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Veröffentlicht am 28.06.2018

Angenehme Lektüre für Zwischendurch

Vicious Love
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milia LeBlanc hat es denkbar schwer, als sie als Teenager mit ihren Eltern umzieht. Sie ist nur die Tochter der Haushaltshilfen und das bekommt sie auch von jedem an der Schule zu spüren– besonders von ...

milia LeBlanc hat es denkbar schwer, als sie als Teenager mit ihren Eltern umzieht. Sie ist nur die Tochter der Haushaltshilfen und das bekommt sie auch von jedem an der Schule zu spüren– besonders von Baron Spencer, der sich von allen nur “Vicious” nennen lässt und für dessen Familie die LeBlancs arbeiten. Doch Emilias Unbeliebtheit erweist sich fast noch als ihr kleinstes Problem, denn um ihre Eltern und ihre kleine Schwester zu schützen, ist sie plötzlich gezwungen sie zu verlassen und allein völlig neu anzufangen…

…um zehn Jahre später festzustellen, dass sie am Ende ist. Emilia versucht sich und ihre kranke Schwester mit kleinen Jobs über Wasser zu halten, doch es reicht vorn und hinten nicht. Als sie Vicious nach all der Zeit plötzlich wieder begegnet, macht dieser ihr ein unglaubliches Angebot und es entflammt ein Kampf zwischen Kopf und Herz – Verstand und Gefühl.

Vicious Love fiel mir bereits in der Verlagsvorschau ins Auge. Das schlichte, aber schöne und hochwertig gestaltete Cover zog meinen Blick praktisch magisch an und auch der Klappentext reizte mich. Ich hatte zwar zunächst einige Vorbehalte, doch L.J. Shen schaffte es schnell diese aus dem Weg zu räumen.

Ich bin ein kleiner Emilia-Fan! Die Protagonistin kann man eigentlich nur lieben, denn sie hat eine wundervoll unkonventionelle, kreative und unangepasste Art, die sie unheimlich sympathisch macht. Obwohl sie sich schon als junges Mädchen scheinbar kaum von den Mobbingversuchen ihrer Mitschüler beeindrucken lässt, kann ich mich nicht des Gefühls erwehren ein bisschen Mitleid mit ihr zu haben. Sie ist einfach so eine liebe Frohnatur, fast unschuldig und immer unvoreingenommen, dass man sie einfach ins Herz schließen und für sie kämpfen muss. Ich glaube, eine Freundin wie sie, hätte jeder gern. Und danke danke danke, dass es sich endlich mal nicht um eine kleine graue Maus handelt, die sich ihrer Schönheit angeblich gar nicht bewusst ist und der dennoch alle Herzen zufliegen! Zumindest ein Klischee wurde hier mal nicht bedient!

Komplett gegensätzlich dazu ist Baron “Vicious” Spencer, der unheimlich düster, zerknirscht und geheimnisvoll dargestellt wird. Schon zu Schulzeiten ist er sich seiner Macht und seinem Einfluss bewusst und nutzt all das schamlos aus. Loyalität kennt er nur gegenüber seinen drei Freunden, mit denen er auch später zusammen ein Unternehmen gründet. Er ist der Inbegriff des Bad Boys und ich bin mir sicher, dass ihm trotz seiner arroganten Ausstrahlung die Fan-Herzen nur so zufliegen!

Insgesamt hat es L.J. Shen geschafft tolle Charaktere zu kreieren. Vor allem Emilia und ihre Schwester haben mich ziemlich schnell auf ihre Seite gezogen. Nur Vicious konnte mich nicht völlig von sich überzeugen, denn für meinen Geschmack ist er zu rücksichtslos, zu manipulativ, zu arrogant, um mein Herz höher schlagen zu lassen. Dass er dennoch bookboyfriend– Potential hat, habe ich bereits in einigen Büchergruppen in den sozialen Netzwerken mitbekommen und zum Glück sind diese Einschätzungen ja subjektiv.

