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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.03.2019

Spannende und komplexe Familiengeschichte

Bella Ciao
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Der Covertext trifft nicht so wirklich, was sich zwischen diesen Buchdeckeln verbirgt. Es ist eine große Geschichte rund um die Liebe, den Zweiten Weltkrieg, dem Hunger und der Ausbeutung, der Flucht, ...

Der Covertext trifft nicht so wirklich, was sich zwischen diesen Buchdeckeln verbirgt. Es ist eine große Geschichte rund um die Liebe, den Zweiten Weltkrieg, dem Hunger und der Ausbeutung, der Flucht, der Lügen und dem ständigen Kampf, um Anerkennung, Ankommen und Akzeptanz.

Es ist eine komplexe und teilweise auch komplizierte Geschichte, die zwei große Familien beleuchtet. Diese Familien sind durch Giulia und Anita miteinander verbunden. Beide Frauen (damals Mädchen) sind befreundet und halten zusammen wie Schwestern. Bis ein Mann dazwischen kommt - Pietro. Doch statt sich auszusprechen, flüchtet Giulia und versucht sich in Amerika ein neues Leben aufzubauen.

Beide Frauen folgt man durch das Leben. Beide haben viele Kämpfe auszutragen, müssen viel ertragen und erleiden und dann kommt der Zweite Weltkrieg. Erst nach gut 50 Jahren, 1946, betritt Giulia italienischen Boden und zeigt ihrem Sohn Michael ihre Heimat und wo ihre Wurzeln sind.

Man muss sich bei diesem Buch gut konzentrieren, denn die Autorin hüpft sehr oft zwischen den Ländern und Personen hin und her. Es wäre etwas einfacher gewesen, wenn sie vielleicht kleine Zwischenüberschriften genutzt hätte. Die Familienübersichten fand ich gut und auch für die Orientierung hilfreich. Die Geschichte, die auch die politische Seite Italiens und die Migrationspolitik der USA in den 20er-45er Jahren nicht auslässt, schaffte es mich zu fesseln.

Der gute Schreibstil (ich würde noch einmal einen Roman von der Autorin lesen) und die komplexe und interessante Geschichte haben mir sehr gut gefallen, da übersieht man auch die Sprünge zwischen den Zeiten und Charakteren.


Veröffentlicht am 16.03.2019

Geschichte, Liebe und Spannung

Das Päckchen
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Das Hörbuch habe ich nur durch Zufall entdeckt und da die Rezension dazu so gut war, konnte ich nicht widerstehen. Und nun nach dem Hören kann ich die Rezension nur bestätigen. Die Geschichte hat alles, ...

Das Hörbuch habe ich nur durch Zufall entdeckt und da die Rezension dazu so gut war, konnte ich nicht widerstehen. Und nun nach dem Hören kann ich die Rezension nur bestätigen. Die Geschichte hat alles, was ein gutes Buch/Hörbuch braucht.

Es gibt zwei Handlungsstränge, die fast bis zum Ende parallel laufen. Auf der einen Seite lernt man den Bibliothekar Ernst kennen. Gesetzt, solide und absolut zuverlässig. Kein Mensch für die Karriere, aber ein gewissenhafter Mitarbeiter, der gern wandert, seine Frau liebt und sonst ein eher ruhiges Leben lebt. Zumindest bis zu dem ominösen Anruf einer älteren Dame. Danach verändert sich sein Leben drastisch.

Auf der anderen Seite gibt es Heimo, der im 8. Jh. lebt und in einem Kloster auf sein zukünftiges Leben vorbereitet wird. Da er aber lesen und schreiben kann, soll er auf Wanderschaft gehen und Bücher abschreiben und in das Stammkloster mitbringen. Er wird diesen Weg nicht allein gehen, aber damit verstößt er gegen die Klosterregeln.

Das Hörbuch teilt sich zwischen diesen beiden Geschichten auf und man "hüpft" stets von Heimo zu Ernst und zurück. Es war spannend zu hören, wie beide Männer mit ihrer Umwelt zu kämpfen haben und wegen diesem Buch immer mehr in einen Strudel geraten.

Franz Hohler erzählt neben der Geschichte über das älteste Buch deutscher Sprache, dem schweren Leben im 8. Jh. auch eine schöne und ganz unaufgeregte Liebesgeschichte aus der heutigen Zeit.

Veröffentlicht am 27.02.2019

Alles ist möglich

Alles ist möglich
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Ich muss zugeben, dass ich mich mit der ersten und zweiten Geschichte etwas schwer getan habe. Es entstand kein so richtiger Lesefluss und ich holperte mehr als ich las. Dann hatte ich einen freien Nachmittag ...

Ich muss zugeben, dass ich mich mit der ersten und zweiten Geschichte etwas schwer getan habe. Es entstand kein so richtiger Lesefluss und ich holperte mehr als ich las. Dann hatte ich einen freien Nachmittag und gab dem Buch noch einmal eine Chance und einen Neustart. Ich musste einfach länger abtauchen können, länger an der Geschichte bleiben, um die vielen kleinen Details im Kopf zu verankern, um dann die nächste Geschichte besser verstehen zu können. Einmal im Lesefluss macht dieses Buch Spaß.

Viele kleinere Geschichten über Menschen, die mehr oder weniger in ihrem Leben und in der Kleinstadt gefangen sind. Die Geschichten fügen sich jedoch immer mehr zusammen und am Ende hat man das Gefühl jeden Einzelnen in der Kleinstadt zu kennen. Man weiß nicht nur ihre Namen und ihr Aussehen, sondern auch ihre tiefen Gefühle, ihre Vergangenheit und ihre Probleme.

