Profilbild von lielo99

lielo99

Lesejury Star
offline

lielo99 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit lielo99 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.02.2019

Historie kann grausam sein

Der Bogenschütze
0

Bernard Cornwell ist ein Schriftsteller, der in Großbritannien lebt. Seine historischen Romane begeistern ein anspruchsvolles Publikum. Das liegt vornehmlich daran, dass er akribisch recherchiert und seine ...

Bernard Cornwell ist ein Schriftsteller, der in Großbritannien lebt. Seine historischen Romane begeistern ein anspruchsvolles Publikum. Das liegt vornehmlich daran, dass er akribisch recherchiert und seine Bücher sehr authentisch sind.

Der heilige Gral war und ist ein Thema, welches die Grundlage etlicher Bücher unterschiedlicher Autoren darstellte. Bernard Cornwell verfasste drei Romane, von denen der erste den Titel Der Bogenschütze trägt. Thomas ist die Hauptperson und der muss mit ansehen, wie sein Heimatdorf von Banditen niedergebrannt wird. Alle Bewohner werden brutal ermordet und auch sein Vater, der Pfarrer des Dorfes, gehört dazu. Seine letzten Worte zeigen Thomas, dass er ein gestohlenes Schwert suchen muss und dabei ebenfalls erfahren wird, wer seine Vorfahren sind.

Die drei Romane um den heiligen Gral wurden bereits vor einigen Jahren veröffentlicht. Jetzt gibt es auch das Hörbuch des ersten Bandes, welches von Frank Stöckle gelesen wird. Der versteht es sehr gut, seine Stimme den Figuren des Romans anzupassen. Von den Waffen der Feinde getroffene Soldaten oder im Siegestaumel rufende Herrscher, er hat für jede Situation die passende Nuance seiner Stimme parat.

Der 100jährige Krieg war für beide Seiten grausam und von vielen Verlusten gezeichnet. Der Bogenschütze zeigt, welche Waffen damals zum Einsatz kamen und dass die Anhänger den Königen oder Kaisern treu ergeben waren. Ich habe das Buch mit Begeisterung gehört. Einzig die Qualen der Pferde setzten mir zu. Aber das war wohl für die damalige Zeit leider normal.

Veröffentlicht am 19.02.2019

Caligula und sein umnachteter Verstand setzen Rom zu

Vespasian: Der falsche Gott (1 MP3-CD)
0

Vespasian Der falsche Gott. Auch dieser 3. Band der Geschichte rund um den späteren Kaiser Vespasian zeugt von akribischer Recherche des Autors. Seien es die Vorgänge in Jerusalem, welche zur Kreuzigung ...

Vespasian Der falsche Gott. Auch dieser 3. Band der Geschichte rund um den späteren Kaiser Vespasian zeugt von akribischer Recherche des Autors. Seien es die Vorgänge in Jerusalem, welche zur Kreuzigung Jesu führte oder der Tatsache, dass es damals bereits Spekulationen auf Lebensmittel gab. Vespasian weiß, dass er seine große Liebe, die Sklavin Caenes niemals heiraten darf. Auch das wird von Historikern bestätigt und darüber gibt es sogar ein Buch. Vespasian muss dafür sorgen, dass er Söhne zeugt und sich eine Frau nach seinem Geschmack suchen. Diese begegnet ihm in der Mätresse des Stabilus Capella, ihr Name ist Flavia. Sie betört ihn mit ihrem Äußeren und ihrer aufreizenden Art und er verfällt ihren Reizen.
Nach dem Tod Tiberius wird sein geistig umnachteter Caligula Kaiser und der sieht sich als Gott. Er lässt sich von dem Volk als solcher anbeten und zeigt seine Verachtung gegenüber den Senatoren in aller Deutlichkeit. Nicht nur seine Sexbesessenheit und der Hang zur Brutalität verärgern seine Anhänger. Auch die Verschwendungssucht ist ihnen ein Dorn im Auge.
Interessant sind auch die Kämpfe zwischen Juden und Anhängern der neuen Sekte. Paulus wird hier als Aufwiegler dargestellt und beide Seiten bekämpfen sich im wahrsten Sinne des Wortes bis aufs Blut.

Spannend von der ersten bis zur letzten Minute beschreibt Robert Fabri das Leben Vespasians. Dass die CD trotz ihrer beachtlichen Länge von 984 Minuten nicht langweilig wird, ist der abwechslungsreichen Lesung von Erich Wittenberg geschuldet. Ein Hörbuch, dass nicht nur für Liebhaber der römischen Geschichte geeignet ist. Auch die Anfänge des Christentums sowie der Aufstand der Juden gegen die neue Religion ist sehr gut beschrieben.

Veröffentlicht am 14.02.2019

Ein mutiger Mann, der sich der Macht entgegenstellte

I have a dream
0

Alois Prinz ist der Autor der Biographie von Martin Luther King. Neben diesm Buch I have a dream veröffentlichte er weitere Werke und wurde dafür unter anderem mit dem Großen Preis der Deutschen Akademie ...

