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Freda_Graufuss

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.12.2016

Nicht ganz logische Winterromanze in wunderschöner Umgebung

Friesenherzen und Winterzauber
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Ellen, deren genaues Alter man bis zum Ende des Romans nicht wirklich erfährt, ist enttäuscht. Hat sie sich doch das Frühstück mit ihren Liebsten, bei dem sie ihm ein gemeinsames Domizil vorschlagen wollte, ...

Ellen, deren genaues Alter man bis zum Ende des Romans nicht wirklich erfährt, ist enttäuscht. Hat sie sich doch das Frühstück mit ihren Liebsten, bei dem sie ihm ein gemeinsames Domizil vorschlagen wollte, so romantisch vorgestellt. Aber da die Beiden wohl nie darüber gesprochen haben, wie das nun so ist mit dem Zusammenwohnen, reagiert ihr Freund Lauritz mehr oder weniger entsetzt und sucht das Weite. Tja, so ist das halt mit den Männlein und den Weiblein.....

Doch obwohl Ellen die Beziehung auf ein neues Level heben wollte, findet sie es im Anschluss vollkommen normal (und hat es auch nicht anders erwartet), dass sie die nächsten Tage nichts von Lauritz hören wird. Und so kommt es ihr ganz gelegen, dass ihre Mutter sie bittet, ihr doch in St.-Peter-Ording bei ihrer Kur etwas Gesellschaft zu leisten. Dort hat Ellen nun nicht nur Zeit die wunderschöne Landschaft zu genießen, die die Autorin auch sehr gut atmosphärisch in ihrem Buch rüberbringt, sondern sie kann sich seitenlang über ihr Liebesleben Gedanken machen. Ihre Überlegungen drehen sich dabei nicht nur ausschließlich um Lauritz, denn in Friesland scheint es viele gutaussehende Männer zu geben.

Meine Zusammenfassung lässt es vielleicht nur erahnen. Ich fand das Buch nicht schlecht. Die winterliche Strandstimmung kommt sehr gut rüber, unter anderem auch dadurch, dass die Elemente mal mehr und mal weniger in die Geschichte mit einbezogen werden.
Schwerer tat ich mich da schon an den Figuren. Da wurde ruck zuck Freundschaft geschlossen, erst seitenlang dem Aktuellen hinterhergeweint um sich dann wieder seitenlang Gedanken um ein gemeinsames Leben mit einem anderen Mann zu machen.
Auch wenn Ellens Alter nicht genau verraten wird, anhand ihres bisherigen Lebens kann man schon schlussfolgern, dass sie kein Teenie ist.

Das Ende war schön, aber vorhersehbar. Genauso verhält es sich mit den Briefen des Leuchtturmwärters. Am Anfang war das ganze romantisch, aber irgendwie wurde das Potential nicht ausgeschöpft.

Eigentlich schade. Für Menschen, die die Nordsee bei allen Jahreszeiten lieben und gern in die Landschaft eintauchen wollen, sicher ein schönes, geeignetes Buch. Man darf nur nicht zu viel Logik erwarten.

Veröffentlicht am 19.11.2016

Zu viel Ballett, zu wenig Historie

Die Schwester des Tänzers
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>Die Geschichte von "Die Schwester des Tänzers" basiert hauptsächlich auf den Aufzeichnungen von Bronislava Nijinska. Ihr Bruder, der im Titel des Buches erwähnt ist, war Waslaw Nijinsky.

Bevor ich von ...

>Die Geschichte von "Die Schwester des Tänzers" basiert hauptsächlich auf den Aufzeichnungen von Bronislava Nijinska. Ihr Bruder, der im Titel des Buches erwähnt ist, war Waslaw Nijinsky.

Bevor ich von diesem Buch das erste Mal hörte, kannte ich keinen von beiden. Würde ich mich nur halbwegs mit Ballett oder zumindest Tanz auskennen, hätte ich sicher bereits von ihnen gehört, den zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis zum 1. Weltkrieg war Waslaw Nijinsky wohl eine tänzerische Sensation und Offenbarung, der mit den größten Ballerinen (und Diven) seiner Zeit wie etwa Anna Pawlowa (von ihrem sterbenden Schwan hatte ich zumindest schon einmal gehört) gemeinsam auf der Bühne stand.

