Profilbild von velvetpuderzucker

velvetpuderzucker

Lesejury Star
offline

velvetpuderzucker ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit velvetpuderzucker über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.04.2019

Kinderbuch-Juwel aus der Feder von Kirsten Boie

Vom Fuchs, der ein Reh sein wollte
0

Das Kinderbuch „Vom Fuchs, der ein Reh sein wollte“ von Kirsten Boie ist 2019 im Oetinger Verlag erschienen.
Bei einem großen Feuer hat der kleine Fuchs, Blau-Auge, seine Mama verloren. Vorübergehend nimmt ...

Das Kinderbuch „Vom Fuchs, der ein Reh sein wollte“ von Kirsten Boie ist 2019 im Oetinger Verlag erschienen.
Bei einem großen Feuer hat der kleine Fuchs, Blau-Auge, seine Mama verloren. Vorübergehend nimmt ihn Mama Reh bei sich und ihrer Familie auf. Nach einer Weile verschwinden die kleine Maus und kurz darauf das Rehkitz Vielpunkt und die Waldbewohner wollen nicht so recht glauben, dass Blau-Auge wirklich ein gutes Reh sein will.
Die Geschichte ist aus der Sicht der Tiere geschrieben. Besonders toll wird hier die Welt der Menschen aus der Sicht der Tiere dargestellt. Die kurzen Kapiteln eignen sich ganz wunderbar als Gute-Nacht-Lektüre für die Kleinen.
Wir waren und sind bereits große Fans der Kinderbücher von Kirsten Boie und auch von „Vom Fuchs, der ein Reh sein wollte“ mehr als begeistert. Ernste Themen kindgerecht zu vermitteln, schafft nur Kirsten Boie. Auch ich als Vorlesemama wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht und habe mit dem Hauptprotagonisten im Buch mitgefiebert. Als Mama zweier Kleinkinder lese ich sehr viele Kinderbücher vor und Kirsten Boie schafft es immer wieder, sowohl die kleinen ZuhörerInnen als auch die großen VorleserInnen zu begeistern. Die wunderbaren Illustrationen von Barbara Scholz machen dieses Leseabenteuer noch interessanter.

Veröffentlicht am 22.03.2019

Avanti Popolo - Italien im 20. Jahrhundert

Bella Ciao
0

Der historische Roman „Bella Ciao“ von Raffaella Romagnolo ist als deutsche Ausgabe im März 2019 im Diogenes Verlag erschienen. Die italienische Originalausgabe trägt den Titel „Destino“ – Schicksal.
Piemont, ...

Der historische Roman „Bella Ciao“ von Raffaella Romagnolo ist als deutsche Ausgabe im März 2019 im Diogenes Verlag erschienen. Die italienische Originalausgabe trägt den Titel „Destino“ – Schicksal.
Piemont, 1946. Hauptort der Handlung, Borgo die Dentro ist ein fiktiver Ort und an das alte Ovada angelehnt, einen Ort im Piemont. Giulia Masca kommt nach Jahren, die sie als Emigrantin in Amerika verbracht hat, zurück in ihren Heimatort. Nach fast fünfzig Jahren will sie ihre ehemalige beste Freundin wiedertreffen, die sie damals hintergangen hat und ihr so Grund für die Flucht nach New York gab. Bella Ciao ist ein Roman und die Hauptfiguren sind frei erfunden. Nichts desto trotz erzählt Raffaella Romagnolo die italienische Geschichte, die das 20. Jahrhundert schrieb, authentisch. Und verbindet mit vielen Rückblenden und Handlungssprüngen ein ärmliches Leben in Italien mit dem amerikanischen Traum.
„Zu berechnen, was gerecht bedeutet, ist ihre und Anitas Lieblingsbeschäftigung, seit sie in der Spinnerei angefangen haben.“ (Seite 33)
Borgo die Dentro ist nicht echt, aber mit einer historischen Genauigkeit rekonstruiert, dass ich beim Lesen über die einzelnen Plätze und Straßen spaziert bin und mir sicher war, dass dieser Ort existieren muss. Neben einer interessanten Familiengeschichte erfahren die LeserInnen Historisches über den Streik in der Spinnerei Salvi und den Bau des Suezkanals, über die Sozialisten in Italien mit ihren roten Halstüchern, über den Aufstieg des „Duce“, Mussolini und den daraus resultierenden Überfall auf die Druckerei des sozialistischen Wochenblatts „L’Emanzipazione“, von militanten Faschisten in schwarzen Hemden, vom Befreiungskampf im südlichen Piemont und vom größten Massaker an Partisanen in der italienischen Geschichte.
„Der Welt gegenüber gab man der Spanischen Grippe die Schuld, doch alle wussten, dass sie an gebrochenem Herzen gestorben war…“ (Seite 199)
Raffaella Romagnolos Schreibstil ist so bildreich und malerisch, dass er einfach zum Mitfühlen anregt. Mehrmals habe ich mich beim Lesen dabei ertappt, wie ich leise „Die Internationale“ gesungen habe und nach der Beschreibung des Massakers an den Partisanen im Piemont, habe ich selbst Tränen um die Ermordeten vergossen. So viele Gefühle und Emotionen hat schon lange kein Buch mehr beim Lesen in mir geweckt und ich wünsche mir sehr, dass in naher Zukunft auch noch andere deutsche Ausgaben von Raffaellas Romagnolos Büchern erscheinen werden. Raffaella Romagnolo ist meiner Meinung nach wirklich ein leuchtender Stern im europäischen Autorenhimmel und „Bella Ciao“ erhält meine uneingeschränkte Leseempfehlung, handelt es sich hierbei regelrecht um ein Epos!