Der Schreibstil kommt recht schlicht und einfach daher, dennoch mit einer Prise Humor, die wir vor allem Emilias Kapiteln zu verdanken haben. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht beider Protagonisten, meistens im Wechsel, was mir hier wirklich gut gefallen hat. Vor allem Vicious’ Handlungen wären sonst in vielen Momenten absolut unsinnig erschienen.

Vicicous Love bietet dem Leser eine spannende Geschichte voller Geheimnisse mit wohl dosierter Erotik und sogar ein bisschen Gefühl, was ich unheimlich angenehm fand. Das Buch hat mich gut unterhalten, die Seiten flogen nur so dahin. Doch auch wenn es einige Klischees bedient, bin ich froh, dass ich mal wieder einen Ausflug in einen Literaturbereich unternommen habe, den ich lange gemieden habe und würde dieses Buch definitiv als leichte Lektüre für zwischendurch empfehlen, auch wenn ich nun immer noch nicht der größte Fan dieses Genres bin, kann ich es auf jeden Fall als Lesetipp einordnen.

Veröffentlicht am 04.04.2018

Perfekte Schullektüre

Hinterhofleben
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Mit der heutigen Rezension schlage ich mal ein paar ernste Töne an, denn heute möchte ich euch ein Buch vorstellen, dass sich mit einem eben solchen ernsten Thema befasst. Herzlich Willkommen in einem ...

Mit der heutigen Rezension schlage ich mal ein paar ernste Töne an, denn heute möchte ich euch ein Buch vorstellen, dass sich mit einem eben solchen ernsten Thema befasst. Herzlich Willkommen in einem ganz normalen Berliner Hinterhof, für den die Flüchtlingsproblematik plötzlich eine ganz persönliche Note bekommt.

Da mir das Buch mit der Bedingung einer Rezension zur Verfügung gestellt wurde, weise ich hier mal darauf hin, dass der Artikel Spuren von Werbung enthalten könnte.

Vorab möchte ich sagen, dass ich mit dieser Rezension keine politische Diskussion lostreten möchte und dass ich meine Meinung zu diesem Thema hier auch nicht kundtun werde. Es geht allein um die Besprechung des Buches.

Im Prenzlauer Berg ist die Welt noch in Ordnung. Die Hausgemeinschaft lebt weitestgehend friedlich mit einander und jeder nimmt auf jeden Rücksicht. Bis Inga und Jan den anderen Bewohnern mitteilen, dass sie einen illegalen Flüchtling aus Syrien bei sich aufnehmen werden. Plötzlich prallen politische Meinungen, Stammtischweisheiten und ein traumatisierter Kriegsflüchtling aufeinander und nicht jeder ist von dem Neuankömmling und den Herausforderungen, die er mit sich bringt, begeistert.

Gut gefallen hat mir die differenzierte Betrachtungsweise des Autoren. Er wertet nicht, welcher Standpunkt der Hausbewohner gut oder schlecht, richtig oder falsch ist und drückt dem Leser keinen Stempel auf. Kurzum, das Buch ist nicht dafür gemacht, jemanden umzustimmen oder zu bekehren. Sachlich werden viele Problematiken rund um das Flüchtlingsthema angesprochen, ohne dabei belehrend zu wirken, was dieses Buch für mich zur perfekten Schullektüre machen würde. Der Leser wird immer dazu angehalten sich selbst eine Meinung zu bilden, wobei klar zu sagen ist, dass es sich weder um einen Zeugenbericht noch um die Nachrichten handelt.

Der Schreibstil nimmt der Thematik für mein Empfinden die Brisanz, da Maik Siegel eher locker und entspannt an die Geschichte von Samih und den Bewohnern der 68 umgeht. Der Einstieg fiel mir nicht ganz so leicht, da es hier nicht einen festen Protagonisten gibt. Jeder der Hausbewohner wird im Laufe des Buches näher beleuchtet und so kommen Pro- als auch Antiflüchtlingsstimmen zu Wort und können ihre Bedenken und Gefühle äußern.

