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Veröffentlicht am 29.10.2016

Wünsche mit Herz

Das Café der guten Wünsche
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"Das Café der guten Wünsche" von Marie Adams erschien 2016 (tb) bei Blanvalet. Cover und Titel ergänzen sich und harmonieren; die bunten Tassen um den Romantitel sind ein farbenfroher Blickfang und machen ...

"Das Café der guten Wünsche" von Marie Adams erschien 2016 (tb) bei Blanvalet. Cover und Titel ergänzen sich und harmonieren; die bunten Tassen um den Romantitel sind ein farbenfroher Blickfang und machen das "Café Juliette", um das dieser Liebesroman kreist, zum Hauptort der Handlung.

Buchbeschreibung/Inhalt:

"Julia führt mit ihren Freundinnen Laura und Bernadette ein kleines Café mit einem ganz besonders charmanten Konzept: Jedem Gast wird heimlich ein guter Wunsch hinterhergeschickt. Julia wundert sich nicht, dass alle Gäste das Café glücklicher verlassen, schließlich glaubt sie an die Macht der guten Gedanken - die auch ihre große Liebe Jean zurückbringen soll. Alle anderen Männer hält sie deshalb auf Abstand - bis Robert sich mit (anfangs) unlauteren Mitteln in ihr Herz schleicht. Ist es seine Schuld, dass auf einmal manches schiefläuft? Oder braucht sie nicht nur Glück, sondern auch eine große Portion Mut, um sich wirklich auf die Liebe einzlassen?"
(Quelle: Buchrückentext)

Meine Meinung:

Wir lernen die Hauptprotagonisten Julia, ihren Bruder Nick, ihre Freundinnen Bernadette und Laura kennen: Das Café ist der Lebensinhalt von Julia, die es von ihrer Großmutter mitsamt einem "Glücksbüchlein" erbte. Sie glaubt an die Kraft guter Gedanken und wird etwas naiver und gutgläubiger dargestellt, als sie es tatsächlich ist; Laura, deren Misstrauen auf schlechte Erfahrungen mit Männern beruht und Bernadette, die als Einzige hervorragend Französisch spricht und die Chance eines Stipendiums in Frankreich ergreift...
Jean, ein Franzose, den Julia vor Jahren kennenlernte, dessen Bild sie seither vor Augen hat, ihn wiedersehen möchte und sich die große Liebe mit ihm vorstellt, spielt ebenfalls eine Rolle in diesem Roman. Julias Bruder, ein BWL-Student, möchte sich als ewige "no. 2" in der Familie Heller endlich etwas Eigenes aufbauen, Julia an Erfolg noch übertrumpfen und neigt zu Skrupellosigkeit und Prunksucht, die seine Schwester und auch das Café in den finanziellen Ruin treiben könnten....
Nick ist mit Robert befreundet, ein Journalist in einem Provinzblatt, eher mürrisch, mit diesem Schicksal hadernd, Macho mit einem Hang zum Zynismus. Als er Julia kennenlernt und beide eine WG auf Zeit beschließen, geht in Robert eine wundersame Wandlung vor und es entwickelt sich eine zarte, aber nicht unverletzbare erste Freundschaft zwischen ihnen. Sowohl Julia als auch Robert wie auch Jean müssen sich letztendlich ihren wahren Gefühlen stellen, die ihre Zukunft verändern sollten.....

Die Hauptthemen dieses Liebesromans, vor allem für Frauen geeignet, zeigen sich in den "Regeln des Glücks", die von den 3 Freundinnen nochmals bekräftigt und manifestiert werden: Es geht um die Macht und auch die Kraft guter, positiver Gedanken, die die Welt besser machen könnten.
Eine sehr schöne Grundidee, wie ich finde, aus der man noch mehr hätte machen können; auch in puncto Humor. Weitere Themen sind Dankbarkeit, Loslassen und auch, um etwas oder jemanden zu kämpfen, das oder der einem wichtig ist. Die Geschichte ist sehr unterhaltsam zu lesen, jedoch finden sich leider einige Klischees in der Handlung. Auch die Nebenfiguren bleiben recht flach und oberflächlich. Gut gefallen hat mir hingegen die Beschreibung wahrer Freundschaft am Beispiel von Robert und Carsten. Der Stil der Autorin, die hier unter Pseudonym scheibt und bereits einige Romane veröffentlichte, ist eingängig, flüssig und klar zu lesen. Auch an einer passenden Emotionalität fehlt es durchaus nicht.