Veröffentlicht am 17.02.2019

Eine schicksalhafte Begegnung

Arthur und Lilly
0

Der Roman „Arthur & Lilly“ von Lilly Maier ist 2019 im Heyne Verlag erschienen.
Die Autorin des Buches ist 11 Jahre alt als es plötzlich an der Tür ihrer Wohnung in Wien klingelt, in der sie mit ihren ...

Der Roman „Arthur & Lilly“ von Lilly Maier ist 2019 im Heyne Verlag erschienen.
Die Autorin des Buches ist 11 Jahre alt als es plötzlich an der Tür ihrer Wohnung in Wien klingelt, in der sie mit ihren Eltern lebt. Ein amerikanischer Pensionist, Arthur, der zu Zeiten des Anschlusses 1938 zusammen mit seinen Eltern und seinem Bruder in genau dieser Wohnung lebte und damals noch Oswald Kernberg hieß. Eine wunderbare Freundschaft entsteht, die Generationen und sogar Kontinente verbindet.
Arthur erzählt Lilly von seiner Kindheit in Wien, dem zunehmenden Hass auf die jüdische Bevölkerung nach dem „Anschluss“ Österreichs an des Deutsche Reich. Das Hoffen der Textilfabrik-Familie auf eine gemeinsame Ausreise, die in einem einzelnen Kindertransport nach Frankreich endete. Arthur soll seine Eltern und seinen Bruder niemals wiedersehen. Er erzählt ihr aber auch vom Pädagogen Ernst Papanek in Frankreich und dessen reformpädagogisches Kinderheim, das eine neue Heimat für Arthur darstellte, bis, ja bis die Nationalsozialisten auch in Frankreich einmarschieren und Arthurs Flucht von Neuem beginnt.
„Arthur & Lilly“ erzählt aber auch von Briefen von Arthurs Eltern aus dem KZ, die dem Jungen Hoffnung machen sollen, aber gerade für die LeserInnen schwer zu lesen sind, da der Ausgang der Geschichte schon vor der Lektüre des Buches bekannt ist. Aber zumindest Oswald/Arthur überlebt den Krieg, lernt in Amerika eine ehemals aus Wien stammende junge Dame, Trudy, kennen und gründet mit ihr eine Familie. Gemeinsam haben sie drei Söhne, mehrere Enkel und Urenkel.
Oskar Kernbergs Geschichte kennenlernen zu dürfen, war sehr bewegend und hat mich an vielen Stellen des Buches nachdenklich gestimmt. Eine Kritik zu schreiben fällt mir schwer, eine Lebensgeschichte sollte nicht bewertet werden, sondern einzig und allein für sich stehen.