Alois Prinz ist der Autor der Biographie von Martin Luther King. Neben diesm Buch I have a dream veröffentlichte er weitere Werke und wurde dafür unter anderem mit dem Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur ausgezeichnet. Das war im Jahr 2017 und auch dieses Buch über King zeugt von detaillierter und wahrheitsgemäßer Recherche.

Martin Luther King wurde im Jahr 1929 in Atlanta (USA) geboren und im Jahr 1968, ebenfalls in den USA, heimtückisch ermordet. Kein Mensch, der vor ihm lebte, setzte sich so eindringlich für die Rechte Schwarzer ein. Er war nicht nur Bürgerrechtler sondern auch Prediger in seiner baptistischen Gemeinde. Ihm ist es zu verdanken, dass Schwarze wählen dürfen, also auch dass Barack Obama als erster farbiger Präsident vereidigt werden konnte. I have a dream wurde daher auch in seiner Antrittsrede von ihm zitiert.

King bereitete den Weg zu einem Gesetz, welches die Trennung von Schwarzen und Weißen in allen öffentlichen Gebäuden, Schulen, Bussen, Zügen und Straßenbahnen aufhob. Kein Wunder, dass der Mann viele Feinde hatte und immer wieder durch die Willkür von weißen Polizisten im Gefängnis landete. Wer vorher noch seiner Meinung war, empörte sich spätestens, als er sich öffentlich gegen den Vietnamkrieg aussprach. Für ihn war es unverzeihlich, dass die USA den Vietnamesen Freiheit und Demokratie bringen wollte und dies mit Waffengewalt, dem Töten von Unschuldigen und dem Abwurf von Napalmbomben zu erreichen versuchte.

Das Lesen des Buches I have a dream hat mich tief berührt und ungläubig zurückgelassen. Was war in den USA los, nachdem die Gräueltaten der Nazis bekannt wurde? Hier (in USA) bildeten sie Hellhäutige tatsächlich weiter ein, dass sie zur „Herrenrasse“ zählen. Schwarze durften nicht in ein Restaurant für Weiße gehen oder den Bus gemeinsam mit ihnen Nutzen. Es musste erst Tote und Verletzte geben, damit sich das zumindest stellenweise änderte.

Martin Luther King tat nicht nur so, als sei er für die Menschen im Getto. Er lebte dort und das sogar mit seiner Familie. Er war auch kein Politiker, der sich von seinen Vorträgen Wählerstimmen versprach. Er meinte das, was er sagte und hielt seine Versprechen. Eins der vielen wichtigen Zitate schreibe ich hier nieder:

„Zeit kann von Menschen genutzt werden, um die Welt humaner und gerechter zu machen. Sie kann aber auch von jenen genutzt werden, die Ungerechtigkeit schaffen, Grenzen zwischen Menschen errichten, Armut verschulden, Frieden zerstören und Kriege auslösen.“

Was würde er wohl zu Donald Trump sagen?

Im Anhang gibt es eine Zeittafel, die die wichtigsten Daten des Lebens von King aufzeigt. Dann folgen einige Empfehlungen zur weiterführenden Literatur und danach kommen die Angaben zu Quellen. Im Buch gibt es 177 Fußnoten, die ebenfalls im Anhang näher erläutert werden.

Das Buch ist ein wertvolles Nachschlagewerk, welches nicht nur in den USA von Bedeutung ist. Auch hier in D gibt es Stimmen, die immer wieder betonen, dass nur eine „Rasse“ es tatsächlich verdient, hier zu leben.

IHaveADream

NetGalleyDE

Veröffentlicht am 11.02.2019

"Es gibt keine Gerechtigkeit, es gibt nur uns"

Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche
0

Reni Eddo-Lodge ist eine britische Autorin, die mit Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche ihr erstes Buch veröffentlichte. Endlich erschien es auch in Deutschland und das in einer guten ...

Reni Eddo-Lodge ist eine britische Autorin, die mit Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche ihr erstes Buch veröffentlichte. Endlich erschien es auch in Deutschland und das in einer guten Übersetzung. Für das Sachbuch erhielt Frau Eddo-Lodge den British Book Award. Eine Auszeichnung, die sie auch verdient hat.

Die Entscheidung zum Buch Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche wurde im Jahr 2014 gefällt. Damals schrieb Reni Eddo-Lodge diesen Satz in ihrem Blog und bekam viele Reaktionen. Diese waren keineswegs nur freundlich und es gab etliche, die den Rassismus vehement bestritten.

In dem Sachbuch schreibt Frau Eddo-Lodge, welche Ereignisse in der Geschichte Englands dazu beitrugen, dass der Weiße als privilegiert gilt. Und dass sich daran leider nicht viel änderte. Nein, es geht nicht um Hetzjagden gegen colored people, es geht um unterschwellige Diskriminierung. Als ein junger Schwarzer vor vielen Jahren von weißen Jugendlichen zu Tode gehetzt wurde vergingen über 20 Jahre, bis die Täter verurteilt werden konnten. Polizei und Gericht deckten bis zu dem Zeitpunkt die Täter und Rassismus bei der Polizei war normal.

