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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.05.2019

Das Wort ist Mord

Ein perfider Plan
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Das vorliegende Werk von Anthony Horowitz ist im Stil eines True Crime Falles geschrieben und der Clou - wenn man es denn so betrachten will - besteht darin, dass sich der Autor quasi als Watson ...

Das vorliegende Werk von Anthony Horowitz ist im Stil eines True Crime Falles geschrieben und der Clou - wenn man es denn so betrachten will - besteht darin, dass sich der Autor quasi als Watson neben den eigentlichen Ermittler Hawthorne, also Holmes, in die Handlung einbezogen hat. Und zwar durchaus als Hauptfigur, zumal die Geschichte aus seiner Perspektive erzählt wird.

Hawthorne, ein ehemaliger Polizist, der auch jetzt noch von dieser gelegentlich zur Unterstützung von Ermittlungen herangezogen wird, von zahlreichen früheren Kollegen aber auch als unliebsamer Nebenbuhler gesehen wird, ist einem besonders eigenartigen Mordfall auf der Spur. Eine ältere Dame hat beim Bestatter alles für ihre Beerdigung geregelt und wird noch am selben Tag ermordet. Zur Beerdigung reist dann auch ihr Sohn, ein berühmter Filmschauspieler aus den Vereinigten Staaten an.

Hawthorne kennt Horowitz bereits von der Arbeit an Drehbüchern und möchte diesen nun als Autor heranziehen, der diesen Fall verewigen soll. Horowitz ist zwar nicht sonderlich begeistert, lässt sich dann aber doch darauf ein und wird mehr und mehr zum Ermittelnden - was Hawhtorne nicht gerade mit Begeisterung aufnimmt.

Die Figuren sind allesamt eindringlich beschrieben, merkwürdigerweise entpuppen jedoch eigentlich alle bei näherer Betrachtung als wahre Unsympathen, allen voran Hawthorne.

Sicher war das nicht unbedingt die Absicht des Autors, doch auch er selbst wirkt nicht unbedingt durchgehend als Sympathieträger. Ein bisschen kommt mir diese Einbeziehung der eigenen Person als Effekthascherei oder gar als versteckte Werbekampagne vor zumal andere Werke des Autors durchaus Erwähnung finden.

Ein wenig ärgerlich ist, dass zum Ende des Buches der originale Buchtitel (Titel dieser Rezension) zum Thema der Handlung wird. Er ist leider in der deutschen Übersetzung nicht übernommen worden, was ich überhaupt nicht verstehen kann.

Dennoch, das Buch ist spannend, die Auflösung überraschend und ich konnte es irgendwann nicht mehr aus der Hand legen, zumal der Stil des Autoren ausgesprochen angenehm zu lesen ist.

Veröffentlicht am 29.04.2019

In Fuseta angekommen

Weiße Fracht
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ist Leander Lost nun auf allen Ebenen - er fühlt sich unter seinen portugiesischen Kollegen und nicht zuletzt in Gesellschaft von Soraia, der Schwester seiner Vorgesetzten Graciana, einfach pudelwohl. ...

ist Leander Lost nun auf allen Ebenen - er fühlt sich unter seinen portugiesischen Kollegen und nicht zuletzt in Gesellschaft von Soraia, der Schwester seiner Vorgesetzten Graciana, einfach pudelwohl. Zu blöd, dass er auf Basis eines einjährigen Austausches an der portugiesischen Algarve gelandet ist und es offenbar keine Möglichkeiten gibt, seinen Aufenthalt zu verlängern.

Dabei ist der Mann, der aufgrund des Asperger-Syndroms nicht lügen kann, nicht nur für seine Kollegen unentbehrlich geworden. Gerade jetzt, nach der Entdeckung einer Leiche - eines toten deutschen Aussteigers, der wie Leander Lost aus Hamburg kommt und wie sich herausstellt, durchaus Verbindungen zu dessen früherem Umfeld hatte. Einer Leiche, der wie sich zeigt, noch mehrere folgen.

Spuren führen ins Drogenmilieu und zwar nicht nur in das lokale, sondern auch über die Grenze nach Spanien. Und dann tauchen noch zwei frühere Kollegen von Lost aus Hamburg auf, nach denen er sich nicht gerade gesehnt hat!

Es geht also rund in Fuseta und um Fuseta herum. Ein witziger, aber auch spannender Krimi mit einem absolut ungewöhnlichen Protagonisten, dessen Handlungen und Gedanken meiner Ansicht nach stellenweise etwas zu kleinteilig dargelegt werden. Dadurch empfand ich die Entwicklungen ab und an als ein wenig langatmig, hatte aber dennoch viel Freude an einem Krimi mit portugiesischem Lokalkolorit. In mir hat das Buch Sehnsucht und Reiselust geweckt - spätestens mit dem nächsten Fuseta-Krimi, der hoffentlich bald auf den Markt kommt, werde ich mich an die Algarve begeben. Habe ich mir zumindest fest vorgenommen!