Fazit:

Ein Liebesroman mit hohem Unterhaltungsfaktor, sympathischen Figuren, einer schönen Grundidee, der allerdings zuweilen nach einem Geschmack etwas zu trivial und klischeebehaftet ist. Daher konnte er mich nicht ganz überzeugen, für die Handlung, die in sich stimmig ist und den hohen Unterhaltungswert vergebe ich gerne 3,5 Sterne und bin überzeugt, dass es sicher noch 'Luft nach oben' gibt!

Veröffentlicht am 02.10.2016

Stimmungsvoll, atmosphärisch, sympathische Ermittler - lesenswerter Berlin-Krimi!

Wintertod
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"Wintertod" ist nach "Ein dunkler Sommer" der 2. Fall für Hauptkommissar Arne Larsen und erschien (TB) im Oktober 2016 im Rowohlt-Verlag.Das Cover ist stilistisch sehr passend zu Romanverlauf und Jahreszeit, ...

"Wintertod" ist nach "Ein dunkler Sommer" der 2. Fall für Hauptkommissar Arne Larsen und erschien (TB) im Oktober 2016 im Rowohlt-Verlag.Das Cover ist stilistisch sehr passend zu Romanverlauf und Jahreszeit, in der er spielt (November): Es gibt zwei Zeitebenen, die im Berlin der Gegenwart und in Berlin-Buch 1979, zu DDR-Zeiten, verortet sind. Stimmung: Düster und eisigkalt....

Inhalt/Buchbeschreibung:

"Eisiger Frost überzieht die Hauptstadt, da wird auf einem verwilderten Friedhof in Berlin-Buch eine Leiche gefunden. Hauptkommissar Arne Larsen nimmt zusammen mit seiner Kollegin Mayla Aslan die Ermittlungen auf, doch die Spuren sind alles andere als eindeutig. War es Mord, oder sollte ein Suizid vertuscht werden? Und wie sind die Hinweise auf ein angeblich geheimes Haus Nr. 24 in der Waldsiedlung der DDR zu werten?
Gleichzeitig spielen sich seltsame Dinge an einer Berliner Schule ab: Ein Mädchen kritzelt mehrfach "Hilfe" in sein Aufsatzheft, und eine Lehrerin fürchtet ihre Schüler. Aber wie hängt das mit der toten Frau zusammen? Gerade als Larsen und Aslan sich auf der richtigen Fährte glauben, machen sie einen weiteren grausigen Fund."(Quelle: Buchrückentext)

Meine Meinung:

Ohne den Vorgänger zu kennen, kam ich durch die sehr kurzen Kapitel und den eingängigen Erzählstil des Autors schnell in die Handlung: Die beiden Erzählstränge wechseln sich perspektivisch ab (Arne Larsen/Lea Zeisberg) und berichten von Gewalt in der Schule (Lea) im sozialen Brennpunkt 'Prenzlauer Berg' und dem allmählichen 'sich-zusammenraufen' im Ermittlerduo Aslan/Larsen, letzterer erst kürzlich in Berlin angekommen, die sich sowohl persönlich als auch kulturell einander annähern...
Während Lea, nach einer beruflichen Auszeit und noch immer mitgenommen, dem ständigen Fehlen der Geschwister Kolja und Merle Grossmann nachzugehen versucht, da sie das Gefühl nicht los wird, dass in dieser Familie etwas 'oberfaul' ist, ermitteln Larsen und Aslan im LKA über die möglichen Hintergründe einer unbekannten Toten auf einem stillgelegten Friedhof....
Wenig später entdeckt Larsen eine zweite Leiche unweit der toten Frau, die noch mehr Rätsel aufgibt.... Endlich wird "von oben" grünes Licht für eine SoKo gegeben und Nommensen hat es gut verstanden, das langsame Anlaufen von Verwaltung, Vorgesetzten (sowohl beim LKA als auch in der Schule) und das Herunterspielen von sich anbahnenden Konflikten bzw. Verbrechen plastisch darzustellen, was mir - da realistisch in dieser Gesellschaft - gut gefallen hat.
Die beiden Handlungsstränge werden später ergänzt durch einen dritten: In Rückblenden in die DDR-Zeit 1979 Ost-Berlin erzählt Martin von seinem 'neuen Vater' und den Einflüssen in seiner Kindheit, als sich ein dritter Mord ereignet...