Vor allem aber gewinnt das Buch durch die Auftritte von Tulmaini, einem 12 Jahre alten Jungen mit Migrationshintergrund an Leichtigkeit. Die Szenen, in denen er seine Auftritte hat, in denen er die Situation im Haus hinterfragt und Samih versucht zu verstehen und kennen zu lernen, sind geprägt von kindlicher Neugierde und Unschuld. So ist auch der Leser gezwungen das ganze Szenario noch einmal unvoreingenommen zu betrachten und kann seine Meinung noch einmal überdenken, ohne das Gefühl zu haben, er würde nicht verstanden oder gemaßregelt werden.

Schlussendlich hat Hinterhofleben es gemeistert ein sensibles Thema anzusprechen, ohne dabei dabei irgendjemanden vor den Kopf zu stoßen. Teils war mir das Buch dabei auch ein wenig zu soft, teils hielt ich es für Augenwischerei, doch im großen und ganzen hat es mich überzeugen können. irgendwie wünsche ich mir gerade ich hätte noch eine Kategorie zwischen dem Lesetipp und dem Mittelding, denn beiden wird nicht wirklich gerecht. Letztendlich überwiegen aber die positiven Punkte, womit es bei den Lesetipps landet.

Veröffentlicht am 17.01.2018

Harter Tobak!

Fuchsnacht
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Inhalt: Emil hat es nicht leicht. Natürlich, er ist 15 Jahre alt und in dem Alter hat man nun einmal so seine Problemchen und jeder hat da das Gefühl, dass es ihn am härtesten getroffen hat. Doch Emil ...

Inhalt: Emil hat es nicht leicht. Natürlich, er ist 15 Jahre alt und in dem Alter hat man nun einmal so seine Problemchen und jeder hat da das Gefühl, dass es ihn am härtesten getroffen hat. Doch Emil ist da anders. Seit seine Mutter ihre Koffer gepackt hat und ihn und seinen Vater verlassen hat, ist er praktisch auf sich allein gestellt. Sein Vater hat sich in sich selbst und in eine Traumwelt zurückgezogen und kämpft mit seinen Psychosen, während sein Sohn seinen schulischen Alltag und auch die Pflege seines Vaters übernommen hat. Vertauschte Rollen also. Doch Emil hat sich gut in sein Leben eingefunden, akzeptiert die schlechten Tage seines Papas und freut sich über die guten. Der wahre Kampf findet draußen statt, denn bei seinen Mitschülern ist er alles andere als beliebt! Fast täglich muss er sich drangsalieren und beschimpfen lassen; auch körperliche Gewalt ist ihm nicht fremd. Und dann passiert es ganz plötzlich und überrumpelt ihn komplett: Verwandte reißen Emil aus seinem fest geplanten und gut strukturierten Alltag, aus einem Leben, das er für sich und seinen Vater organisiert hat. Doch Emil kann und will sich damit nicht abfinden! Er haut ab, begibt sich auf die Suche nach seiner Mutter, um von ihr Hilfe einzufordern und… dann kommt alles ganz anders, denn plötzlich ist Emil bei Tageslicht ein Fuchs und das bringt ganz neue Probleme mit sich, mit denen er nur schwerlich umgehen kann. Findet sich Emil in seine neue Rolle hinein und kann er in einem Leben als Fuchsdoppel mit seiner Angst und Unsicherheit wirklich bestehen?