Veröffentlicht am 24.04.2019

Dramatische Einzelschicksale im Ungarnaufstand

Sojus
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nen historischen Krimi, in dem der Ungarnaufstand von 1956 im Fokus steht, kannte ich bisher noch nicht. Die historische Reihe von Martin von Arnim mit den Figuren des Kommissars Eckart und des italienischstämmigen ...

nen historischen Krimi, in dem der Ungarnaufstand von 1956 im Fokus steht, kannte ich bisher noch nicht. Die historische Reihe von Martin von Arnim mit den Figuren des Kommissars Eckart und des italienischstämmigen Amerikaners und Tausendsassas Vanuzzi im Mittelpunkt auch nicht, so dass dies für mich eine doppelte Premiere war.

Der ehemalige deutsche Kommissar Andreas Eckart steht altersmäßig in den 1950er Jahren definitiv eher am Ende als am Beginn einer möglichen beruflichen Karriere, die aber sowieso bereits vor Jahren gewaltsam endete, nämlich durch den Nationalsozialismus. Zu Beginn dieses Bandes wird er aus einer psychiatrischen Klinik in den Vereinigten Staaten befreit, unter anderem durch den bereits erwähnten Vanuzzi.

Der spürt ihn dann einige Jahre später in der noch jungen Bundesrepublik Deutschland auf, wo er im beschaulichen Würzburg ein ruhiges Leben führt. Zu führen hoffte, muss man nun sagen, denn Vanuzzi, der als mehr oder weniger freiberuflicher Geheimagent mehreren Herren dient, ködert ihn zur Beteiligung an einem Auftrag in Budapest: ein Dossier mit brisanten Informationen soll geholt werden. Eckart will ablehnen, wird aber ge- und verlockt mit dem Versprechen, seinen Sohn, den er bisher nicht kannte und der im gerade stattfindenden Ungarn-Aufstand eine Rolle spielt, kennenzulernen.

In Budapest angekommen, erleben Eckart und Vanuzzi im Kreise von Widerstandskämpfern die Niederschlagung des Aufstands durch sowjetische Streitkräfte. Deutllich wird, dass man niemandem trauen kann - wie Eckart schmerzlich erfährt, nicht mal seinem eigenen Sohn, der unter dem Namen "Sojus" eine ganz spezielle Rolle innerhalb der Ereignisse spielt.

Ein mitreißender und kraftvoller, aktionsgeladener Krimi oder gar Thriller - aber nur für Leser, die bereit sind, tief in nicht ganz so bekannte historische Zusammenhänge einzutauchen.

Ich kannte die Reihe bisher nicht und muss sagen, dass man auch in den dritten Band ohne Vorkenntnisse ganz gut hineinkommt. Damit meine ich aber spezifische Vorkenntnisse zu dieser Reihe - ein wenig Ahnung von den Ereignissen der Weltgeschichte und speziell der Vorgeschichte des Ungarnaufstands sollte man schon haben, sonst versteht man diesbezüglich nur "Bahnhof".

So aber ist es eine eindringliche, dramatische Story, die neben dem Kriminalfall den Ungarnaufstand von 1956 beleuchtet, ein Ereignis, das wie viele andere Aufstände gegen die sowjetische Vormacht im 20. Jahrhundert bisher viel zu wenig bekannt ist als Teil der Europäischen Geschichte und auch beim Verständnis der gegenwärtigen Position Ungarns innerhalb der EU weiterhelfen kann. Der Autor Martin von Arndt kann nicht nur spannende Geschichten erzählen, sondern beleuchtet auch detailreich historische Gegebenheiten. Ein eindrucksvolles Werk, dessen Vorgänger ich mir zu Gemüte führen werde und auf dessen Nachfolger ich mich freue!

Veröffentlicht am 18.04.2019

All about Eve?

Vater unser
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Nein, alles über Eva erfährt man hier nicht, aber auch nicht über den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, nach denen die drei Romanteile jeweils benannt sind und die hier - wenn man so will - sowohl ...

Nein, alles über Eva erfährt man hier nicht, aber auch nicht über den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, nach denen die drei Romanteile jeweils benannt sind und die hier - wenn man so will - sowohl eine prominente als auch eine verwirrende Rolle spielen.