Ab diesem Zeitpunkt nimmt der Krimi sehr an Spannung und Fahrt auf und man rätselt mit, welchem Motiv und welchen menschlichen Störungen die Morde geschuldet sind...
Bei der Beschreibung dieser Wurzeln, die Opfer zu Tätern werden lassen, ihnen keine andere Verhaltensmöglichkeit an die Hand gegeben wurde, geht der Autor sensibel vor; die erschreckenden Zusammenhänge wirken auf mich real und authentisch, auch glaubwürdig, da hier auch psychologische Faktoren menschlichen Verhaltens eine Rolle spielen.

Das letzte Drittel des Kriminalromans verfolgt dann zahlreiche unvorhersehbare Wendungen und der Plot ist insgesamt stimmig. Die kurzen Kapitel und sehr gute Darstellung und Figurenzeichnung der Protagonisten; allen voran Larsen und Aslan, finde ich sehr gelungen: Besonders gut gefielen mir die "winterlyrischen Passagen", die diesem Krimi eine außergewöhnliche atmosphärische Dichte verleihen, so dass man die Kälte fast spüren kann beim Lesen....
Der Stil von Thomas Nommensen ist klar und flüssig zu nennen, was die Handlung unterhaltsam macht: Die mir etwas fehlende anfängliche Spannung (während der ca. ersten 100 Seiten) steigerte sich nach und nach und konnte bis zum Schluss dann gehalten werden: An sozialkritischen Themen wie z.B. der DDR-Vergangenheit (kam ein wenig zu kurz, finde ich), binationale Teams und Zusammenarbeit (Larsen/Aslan); Gewalt an Schulen und Überforderung der Lehrer, Opfer, die zu Tätern werden fehlt es ebenfalls nicht...

Fazit:

Eine eigenwillige, sensible Erzählweise, sich steigernde Spannung, eine Prise 'Lyrik' und ein sympathisches und toughes Ermittlerduo sowie ein interessanter Mordfall lassen mich "Wintertod" Lesern, die Krimis mit psychologischer Spannung und Tiefgang schätzen, gerne weiterempfehlen. Ich vergebe 4 * und 87° auf der 'Krimi-Couch'. Der Vorgänger sowie der Nachfolger, der bereits in Planung ist, befindet sich bereits auf meiner "Merkliste" ;)

Veröffentlicht am 15.09.2016

Reglement für ein aufrechtes Leben - im Kleinformat, aber mit großer Wirkung - Lese- und Geschenkempfehlung!

Regeln für einen Ritter
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Ethan Hawke's "Regeln für einen Ritter" erschien im grünen Leinengewand in eher kleiinem Format, jedoch mit großer Wirkung und mit großem "inneren Wert" im KiWi-Verlag 2016. Übersetzt aus dem Englischen ...

Ethan Hawke's "Regeln für einen Ritter" erschien im grünen Leinengewand in eher kleiinem Format, jedoch mit großer Wirkung und mit großem "inneren Wert" im KiWi-Verlag 2016. Übersetzt aus dem Englischen wurde das Buch von Kristian Lutze. Das grüne Cover ziert - ganz nach Rittermanier und für diese Epoche sprechend - ein goldenes Schwert.