Was mich - als Bewegungslegastheniker - an diesem Buch reizte, war die Zeit und der Ort der Handlung. Die Nijinsky-Geschwister (derer eigentlich 3), waren zwar Kinder von polnischen Tänzern, wuchsen jedoch in Russland auf und wurden am Marinskii-Theater in St. Petersburg ausgebildet. Dieses unterstand direkt dem Zaren. Schüler dieser Elite-Tanzschule waren seine persönlichen Schützlinge. Wer auch nur halbwegs Ahnung von Geschichte hat, weiß, dass da um 1900 "interessante Zeiten" bevorstanden.

Und ich wollte das Buch auch mögen. Wirklich. Seite für Seite hoffte ich, dass es jetzt endlich spannend wird. Aber Seite für Seite lernte ich mehr, was eigentlich schon Jeder ahnt. Das Leben einer Primaballerina ist langweilig. Und so war es für mich, trotz einer überzeugenden und lebhaften Sprache, sterbenslangweilig mich durch ungezählte Tanzstunden, Proben, Choreografien und Intrigen zu lesen.
Ich fand es schwierig bei den ganzen Namen, den Überblick zu behalten. Manchmal wusste ich auch gerade gar nicht, an welchem Ort die Beiden nun eigentlich gerade tanzen.

Vieles verliert sich seitenlang in Andeutungen. Für mich lange Zeit die interessanteste Figur war die des ältesten Bruders Stanislaw (genannt Stassik). Dieser hatte ein ähnliches Schicksal wie später sein jüngerer, genialer Bruder: er wurde geisteskrank. Was genau er hatte, erfährt der Leser leider nicht. Über knapp 300 Seiten taucht er immer mal wieder auf, wenn gerade mal wieder Besuche anstehen und dann stirbt er "einfach".

Das Buch wird eigentlich erst in seinem letzten Drittel spannend. Denn dann konnte auch die Ballett-bessesene Nijinska schließlich nicht mehr den politischen Entwicklungen in Russland aus den Weg gehen. Leider ist man zu dieser Zeit schon so froh darüber, dass das Ende der Lektüre in Sicht ist, dass das keine großen Pluspunkte für den Gesamteindruck mehr bringt.

Fazit: Mit Sicherheit war Bronislawa Nijinska eine große und sehr interessante Persönlichkeit. Der Roman verliert sich aber zu sehr in den Details des Tanzes, anstatt auf das wirklich spannende Drum-Herum einzugehen. Was ich sehr schade finde.

Trivia: Interessant war es allerdings, die im Roman beschriebenen Ballette bei youtube zu suchen.

Veröffentlicht am 04.05.2019

Don't judge a book by its cover

Der Postbote von Girifalco oder Eine kurze Geschichte über den Zufall
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Hätte ich mich mal an diese alte englische Weisheit gehalten, dann wären mir einige trostlose Augenblicke erspart geblieben. Dann hätte ich nicht 460 Seiten lang hoffen müssen, dass vielleicht doch noch ...

Hätte ich mich mal an diese alte englische Weisheit gehalten, dann wären mir einige trostlose Augenblicke erspart geblieben. Dann hätte ich nicht 460 Seiten lang hoffen müssen, dass vielleicht doch noch etwas aufregendes passiert, ich vielleicht endlich kapiere wer in diesem ganzen Gewirr italienischer Namen noch mal wer war oder, dass am Ende wenigstens etwas großes Unerhofftes auf mich wartet. Alles umsonst.

Vielleicht bin ich auch einfach nicht intellektuell genug, denn das Werk hat durchaus einige Auszeichnungen erhalten. Der Autor (oder zumindest der Übersetzer) versteht es gekonnt mit Wörtern zu spielen und das ganze langweilige Geplänkel in wohlklingende Laute zu packen. Das verhüllt dennoch nicht, dass absolut rein gar nichts passiert.

