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Veröffentlicht am 26.05.2019

Die große Katharina

Die Zarin und der Philosoph (Sankt-Petersburg-Roman 2)
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Erst beim Aufklappen des Romans habe ich erfahren, dass es sich dabei um den 2. Teil einer Serie handelt über das historische Sankt Petersburg. Die Romane können durchaus unabhängig voneinander gelesen ...

Erst beim Aufklappen des Romans habe ich erfahren, dass es sich dabei um den 2. Teil einer Serie handelt über das historische Sankt Petersburg. Die Romane können durchaus unabhängig voneinander gelesen werden. Dennoch ist mir nicht ganz klar, inwieweit vielleicht die Kenntnis des ersten Teils manches erleichtert. Ich war zum Beispiel komplett erstaunt, dass Russlands Zarin Katharina, die später die Große genannt wurde, so einfach ein Findelkind bei sich aufnimmt, dass ihr ein Einsiedler, dem sie schon einmal begegnet ist, bringt. Das und die dafür gegebene Erklärung fand ich nicht ganz plausibel. Ob es durch den ersten Band logischer würde, vermag ich nicht zu sagen. Das kleine Mädchen Sonja erweist sich als hochtalentiert, und wird bald zum Liebling Katharinas.

An Katharinas Hof wird auch der preußische Philosoph Stefan Mervier entsandt. Vorgeblich, um mit der Zarin zu disputieren, doch insgeheim spioniert er für den preußischen König. Seine Frau Johanna, eine begabte Malerin, folgt ihm nur unwillig nach Sankt Petersburg und wird dort so unglücklich, dass die Ehe in eine Krise gerät. Sonja reift zu Frau heran und begegnet Stefan, während Johanna von einem russischen Schriftsteller umworben wird...

Man sollte sich vor dem Lesen darüber klar sein, dass die letztgenannten vier Personen im Zentrum des Romans stehen und die historischen Figuren nur den Rahmen bilden. Zentrum und Rahmen sind allerdings äußerst interessant verwoben. So erfährt man einiges über Katharinas Regierungsstil und Leben, wenn man sich wie ich damit bisher wenig befasst hat. Dieser ist sowohl geprägt durch hohen Anspruch als auch feudale Härte, was für die Hauptprotagonisten des Romans zu einer immer größeren Gefahr wird.

Farbenprächtig und kenntnisreich führt die Autorin durch die damalige Zeit. Der Buchumschlag ist zudem wunderschön. Selbst der Buchrücken ist noch ein Schmuck im Regal!

Veröffentlicht am 19.05.2019

Justinians Kriege

Die letzte Blüte Roms
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Äußerst fundiert schildert der Historiker Peter Heather, wie nach dem Zusammenbruch des weströmischen Reiches das oströmische Reich im 6. Jahrhundert unter Kaiser Justinian noch einmal zu einer letzten ...

Äußerst fundiert schildert der Historiker Peter Heather, wie nach dem Zusammenbruch des weströmischen Reiches das oströmische Reich im 6. Jahrhundert unter Kaiser Justinian noch einmal zu einer letzten Blüte gelangte und nach zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen zu einer territorialen Ausdehmumg fand, über die es seit Cäsar nicht mehr verfügt hatte.

Haether nimmt sich zunächst viel Zeit, zum Thema hinzuführen. Wer waren Justinians Vorgänger, wie kam sein Aufstieg vom Bauernsohn zum Kaiser, welche Rahmen Bedingungen und Ressourcen fand er vor? Dann geht es in medias res, und das bedeutet für den Autor die Schilderung aller kriegerischen Auseinandersetzungen Justinians. Wir treffen auf Goten und Vandalen, lernen den berühmten Feldherrrn Belisar näher kennen. Viel habe ich hier aus Felix Dahns berühmten "Ein Kampf um Rom" wiedererkannt, das allerdings in Romanform sehr lebendig aus Gotensicht geschrieben ist.

Heathers Sachbuch ist ein anschaulicher Geschichtsunterricht, der von einem wirklich beeindruckenden, umfangreichen Anhang gekrönt wird. Dass er sich fest vollkommen auf Justinians Kriegszüge beschränkt, war für mich allerdings ein kleines Manko. Gern hätte ich viel mehr über das tägliche Leben am Kaiserhof und der Römer Bürger erfahren. Auch die Schwarz-Weiß-Abbildungen hätten den Text noch häufiger auflockern können.

