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Veröffentlicht am 02.03.2019

»Ich bin deine Recherche, wenn du meine Illusion bist«

Writers in New York
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Um der Enge ihres Elternhauses in Alabama zu entkommen, schreibt sich Indiana Thomson an der Columbia Universität für den Studiengang Kreatives Schreiben ein, denn sie möchte sehr gern Schriftstellerin ...

Um der Enge ihres Elternhauses in Alabama zu entkommen, schreibt sich Indiana Thomson an der Columbia Universität für den Studiengang Kreatives Schreiben ein, denn sie möchte sehr gern Schriftstellerin werden sehr zum Unverständnis ihrer Eltern. Da kommt diese Auszeit von ein paar Monaten gerade recht, wo sie mal machen kann, was sie möchte. New York überrascht Indiana in vielerlei Hinsicht, vor allem ihr Nachbar Alec Carter ist ihr sofort sehr sympathisch und stellt sich sogar noch als Uni-Kommilitone heraus, besucht er doch den gleichen Kurs wie sie. Alec ist der typische Frauenheld, investiert keine Gefühle, sondern will nur eine gute Zeit haben. Allerdings hat er nicht damit gerechnet, dass ihm Indiana so unter die Haut geht. Aber fühlt Indiana auch so?
G.S. Lima hat mit ihrem Buch „Writers in New York“ einen unterhaltsamen und gefühlvollen Liebesroman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und zeugt von besonderer Sensibilität den Protagonisten gegenüber. Die Autorin schafft es mit wenigen Sätzen, den Leser in ihre Geschichte hineinzuziehen, wo er einen Logenplatz einnimmt, um sowohl Indiana als auch Alec und ihre Lebensverhältnisse, Einstellungen, Gedanken und Gefühle kennenzulernen. Durch die wechselnden Erzählperspektiven wird die Geschichte locker erzählt und kann zwar nicht mit großen Überraschungen aufwarten, aber die eher ruhige Erzählweise tut ihres dazu, dass man sich als Leser wohlfühlt und bei der Stange bleibt. Neben der zwischenmenschlichen Handlung lässt die Autorin den Leser auch daran teilhaben, was ihr das Schreiben bedeutet. Sie jongliert mit Worten, immer treffend und zielgenau, manchmal poetisch, dann mal vulgär, aber immer geht es um das Arbeiten mit Sprache, was hier sehr kunstvoll zelebriert wird und nebenbei klar macht, welche Kraft Worte eigentlich besitzen.
Die Charaktere sind sehr individuell ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie wirken authentisch und der Wirklichkeit entsprungen, so dass der Leser keinerlei Probleme hat, sich in sie hineinzuversetzen, um ihre Gefühlswelt zu verstehen. Indiana ist eine junge Frau, die sich von ihren Eltern eingeengt und gegängelt fühlt. Sie hat für ihr Leben völlig andere Vorstellungen, sehnt sich danach, sich dem Schreiben zu widmen, wenn sie auch noch unsicher ist, worüber und wie sie schreiben soll. Bisher fehlt ihr einfach die Erfahrung, so dass man ihre Unsicherheit sehr gut spüren kann. Alec ist ein eher nüchterner Mann, der mit Gefühlen nichts anfangen kann. Für ihn sind Erlebnisse und tatsächliche Ereignisse eher eine Inspiration gepaart mit der nötigen Recherche. Dabei fehlt ihm das Quäntchen an Emotionalität, das seinen Geschichten Glaubhaftigkeit verleihen könnte. Alec wirkt oftmals irgendwie weltfremd, obwohl er Indiana gegenüber über das Leben doziert. Man denkt immer wieder, dass er besser seine eigenen Ratschläge mal beherzigen sollte, damit das Leben nicht an ihm vorbeirennt.
„Writers in New York“ ist ein interessanter und gleichzeitig lesenswerter Roman, bei dem es nicht nur um zwischenmenschliche Beziehungen geht, sondern auch um die Macht der Sprache, der Worte, die verletzend, anrührend, berührend oder auch nur beschreibend sein können, aber immer eine Kraft haben, den Menschen zu überzeugen, zum Nachdenken zu bringen oder auch nur zu unterhalten. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 23.02.2019

Für den Glauben in die Zukunft die Vergangenheit überwinden

Das kleine Hotel an der Küste
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Die Unternehmensberaterin Andrea Sullivan ist ein regelrechtes Arbeitstier und nichts kann sie davon ablenken. Der Auftrag, den Sternekoch James MacDonald für die Eröffnung eines kleinen Familienhotels ...

