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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.05.2019

Ein kruder Roman – aber im positiven Sinne.

Der Auserwählte
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Inhalt, gemäß Umschlaginnenseite:
»Just in dem Augenblick, in dem Konrad Sammer zur Welt kam, schlug ein Blitz ins Haus ein. Er sauste durch den Schornstein, sprengte die Tür des Holzofens weg, erfüllte ...

Inhalt, gemäß Umschlaginnenseite:
»Just in dem Augenblick, in dem Konrad Sammer zur Welt kam, schlug ein Blitz ins Haus ein. Er sauste durch den Schornstein, sprengte die Tür des Holzofens weg, erfüllte den ganzen Raum mit gleißender Helligkeit und traf die rechte Pobacke des Babys, das eben mit einer gewaltigen Presswehe aus dem Leib seiner am Boden hockenden und vor Schmerz schreienden Mutter glitt. Alle Anwesenden schlossen geblendet die Augen, und so kam es, dass das Kind der Hebamme durch die Hände flutschte und mit dem Kopf auf dem Boden aufschlug. Noch bevor er den ersten Atemzug tat, erfuhr Konrad Sammer also, dass diese Welt ein harter, grausamer Ort war, wo einen jederzeit ein Blitz treffen und wo man sich auch nicht darauf verlassen konnte, dass jemand da war, der einen auffing, wenn man fiel.«

Seine Eltern halten Konrad Sammer ob der dramatischen Umstände seiner Geburt für auserwählt, einst Großes zu vollbringen, doch lange deutet nichts darauf hin. Sammer wird Journalist und lebt ein unauffälliges Leben, bis er sich mit 52 Jahren plötzlich in merkwürdige Ereignisse verstrickt sieht. Ein Mann schlägt vor ihm auf einer Straße Wurzeln, eine Hütte erscheint aus dem Nichts, um Eingeborene in Hungersnot zu speisen, und dann hört Sammer auch noch eine Stimme in seinem Kopf. Sie behauptet, Gott zu sein, und will ihn für einen Feldzug gegen Raubtierkapitalismus, Unmenschlichkeit und Gier rekrutieren …

Meine Meinung:
[ Das Buch interessierte mich, weil die Buchbeschreibung sich echt klasse angehört hat. Die Beschreibung der Geburt (in der Leseprobe auf der Verlagshomepage) würde ich als "mit Humor gewürzt" beschreiben. ]

Der Text ist phantastisch – im Sinne von irreal;
aber es ist, meiner Meinung nach, keine Fantasy.

Der Sprachstil ist nicht zu ausschweifend,
aber dennoch detailliert auf den Punkt.

Faszinierend und doch realistisch fand ich es, wie die Personen mit den surrealen Situationen umgehen.
Beispiel:
Baum wurzelt in die Straße;
Mitarbeiter des Bauhofs graben ihn aus und topfen ihn auf dem Bauhofgelände ein.
Die Szenen des Romans fand ich absolut plausibel konstruiert.
Großartig!

Veröffentlicht am 11.05.2019

Ich bin zwiegespalten.

Unendlich mal unendlich mal mehr
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Inhalt, gemäß Verlagshomepage:
Bezaubernd, vielschichtig und in jeder Hinsicht außergewöhnlich ist dieser Debütroman für Kinder ab 10 Jahren.

Petra liebt gerade Zahlen, denn die lassen sich teilen, ohne ...

Inhalt, gemäß Verlagshomepage:
Bezaubernd, vielschichtig und in jeder Hinsicht außergewöhnlich ist dieser Debütroman für Kinder ab 10 Jahren.

Petra liebt gerade Zahlen, denn die lassen sich teilen, ohne sie kaputt zu machen. Sie mag Fußball, ihren Kumpel Chris und ihre beste Freundin Melika. Was sie gar nicht mag, ist Wasser: dieses unkontrollierbare Etwas, das sich in alle möglichen Richtungen bewegt. Doch dann lernt sie Thomas kennen, den Propellerjungen aus dem Schwimmbad. Ihm zuliebe wagt sie sich sogar mit dem Kopf unter Wasser – und plötzlich ergibt alles einen Sinn.

Meine Meinung – Achtung es wird aus dem Inhalt berichtet:
Petra erzählt ihre Geschichte aus der Ich-Perspektive; sie „leidet“ unter Zwängen; obwohl ihr dies selber gar nicht als solches bewusst ist.
Beispielsweise kämmt sie immer fünfmal ihre rechte und fünfmal ihre linke Kopfseite damit alles gut ist. Zahlen sind ihr wichtig und sollten am besten immer gerade sein.
Richtig schlimm wurde es für sie als sie im Unterricht die Zahl PI kennengelernt hat – denn PI hat eine unendliche Anzahl an Nachkommastellen.