Protagonistin Eva Gruber, gleichzeitig Ich-Erzählerin und Patientin in einer psychiatrischen Klinik, führt uns Leser im heiteren, stellenweise makabren Plauderton in ihr Leben und in die Geschicke ihrer Familie ein, die aus einer schwierigen Mutter, einem zu beschützenden jüngeren Bruder und einem übergriffigen Vater besteht, der allerdings schon vor Jahren die Flucht nach vorne in ein anderes Leben mit einer neuen Familie angetreten hat. Oder auch nicht, denn schnell wird klar, dass man Eva eigentlich überhaupt nichts glauben kann

In der Klinik ist der Psychiater Doktor Korb Evas Gesprächspartner, der auch für den Leser somit eine wichtige Bezugsperson als Adressat sämtlicher Gefühle und Empfindungen Evas ist. Aber was ist da los? Denn längst nicht alles, was Eva so von sich gibt, kann stimmen, dazu widerspricht sie sich viel zu oft selber. Existiert dieser Doktor eigentlich und wenn ja, was genau führt er im Schilde? Eva scheint ein wenig von einer erwachsenen Pippi Langstrumpf zu haben: sie schafft sich zwar nicht ihre Welt, aber sie verkauft sie, wie sie ihr gefällt.

Ist sie eine Lügenbaronin, eine weibliche Antwort auf Münchhausen? Eine Hochstaplerin vielleicht? Mehr und mehr macht sie den Eindruck einer zutiefst verstören und zerstörten jungen Frau, trotz der Leichtigkeit, die über weite Teile ihrer Ausführungen mitschwingt. Immer wieder bringt sie es fertig ihre Leser - mich zumindest - zu irritieren und zu verwirren.

Die junge österreichische Autorin Angela Lehner hat hier etwas ganz Besonderes geschaffen, ein Werk, dass ich als tragischen Schelmen-, nein, vielmehr Schelminnenroman bezeichnen möchte.Mit Betonung auf "tragisch" Denn es ist starker Tobak, der uns Lesern hier aufgetischt wird, aber andererseits tritt Protagonistin Eva auch als Meinungsmacherin, gelegentlich auch als Illusionistin auf. Oder sie erweckt zumindest den Anschein. Denn ganz bin ich ihr bis zum Schluss nicht auf die Schliche gekommen. Was auch nicht weiter schlimm ist, denn auch der Leser sollte sich selbst und seine Ideen in die Lektüre einbringen können, was hier ganz unbedingt der Fall ist! Literarisch geht Angela Lehner ihren eigenen Weg - sowohl stilistisch als auch inhaltlich hat sie etwas noch nie Dagewesenes oder mir zumindest bislang Unbekanntes geschaffen. Ihr Roman ist eine Fundgrube für alle, die bereit sind, in der Literatur diesem neuen Weg, der auch Eigeninitative erfordert, einzuschlagen und ganz was Neues auszuprobieren!

Veröffentlicht am 10.04.2019

Beste Freundinnen

Aller Anfang
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werden Celia, Bree, Sally und April, die sich auf dem College kennenlernen und deren Freundschaft die Studienjahre definitiv überdauert. Eine Freundschaft fürs Leben soll es sein, da sind sie die vier ...

werden Celia, Bree, Sally und April, die sich auf dem College kennenlernen und deren Freundschaft die Studienjahre definitiv überdauert. Eine Freundschaft fürs Leben soll es sein, da sind sie die vier ziemlich unterschiedlichen jungen Frauen vollkommen sicher.

Doch ach, so leicht ist es nicht, einander vertrauensvoll verbunden zu bleiben und auch noch permanent Kontakt zu halten - die Erfahrung machen die vier Absolventinnen in den folgenden Jahren.

Celia wird zu derjenigen, die alles zusammenhält, Sally, die ihre Mutter bereits vor dem Studium verloren hat, heiratet früh, die schöne und unwiderstehliche Bree, Traum schlafloser Nächte für zahllose Männer, geht eine schwierige, gleichwohl langjährige lesbische Beziehung und lediglich April, die immer schon als recht extreme Frauenrechtlerin durchs Leben ging, bleibt sich treu bzw. überrascht die anderen nicht.

Nicht direkt jedenfalls, denn irgendwann verschwindet sie spurlos und die anderen klammern sich verängstigt aneinander - längst nicht nur im übertragenen Sinne.

Ein warmherziger Roman, der manchmal zu absehbar ist, im Endeffekt aber meine Erwartungen in einen stimmungsvollen Frauenroman nicht ohne Anspruch beinahe vollkommen erfüllt. Eine entspannte Urlaubs- oder Wochenendlektüre, die gleichwohl zum Nachdenken anregt!