Die Unternehmensberaterin Andrea Sullivan ist ein regelrechtes Arbeitstier und nichts kann sie davon ablenken. Der Auftrag, den Sternekoch James MacDonald für die Eröffnung eines kleinen Familienhotels beratend zur Seite zu stehen, führt Andrea von New York auf die schottische Insel Skye. Nicht nur die malerische Insellandschaft lässt Andreas Herz bald höher schlagen und sich wohlfühlen, sondern auch James und seine Familie tragen auf eine besondere Art dazu bei. Das gefällt der professionellen Andrea gar nicht, was sie in Abwehrhaltung zu James gehen lässt. Hat sie in ihrer Vergangenheit doch schon so einige Schläge erlebt. Doch Skye und ganz speziell James sind bei der Eroberung von Andrea recht hartnäckig…
Carla Laureano hat mit ihrem Buch „Das kleine Hotel an der Küste“ einen sehr unterhaltsamen Roman vorgelegt, der schon mit einem wunderbar flüssigen, gefühlvollen und teils humorigen Schreibstil punkten kann. Der Leser wird regelrecht in die Geschichte hineingesaugt und an Andreas Seite gestellt, wo er mit ihr nicht nur die zauberhafte schottische Insel Skye kennenlernen, sondern auch in Andreas Herz- und Gedankenwelt eintauchen darf. Mit Feingefühl entblättert sie nach und nach die Schicksalsschläge, die Andrea in ihrer Vergangenheit erleben musste und bei ihr einige Narben hinterlassen haben, auch James musste schon so einiges durchstehen, was das zwischenmenschliche Verhalten der Protagonisten so auch verständlicher macht. Die Autorin lässt den Leser nebenbei nicht nur an der malerischen Landschaft teilhaben, sondern beschreibt sehr interessant schottische Rituale und lässt auch so manche Köstlichkeiten vor dem inneren Auge des Lesers vorbeiziehen.
Christliche Werte sind innerhalb dieser Geschichte sehr behutsam eingeflochten und lassen vor allem die Gespräche zwischen Andrea und James ernsthaft wirken. Ihre jeweilige Einstellung zum Glauben wird hier ebenso offenbart wie ihre Zweifel und ihre Hoffnungen, was auch dem Leser Anregung zum Nachdenken über das eigene Leben bietet.
Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgestaltet und mit individuellen Ecken und Kanten versehen, die sie glaubhaft und authentisch wirken lassen. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen, mit ihnen fiebern, leiden und hoffen. Andrea ist eine eisenharte Geschäftsfrau, die ihr Ding durchzieht und sich von nichts und niemandem ablenken lässt. Sie wirkt oftmals eher spröde, doch das soll eher über ihre Unsicherheit und Verletzlichkeit hinwegtäuschen, möchte sie doch so wenig Angriffsfläche wie möglich bieten. Sie hat aufgrund von einigen Verletzungen in der Vergangenheit ihren Glauben fast verloren und traut niemandem mehr über den Weg, am wenigsten sich selbst. James ist ein gutaussehender Mann, der beruflich wie Andrea schon einiges erreicht hat. Auch er hatte so einige Schattenseiten in seiner Vergangenheit, die ihn eher zu einem selbstgefälligen und oberflächlichen Mann haben werden lassen, der sich nur innerhalb seiner Familie geben kann, wie er von Natur aus ist. James stützt sich auf seinen Glauben und findet in ihm Kraft und Hoffnung. Ian steht in einem Konkurrenzkampf zu seinem Bruder James. Auch weitere Protagonisten wie Serena, Tante Muriel oder Emmy beleben die Handlung zusätzlich mit ihrem Erscheinen.
„Das kleine Hotel an der Küste“ ist ein tiefgründiger Roman über die Liebe, den Glauben, die Hoffnung und vor allem das Vertrauen in sich selbst vor einer malerischen schottischen Inselkulisse. Ein richtiges Wohlfühlbuch, das gleichzeitig Stoff zum Nachdenken gibt. Auf jeden Fall eine verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 17.02.2019

Trügerische Ruhe

Das Gutshaus in der Toskana
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1833. Nachdem sie heimlich geheiratet haben, ist Marco und Antonella nur sehr knapp die Flucht aus Genua zu einem kleinen toskanischen Weingut gelungen. Dort wird ihre Hilfe dringend benötigt, was Marco ...