Veröffentlicht am 04.05.2019

Happy birthday Grundgesetz

Angst essen Freiheit auf
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Den 70. Jahrestag unseres Grundgesetzes hat die ehemalige Justizministerin zum Anlass genommen, auf die Bedeutung der Grundrechte hinzuweisen und allen ihre Verantwortung aufzuzeigen, diese zu verteidigen.

Dabei ...

Den 70. Jahrestag unseres Grundgesetzes hat die ehemalige Justizministerin zum Anlass genommen, auf die Bedeutung der Grundrechte hinzuweisen und allen ihre Verantwortung aufzuzeigen, diese zu verteidigen.

Dabei geht sie jedoch nicht alle Grundrechte durch, sondern stellt die Menschenwürde, die Persönlichkeitsrechte, den Schutz der Privatspäre, die Meinungs- und Pressefreiheit, die Religionsfreiheit und das Asylgrundrecht in den Fokus. Es ist daher ein eher schmales Bändchen geworden. Dabei ist mir persönlich die Darstellung der Gefährdung der informationellen Selbstbestimmung im Internet etwas zu ausführlich geraten. Ich hätte stattdessen gern viel mehr zum Thema Asylrecht erfahren.

Man muss nicht mit allen Thesen der Autorin übereinstimmen. Sie haben jedoch durchweg ein gute Grundlage und bieten viel Diskussionsstoff in äußerst verständlicher Form.

Veröffentlicht am 28.04.2019

Ein Kater auf Abwegen

Eine Samtpfote zum Verlieben
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Das Buch trägt den Untertitel "Ein Katzen-Roman", aber eigentlich handelt es sich um eine Liebesgeschichte, die durch einen unerhört schlauen Kater in Gang gesetzt wird. Ich bin normalerweise kein Liebesgeschichten-Fan, ...

Das Buch trägt den Untertitel "Ein Katzen-Roman", aber eigentlich handelt es sich um eine Liebesgeschichte, die durch einen unerhört schlauen Kater in Gang gesetzt wird. Ich bin normalerweise kein Liebesgeschichten-Fan, aber dieses Buch hat mir wirklich Spaß bereitet. Zum einen wegen des kätzischen Protagonisten namens MacGyver. Außerdem ist das Buch auch recht witzig, so dass ich manchmal beim Lesen vor mich hingekichert habe.

Melinda Metz hat die wahre Geschichte eines Katers, die vor einigen Jahren durch die Medien ging, zur Grundlage ihres Romans gemacht. Dieser Kater stahl in seiner Nachbarschaft unglaublich viele Gegenstände wie Stofftiere oder Unterhosen. Diesem neuen Hobby widmet sich auch MacGyver nach einem Umzug mit seinem Frauchen Jamie, indem er aus dem neuen Haus zunächst durch das defekte Insektengitter und später durch den Kamin auf Beutezug geht. Doch MacGyver hat ein äußerst ehrenwertes Motiv: Jamie ist nach dem Tod ihrer Mutter und der Trennung von ihrem Freund niedergeschlagen. MacGyver kann mit seiner feinen Spürnase Jamies Unglück riechen. Was läge da näher, als in der Nachbarschaft auf die Suche nach einem ähnlichen Geruch zu gehen, um zwei einsame Herzen zu verkuppeln.

So spürt er den Witwer David auf und schleppt Jamie heimlich Unterhosen, Socken und andere überraschende Besitztümer Davids heran. Doch bald muss er erkennen, dass Menschen einfach nicht mit seinem Geruchssinn mithalten können. Dennoch ist er mit so viel Leidenschaft dabei, dass er versucht, noch bei einigen anderen Nachbarn Schicksal zu spielen.

Dass sich der Geruch von Menschen je nach Gefühlslage verändert, klingt genauso plausibel, wie die Vermutung, dass Katzen in der Lage sein könnten, dies zu riechen. Sehr gut gefallen hat mir, dass MacGyver trotz seiner Schläue stets Katze bleibt, mit typisch kätzischer Denkweise.