"Im Gewand eines mittelalterlichen Handbuchs für Ritter, versehen mit feinen Zeichnungen, erzählt der Autor und Schauspieler Ethan Hawke eine bezaubernde Geschichte, die uns erkennen lässt, worauf es wirklich ankommt im Leben." (Quelle: Buchrückentext)


Buchbeschreibung/Inhalt:


Obgleich es noch immer Diskussionen darüber gibt, nimmt die Familie des Autors nach dem Fund von Briefen für sich in Anspruch, direkte Nachfahren von Sir Thomas Lemual Hawke zu sein, der im Winter 1483 in der Schlacht von Slaughter Bridge (England) fiel: Sir Thomas schreibt nun in der Nacht vor der Schlacht seinen Kindern einen langen Brief in dem Wissen oder der Vorahnung, vielleicht nicht lebend zurückkehren zu können. Im Anhang findet sich eine Liste der Regeln - bzw. dem Leitfaden durchs Leben, den der Ritter seinen Kindern mitgeben will; es sind Werte und Maßstäbe, die zeitlose Gültigkeit haben und damals ebenso wie heute ihre Gültigkeit haben, um ein ehrliches, gutes und aufrechtes Leben zu führen. Auch finden sich kurze Angaben zum Autor sowie ein Bild als informative Ergänzung für den Leser im Anhang.

Meine Meinung:


Haben mir bereits die Regeln für einen Ritter sehr gefallen (besonders Demut, Dankbarkeit, Zusammenarbeit, Gerechtigkeit, Freundschaft, Ehrlichkeit, Haltung - um nur einige zu nennen), so will ich doch eine herausgreifen, die mir besonders positiv auffiel, da sie durchaus in die Gegenwart zu übertragen ist; ja sogar aktuellen Bezug hat (wie viele der anderen Regeln auch):

"Disziplin":
Häufig stellen wir uns vor, dass wir hart arbeiten, bis wir ein fernes Ziel erreicht haben, und dann werden wir glücklich sein. Das ist eine Täuschung. Glück ist das Ergebnis eines zielbewussten Lebens. Glück ist nicht das Ziel. Es ist die Bewegung des Lebens an sich, ein Prozess und eine Tätigkeit. Es entsteht aus Neugier und Entdeckergeist"
(......)
(Zitat S. 102 ff)
Jede der Regeln wird ergänzt durch eine Fabel oder ein Gleichnis, das den Gesprächen Sir Thomas mit seinem Großvater entnommen ist: Dieser muss ein sehr weiser und großartiger, aufrechter Mann gewesen sein!

Der Stil des Autors Ethan Hawke, der sich als direkter Nachfahre Sir Thomas Lemual Hawke's, einst Ritter in Cornwall, England sieht, ist sehr flüssig und interessant zu lesen: Es gelang dem Autor, den mittelalterlichen Text in eine Sprache zu gießen, die auch im 21. Jhd. gut lesbar ist. Seine Frau versah jede einzelne der 20 Regeln mit schönen Bleistiftzeichnungen, die sehr gut in die Thematik passen und Vogelmotive zeigen, die auch in der Liste am Buchende (Regeln/Name des Vogels) benannt sind. Diese Illustrationen passen m.E. hervorragend zu den einzelnen Fabeln und lockern deren Inhalt nochmals auf bzw. ergänzen sie.


