt, ist ebenfalls begeistert. Er hofft auf Ehre und Ruhm.
Max und seine Freunde beginnen ihre Suche in Arizona am Rande der Sonora – Wüste. Es wird ein Rennen gegen die Zeit. Drei weitere Gruppen sind ihnen auf der Spur. Bei denen allerdings wechseln Freund und Feind schnell.
Sehr detailliert wird das Vorgehen und der Weg beschrieben. Ab und an lässt Max seinen trockenen Humor aufblitzen, wie das folgende Zitat zeigt:

„...Ich habe eine kleine Wildwasserfahrt durch den Canyon unternommen. Nicht sehr empfehlenswert zur Nachahmung, kann ich euch sagen...“

Gut eingearbeitet werden die exakt recherchierten historischen Gegebenheiten. Dazu gehören Informationen über die Navajo Nation und ihr Reservat. Gleichzeitig müssen die Freunde mit Anfeindungen umgehen, die sich daraus ergeben, dass Joseph von schwarzer Hautfarbe ist. Damit ist er im Amerika der damaligen Zeit ein Mensch zweiter Klasse und das lässt man ihn ab und an spüren.
Wie unterschiedlich die Motivlage der Schatzsucher und ihr Menschenbild ist, zeigt sich auch im Verhalten gegenüber dem alten Indianer Qaletaqa.
Der Autor beherrscht nicht nur die Darstellung rasanter Szenen, sonder auch das Verwenden passender Metapher zur Beschreibung der Landschaft.

„...Derweil die Indianer weitergingen, blieben Max und die anderen staunend stehen und ließen ihre Augen über das Unglaubliche streifen, was vor ihnen lag. Der schmale Canyon mündete in ein enormes Tal, in dessen Mitte sich ein kleiner Fluss sein Bett gegraben hatte und der für grüne Wiesen auf beiden Seiten seines Ufers sorgte...“

Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Kombination aus sachlichen Informationen und fesselnder Handlung macht das Lesen zum Vergnügen. Dabei ist der Autor für manch überraschende Wendung gut.

Veröffentlicht am 28.12.2018

Das bekannteste Weihnachtslied

Stille Nacht
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„...Diese Berge! Wie klein und unbedeutend war man als Mensch angesichts ihrer Größe, kaum mehr als ein Floh, der ihnen über den Körper kroch...“

Joseph Muhr ist auf den Weg zum alten Keuschler. Dort ...

„...Diese Berge! Wie klein und unbedeutend war man als Mensch angesichts ihrer Größe, kaum mehr als ein Floh, der ihnen über den Körper kroch...“

Joseph Muhr ist auf den Weg zum alten Keuschler. Dort hofft er, seinen Großvater zu treffen. Der verschließt zuerst die Tür vor ihm. Doch die Musikalität des jungen Mannes erweicht sein Herz.
Der Autor hat nicht nur ein bewegendes Lebensbild geschrieben, er erzählt gleichzeitig viele Einzelschicksale aus Laufen, dem Ort, den der Krieg gegen Napoleon in eine bayrische und eine österreichische Seite geteilt hat.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen, obwohl er über weite Teile fast melancholisch wirkt.
In wenigen Kapiteln erfahre ich, wie die Kindheit des Hilfspredigers Joseph Muhr verlief, der nach der Beerdigung seines Großvaters den Text zu dem Lied „Stille Nacht“ geschrieben hat. Sein Großvater vermacht ihm die Gitarre des Vaters, den er nie kennengelernt hat.
Anderthalb Jahre später arbeitet Muhr immer noch als Hilfspfarrer in Laufen. Seine Gedanken sind den Schiffern, die den Ort dominieren, fremd.