Elizabeth Strout schreibt schnörkellos und mit ganz klaren Worten. Sie lässt tief in das Innere der Charaktere schauen und manchmal möchte man gar nicht so viel trauriges, wütendes und enttäuschtes hören. Aber man fängt an nachzudenken und zu reflektieren. Es ist keine leichte Kost, aber doch mit einem kleinen Sinn für Humor und einen guten Gespür für Menschen.

Veröffentlicht am 21.02.2019

Sehr speziell, aber gut

Erwin, Mord & Ente
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Regionalkrimis sind schon immer etwas speziell.

Erwin kommt aus dem Westfälischen und hat es seinem Dorf Bramschebeck nicht leicht. Er gilt als nicht ganz so klug und etwas sonderbar, aber wer sich ...

Regionalkrimis sind schon immer etwas speziell.

Erwin kommt aus dem Westfälischen und hat es seinem Dorf Bramschebeck nicht leicht. Er gilt als nicht ganz so klug und etwas sonderbar, aber wer sich etwas mehr mit Erwin beschäftigt, wird feststellen, dass er sehr wohl sein Image zu nutzen weiß. Er lebt in einem alten Haus, was früher mal die Wache war und hat hier sein ganz eigenes Refugium geschaffen. Es gibt einen Raum, um den ihn die leidenschaftlichen Leser beneiden werden. Es ist eine Bibliothek im Wintergarten mit einer vergoldeten freistehenden Badewanne. Hier liest, denkt und entspannt sich Erwin. Doch bald schon wird es brenzlig für ihn. Denn es werden Knochen gefunden und Lother, Erwin ganz wunderbare Laufente, eigentlich ein Erpel, findet noch ein paar alte verklebte Papierschnipsel, die Erwin auf eine heiße Spur bringen.

Wenn man sich erstmal an die ganzen doch gewöhnungsbedürftigen Namen wie Wimmelböcker, Thiesbrummel, Bartelweddebüx, Jasperneite und Co. gewöhnt hat, kann es mit dem westfälischen Dialekt so richtig losgehen. Ich musste manche Stelle laut lesen, um alles zu verstehen und konnte dann mir das Schmunzeln nicht verkneifen. Herrlich schräge Dialoge im feinsten westfälisch zwischen Äwinn und Arno Wimmelböcker.

"Und wass dass? Nee, nä?"
"Bücher", sagte Erwin.
"Bücher? Nee!"
"Doch" sagte Erwin. "Sind Bücher."
"Mönsch, Äwinn! Richtich zum Lesn?"
"Jou", sagte Erwin. "Sone Bücher."
(S.298)

Erwin mag man oder nicht. Er ist etwas langsam, hat seine Rituale, liebt Asia Orchidee für den gestressten Herrn und seine Laufente Lothar. Gemeinsam ermitteln sie in alle Richtungen und stoßen bald in ein Wespennest. Die Geschichte ist witzig, anders und doch spannend. Die Thematik ziemlich nah an der Realität und der Schreibstil gut zu lesen.

Wer also schon immer mal einen etwas eigenen Krimi lesen wollte, ist hier gut aufgehoben. Bitte nicht nach ein paar Seiten aufgeben, es wird spannend und man gewöhnt sich sogar an den Dialekt .

Veröffentlicht am 21.02.2019

Man mag ihn oder nicht

Das barmherzige Fallbeil
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Jean-Baptiste Adamsberg und seine Kollegen mag man oder nicht. Sie sind eigenwillig, speziell und scharfsinnig. Die Fälle sind teilweise sehr verworren und ausschweifend. So auch dieser Fall.

Die erste ...

Jean-Baptiste Adamsberg und seine Kollegen mag man oder nicht. Sie sind eigenwillig, speziell und scharfsinnig. Die Fälle sind teilweise sehr verworren und ausschweifend. So auch dieser Fall.

Die erste Leiche wird in Paris gefunden und man landet im Laufe der Geschichte, mit Adamsberg und den Kollegen, in Island und untersucht Bodenproben. Eine Leiche allein ist noch lange kein Mord, aber das Zeichen an der Badewanne bleibt bei Adamsberg haften und weckt in ihm die Neugier. Stets geht Adamsberg seinen eigenen Weg und mag er anfangs noch so unlogisch erscheinen.

Diese Geschichte ist voll mit französischer Vergangenheit und man merkt, dass Fred Vargas eine studierte Historikerin und Archäologin ist. Man ist dabei, wenn Maximilien de Robespierre wieder aufersteht und vor der Versammlung spricht. Die Männer, in den Gewändern, den Stoffhosen und Perücken aus der Zeit der französischen Revolution, werden wieder lebendig und zelebrieren die Zeit.

Die Revolution nimmt einen Großteil der Geschichte ein. Ich habe mich etwas schwer getan mit den vielen französischen Namen. Da man sie nicht geschrieben sieht, kann es leicht zu Verwechslungen kommen. Wer sich nicht mehr an die französische Revolution (aus dem Geschichtsunterricht) erinnern kann, bekommt ihr eine Auffrischung. Mir, persönlich, hat der Exkurs sehr gut gefallen. Auch der sich immer mehr ausweitende Kriminalfall war gut aufgebaut und typisch Vargas verworren. Zum Schluss lässt sie wieder die ganzen einzelnen Stränge zusammenkommen.

Hannelore Hogers Stimme trägt den Zuhörer gut durch die Geschichte. Nur Adlatus Danglard fand ich nicht so gelungen und hatte ihn auch anders in Erinnerung, aber dies ist rein subjektiv.