Meine Meinung:
Vom ersten Moment an, als ich Fuchsnacht auf der Verlagsseite des Drachenmond entdeckt habe, wusste ich, dass ich es lesen muss! Das Cover ist einfach umwerfend, der Klappentext weckte mein Interesse. Umso mehr freute ich mich, als Julia mich in ihr2099316010214468007642267384963858_o Team holte! Doch beim Lesen stellte ich fest, dass Fuchsnacht mich völlig kalt erwischt hat, denn ich hatte etwas ganz anderes erwartet. Das Buch ist wesentlich düsterer und blutiger, als ich es mir vorgestellt habe, an manchen Stellen musste ich wirklich schlucken und es teils auch zur Seite legen, weil es wirklich harter Tobak und nichts für Zartbesaitete ist. Leider erreichte es mich dadurch manchmal nicht, weil ich mich bereits im Vorfeld gegen die negativen Gefühle verschlossen habe- ich wollte an vielen Stellen gar nicht mit Emil und den anderen mitfühlen.

Julia spricht in Fuchsnacht ein paar sehr unangenehme Themen an, die teilweise nicht leicht zu verdauen sind. Einige davon werden euch in den kommenden Beiträgen noch begegnen. Dies macht das Buch für mich zu einer emotionalen Achterbahn, auf die man sich auch erstmal einlassen muss und glaube mir fiel es nicht nur schwer- ich konnte es nicht. Es gab Lesesituationen, in denen mir das Geschehen so nah ging, dass ich erstmal eine Pause zum Durchatmen brauchte. Julias großartiger Schreibstil und ihre Fähigkeit Emotionen so zu transportieren sind für mich die größten Stärken des Buches und machen Fuchsnacht zu einem ganz besonderen Leseerlebnis, für das man allerdings wirklich bereit sein sollte.

Veröffentlicht am 07.05.2019

Nicht gerade mein Lieblings-CoHo

Maybe Someday
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Es war einmal ein Abend vor nicht allzu langer Zeit, als eine verzweifelte Buchbloggerin nicht mehr wusste, was sie noch lesen sollte. Irgendwie hatte sie auf nichts so richtig Lust, doch Rettung nahte ...