„...Wir versuchen, uns Gott gewogen zu machen, um mehr Wohlstand, Gesundheit und Erfolg zu haben. Aber ich glaube nicht, dass es Gottes Priorität ist, uns das Leben sicher und angenehm zu machen...“

Im Dorf aber dominiert der Aberglaube der Fischer. Mit passenden Worten und treffenden Metaphern wird das harte Leben der Einheimischen beschrieben.
Einsamkeit und Untreue vergiften das Klima. Zwischen all den Fronten steht der junge Hilfsprediger, dem der Pfarrprovisor besonders auf die Finger schaut, weil er seine Musik nicht versteht und als ungeeignet betrachtet, denn sie bringt Leben in die Gottesdienste.
Fragen der Versöhnung, des Erkennens des eigenen Standpunktes und des Aufeinanderzugehens werden thematisiert.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen.

Veröffentlicht am 28.12.2018

Spannender Roman über die Verantwortung der Wissenschaftler

Gefahr von der anderen Seite
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„...Sie riskieren Ihre Gesundheit und vielleicht sogar Ihr Leben. Es gibt möglicherweise Leute, die von den Ergebnissen Wind bekommen haben und dafür töten werden, um diese Daten zu erlangen oder unter ...

„...Sie riskieren Ihre Gesundheit und vielleicht sogar Ihr Leben. Es gibt möglicherweise Leute, die von den Ergebnissen Wind bekommen haben und dafür töten werden, um diese Daten zu erlangen oder unter Verschluss zu halten. Ganz abgesehen von der Frage, ob die Menschheit für solch eine Art Wahrheit bereit ist...“

Wir schreiben das Jahr 2016. Dr. Jürg Sellmann beobachtet ein Protonen-Kollisions-Experiment am CERN in Genf. Als die Werte entgleisen, versucht er eine Notabschaltung. Doch den Lichtblitz und damit seinen Tod kann er nicht mehr verhindern. Die Öffentlichkeit wird nur mit einer kurzen Nachricht informiert.
Untersuchungsrichter Merlin hat den Todesfall eines wissenschaftlichen Mitarbeiters an der Universität Paris auf seinen Schreibtisch liegen. Alles spricht für Selbstmord. Verwunderlich ist nur, dass Professor Stein,der Vorgesetzte des Toten, unauffindbar ist.
Der Journalist Mike Peters war von einem anonymen Tippgeber auf das Verschwinden des Professors aufmerksam gemacht worden. Es gelingt ihm zusammen mit seinen Freund Sebastian, den möglichen Aufenthaltsort des Professor zu ermitteln. Deshalb macht er sich auf den Weg nach Chile.
Maurice Belloumi hat den Aufstieg zur Polizei trotz asozialen Elternhaus geschafft. Jetzt bekommt er eine weitere Chance. Er wird zur Kriminalpolizei abgestellt und soll sich dort bewähren.
Der Autor hat einen spannenden Thriller geschrieben, der gleichzeitig Elemente aus der Welt der SF enthält.
In den ersten Kapiteln werden die wichtigsten Personen vorgestellt. Das habe ich zu Beginn meiner Rezension ebenfalls getan. Allerdings ist die Liste nicht vollständig. Das würde auch den Rahmen sprengen.
Den Hintergrund der Handlung bilden zwei durchaus aktuelle wissenschaftliche Theorien. Zum einen geht es darum, wie man Menschen über die Kenntnis ihrer Daten manipulieren kann, zum anderen wird ein besonderer Aspekt der modernen Physik thematisiert.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Das Eingangszitat stammt von Professor Stein. Die Gespräche zwischen ihm und Mike gehören für mich zu den spannendsten Szenen der Geschichte. Professor Stein hat bei der Entschlüsselung geheimer Daten einen Blick in die Welt außerhalb unseres Universum werfen dürfen und Dinge gesehen, die nicht für dreidimensional denkende Wesen bestimmt sind. Obwohl er mit sehr anschaulichen Beispielen arbeitet, sollte der Leser zumindest Grundkenntnisse über moderne Physik und Kosmologie mitbringen. Von meiner Seite aus hätte das Thema gern vertieft werden dürfen.
Als besonderes Stilmittel gibt es Rückblenden in die Vergangenheit. Hier geht es insbesondere um den Chemiker Fritz Haber und die Gedankenwelt seiner Frau Clara. Der Kernpunkt liest sich so:

„...So einfach dürfen wir Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen es uns nicht machen. Es ist unsere tiefe und heilige Pflicht, Einfluss auf das zu nehmen, was andere mit unserer Entdeckung bewirken...“

Maurice wird zum Schutz von Mike abgestellt. Nach dem Tode von Sebastian geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass auch er in Gefahr ist. Allerdings gibt es dabei ein Problem. Beide wissen um ihre Zuneigung zueinander und kennen die Möglichkeiten der Entgleisung der Beziehung. Auch beruflich verstößt Maurice gern einmal gegen Regeln. Das wird nicht von allen toleriert. Spannende Verfolgungsszenen und unerwartete Angriffe zeichnen diese Abschnitte aus. Dabei ist es schwierig, auseinander zu halten, wer Freund und wer Feind ist. Eine Geheimorganisation hat ebenfalls in allen Bereichen ihre Finger drin. Sie spielt Feuerwehr.
Auch ein feiner Humor schimmert durch, wie das folgende Zitat zeigt.

„...Unterricht ist der Vorgang, bei dem die Notizen des Lehrers zu den Notizen des Schülers werden, ohne dass sie den Geist der beiden passieren müssen...“

Ab und an erleben die Protagonisten mögliche Entwicklungen vorab im Traum. Es kommt dann darauf an, die Situation im realen Leben richtig einzuschätzen, um eine Katastrophe zu verhindern.
Machtgier, Ehrgeiz, Selbstüberschätzung sind die Charakterzüge, die die Lage verschärfen. Häufig werden sachliche Argumente ignoriert.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Frage, wie weit Wissenschaft gehen darf, ist aktueller denn je. Solange Geld und Ruhm die Triebfedern sind, bleibt die Gefahr einer Entgleisung real.

Veröffentlicht am 27.12.2018

Harte Zeiten

Das Barackenmädchen
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„...Wer eine Opferrolle spielt, hat schon so gut wie verloren, weil er sich damit seine Würde nehmen lässt...“

Helene feiert ihren 90. Geburtstag. An diesem Tag schließt sie, ihrer Enkelin von einer schwierigen ...

„...Wer eine Opferrolle spielt, hat schon so gut wie verloren, weil er sich damit seine Würde nehmen lässt...“

Helene feiert ihren 90. Geburtstag. An diesem Tag schließt sie, ihrer Enkelin von einer schwierigen Zeit ihres Lebens zu erzählen.
Dann wechselt die Geschichte in den April des Jahres 1945. Auch in Brünn, einer Stadt im Protektorat Böhmen und Mähren, bestimmt der Krieg das Leben. Die 16jährige Helen kann sich nur kurz von ihrem tschechischen Freund Jan verabschieden, bevor sie mit der Mutter und ihrem kleinen Bruder Karl vor der anrückenden Roten Armee nach Tabor flieht. Über den Aufenthalt des Vaters ist die Familie im Ungewissen.
Nach dem 8. Mai allerdings werden sie aufgefordert, nach Brünn zurückzukehren. Sie ahnen nicht, was sie dort erwartet.
Der Autor hat einen fesselnden Roman geschrieben, der in weiten Teilen auf historischen Tatsachen beruht.
Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Der Schriftstil lässt sich flott lesen. Dadurch, dass Helene das Geschehen aus ihrer Sicht erzählt, bekommt es eine zusätzliche Authentizität.
Nach ihrer Ankunft in Brünn erleben Helene und ihre Familie die Rache der Sieger. Jetzt ist es den Deutschen verboten, die Straßenbahn zu benutzen oder Deutsch zu sprechen. Dafür ist das Tragen einer Armbinde Pflicht. Die ehemalige Wohnung ist von Tschechen besetzt. Helene und ihre Mutter werden zum Arbeitsdienst verpflichtet. Jan erklärt das so:

„...Leider gibt es derzeit eine Mehrheit, die die Deutschen am liebsten aus dem Land jagen würde. Du darfst aber auch nicht vergessen, was die Gestapo und die SS mit meinen Landsleuten angestellt hat...“

Sehr gut werden Helenes Gefühle herausgearbeitet. Sie kann es nicht verstehen, dass Frauen und Kinder nun dafür büßen wissen, was Männer angerichtet haben. Schon auf den Weg zurück nach Brünn geht ihr folgender Gedanke durch den Kopf:

„...Wieder eine Lüge! Das schmerzte. Aber hatten wir uns nicht an Lügen gewöhnt? Waren die Kinder der Kriegsjahre nicht mit Lügen groß geworden?...“

Doch es sollte schlimmer kommen. Alle deutschen Einwohner werden aufgefordert, sich im Altbrünner Klostergarten einzufinden. Es beginnt ein Marsch ins Nirgendwo. Helene wächst über sich hinaus. Sie gewinnt an Reife, setzt sich für Kranke und Gebrechliche ein und geht dabei an die Grenzen ihre Möglichkeiten.
Der Autor versteht es, unterschiedliche Facetten der Zeit gekonnt im Geschehen zu integrieren. Während ich bei Jans Freund immer das Gefühl habe, dass er auf einen sehr persönlichen Rachefeldzug ist und Freude empfindet, andere in Angst und Schrecken zu versetzten, lerne ich gleichzeitig Menschen kennen, die sich Mitgefühl bewahrt haben. Manch einer erinnert sich, dass Helenes Mutter als Krankenschwester viel Gutes getan hat. Ich denke insbesondere an die Bäckerin Frau Dvorak, den jungen Tschechen Pavel oder Dr. Pokorna.
Auch die Soldaten der Roten Armee werden differenziert betrachtet. Es geht nicht nur darum, dass sie sich Frauen holten, wenn ihnen danach war. Helene erlebt, wie sie eine alte und gebrechliche Frau zu einem Bauern brachten, damit der ihnen hilft.
Zu den positiven Aspekten der Geschichte gehört die Begegnung mit der rumänischen Einheit. Die Worte des Verantwortlichen setzen sich wohltuend von den bisher Erlebten ab:

„...Schließlich sei der Kampf zu Ende und schließlich führe man keinen Krieg gegen Frauen, Kinder und alte Leute...“

Das Handeln dieser Soldaten rettet manch einem das Leben.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Hier wird ein Stück Geschichte in ihrer Vielfalt aufgearbeitet. Erneut wird deutlich, dass die Leidtragenden von Krieg und Gewalt meist Frauen und Kinder sind. Daran hat sich bis heute kaum etwas geändert. Dadurch erhält das Buch eine gewisse Aktualität.

Veröffentlicht am 22.12.2018

Erschreckend

Justiz am Abgrund
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„...Als Fazit ist festzustellen, dass Deutschland keine starke Justiz hat. Mit einer kurz vor dem Kollaps stehenden Justiz lässt sich Gerechtigkeit nicht herstellen...“


Das Fazit klingt hart und erschreckend. ...

„...Als Fazit ist festzustellen, dass Deutschland keine starke Justiz hat. Mit einer kurz vor dem Kollaps stehenden Justiz lässt sich Gerechtigkeit nicht herstellen...“


Das Fazit klingt hart und erschreckend. Wie kommt der Autor, der selbst Richter ist, zu dieser Einschätzung?

In sechs Kapiteln listet Dr. Patrick Burow detailliert die Probleme der deutschen Justiz auf.

Im ersten Kapitel erläutert er, welche Folgen der Personalmangel und die strikten Zeitvorgaben von Pebb§y, einem Personalberechnungssystem, auf die Arbeit der Richter haben.