1833. Nachdem sie heimlich geheiratet haben, ist Marco und Antonella nur sehr knapp die Flucht aus Genua zu einem kleinen toskanischen Weingut gelungen. Dort wird ihre Hilfe dringend benötigt, was Marco ganz gelegen kommt, denn er träumte ja schon immer davon, auf einem Weingut zu arbeiten, wenn es nun auch nicht das seiner Familie ist. Auch Antonella ist glücklich, liebt sie es doch zu kochen und zu backen, aber auch der Weinanbau interessiert sie. Die Begegnung mit Tiziana beschert ihr eine Stelle in deren Osteria-Küche, wo sie ihren Talenten frönen kann, bis sie und Marco ihr ersten Kind in den Händen halten. Doch das gestohlene Glück ist nur von kurzer Dauer, als Paolo sie aufspürt und ihnen droht. Werden Marco und Antonella erneut gezwungen sein, die Flucht anzutreten?
Karin Seemayer hat mit ihrem Buch „Das Gutshaus in der Toskana“ den Nachfolger ihres Romans „Die Tochter der Toskana“ vorgelegt, eine unterhaltsame historische Geschichte, die leider nicht so ganz an den ersten Roman heranreicht in punkto Spannung, den man als Leser automatisch zum Vergleich heranzieht und die Erwartungen auf die Fortsetzung natürlich hoch waren nach dem fulminanten Auftakt. Der Erzählstil ist wieder wunderbar flüssig und bildgewaltig, die Beschreibungen der Örtlichkeiten lassen das inmitten der malerischen Toskana gelegene Weingut vor dem inneren Auge entstehen und man hat das Gefühl, selbst durch die Rebstöcke zu wandern oder mit Antonella in der Küche der Osteria zusammen Köstlichkeiten zu zaubern. Dabei kommt der Leser sowohl Marco als auch Antonella sehr nah, kann ihre Gedanken und Gefühle lesen sowie sich mit ihnen ihre Sorgen und Nöte teilen. Neben der ausführlichen Beschreibung über den Weinbau gibt es auch wieder einige historische Informationen über den Bund der Carbonari, die ja schon im ersten Teil eine große Rolle gespielt haben. Durch einige geschickte eingestreute Ereignisse wird der Leser bei der Stange gehalten, doch insgesamt fehlt ein wenig die Aufregung, die man im ersten Teil dauerhaft verspüren konnte.
Den Charakteren folgt der Leser wieder gern, sie sind lebendig und individuell in Szene gesetzt, haben sich weiterentwickelt und wirken noch präsenter. Da fällt es leicht, sich an ihre Fersen zu heften und Anteil an ihrem Schicksal zu nehmen. Antonella ist eine recht starke und mutige Frau, die alles mit Leidenschaft tut, ob es nun das Backen, Kochen oder Lieben ist. Sie hat das Herz am rechten Fleck und ihr freundliches Wesen erhält schnell Zugang zu anderen. Marcos Leidenschaften sind seine Frau und der Weinbau. Er ist ein genügsamer und offener Mann, der hart arbeiten kann und sich für nichts zu schade ist. Vor allem wacht er mit Argusaugen über das, was ihm wichtig ist. Auch die übrigen Protagonisten wie Tiziana oder Paolo machen die Handlung bunt und abwechslungsreich.
„Das Gutshaus in der Toskana“ ist eine unterhaltsame und eher ruhigere Fortsetzung mit einer schönen Gedankenreise in die malerische Toskana, was auf einen fulminanten Abschluss der Serie hoffen lässt. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung für kurzweilige Stunden!

Veröffentlicht am 16.02.2019

Marlene - die rastlose Diva

Marlene und die Suche nach Liebe
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Die 1901 in Berlin geborene Marie Magdalene Dietrich gilt auch heute noch als eine der wenigen deutschsprachigen Künstlerinnen, die es zu internationalem Ruhm und Ansehen im Filmgeschäft gebracht haben. ...