Es war einmal ein Abend vor nicht allzu langer Zeit, als eine verzweifelte Buchbloggerin nicht mehr wusste, was sie noch lesen sollte. Irgendwie hatte sie auf nichts so richtig Lust, doch Rettung nahte in Form eines blonden Engels namens Jana, der ihr ein Buch ihres SuBs empfahl. Und so kam es, dass die kleine Buchbloggerin mal wieder zu einer ihrer Lieblingsautorinnen griff und in einer gefühlvollen Geschichte versank…
Ich empfehle übrigens den Klappentext wieder mal zu überspringen; der Vollständigkeit halber füge ich ihn dennoch ein… und für die Rebellen, die der Warnung nicht nachkommen wollen: ich hab euch ja gewarnt!
Sydneys zweiundzwanzigster Geburtstag ist die Hölle. Erst erfährt sie, dass ihr Freund sie mit ihrer Mitbewohnerin und besten Freundin betrogen hat und dann sitzt sie völlig mittellos auf der Straße. Doch Rettung naht in Form einer Zicke in Hooters-Uniform, die sie mit in ihre WG schleppt, in der auch Ridge, ein junger Gitarrist, lebt. Als Sydney und Ridge anfangen zusammen Musik zu machen, schweben beide zunächst im siebten Himmel, doch wer hoch fliegt, fällt auch tief.
Die Geschichte von Sydney und Ridge lässt mich zwiegespalten zurück. Einerseits habe ich sie geliebt, denn ich habe mitgefiebert, ein paar Tränchen vergossen und mochte die beiden Protagonisten unheimlich gern. Doch auf der anderen Seite wurden meine Moralvorstellungen hier wirklich bis aufs Äußerste strapaziert, sodass ich mich frage: Wurden hier die falschen Aspekte romantisiert?
Zunächst einmal möchte ich ein wenig genauer auf die beiden Protagonisten eingehen. Sydney ist wirklich süß. Sie ist lieb und freundlich, gleichzeitig aber auch frech. Rückblickend muss ich aber feststellen, dass sie doch eher platt und eindimensional blieb und wenig Tiefgang besaß. Und auch wenn ich jetzt so über Ridge nachdenke, fällt mir auf, dass auch er für mich gar nicht wirklich greifbar ist. Er ist ebenfalls freundlich, treuherzig, aber auf eine bestimmte Art egoistisch, die mir so gar nicht geschmeckt hat, weil er dabei schon sehr besitzergreifend und herrisch sein kann. Merkwürdigerweise finde ich, nun wo ich das Ganze nochmal Revue passieren lasse, den Mitbewohner und Ridges besten Freund Warren nicht nur am sympathischsten, sondern auch am ehrlichsten, am greifbarsten und im Gegensatz zu den anderen beiden ziemlich charakterstark. Schade, dass eine Nebencharakter so viel mehr Persönlichkeit abbekommt, als die Hauptfiguren selbst.
Um die Kritik mal ein wenig aufzulockern, möchte ich an dieser Stelle CoHos Schreibstil erwähnen. Diese Frau ist einfach eine begnadete Schriftstellerin und würde man nicht nur so förmlich durch die Seiten fliegen, hätte ich dieses Buch wahrscheinlich abgebrochen. Doch ihre Beschreibungen und vor allem die Gefühle, die sie rüberbringt, können mich jedes mal aufs Neue einfangen und mich bei der Stange halten.
Leider reicht ein toller Schreibstil aber nicht aus, um mich glücklich zu machen, denn vor allem mit der Entwicklung der Story hatte ich ein paar Probleme. Ich möchte wirklich niemanden spoilern, daher wird der folgende Absatz etwas Kryptisch sein, wenn du das Buch noch nicht gelesen haben solltest:
Es gibt Dinge, die für mich nicht gehen und da fällt die Gefühlwelt von Ridge und Sydney und ihr Handeln auch drunter. Im Nachgang dann zu erklären, dass man sich falsch verhalten habe (im besten Fall) oder sich darüber zu ärgern bestimmte Dinge nicht besser versteckt zu haben (im echt beschissensten Fall!), macht es einfach nicht besser. Wirklich nicht. So überhaupt nicht. Und die Reaktion seiner Freundin ist mir für all das irgendwie zu… lasch. Verharmlosend. Romantisierend. Verstehe mich nicht falsch: es gibt Dinge, die niemand beeinflussen kann und für die auch niemand etwas kann, aber als vernunftbegabter Mensch muss man einfach in der Lage sein rechtzeitig die Reißleine zu ziehen.
Ein Pluspunkt war allerdings die Song-Liste. Mittels eines QR-Codes hinten im Buch (warum eigentlich ganz hinten???) kann man sich die Lieder, die die beiden zusammen komponieren sogar anhören. Das fand ich ziemlich cool und gab einen sehr schönen Einblick in die Geschichte. Normalerweise höre ich mir diese Playlisten, die es jetzt so oft in Büchern gibt, gar nicht an, aber da diese hier wirklich Teil der Geschichte sind, fühlt man sie so ganz anders. Eine tolle Idee, die das Buch doch sehr besonders macht!
Und obwohl ich nun versucht habe Stärken und Schwächen des Buchs zusammen zu fassen, bin ich nicht sicher, was ich damit anstellen soll. Es war gut, keine Frage, aber auch nichts wirklich Brillantes. Es hat mich unterhalten und berührt, aber auch kopfschüttelnd zurückgelassen. Lesetipp? Mittelding? Ich weiß es nicht so richtig. Wahrscheinlich gehört das Buch einfach in beide Kategorien, denn ich habe es echt gern gelesen, im Nachhinein fielen mir aber eben ein paar Punkte auf, die mir nicht so gut gefallen haben.

Veröffentlicht am 12.01.2018

Nicht annährend perfekt

Flawed – Wie perfekt willst du sein?
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Perfektion gilt in vielen Bereichen als ein erstrebenswerter Zustand. Man möchte sich für seine Begriffe perfekt benehmen, perfekt aussehen, perfekte Ergebnisse erzielen. Dass selten etwas wirklich perfekt ...