Ganz besonders gefiel mir die Ballade am Ende des Buches "vom Hirschen mit dem Vierzig-Ender-Geweih", da sie diese Werte genau auf den Punkt bringt; auch Hoffnung gibt, das Leben (das eigene und das anderer) stets zu achten.
"Für den rauen Weg müssen wir uns entscheiden. Denn wie finden wir Glück, wenn andere leiden? (....)
(Zitat)

Fazit:

Ein feinsinniges und gut zu lesendes "Vermächtnis" und eine Aufforderung zu einem aufrechten Leben, das man am besten "häppchenweise" liest, immer wieder aufschlagen bzw. nachschlagen kann - und das sich bestens als kleines, aber edles Geschenk erweist, um es "nachkommenden Rittern" (z.B. dem eigenen Sohn) zu schenken: Ich werde das auf jeden Fall tun und bedanke mich herzlich beim KiWi-Verlag für die Veröffentlichung. Möge es vielen "Rittern" und solche, die es werden wollen, eine Anleitung sein!

Veröffentlicht am 18.12.2023

Auftakt einer Krimireihe um Josephine Tey

Experte in Sachen Mord
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"Experte in Sachen Mord" von der britischen Autorin Nicola Upson, ihres Zeichens Fan der klassischen Kriminalautorin Josephine Tey (1896 - 1952), holt mit dieser ins Deutsche von Verena Kilching übersetzten ...

"Experte in Sachen Mord" von der britischen Autorin Nicola Upson, ihres Zeichens Fan der klassischen Kriminalautorin Josephine Tey (1896 - 1952), holt mit dieser ins Deutsche von Verena Kilching übersetzten Trilogie die etwas in Vergessenheit geratene Autorin wieder ans Licht: Erschienen ist das Buch im Verlag Kein & Aber, Zürich/Berlin (HC, geb., 474 S.).


Vorneweg muss ich sagen, dass mich die Verbindung zu Josephine Tey, die zeitlebens sehr zurückgezogen und eher introvertiert lebte; dabei Erfolg mit ihren Kriminalromanen und auch mit Drehbüchern, die sie für's Theater schrieb, hatte, hier sehr interessiert hat: Die Autorin versteht es in der Tat, die reale Person J. Tey als Freundin des ermittelnden DI namens Archie Penrose, mitermitteln - und ihre eigenen Schlüsse ziehen zu lassen. Allerdings fehlte es mir an Spannung und gegen Mitte des Kriminalromans war ich bereits auf der richtigen Fährte, die Hintergründe zu den Morden betreffend. Zudem sollte man Interesse für's Theater und die Schauspielerei mitbringen, das bei mir (leider) nur dürftig ausgeprägt bzw. kein sehr starker Bezug vorhanden ist. Denn große Teile des Inhalts spielt in der "Scheinwelt des Theaters" mit Konkurrenzkämpfen der SchauspielerInnen, mit klugen Produzenten, die ein Händchen für den Geschmack des Publikums haben und der Zukunft des Theaters, die stets etwas ungewiss ist - in Zeiten zwischen den beiden Weltkriegen, denn in den 30er Jahren ist dieser Kriminalroman, der meist in London spielt, angesiedelt.


Worum geht's?


Josephine Tey pendelt oft zwischen Inverness und London, um Kontakt zu ihrem Theaterproduzenten Bernhard Aubrey zu halten. Eines Tages begegnet ihr auf ihrer Zugreise nach London Elspeth Simmons, eine junge Hutmacherin, die vom Theater und besonders von Josephine's Stück "Richard von Bordeaux" sehr begeistert ist. Die beiden kommen ins Plaudern und essen gemeinsam im Zug. Abgeholt wird J. Tey von Lydia, der Hauptdarstellerin des Stückes und wohnen wird sie bei den beiden Kostümbildnerinnen Ronnie und Lettice Motley; allesamt Freundinnen der Autorin, die im Roman eine Rolle spielen: Eigentlich sollte Onkel Frank Elspeth abholen, doch dieser verspätet sich und Elspeth geht ins Abteil zurück, da sie die Sendung mit den Hüten für Frank darin vergaß.

Es sollte ihre letzte Handlung sein, denn kurze Zeit später wird sie im Abteil erstochen.


