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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.08.2019

Ein Buch, das Mut und Hoffnung macht und gleichzeitig aufklärt

Gedankengewitter
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Depression ist eine Erkrankung, die viele Menschen nicht verstehen und daher belächeln. Doch leider ist sie sehr verbreitet und kann seinen Opfern das Leben zur Hölle machen. Andy Feind, der selber betroffen ...

Depression ist eine Erkrankung, die viele Menschen nicht verstehen und daher belächeln. Doch leider ist sie sehr verbreitet und kann seinen Opfern das Leben zur Hölle machen. Andy Feind, der selber betroffen ist, beschreibt in seinem Buch „Gedankengewitter“ seinen Kampf gegen den sogenannten „schwarzen Hund“, welcher bereits mit 16 Jahren nach einem Schicksalsschlag zugeschlagen hat. Er thematisiert Zweifel, Rückzugstendenzen, Selbsthass, Verluste und Suizidgedanken. Schonungslos, ehrlich, oft bedrückend und auch beängstigend, aber dennoch auch mit einem Augenzwinkern versehen, überzeugt der Schreibstil auf ganzer Linie. Andy Feind hat eine humorvolle, sarkastische Art mit viel schwarzem Humor, der genau meinem entspricht und mich daher direkt abgeholt hat.

Das Buch zeigt auf welche Probleme Depressionen mit sich bringen können, sowohl beruflich als auch privat. Eine Depression betrifft hauptsächlich den erkrankten Menschen, aber eben auch sein Umfeld, seine Familie, seine Freunde und den Arbeitsplatz. Sie kann viel kaputt machen, dem Betroffenen einiges weg nehmen und kann diesen Menschen auch stark verändern. Depression ist nicht gleich Depression, die Symptome können sehr unterschiedlich stark ausgeprägt sein, jeder nimmt "seine" Depression anders wahr. Andy Feind beschreibt wie es zu seiner Erkrankung gekommen ist, welche Gefühle und Gedanken er dabei hatte und wie er es trotz vieler Rückschläge geschafft hat den schwarzen Hund an die Leine zu legen. Doch leider kann eine Depression immer wieder aufflackern, ob "nur" für kurze Zeit oder ob sie einen direkt wieder in den Abgrund stoßen wird kann man nie wissen.

Besonders erwähnen möchte ich auch noch die kleinen Illustrationen zu Beginn von jedem Kapitel. Diese sind ganz besonders süß und passen einfach perfekt. Generell ist das Buch sehr hochwertig und schön aufgemacht, wenn man bedenkt, dass es im Selfpublishing entstanden ist.

"Gedankengewitter" ist ein Buch, das Mut und Hoffnung macht und gleichzeitig aufklärt. Es ist gedacht für Betroffene, um Trost zu spenden und zu zeigen "Du bist nicht allein". Es kann aber auch zum Verständnis beitragen, wenn man das Glück hatte Depressionen noch nie am eigenen Leib erfahren zu müssen. Daher ist es für mich ein sehr wichtiges Buch.

Veröffentlicht am 22.08.2019

Fördert Verständnis und baut Brücken

Autismus. Eine Bedienungsanleitung
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Die Autorin Eva Baumann ist selbst diagnostizierte Asperger Autistin. Was erst mal komisch klingt (Selbstdiagnose) hat ihr sehr geholfen. Endlich versteht sie, warum sie sich auch Jahre nach dem Teenageralter ...

Die Autorin Eva Baumann ist selbst diagnostizierte Asperger Autistin. Was erst mal komisch klingt (Selbstdiagnose) hat ihr sehr geholfen. Endlich versteht sie, warum sie sich auch Jahre nach dem Teenageralter oft nicht zugehörig fühlt. Viele der Symptome von Autismus treffen auf sie zu. Laut eigener Aussage befindet sie sich jedoch am Rand des Spektrums, was ihr erlaubt ein relativ normales Leben zu führen.

In „Autismus. Eine Bedienungsanleitung“ klärt sie unter anderem über wichtige Begrifflichkeiten auf, stellt Unterschiede zwischen verschiedenen Autismus-Formen heraus und räumt mit Vorurteilen sowie Klischees auf. Das Buch soll das Verständnis verbessern und Türen öffnen zwischen der Welt der Autisten und der Welt der „Normalen Menschen“. Dazu gibt sie Vorschläge und Hinweise wie man das Verstehen und den Umgang mit Autisten erleichtern kann.

Meiner Meinung nach ist ihr das sehr gut gelungen. Für mich hatte das Buch einige „Ah ha“-Momente und hat mich dementsprechend sehr bereichert. Was ich aber, neben den wichtigen Informationen noch lobend erwähnen möchte, ist die absolut tolle Aufmachung, denn auch optisch ist dieses Buch ein Hingucker! Zeichnungen, Illustrationen, verschiedene Schriftarten, in liebevoller Kleinarbeit wurde jede Seite anders gestaltet und macht die Lektüre damit zu etwas ganz besonderem!