„...Die Zeitvorgaben einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zielen auf die Effizienz des Justizapparats ab. Es sollen möglichst viele Fälle in möglichst kurzer Zeit erledigt werden. […] Die Qualität bleibt dabei auf der Strecke...“


Das System übersieht, dass sich Gerichtsfälle nicht in ein starres Schema pressen lassen. Hinzu kommt, dass Richter immer mehr Aufgaben übernehmen müssen, für die es früher zusätzliches Personal gab. Einlasskontrolle ins Gericht und Wachtmeister während der Verhandlung fallen häufig dem Sparzwang zum Opfer. Für das Staatsfernsehen wird mehr Geld ausgegeben wie für eine funktionierende Justiz.

Im zweiten Abschnitt wird aufgeführt, welche Schritte ein Richter bis zur Strafzumessung gehen sollte. Außerdem wird darauf hingewiesen, warum es häufig nur milde Strafen gibt. Wie das auf andere Behörden wirkt, zeigt das folgende Zitat:


„...Der Frust von Polizisten ist groß, wenn mit großem persönlichen Einsatz geführte Ermittlungen zu keiner spürbaren Strafe führen...“


Das dritte Kapitel widmet sich einem Thema, das irgendwann fast jeden trifft. Die beiden einleitenden Sätze lauten:


„...Sie wollen die ganze Härte des Rechtsstaats erleben? Dann sollten Sie zu schnell Auto fahren...“


Im Gegensatz zu vielen anderen Straftaten werden Verkehrsverstöße rigoros verfolgt. Hier kommt der feine Humor des Autors im Schriftstil zu tragen.

Im vierten Kapitel geht der Autor erneut tiefgründig auf die Folgen der Arbeitsüberlastung ein. Zu lange Gerichtsverfahren mit entsprechenden negativen Konsequenzen, Einstellung von Verfahren, Kapitulation vor der Alltagskriminalität und Fehlurteile sind einige der behandelten Themenfelder. Die verständlichen theoretischen Abhandlungen werden durch konkrete Beispiele verdeutlicht.


„...Löcher werden gestopft, indem woanders neue aufgerissen werden...“


DAS ist verständlicherweise keine Lösung.

Im vorletzten Kapitel wendet sich der Autor den jugendlichen Straftätern, den Folgen der Asylpolitik im juristischen Bereich und der Zwei – Klassen – Justiz zu. Letzteres dürfte es laut Grundgesetz gar nicht geben. Aber Theorie und Praxis sind manchmal zwei völlig unterschiedliche Seiten einer Medaille.

Wenn über die Justiz und das Recht gesprochen wird, muss man an irgendeiner Stelle über den Begriff der Gerechtigkeit reden. Das geschieht in diesem Kapitel.

Anschließend wird anhand konkreter Zitate aus der Presse oder von Politkern der Vertrauensverlust der Justiz belegt. Auch im Gericht hat man mit zunehmender Respektlosigkeit zu kämpfen. Das Eingangszitat schließt diesen Abschnitt ab.

Das letzte Kapitel ist zweigeteilt. Zum einen geht es um neue Anforderungen, für die entsprechende Fachleute fehlen. Das betrifft insbesondere die Cyberkriminalität, aber auch Wirtschaftsstraftaten.

Andererseits listet der Autor in seinem Schlussplädoyer konkrete Fakten auf, die wieder zu einer funktionierenden Justiz führen würden.

Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass das Buch dem interessierten Leser die Augen öffnet für die heutigen Probleme der Justiz. Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen und ist auch für den Laien verständlich. Dafür sorgen ebenfalls konkrete Beispiel, Zahlen und Fakten sowie kurze Erläuterungen von Fachbegriffen.

Anmerkungen ergänzen das Buch.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es hat meinen Blick geweitet auf ein bisher wenig beachtetes Thema.