Die 1901 in Berlin geborene Marie Magdalene Dietrich gilt auch heute noch als eine der wenigen deutschsprachigen Künstlerinnen, die es zu internationalem Ruhm und Ansehen im Filmgeschäft gebracht haben. Sie war nicht nur Leinwandgöttin in „Der blaue Engel“, sondern erlangte auch mit „Marokko“ und mit „Zeugin der Anklage“ weltweit Aufmerksamkeit und Anerkennung für ihre schauspielerischen Leistungen. Auch als Sängerin konnte sie die Menschen mit ihrer rauchigen Stimme faszinieren, ihre Lieder wie „Ich hab noch einen Koffer in Berlin“, „Du, du liegst mir am Herzen“ oder „Ich bin die fesche Lola“ sind bis heute unvergessen. Aber wer versteckt sich eigentlich wirklich hinter dem Namen Marlene Dietrich, was war sie für ein Mensch?

Der amerikanische Autor Christopher W. Gortner hat in seinem neuen Buch „Marlene und die Suche nach Liebe“ versucht, dieser Frage nachzugehen und dem Wesen Marlene Dietrich auf die Spur zu kommen. Der Schreibstil ist flüssig und liest sich zum einen wie eine Autobiographie in Romanform, was vor allem der Ich-Perspektive zu verdanken ist und den Leser ziemlich schnell in die Geschichte hineinzieht, um das Phänomen Marlene kennenzulernen. Es ist wie ein Blick durchs Schlüsselloch, wobei man gleichzeitig eine Zeitreise ins letzte Jahrhundert unternimmt und sich an Schauplätze des Lebens und Wirkens der Dietrich begibt. Marlene wächst mit ihrer Schwester Elisabeth im Berliner Stadtteil Schöneberg in einer gutsituierten Familie auf und wird durch ihre sehr ehrgeizige Mutter zum Geigen- und Klavierunterricht geschickt, was sie mit 18 Jahren an die Musikhochschule Weimar brachte, um dort ein Studium als Konzertgeigerin zu beginnen, welches sie nach einem Wechsel nach Berlin 1921 abbrach und sich ab da vollständig auf die Schauspielkarriere konzentrierte. Erst Erfahrungen beim Varieté und später Privatunterricht bei Mitgliedern des Reinhardt-Ensembles, wo sie nebenbei Fechten und Tanzen lernte und zugleich im Deutschen Theater kleine Rollen bekleidete. 1923 lernt sie bei einem Stummfilmengagement in Rudolf Sieber ihren Ehemann kennen, mit dem sie eine gemeinsame Tochter Maria Elisabeth hat. Das Paar trennt sich allerdings Mitte der 30er Jahre, denn Marlene ist kein Familienmensch, sondern strebt mehr nach Ruhm und Karriere. Auch während ihrer gesamten Karriere kam ihr niemand wirklich nach, die bisexuell orientiert Marlene perfektionierte ihre androgyne Fassade, war sowohl eine verunsicherte, von Selbstzweifeln geplagte, aber auch eitle und mutige Frau, die trotz vieler Freunde und einer großen Anzahl Liebhaber ein einsames Dasein fristete und sehr zurückgezogen 1992 in Paris verstarb. Unvergessen ihr Engagement für die US-Truppen während des Zweiten Weltkrieges und ihre antifaschistische Haltung, die sie dazu veranlassten, 1939 die amerikanische Staatsbürgerschaft anzunehmen, was sie für viele Deutsche leider zur Landesverräterin werden ließ. Der französische Schauspieler Jean Gabin war ihre große Liebe, auch wenn die beiden nur wenige Jahre miteinander verbracht haben und im Zwist auseinandergingen.

Gortner gibt dem Leser einen sehr amerikanisch gefärbten Streifzug durch Marlenes Leben, lässt bekannte Namen wie Gary Grant, James Stewart oder auch Ernest Hemingway vorbeilaufen und doch fehlen die letzten 50 Jahre des Dietrich-Lebens, die ebenfalls die Diva ausgemacht haben. Mit keinem Wort wird die Freundschaft zwischen Marlene und Hildegard Knef erwähnt oder ihre Rückkehr nach Deutschland, die ebenfalls prägenden Einfluss auf die Person Dietrich gehabt haben.