Perfektion gilt in vielen Bereichen als ein erstrebenswerter Zustand. Man möchte sich für seine Begriffe perfekt benehmen, perfekt aussehen, perfekte Ergebnisse erzielen. Dass selten etwas wirklich perfekt ist, ist uns allen dennoch bewusst. Doch was wäre, wenn wir gezwungen wären perfekt zu sein, weil jeder moralische Fehltritt lebenslange Konsequenzen nach sich ziehen und man aufgrund einer Fehlentscheidung zum Menschen zweiter Klasse degradiert werden würde?

Hach, was ist das Leben schön, wenn man perfekt ist! Man genießt die Sonnenseiten des Lebens, hat eine erfolgreiche Zukunft vor sich- alle Türen stehen einem offen! So sieht es zumindest für Celestine North aus. Mathematikbegabt, mit dem Sohn eines ranghohen Gildemitglieds liiert, die Tochter eines international erfolgreichen Models und… ach, die Liste der Vorzüge der Protagonistin aus Cecelia Aherns Dystopie ist schier endlos! Wie alle Menschen versucht Celestine nämlich perfekt zu sein. Das perfekte Benehmen, die perfekten Noten, die perfekten Freunde, das perfekte Auftreten. Denn wenn man in dieser Welt nicht perfekt ist, zählt man zu den Fehlerhaften. Menschen, die moralisch falsche Entscheidungen getroffen haben, werden vor ein spezielles Gericht gestellt, das der Gilde, und es wird darüber gerichtet, ob diese Menschen weiterhin zu den Perfekten gehören oder ob sie degradiert und als fehlerhaft gebranntmarkt werden. Gebranntmarkt nicht etwa im übertragenen Sinne, nein! Fehlerhafte sind eindeutig zu erkennen. Sie werden entweder an der rechten Schläfe, auf der Brust, auf der rechten Hand, der rechten Fußsohle oder auf der Zunge mit einem gußeisernen Brenneisen eindeutig, unwiderruflich und für alle Zeiten markiert. Wo das Mal ist, hängt vom Verschulden ab. Doch neben den körperlichen Folgen haben Fehlerhafte klare Regeln, die es zu befolgen gilt. Es gibt Sperrstunden, spezielles Essen und Alkoholverbot und täglich werden Bluttests durch die Whistleblower, die Ordnungshüter der Gilde, durchgeführt, um zu überprüfen, ob die Regeln auch eingehalten wurden. Und obwohl die Fehlerhaften, anders als gewöhnliche Kriminelle, noch am normalen gesellschaftlichen Leben teilnehmen dürfen, ist für sie nichts mehr normal, denn sie sind Ausgestoßene in den eigenen Reihen. Kein sonderlich erstrebenswertes Leben also.

Celestine stand immer zur Gilde. Sie war eine starke Verfechterin dieses moralischen Gerichts, mied den Kontakt zu Fehlerhaften, verurteilte sie selbst. Richter Crevan, der oberste Richter der Gilde und direkter Nachfahre eines Gründungsmitglieds der GildeE, ist eines ihrer großen Vorbilder und Art Crevan ihr fester Freund. Doch ihr perfektes Weltbild gerät ins Wanken, als eine Freundin der Familie unverhofft abgeführt und als fehlerhaft verurteilt wird. Als Folge des erschütterten Vertrauens beginnt Celestine das System in Frage zu stellen und hilft letztendlich selbst einem Fehlerhaften, was unter strenger Strafe steht- und wird durch Umwege zur fehlerhaftesten Person in der Geschichte gebranntmarkt!
Mir persönlich geht dieser Sinneswandel viel zu schnell. Von einem Tag auf den anderen reagiert die Protagonistin genau entgegen ihrer bisherigen Überzeugungen und bringt damit den Stein erst ins Rollen. Die charakterliche Entwicklung vollzieht sich innerhalb von ein paar Seiten und ist für mich nicht ganz nachvollziehbar. Dies liegt auch daran, dass der Schreibstil mit seinen vielen, sehr kurzen Sätzen eher einer Berichterstattung ähnelt und keiner flüssigen Geschichte. Es werden wenig Gefühle transportiert, sodass alles recht nüchtern wirkt und Punkt für Punkt für Punkt abgehakt wird- sehr schade, denn dadurch fällt es mir schwer eine Bindung zu Celestine aufzubauen und richtig mit ihr mitzufiebern. Allerdings liest Merete Brettschneider so unheimlich schön vor, dass ich froh bin, dass ich mir Flawed als Hörbuch vorgenommen und nicht selbst gelesen habe.