So geht der Briefträger jeden Tag seine Runde, trifft dabei zahlreiche Dorfbewohner, denen er nicht nur die Post bringt, sondern deren Briefe er heimlich mit liest und sogar abschreibt und archiviert. Ab und an, mischt er sich dabei in ihr Leben ein und versucht ihnen dadurch einen Stoß in die seiner Meinung nach richtige Richtung zu geben. Die meiste Zeit ist er allerdings in der Rolle eines Spanners. Der von außen gierig auf das Leben der Anderen starrt, selbst aber zu feige ist, seines wieder zu ordnen. Kurz gesagt, nicht wirklich ein Sympathieträger.

Als Leser ist man komplett in die Gedankenwelt des Briefträgers eingebunden. Man ist sozusagen der Stalker des Spanners. Dennoch brachte mir das streckenweise nicht sehr viel, da mich die Vielzahl der kalabrischen Namen zu sehr verwirrte. Ich hatte keine Lust, eine Liste zu machen und dadurch tauchten viele Personen nur schemenhaft auf und waren für mich schnell vergessen. Zwei, drei Dorfbewohner, die auch der Postbote stärker im Blick hatte, konnte man zwar noch verfolgen, der Rest ging im wortreichen Ausführungen unter. Für mich war die Lektüre leider eine frustrierende Enttäuschung.

Veröffentlicht am 13.03.2019

Dahinplätschernder Roman über eine spannende Zeit

Allee unserer Träume
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Es ist so schade. Da schreibt ein Autorenduo über eine starke Frau, die kurz vor/ während und nach dem Zweiten Weltkrieg versucht sich innerhalb der Architektur einen Namen zu machen und dann die Möglichkeit ...

Es ist so schade. Da schreibt ein Autorenduo über eine starke Frau, die kurz vor/ während und nach dem Zweiten Weltkrieg versucht sich innerhalb der Architektur einen Namen zu machen und dann die Möglichkeit hat, sich an der größten Prachtstraße der DDR zu versuchen. Und was kommt dabei heraus? Ein vor sich dahinplätschernder Roman bei denen man immer angstvoll auf die Seiten starrt, die noch vor einem Liegen.

Dabei beginnt es so verheißungsvoll: 1936. Ilse, Schulmädchen, deren Eltern geschieden sind, verbringt einen Samstag mit ihrem Vater. Dieser hat ein eigenes Bauunternehmen und nimmt sie gern mit zu Aufträgen. Nachmittags lässt er sie schließlich allein in seinem Büro. Diese Zeit verbringt die Tochter damit seine Pläne weiterzuzeichnen um sich dann aus lauter Angst vor der Konsequenz zu verstecken.

Während man sich noch fragt, ob und was für ein Donnerwetter es gegeben hat, springt die Handlung ins Jahr 1950. Der Krieg ist vorbei und Ilse ist nach Berlin gereist um die Pläne ihres Vaters (und von ihr) für eine neue Allee im zerstörten Ost-Berlin vorzustellen. Es werden düstere Flecken in Ilses Biographie angedeutet, es wird von Ängsten berichtet. Und immer mal wieder erfährt man zwischendurch was in den letzten Jahren geschehen ist. Aber eben immer häppchenweise.

Und genau das ist es, was mich mit diesem Historischen Roman leider nicht warm werden ließ. Ilse war mir egal. Ihre ganzen Gedanken und Wünsche/ Sehnsüchte gingen mir teilweise sogar auf die Nerven. Ich hatte aber auch gar keine Zeit sie zu verstehen. Wie sollte ich auch, wenn sich eine für sie wichtige Freundschaft innerhalb von zwei Seiten entspinnt um dann im nächsten Kapitel schon wieder auf eine harte Probe gestellt zu werden. Wie sollte ich anhand von zwei Seiten wissen, warum ihr dieser vollkommen fremde und andersartige Mensch so wichtig ist?