Reni Eddo-Lodge hörte oft von ihrer Mutter, dass sie sich als Schwarze ganz besonders anstrengen müsse, um einen guten Job zu bekommen. Donald Trump zeigt, dass in den USA kein Platz für Einwanderer sei und die Bevölkerung stimmte gegen den Verbleib in der EU. In vielen Ländern Europas sind Rechte auf dem Vormarsch und die Politiker der Parteien habe nur einen Slogan: „Migranten nehmen uns alles weg.“ Auch in Deutschland hat so eine Partei den Einzug in den Bundestag geschafft.

Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche hat mich berührt und ich werde es noch mehrmals lesen, um alles erfassen zu können. Kurzweilig und mit Fakten belegt berichtet Reni Eddo-Lodge, wie Rassismus sich in den Jahren halten konnte und bis heute hält. Sie beschreibt, welche Kämpfe Ehepaare haben, die nicht eine Hautfarbe haben. Und was die Kinder in Schulen und Kindergärten erleben müssen. Subtil und trotzdem nicht weniger verletzend setzt sich die Diskriminierung in den Unis und später im Berufsleben durch. Es beschreibt zwar die Situation in England, viele Dinge lassen sich aber auch auf Deutschland anwenden.

Das Buch ist in mehrere Abschnitte gegliedert und im Nachwort beschreibt die Autorin noch einmal ausführlich ihre Beweggründe fürs Schreiben. Danach kommt die Erläuterung zu den Fußnoten, welche umfangreich gestaltet ist. Und schließlich findet der Leser noch ein Inhaltsverzeichnis vieler Begriffe, die Frau Eddo-Lodge genau erklärt. Mit diesem Zitat lege ich Ihnen dieses besondere Buch ans Herz:


Es gibt keine Gerechtigkeit, es gibt nur uns. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass das Leben für Geflüchtete, Andersgläubige und „Corlored People“ ein wenig gerechter wird.

WarumIchNichtLängerMitWeißenüberHautfarbeSpreche

NetGalleyDE

Veröffentlicht am 07.02.2019

Liebe gegen alle Konventionen

Der englische Liebhaber
0

Frederica de Cesco studierte in Lüttich Kunstgeschichte und Psychologie. Sie schreibt seit vielen Jahren und begann zunächst als Kinder- und Jugendbuchautorin. Als ihr Debüt „Die Silbermuschel“ veröffentlicht ...

Frederica de Cesco studierte in Lüttich Kunstgeschichte und Psychologie. Sie schreibt seit vielen Jahren und begann zunächst als Kinder- und Jugendbuchautorin. Als ihr Debüt „Die Silbermuschel“ veröffentlicht wurde, bekam das Buch viele positive Kritiken. Der englische Liebhaber gehört ebenfalls zu den Romanen, die sich vom allgemein Üblichen abheben.

Der Roman Der englische Liebhaber berichtet von zwei jungen Menschen, die sich in den Wirren der Nachkriegszeit kennen und lieben lernen. Jeremy, ein britischer Soldat, der im Geheimdienst ihrer Majestät tätig ist und Anna, die in dem Umfeld der Besatzer als Dolmetscherin arbeitet. Wie es so oft der Fall ist, fragt die Liebe nicht nach Herkunft oder Konventionen. Anna und Jeremy verlieben sich, treffen sich heimlich und ihnen ist egal, was die Leute über sie reden. Jeremy, der britische Soldat, muss zurück nach England und es sind Jahrzehnte, in denen Anna kein Lebenszeichen von ihm erhält.

Anna führt ein tristes Dasein und ist als ledige Mutter völlig auf sich alleine gestellt. Sie schlägt sich und ihre Tochter mehr schlecht als recht durch. Münster in Westfalen, die Stadt in der die Geschichte spielt, ist erzkatholisch und hier wurde (und wird) sehr auf die Ansicht der kirchlichen Würdenträger und neugieriger Nachbarn geachtet. Charlotte, die Tochter von Anna, hat darunter zu leiden und diese Tatsache prägt auch ihr schwieriges Verhältnis zur Mutter.

Obwohl ich bereits etliche Sachbücher und Romane zum Thema 2. Weltkrieg las, ist dieses Werk für mich etwas Besonderes. Frederica de Cesco schildert die Zerrissenheit der Menschen im Nachkriegsdeutschland. Sie zeigt, dass tatsächlich viele nicht wussten, was in den Lagern geschah. Und wenn etwas davon bekannt wurde, konnte es niemand glauben. Auch die Gefahr, in der Menschen schwebten, die sich gegen Hitler und seine Mannen stellten, kommt sehr gut zum Ausdruck. Weiter gefiel mir, dass sehr eindrücklich gezeigt wird, wie missgünstige Menschen dem Leben eines Kindes dauerhaften Schaden zuführen. Jeder, der sich einmal eine weitere Sicht der Situation im Nachkriegsdeutschland erlesen möchte, sollte sich Der englische Liebhaber zu Gemüte führen. Wobei der Titel meiner Meinung nach nicht zum Charakter von Jeremy passt.