Schade fand ich auch, dass einige Handlungen entweder sehr vorhersehbar oder absolut unlogisch waren. Diese „War ja klar…“- und „Hääää?!?“- Momente häuften sich im Laufe des Buches immer mehr und auf der anderen Seite kamen einige Dinge, auf die ich gehofft habe, gar nicht so wirklich vor. Ich meine, im Klappentext heißt es, dass sie um ihre große Liebe kämpfen muss, aber in all den Hörstunden hatte ich nicht eine Sekunde lang das Gefühl, dass Celestine selbst auch nur einen Handschlag für ihre Beziehung macht. Sie nimmt vieles als gegeben hin und ist dann enttäuscht, wenn es für sie, nachdem sie gebranntmarkt wurde, dann doch nicht mehr so läuft. Ständig verliert sie das Vertrauen in die Menschheit und jede Situation, die nicht nach ihren Vorstellungen verläuft, ist für sie ein so einschneidendes, traumatisches Erlebnis, dass ich irgendwann die Nase voll hatte von all den verwendeten Superlativen!

Was mich allerdings auch nach dem Hörbuch noch beschäftigte, war die Stellung der Fehlerhaften und wie die Gesellschaft mit ihnen umging. Ich entdeckte einige Parallelen zu unserer heutigen Zeit und zum Umgang mit anderen Menschen. Ahern beschreibt nicht nur, dass Fehlerhafte als Menschen zweiter Klasse gelten, sondern teils gar nicht mehr als Menschen wahrgenommen werden. So werden sie ungeniert und offen von der perfekten Bevölkerung begafft, bevormundet und schlecht behandelt. Auch in unserer Gesellschaft wird mit einige Personengruppen ähnlich umgesprungen und misstrauisch beäugt. Natürlich kann auch ich mich nicht von allen Vorurteilen frei machen, doch letztendlich ist es traurig zu sehen, dass Mitgefühl und Menschlichkeit immer weniger Wert haben, man sich nur um seine eigene Haut schert und dass bestimmten Gruppen noch weniger Hilfe zuteil wird, als ohnehin schon. Doch letztendlich liegt es an uns selbst diesen Zustand zu korrigieren, also lieber einmal mehr nett gefragt und geholfen, als im entscheidenen Moment ignorant gewesen zu sein, denn auch wir können einmal in eine Notsituation gerate und auf fremde Hilfe angewiesen sein!
So, genug Moralapostel gespielt! Schlussendlich kann ich Flawed- Wie perfekt willst du sein? nur mit mäßiger Begeisterung weiterempfehlen und ist für mich somit eher ein Mittelding, denn mich konnte das Buch nicht wirklich mitreißen. Gehörte habe ich es übrigens kostenlos über Spotify, wobei hier ein Premium-Account erforderlich ist, da man mit der Gratis- Mitgliedschaft nur im Shuffle- Modus hören kann und dann die Geschichte durcheinander kommt.

Kennt jemand das Buch bereits und wenn ja, wie fandet ihr es? Ich bin gespannt auf eure Meinungen!