DI Archie Penrose, Freund von Josephine Tey und Cousin der Motley-Schwestern, beginnt mit den Ermittlungen und findet heraus, dass Josephine der letzte Mensch gewesen sein muss, mit dem Elspeth Simmons gesprochen hat... Und es sollte nicht bei diesem Mord bleiben - wobei eine Blume, eine Schwertlilie dafür sorgte, dass beide Morde wie eine Theaterszene inszeniert schienen....


Meine Meinung:


Der Stil von Nicola Upson ist sehr atmosphärisch; für Theaterinteressierte dürfte dieser klassisch gehaltene Kriminalroman ein Vergnügen sein; denn es treten einige junge Schauspieler auf die Bühne, die allesamt ein Motiv haben könnten; auch der Zeitgeist der 30er Jahre und die Lust der Menschen, sich im Theater von den Grauen des 1. Weltkrieges zu erholen, sind gut 'auf die Leinwand projiziert' - ebenso wie die Traumatisierungen, die die Soldaten (wie Aubrey oder DI Archie Penrose) im 'Großen Krieg' erlitten haben. Was hat es mit Elspeth's Herkunft auf sich? Liegt der Schlüssel zu den Verbrechen etwa in der Vergangenheit?


Meine Lieblingsfigur war DS Fallowfield mit seinen humorvollen Kommentaren; auch Hedley White mochte ich sehr, der sich eine Zukunft mit Elspeth vorstellte und dessen Welt nach ihrem frühen Tod zusammenbrach. DI Archie Penrose blieb ein bisschen verschwommen; sein Pendant Alan Grant dagegen (Ermittler in den Josephine Tey Krimis) ist mir hingegen in guter Erinnerung. Aber dies könnte sich ja in den beiden Folgebänden noch ändern, die ebenfalls bereits erschienen sind. Die Idee der Autorin (die auf der "Krimi-Couch" ein interessantes Interview zu ihren nun ins Deutsche veröffentlichten Kriminalromanen gab) finde ich sehr gut; vielleicht wird Josephine Tey (deren Kriminalromane ebenfalls neu aufgelegt wurden) dadurch auch deutschen KrimileserInnen bekannter, als sie es in Großbritannien ohnehin ist. Allerdings ist es auch ein stilistischer Spagat, den Upson hier gewagt hat, wenn man das Début mit z.B. "Der letzte Zug nach Schottland" vergleicht, den ich jüngst gelesen habe.


Fazit:


Ein klassischer britischer Kriminalroman um die Autorin Josephine Tey; fiktional, jedoch von realen Personen und Ereignissen inspiriert, das ich LeserInnen klassischer 'brit crime' und LiebhaberInnen des Theaters und hier, britischer Theatergeschichte gerne empfehle. Es werden nicht nur Mordfälle gelöst, sondern auch Momente des britischen Theaters beleuchtet, in der die Bevölkerung zwischen den beiden Weltkriegen des vorigen Jahrhunderts nach Ablenkung - und auch Aufmunterung gierten. Ich vergebe 3,5 * und 87° auf der "Krimi-Couch".


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Veröffentlicht am 08.08.2023

Im (eigenen) Leben ankommen ...

Sommertage im Quartier Latin
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"Sommertage im Quartier Latin" von Lily Martin (ein Pseudonym der Bestseller-Autorin Anne Stern, die unter diesem Namen auch Liebesromane schreibt), erschien im Rowohlt-Verlag (tb, 317 Seiten, brosch.) ...

"Sommertage im Quartier Latin" von Lily Martin (ein Pseudonym der Bestseller-Autorin Anne Stern, die unter diesem Namen auch Liebesromane schreibt), erschien im Rowohlt-Verlag (tb, 317 Seiten, brosch.) 2023.

Im ersten Roman, die wie es aussieht, als eine Serie geplant ist, wird die Leserschaft mitten ins Herz von Paris entführt; ans "rive gauche" und das berühmte Quartier Latin.