„Marlene und die Suche nach Liebe“ ist ein schöner Streifzug der ersten 45 Jahre der Filmdiva in autobiografischer Romanform. Leider erschließt sich dadurch das Leben von Marlene nicht völlig, denn einige wichtige Lebenspunkte finden sich in diesem Buch nicht. Wer sich für das Leben der größten deutschen international anerkannten Filmdiva interessiert, wird diese sehr bildhaft gestaltete Lektüre zu schätzen wissen, die durchaus eine Leseempfehlung verdient!

Veröffentlicht am 14.02.2019

Schicksalsinsel Själö

Die Frauen von Själö
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1891. Die kleine finnische Insel Själö ist seit langer Zeit ein Sammelbecken für psychisch kranke Frauen, die dort in einem Heim untergebracht werden und für die es kein Zurück gibt in die normale Zivilisation. ...

1891. Die kleine finnische Insel Själö ist seit langer Zeit ein Sammelbecken für psychisch kranke Frauen, die dort in einem Heim untergebracht werden und für die es kein Zurück gibt in die normale Zivilisation. Sowohl die Behandlungsmethoden sind fragwürdig, helfen Schwerkranken nicht und weniger schwere Fälle werden erst recht verrückt. Ein Entkommen von der Insel ist praktisch unmöglich. Eine der Insassinnen dieses Heims ist Kristina. Sie kam nach Själö, weil sie ihre eigenen beiden kleinen Kinder ertränkt hat.
20. Jh. Elli ist erst 17 Jahre alt, als sie nach Själö verbannt wird. Sie hat den Fehler begangen, sich ein anderes Leben zu wünschen, eines fernab von gesellschaftlichen Konventionen. Sie will einfach nur ihre eigenen Entscheidungen treffen, ob sie anderen gefallen oder nicht. Aber genau das hat sie nun nach Själö gebracht. Wird sie die Insel jemals verlassen können?
Johanna Holmström hat mit ihrem Buch „Die Frauen von Själö“ einen unterhaltsamen und eher ruhiger Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und wirkt stellenweise sogar pragmatisch. Die Autorin führt den Leser auf eine kleine Insel, die in ihrer Zeit völlig entrückt wirkt. Dort schlagen die Uhren anders, es geht um den Klinikalltag der psychiatrischen Klinik, die Behandlungsmethoden, einzelne Krankenschicksale und das dortige Personal. In einer doch recht malerischen Gegend mutet diese Geschichte zuerst recht unspektakulär an, doch es sind die Geschichten der Frauen, die den Leser im Herzen erreichen sollen. Das Schicksal von Kristina ist so ganz anders als das von Elli 40 jahre später. Kristinas Tat sorgt nicht nur in der damaligen, sondern auch in der heutigen Zeit für Unverständnis. Doch Elli hat nichts falsch gemacht, sie wird von der Gesellschaft deshalb verurteilt, weil sie ein Freigeist ist, andere Vorstellungen vom Leben hat. Das ist beängstigend und lässt den Leser oftmals den Kopf schütteln. Auf angenehme Weise lässt die Autorin Parallelen entstehen und hält den Menschen einen Spiegel vor das Gesicht ob ihrer Denk- und Lebensweise, die durchaus eine Rolle spielen und der Ausschlag dafür sind, ob sie von der Gesellschaft anerkannt oder verstoßen werden.
Die Charaktere sind sehr unterschiedlich konzipiert und individuell ausgestaltet. Sie wirken durchweg authentisch und realitätsnah. Der Leser bekommt die Möglichkeit, ihnen sehr nahe zu kommen und ihre Gefühle zu teilen. Kristina ist eine sehr interessante Protagonistin, deren Leben sie an einen Punkt gebracht hat, wo sie keinen anderen Ausweg mehr sah als ein Verbrechen zu begehen. Die jüngere Elli hat keinen Mord begangen, ihr Verbrechen ist es einzig und allein, anders zu denken und leben zu wollen. Sigrid ist in der Klinik Krankenschwester, die sich um die Patienten kümmert und schon lange in Själö arbeitet. Gleichzeitig hat man oftmals das Gefühl, dass sie einsam und auch etwas abgestumpft wirkt.
„Die Frauen von Själö“ ist ein eindringlicher Roman über drei verschiedene Frauenschicksale, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Wer sich von malerischen Landschaftsbildern einfangen lassen und interessante Frauen kennenlernen möchte, wird dieses Buch mögen.