Der geheimnisvolle Dieb sorgt in der Nachbarschaft für einige Verwirrung. Und auch David und Jamie haben einige Hindernisse zu überwinden, denn David trauert noch um seine Frau, während Jamie eine Zeitlang ohne Mann bleiben will. Sie sind beide so sympathisch, dass ich das Buch an einem Wochenende ausgelesen habe. Trotz des kitschigen Titels wird die Liebesgeschichte wie schon geschrieben wirklich witzig geschildert. Auch die teils skurrilen Nachbarn tragen zum Lesevergnügen bei.

Veröffentlicht am 22.04.2019

Kein Sonderfall

Spiel des Lebens
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Alice Roberts verfügt eine beeindruckende Liste von Fähigkeiten. Sie ist Medizinerin, Anthropologin, Paläopathologin. Autorin und Fernsehmoderatorin. In ihrem neuesten Buch, "Spiel des Lebens", streift ...

Alice Roberts verfügt eine beeindruckende Liste von Fähigkeiten. Sie ist Medizinerin, Anthropologin, Paläopathologin. Autorin und Fernsehmoderatorin. In ihrem neuesten Buch, "Spiel des Lebens", streift sie die Entwicklung von fünf planzlichen Nahrungsmitteln, vier Tierarten und der des Menschen über die Jahrtausende hinweg. Dabei wurde für mich vor allem Folgendes noch einmal ganz klar: Der Mensch, der sich so gern über andere Arten erhebt, ist absolut kein Sonderfall. So wie er andere Arten zähmte, zähmte er letztendlich auch sich selbst. Denn um in immer dichter besiedelten Stadten zu leben, musste er letztendlich sich selbst auf immer mehr Friedfertigkeit selektieren.

Die Kapitel über Tiere (Rinder, Hunde, Pferde, Hühner) und den Menschen waren für mich persönlich faszinierender als die über Weizen, Mais, Kartoffeln, Äpfel und Reis. Die Autorin hat akribisch recherchiert und verwertet neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Bei den Flora-Kapitel wurde es mir zum Teil etwas zu detailreich. Bei den Fauna-Kapitel hätte ich oft gern mehr erfahren und hätte mir manchmal etwas mehr kritischen Geist gewünscht. Bei den Hühnern steigt sie beispielsweise gleich mit den im 20. Jahrhundert erschaffenen Turbo-Masthühnern ein. Hier hätte mir ein kleines Schlaglicht, wie aus Flugsauriern überhaupt Vögel wurden und vor allem eine Reflektion, wie der Mensch mit seinen tierischen Nahrungsquellen umgeht, durchaus gefallen. Auch ein Kapitel über das geheimnisvollste Haustier überhaupt, die Katze, habe ich vermisst.

Interesse an Genetik sollte man mitbringen, denn darüber wird nicht an Einzelheiten gespart. Bei mir ist dieses Interesse vorhanden. Allerdings habe ich mir im Gegensatz zur Autorin noch kein abschließendes Urteil über das biotechnologische Einbringen von Genen über Artgrenzen hinweg durch den Menschen gebildet, denn dieses Thema ist äußerst komplex und noch nicht überschaubar. Dass die Natur dies aber bereits lange tut, stellt die Autorin beeindruckend dar, tragen doch viele von uns Neantertaler-DNA in sich. Alice Roberts sieht diesen Eingriff durch den Menschen positiv und führt hierfür den Goldenen Reis an, einen genetisch vitaminangereicherten Reis, in dem sie eine Lösung von Hungerkrisen sieht. Doch obwohl lange entwickelt, räumt sie selbst ein, dass diese Nahrungsquelle noch gar nicht zum Einsatz kommt. Außerdem schildert sie die zunehmende Bevölkerungsexpolsion und wie der Mensch das Klima seines Planeten nachhaltig verändert und so andere Arten gefährdet. Liegt hier die Lösung wirklich in Goldenem Reis und nicht vielmehr in effektiver Geburtenkontrolle? Damit sich jeder diese Fragen selbst stellen kann, bietet das Buch eine umfangreiche Grundlage.