Außerdem haben die Autoren auch einfach zu viele Themen angeschnitten. Am Ende bleibt nur die Frage: Und was sollte das jetzt sein? Ein Roman über eine starke Frau? Davon gibt es genügend, da braucht es schon mehr. Ein Roman über Homosexualität in den 1940er/1950er Jahren? Dafür war es zu flach. Über Freundschaft? Nein, wenn Ilse ein was nicht kann, dann Freundschaften halten.
Ein Buch über Architektur? Auch das war es irgendwie nicht wirklich.

Wirklich, wirklich schade. Das Buch hatte mich extrem neugierig gemacht und ich habe es durchaus freudig angefangen zu lesen. Am Ende war es aber leider nur eins: langweilig.

Veröffentlicht am 05.10.2018

GEWALTige Geschichte über drei junge Menschen im aufstrebenden Argentinien

Als das Leben unsere Träume fand
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Ich hatte zuvor noch nie ein Buch von Luca Di Fulvio gelesen, dennoch war ich mit den Titeln seiner Bücher sehr gut vertraut. Stachen doch sowohl das sehr schöne Coverdesign, als auch die Titel immer angenehm ...

Ich hatte zuvor noch nie ein Buch von Luca Di Fulvio gelesen, dennoch war ich mit den Titeln seiner Bücher sehr gut vertraut. Stachen doch sowohl das sehr schöne Coverdesign, als auch die Titel immer angenehm heraus. Umso mehr freute ich mich, dass ich nun endlich einmal Gelegenheit haben würde, ein Buch von ihm zu lesen. Ich erwartete - auch nach der sehr guten Leseprobe - eine Menge.

Das erste Viertel des Buches hielt auch was es versprach. Di Fulvio schreibt nicht lange um den heißen Brei herum, sondern zieht einen gleich in die Geschichte. Rosetta, vom Dorf ausgegrenzt, weil sie es wagt als Frau dem Baron die Stirn zu bieten, wird vergewaltigt, wehrt sich gegen ihren Peiniger und muss Hals über Kopf das Land verlassen. Rocco bietet einen mächtigen Mafiaboss die Stirn und weigert sich in dessen Dienste zu treten. Auch er muss das Land fluchtartig verlassen. Zuletzt noch die erst 13-Jährige Jüdin Raechel, die nur auf den ersten Blick das scheinbar beste Schicksal erwischt hat. Zwar wurde ihr Vater während eines Pogroms ermordet, doch erhofft sie sich - wie auch andere junge Mädchen ihres Dorfes - eine lukrative Anstellung in einem wohlhabenden Haushalt in Buenos Aires: was dem Ende aller Entbehrungen entsprechen würde.

Nun ist abzusehen, dass Di Fulvio es den drei Protagonisten in ihrem neuen Leben auf den knapp über 700 Seiten nicht allzu leicht machen kann. Doch, was er alles in die Geschichte packen musste, war mir dann doch zuviel des Guten.

Anscheinend war die Geschichte um die wirklich existierende "Sociedad Israelita de Socorros Mutuos Varsovia" noch nicht schlimm genug, denn es brauchte noch einen Mafia-Boss, einen konkurrierenden Mafia-Boss, einen durchgeknallten Adligen, einer weiteren sadistischen Adligen, einen machtgeilen Zuhälter und dessen brutaler Anhängerschaft sowie den ganz normalen Wahnsinn in einer Stadt, die großen Reichtum und auch abgrundtiefe Armut kannte.
Demgegenüber stehen drei Hauptcharaktere, die so herzensgut, gradlinig und weise sind, dass es einen die Tränen in die Augen treiben könnte: wäre es nicht spätestens ab der Hälfte des Buches einfach zu viel des Guten.

Zu viel Gewalt nur der Gewalt und nicht der Geschichte wegen, zu viel Pathos und Charaktere, die keinerlei Überraschungen in sich tragen. Dazu kommt noch ein Schriftsteller-Stil, der sehr stark auf das gesprochene Wort zurückgreift. Ich will nicht Spoilern, aber das es nicht hohe Dialektik ist, sollte bei dem Milieu klar sein

Am Ende bleib nur Erleichterung, dass das Ganze endlich vorbei ist. Das nächste Mal gebe ich doch wieder den weniger auffälligeren Covern eine Chance.

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