Veröffentlicht am 21.08.2019

Wird Kinder und Erwachsene gleichermaßen begeistern

Agatha Merkwürdens Racheblumen
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Melissa lebt in einer betongrauen Stadt, in der es für alles Regeln gibt. Nichts kann sie besser als diese zu befolgen. Sie trägt sogar den Titel „Folgsamstes Kind der Schule“, ist Schülersprecherin und ...

Melissa lebt in einer betongrauen Stadt, in der es für alles Regeln gibt. Nichts kann sie besser als diese zu befolgen. Sie trägt sogar den Titel „Folgsamstes Kind der Schule“, ist Schülersprecherin und mächtig stolz darauf. Anfang des Schuljahres beginnt ein Wettbewerb: wer die meisten Gehorsamkeits-Punkte einheimst, gewinnt eine Reise mit der ganzen Familie. Die 12-jährige will unbedingt gewinnen und ihre Mutter damit glücklich machen, denn diese scheint immerzu betrübt zu sein und kann die Auszeit bestimmt gut gebrauchen. Doch dann findet Melissa unter den Platten der Terrasse ein Päckchen mit Blumensamen. Plötzlich hört sie Stimmen und verspürt den übermächtigen Drang, diese Samen auszusäen. Das Unglück nimmt seinen Lauf...

Dieses Kinderbuch ab 10 Jahren ist herrlich phantasievoll und kommt mit einer völlig neuen Idee daher. In unserer heutigen Welt, wo Städte sich immer weiter ausbreiten, immer mehr Grünflächen zubetoniert, Wälder abgeholzt werden und die Natur immer mehr verdrängt und/ oder zerstört wird, ist dies ein wichtiges Buch. Es führt Kinder sanft an das Thema Umwelt heran. Denn auch hier soll das letzte Fleckchen Gras einer Prüfungshalle weichen. Melissas beste Freundin startet eine Petition gegen diese Baumaßnahmen, stößt damit aber auf taube Ohren, schließlich will niemand seinen Gewinn der Reise gefährden und sogenannte Schandflecken seiner Schulakte hinzufügen. Sie alle sind irgendwie Mitläufer, die sich davor fürchten unangenehm aufzufallen und aus der Masse herauszustechen. Eine eigene, nicht regelkonforme Denkweise ist nicht gewünscht.

Als die Samen zu keimen beginnen, stellt dies nicht nur Melissas Leben völlig auf den Kopf. Eine Katastrophe jagt die nächste und ihr wird langsam klar, dass es wichtigeres gibt als das Einhalten von Regeln. Freiheit sowohl körperlich als auch die der Gedanken und der Meinung ist viel bedeutsamer. Sich frei und nach den eigenen Wünschen zu entfalten und das zu tun, was einen glücklich macht, gibt einem viel mehr als der Masse zu folgen und einen tristen Alltag zu fristen. Man braucht dafür Mut, muss über den eigenen Schatten springen, sich vielleicht auch dem Gegenwind stellen, doch letztendlich ist es einfach befreiend, man selbst zu sein. Menschen im Allgemeinen und Kinder im Besonderen brauchen nicht nur Regeln, sondern eben auch Freiheit. In einer Welt, in der jeder bestimmten Normen oder Erwartungen entsprechen muss, ist das eine schöne Botschaft.

Das Buch spricht auch über Toleranz, Akzeptanz und der Angst vor dem Unbekannten. Dinge, die fremd sind, von denen man nicht weiß wo sie herkommen oder entstanden sind, stoßen oft auf Ablehnung. Dies kann zu Ausgrenzung und Außenseitertum führen.

Wie schon erwähnt spielt auch die Thema Umwelt eine Rolle, ebenso wie Achtsamkeit gegenüber der Natur und Nachhaltigkeit. Die Reichen regieren die Welt, zerstören für Profit Wälder und Land, vertreiben Tiere oder rotten sie gar aus, vergiften Flüsse und auch die Luft. Es muss ein Umdenken stattfinden, denn die Umwelt ist unser Lebensraum, der Stück für Stück betoniert und zerstört wird.

"Agatha Merkwürdens Racheblumen" ist ein wunderbar phantasievolles Kinderbuch, das viele wichtige Themen aufgreift. Ich finde es gut und wichtig, dass auch Kinder sich schon damit beschäftigen, denn sie sind unsere Zukunft. Gerne kann dies auf spielerische Art und Weise oder eben anhand dieser tollen Geschichte geschehen. Aber das Buch wird nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene gleichermaßen begeistern.

Veröffentlicht am 12.04.2019

Einziger Kritikpunkt: Leider wieder viel zu kurz!

Der Bücherdrache
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In einem Traum im Traum trifft Hildegunst von Mythenmetz auf seinen Namensvetter der Buchlinge. Diese kleinen Wesen, die in den Katakomben von Buchhaim leben, nehmen sich jeweils der Werke eines Autoren ...