Ich fand es befremdlich, dass Petra von ihre Mutter nicht als „Mutter“ o.ä. spricht, sondern sie mit ihrem Namen benennt.
Auch fand ich es irritierend, dass in der Übersetzung aus dem Norwegischen die Schwimmhalle mit „Dreieck“ betitelt wurde; es hat sich mir nicht erschlossen, ob dies ein Spitzname von Petra für dieses Gebäude oder diese Gegend ist, oder was es sonst damit auf sich hat.

Es hat mir in der Seele wehgetan zu lesen wie sehr Petras alleinerziehende Mutter mit Arbeiten beschäftigt ist, so dass Petra quasi nichts von ihrer Mutter hat und die Mutter quasi nichts von ihrer Tochter mitbekommt.

Richtiggehend warm ums Herz wurde mir beim Lesen, als Petras bester Freund Chris in ein Freundschaftsbuch in die Rubrik „Bester Freund“ einen Strich einträgt; von den Mitschülern darauf angesprochen ist Chris natürlich in der Klemme; Petra jedoch erkennt die Situation und sagt „Ich bin der Strich“ und trägt ihren Namen dort ein, indem sie den Strich zum mittleren Strich in ihrem „PETRA“ macht.

Einige Formulierungen der Autorin haben mir wirklich fabelhaft gefallen:
„Hochwasser im Tränenkanal“ (S. 138)
„Als sie weg ist, vergrabe ich das Gesicht im Kissen, und das Meer in meinem Inneren quillt mir aus den Augen.“ (S. 140)

Das Hautpanliegen der Autorin ist es eine Geschichte aus Sicht eines Mädchens mit Verhaltensauffälligkeiten und magischen Gedanken zu erzählen; deshalb ist der Erzählstil sehr einfach gehalten und auf kindlich gemacht. Schade fand ich, dass vieles nicht konkret benannt wird; denn meiner Meinung nach würde dies an manchen Stellen helfen die Geschichte besser zu verstehen. Auch haben mich manche „offenen“ Stellen in der Erzählung gestört.
Das Thema „Erste Liebe“ fand ich für eine Zwölfjährige etwas verfrüht – auch wenn es eigentlich nur um den ersten Kuss geht (aber es wird ja Petras Geschichte erzählt und nicht das, was ich als Leser gut fände).

Dieses Buch kann ich mir gut, nicht nur für eine weibliche sondern auch für eine männliche Leserschaft vorstellen.

PS: Ich habe schwer mit mir gerungen, ob ich nur 3 oder doch 4 Sterne für dieses Buch vergebe.

Veröffentlicht am 10.05.2019

Spannung pur.

3 2 1 - Im Kreis der Verschwörer
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Inhalt (gemäß Umschlaginnenseite):
London. Gegenwart. Die Metropole befindet sich im Ausnahmezustand. Der britische Premierminister und der amerikanische Präsident eröffnen eine Großveranstaltung am Trafalgar ...

Inhalt (gemäß Umschlaginnenseite):
London. Gegenwart. Die Metropole befindet sich im Ausnahmezustand. Der britische Premierminister und der amerikanische Präsident eröffnen eine Großveranstaltung am Trafalgar Square. Für die Geheimdienste und Sicherheitskräfte gilt höchste Bereitschaftsstufe. Alles scheint perfekt zu laufen. Doch dann peitschen Schüsse durch die Luft, und der Außenminister Matthewson bricht tödlich getroffen zusammen. Wie konnte das passieren?
Der Attentäter wird verhaftet – doch dies ist erst der Anfang!
Am nächsten Morgen wird er in seiner Zelle erhängt aufgefunden – angeblich Selbstmord. Der Mann, der ihn verhört hat, stirbt bei einem Autounfall.
Für Staranwalt Michael Devlin entbrennt ein Wettlauf um Leben und Tod: Zusammen mit der jungen Reporterin Sarah kommt er einer Intrige ungeheuren Ausmaßes auf die Spur und fordert den Kreis der Verschwörer heraus … bis zum bitteren Ende!

Meine Meinung:
Die Story lässt sich sehr angenehm lesen; sie ist sehr spannend und mit vielen Details beschrieben.
Der durchdachte Plot hat mir sehr gefallen und war wirklich facettenreich.
Man hat als Leser das Gefühl als würde man einen Film ansehen.

Auch die Sprache des Autors hat mir sehr gut gefallen:
„ 'Wenn Turner in diese Sache verwickelt ist, kann es nicht um ein simples Attentat gehen. Dann muss mehr dahinter stecken. Scheiße!' Das letzte Wort wurde geradezu energisch abgefeuert. Eine Explosion der Verzweiflung.“ (S. 172)

Fazit: Die Lektüre machte Spaß.

Veröffentlicht am 27.04.2019

„Arbeitslosigkeit, Hartz IV, Zeitarbeit & Co“ (Buchuntertitel).

Arbeit und Gerechtigkeit
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Inhalt (gemäß Verlagshomepage):
Das Phänomen der Arbeitslosigkeit im Sozialstaat wird in der Öffentlichkeit überwiegend politisch oder fachlich-wissenschaftlich interpretiert. Philosophisch-praktisch, ...