Inhalt:


Lola Mercier hat in jungen Jahren Paris verlassen und ist viel herumgekommen in der Welt: Derzeit arbeitet sie an einer Bar in Bordeaux. Eines Tages erhält sie einen Anruf von ihrem Vater Émile, der sich um seine über 80jährige Schwiegermutter sorgt und Lola bittet, nach Hause zu kommen. Lola hat als Kind ihre Mutter verloren und hat viel Zeit bei ihrer Großmutter Rose verbracht. Mit gemischten Gefühlen reist sie daher nach Paris, um zu sehen, wo die spurlos Verschwundene denn sein könnte... Da es in der Wohnung ihres Vaters und Ninettes, seiner netten Lebensgefährtin, äußerst beengt ist, quartiert sich Lola kurzerhand in das "bonne chambre", eine kleine Wohnung im Dachgeschoss eines naheliegenden Hauses, die Rose ihr ganzes Leben lang bewohnt hat, ein. Die Dächer von Paris, der Platz unten mit dem "Café des Artisans", dessen Besitzer Fabien erschrocken reagierte, als er sie wiedersah, der Bäcker und das gesamte Quartier lassen sie nach und nach fühlen, dass dies doch der Platz sein könnte, an den sie gehört: Im Grunde ihres Herzens liebt sie ihre Heimatstadt sehr. So ist Lola hin- und hergerissen zwischen dem Weiterziehen und dem Bleiben - und da sie Geld braucht, verdingt sie sich kurzerhand "für ein paar Tage" als Aushilfskraft im Café von Fabien, den sie - ebenso wie Samir - schon seit Schulzeiten kennt und eine kleine romantische Erinnerung wieder ans Tageslicht befördert wird, die sie längst vergessen glaubte...


Meine Meinung:


Lily Martin gelingt es leichtfüßig, den Leser auf sommerlich-beschwingte Weise in eine (bzw. sogar zwei) Liebesgeschichten zu entführen, die in der Stadt der Liebe verortet sind und die die Autorin selbst gut kennt. So geht das Flair von Paris, den Gerüchen, den frischen Croissants und einem ehrlichen Rotwein auf den Leser über, in dem diese nette Sommergeschichte spielt: Wir erfahren im Laufe des Romans mehr von Lola und ihrer Familie und erleben ein Familiengeheimnis mit, dem sie in der Wohnung ihrer Großmutter auf die Spur kommt. Wir lernen viele sympathische Charaktere kennen wie Fabien und seine Mutter Jeannette, die wir auf einem kurzen Ausflug in die Bretagne näher kennenlernen, die köstliche Figur einer älteren Opernsängerin; Madame Jacobine Simenon, die auch noch im Alter sehr auf ihr Äußeres achtet und einen älteren Korsen, den es ebenfalls nach Paris verschlagen hat und der seine größten Talente (Backen und Poesie) zu seinem Beruf machte und Lebkuchenherzen mit persönlichen Widmungen bäckt, die er im Viertel verkauft, Pierre Leco.


Die Themen sind neben der Stadt Paris und auch der Liebe das bei-sich-selbst-ankommen, das zuweilen Umwege braucht; auch die Verletzlichkeit von Gefühlen und das in Würde älter werden spielen eine gewisse Rolle. Letztendlich gibt es auch noch ein Familiengeheimnis, mit dem weder Lola noch ihr Vater gerechnet haben dürften, zu entdecken und zu entschlüsseln. Der Stil ist leicht-beschwingt und bestens für ein Wochenende im Sommer geeignet; die Figuren sind durchweg sehr sympathisch und auch eine Prise Gesellschaftskritik habe ich dem Roman entnehmen können, was mir im Genre Liebesroman sehr gefallen hat.


Fazit:


Der Beginn einer Liebesroman-Reihe, die sommerlich-beschwingt und leicht geschrieben wurde; dessen Figuren mit sehr sympathisch waren und das viel Pariser Flair überzeugend versprüht: Eine 'histoire d'amour' aus jetzigen und auch aus früheren Zeiten, deren Verlauf man gerne mitverfolgt und man auf die folgenden Romane dieser geplanten Reihe (Sommer 2024) schon jetzt gespannt sein kann!

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