Veröffentlicht am 22.11.2018

Die Geschichte eines Holocaust-Überlebenden

Überleben
0

Der Roman „Überleben – Der Gürtel des Walter Fantl“ von Gerhard Zeillinger ist im Gedenkjahr 2018 im Verlag Kremayr & Scheriau erschienen.

Walter Fantl lebt mit seiner Familie in Niederösterreich und ...

Der Roman „Überleben – Der Gürtel des Walter Fantl“ von Gerhard Zeillinger ist im Gedenkjahr 2018 im Verlag Kremayr & Scheriau erschienen.

Walter Fantl lebt mit seiner Familie in Niederösterreich und ist vierzehn Jahre alt, als Hitler in Österreich einmarschiert. Vier Jahre später wird er nach Theresienstadt deportiert, bevor er mit seinem Vater nach Auschwitz kommt. Walter Fantl wird als Einziger seiner Familie den Holocaust überleben. Als er im Juli 1945 nach Wien zurückkommt, ist ihm nichts von seinem Leben geblieben als ein breiter Ledergürtel.

Gerhard Zeillinger hat in vielen Gesprächen und anhand zahlreicher Originaldokumente Walter Fantls Geschichte erzählt. Sein Schreibstil macht Walter Fantls berührende Geschichte achtzig Jahre später noch einmal lebendig. Die beschriebenen Misshandlungen und die Grausamkeiten der damaligen Zeit sind so bildhaft beschrieben, dass ich beim Lesen mehrmals eine Pause einlegen musste. Ich konnte, ja ich wollte das Gelesene gar nicht glauben. Zeitzeugenberichte wie dieser, in denen Krieg und Unmenschlichkeit ein Gesicht bekommen, sollten uns immer daran erinnern, dass wir die Vergangenheit, niemals vergessen dürfen, damit sich die Geschichte niemals wiederholt. Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde ein Satz gesprochen, der immerwährend sein sollte: Nie wieder Krieg! „Überleben“ von Gerhard Zeillinger zeigt auf beeindruckende und intensive Weise auf, wie wichtig dieses Credo ist.

Veröffentlicht am 21.08.2018

Ein kleiner, literarischer Schatz

Königskinder
0

Der Roman „Königskinder“ von Alex Capus ist im August 2018 im Carl Hanser Verlag erschienen.
Schon die ersten Sätze des Romans zeigen eine bildhafte Sprache, die sofort ein Kopfkino erzeugt. Alex Capus ...

Der Roman „Königskinder“ von Alex Capus ist im August 2018 im Carl Hanser Verlag erschienen.
Schon die ersten Sätze des Romans zeigen eine bildhafte Sprache, die sofort ein Kopfkino erzeugt. Alex Capus Schreibstil hat mich, vom ersten Satz an, gefangen genommen und ich habe mich auf der Rückbank im roten Toyota Corolla im nächtlichen Schneetreiben gesehen.
Max und Tina bleiben in diesem roten Toyota Corolla auf einem verschneiten Alpenpass stecken und müssen die Nacht im Auto verbringen. Um die Zeit zu vertreiben erzählt Max eine Geschichte, die in der Zeit der Französischen Revolution spielt. Der Hirte Jakob verliebt sich in die Tochter eines reichen Bauern namens Marie. Doch die beiden können nicht zusammen sein, doch beide bleiben sich, trotz aller Hindernisse, treu.
Zwischen der Erzählung kommen auch immer wider Max und Tina in Dialogform zur Wort und streiten dabei liebevoll um Kleinigkeiten. Alex Capus schafft es literarisch auch das Miteinander in einer langen Ehe darzustellen und ich hätte mir noch mehr von Max und Tina gewünscht. Die Idee, die Liebesgeschichte von Jakob und Marie als Geschichte in der Geschichte zu erzählen, fand ich gut gelungen und ich kann mir gut und gerne vorstellen, noch mehr Bücher des Autors, dessen Schreibstil wirklich lebendig ist, zu lesen. Alex Capus hat es geschafft eine Liebesgeschichte zu schreiben, die romantisch aber nicht kitschig ist.