In einem Traum im Traum trifft Hildegunst von Mythenmetz auf seinen Namensvetter der Buchlinge. Diese kleinen Wesen, die in den Katakomben von Buchhaim leben, nehmen sich jeweils der Werke eines Autoren an und lernen diese auswendig. Der Buchling erzählt dem Lindwurm eine Geschichte vom Bücherdrachen Nathaviel, den er vor einiger Zeit persönlich treffen durfte.

Das Buch ist so großartig, weil es wieder in dem Stil von "Die Stadt der träumenden Bücher" und "Das Labyrinth der träumenden Bücher" geschrieben wurde. Das sind Geschichten, die ich sehr liebe, weil sie einfach anders sind. Auch hier findet sich wieder der typische Schreibstil von Walter Moers. Dieser ist verrückt, kurios, metaphorisch und besonders. Ich mochte die Idee, das Szenario des Ormsumpfes, die Umsetzung und natürlich die Charaktere.

Protagonist ist der Buchling Hildegunst von Mythenmetz, aber es spielen noch eine Reihe weiterer Buchlinge mit, was für mich generell ein Grund zur Freude ist. Diese kleinen Geschöpfe sind sowas von putzig und liebenswert! Sie wachsen im Verlauf der Geschichte über sich hinaus, wirklich schön du beobachten.

Extra zu erwähnen sind die tolle Aufmachung des Buches. Abgesehen vom traumhaft schönen Cover, findet man auch im Buch zahlreiche Illustrationen, welche die Atmosphäre perfekt wieder geben. Sie sind detailverliebt und einfach toll!

Lesens- und liebenswert für Fans des Autoren, aber eben auch für jeden, der Bücher liebt! Einziger Kritikpunkt: Leider wieder viel zu kurz!

Veröffentlicht am 24.03.2018

Schräg, gefühlsvoll und voller Gefühle

Mein Sommer auf dem Mond
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Fritzi soll den Sommer in einem Therapiezentrum für psychisch erkrankte Jugendliche auf Rügen verbringen. Das stinkt ihr erstmal gewaltig. Würde sie ihre Ferien doch lieber mit ihrer besten Freundin dort ...

Fritzi soll den Sommer in einem Therapiezentrum für psychisch erkrankte Jugendliche auf Rügen verbringen. Das stinkt ihr erstmal gewaltig. Würde sie ihre Ferien doch lieber mit ihrer besten Freundin dort verbringen, das war schließlich schon immer der Traum der beiden.

Sie kommt zusammen mit Bastian, Tim und Sarah in die Wohngruppe “die Astronauten”. Jetzt müssen sie lernen, sich aufeinander einzulassen, zu vertrauen und sich gegenseitig zu helfen. Doch das ist gar nicht so einfach bei so vielen unterschiedlichen Charakteren, die auch noch zusätzlich verschiedene Dämonen mit sich herum tragen. Im normalen Alltag hätten sie sich wahrscheinlich niemals angefreundet oder vielleicht noch nicht mal miteinander gesprochen. Umso toller ist das, was über den Sommer zwischen den Jugendlichen passiert.

Nach und nach erfahren wir, welche Probleme sie haben. Es stecken verschiedene Geschichten und Ängste dahinter. Es ist sehr aufregend hinter diese Schicksale zu blicken. Die Charaktere sind großartig und sehr liebenswert. Besonders sympathisch sind Fritzis ständige Bezüge auf Harry Potter. Als Potterhead habe ich diese natürlich mit Herzchen in den Augen bemerkt.

Underdog und Sprücheklopfer Bastian ist schon zum zweiten Mal im Sonnenhof, weiß also wie es läuft. Er führt Fritzi am ersten Tag herum und ist direkt fasziniert von ihren Marsriegel-Augen. Cool sind seine ständigen Anspielungen zu den Bösewichten der Comic-Welt.

Das Thema psychische Erkrankung, deren Entstehung und Ursprung, Auswirkungen und was sie mit den Menschen macht, finde ich super interessant. Man erhält hier einen spannenden und authentischen Einblick.

Das Buch ist unglaublich emotional und reißt von der ersten Seite mit. Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Fritzi und Bastian. Der Schreibstil ist locker, leicht und wird niemals langweilig. Dem Leser wird ein wahrer Gefühls-Cocktail geboten: man schwankt zwischen Freude, Trauer, Schock und Verzweiflung. Gespickt wird das Ganze mit spritzigem Humor.

Neben psychischen Erkrankungen werden aber auch noch andere wichtige und aktuelle Themen aufgegriffen: die erste Verliebtheit, Mobbing und das Entdecken der eigenen Sexualität.

Es ist eine besondere Geschichte um Vertrauen, Freundschaft, Liebe und den Weg zu sich selbst. Schräg, gefühlsvoll und voller Gefühle. Absolute Leseempfehlung!