Inhalt (gemäß Verlagshomepage):
Das Phänomen der Arbeitslosigkeit im Sozialstaat wird in der Öffentlichkeit überwiegend politisch oder fachlich-wissenschaftlich interpretiert. Philosophisch-praktisch, also bezüglich Fragen der Gerechtigkeit und Handlungsmotiven der betroffenen Menschen, kommt das Thema nur punktuell in den Blick. Georg Grund-Groiss, Leiter einer AMS-Geschäftsstelle, und Journalist Philipp Hacker-Walton betrachten aufgrund konkreter Erfahrungen von Menschen am Arbeitsamt grundsätzliche Fragen zum Thema Arbeit und Gerechtigkeit: Welche Arbeit ist zumutbar? Welche Umschulungen sind mit Blick auf das Gemeinwohl „gerecht“ – und was kann man Arbeitslosen gerechterweise abverlangen? Dabei erkunden sie auch die Frage, was wohl Aristoteles zu Hartz IV sagen würde.

Hint:
„Wir gehen zunächst immer von den österreichischen Verhältnissen aus. Aufgrund der engen (geschichtlichen, strukturellen und systematischen) Verwandtschaft von Arbeitsmarkt und Sozialsystemen ist eine gute Übertragbarkeit auf Deutschland und die Schweiz gegeben. Wenn zusätzliche Perspektiven und Erkenntnisse erwartbar sind, wird eigens auf Deutschland oder die Schweiz Bezug genommen.“ (Fußnote, S. 12)

Meine Meinung:
Prinzipiell hat mir die Idee einer fiktiven Talkshow-Runde sehr gut gefallen:
„Wir fragen unter anderem: Würde Aristoteles es für gerecht halten, wenn Langzeitarbeitslose auf offene Stellen außerhalb ihres angestammten Berufsbereichs vermittelt würden? Was würde Immanuel Kant meinen, wenn ein Mensch verzweifelt ist, weil er sich im falschen Beruf eingesperrt fühlt und um die Förderung einer Umschulung ansucht? Hat die Allgemeinheit vor dem Hintergrund des kategorischen Imperativs die Pflicht zu helfen? Wäre der amerikanische Philosoph John Rawls einverstanden, wenn Arbeitslose in Jobs vermittelt würden, in denen sie nur mehr halb so viel verdienten wie zuvor? Was würde er zur schlechten Entlohnung von angeblich moralisch hoch angesehenen Berufen wie der Krankenpflege sagen? Würde er sein berühmtes Differenzierungsprinzip verletzt sehen?“ (S. 15)
Aber ich musste leider feststellen, dass mir diese philosophisch-theoretischen Gedankenspiele, dann auf Dauer doch zu „anstrengend“ wurden. Ich kann mir jedoch sehr gut vorstellen, dass andern Lesern dieses sehr viel besser zusagen würde.

Davon abgesehen jedoch fand ich dieses Sachbuch sehr innovativ.
Denn die Autoren stellen wirklich sehr interessante Überlegungen an und beleuchten (System-)Zustände und die (Lebens- bzw. Arbeits-)Situation von Menschen in einem, für mich gänzlich, neuen Licht.
Und diese Überlegungen sind es, meiner Meinung nach, auf jeden Fall wert in die öffentliche Diskussion getragen zu werden.

Veröffentlicht am 26.04.2019

„Ein Gentrifizierungskrimi“ (Buchuntertitel).

Selbst gerächt
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Inhalt (gemäß Verlagshomepage):
Erschüttert über den Tod einer alten Frau, die nach einer Zwangsräumung einen Herzinfarkt erlitt, beschließen vier Frauen, gegen die kriminellen Machenschaften korrupter ...

Inhalt (gemäß Verlagshomepage):
Erschüttert über den Tod einer alten Frau, die nach einer Zwangsräumung einen Herzinfarkt erlitt, beschließen vier Frauen, gegen die kriminellen Machenschaften korrupter Immobiliengesellschaften anzugehen.
Des Nachts suchen sie sich besonders böse Immobilienmakler und hängen sie kopfüber im Park auf. Die Opfer können stets schnell gerettet werden und so werden die Parkhenkerinnen zunächst nur belächelt. Doch dann hängt eines Morgens ein Miethai tot im Baum …

Trotz seines ernsten Themas ist „Selbst gerächt“ ein durchaus humorvoller Kurzkrimi, der dafür sorgt, dass man inmitten horrend steigender Mieten, künstlicher Wohnraumverknappung, Zwangsräumungen und Verdrängung noch etwas zu lachen hat.

Meine Meinung:
Bei Amazon ist das Buch mit „Gesellschaftsroman“ und „Zeitgenössische Frauenliteratur“ getagged – ich finde, das trifft es ganz gut.
Der Roman spielt in Berlin – ich finde, das passt.

Nette, leichte, lustige Unterhaltung, die man nicht allzu ernst nehmen sollte.