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Veröffentlicht am 21.07.2019

Ein Farbenspektakel der besten Art

Fitz Fups muss weg
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Worum geht's?

Auf mysteriöse Weise landet Phine im Land der mülltonnenförmigen, reimenden Wimblis, das sie nur zu gut aus dem Lieblingsbuch ihrer kleinen Schwester Minnie kennt. Und auch ihren überängstlichen ...

Worum geht's?

Auf mysteriöse Weise landet Phine im Land der mülltonnenförmigen, reimenden Wimblis, das sie nur zu gut aus dem Lieblingsbuch ihrer kleinen Schwester Minnie kennt. Und auch ihren überängstlichen und -behüteten Cousin Graham hat es dorthin verschlagen! Wie sollen sie nur wieder nach Hause kommen? Mit Hilfe einer sprechenden Plastikkarotte auf Rädern und einer beschwingten Elefantendame machen sie sich daran, eine Prophezeiung zu enträtseln. Eins wird dabei schnell klar: Fitz Fups, der fiese Herrscher, der sich den Thron der Wimblis geschnappt hat und Minnies Lieblingskuscheltier auffällig ähnlich sieht, muss weg, besser früher als später.

Was mich neugierig gemacht hat:

Obwohl ich mich für jedes Frühjahr- und Herbstprogramm durch so viele Vorschauen und Neuerscheinungslisten wühle, kommt es immer mal wieder vor, dass ich ganz spontan auf ein Buch stoße, das ich noch nicht entdeckt habe und das absolut großartig klingt. So ging es mir auch mit „Fitz Fups muss weg". Ich habe es durch eine vom Verlag gestartete Leserunde entdeckt und dank der Gestaltung, des Titels und dem Vergleich mit „Alice im Wunderland" sofort angebissen.

Wie es mir gefallen hat:

Ein Farbenspektakel in jedem Sinne – so könnte man diese Geschichte zusammenfassen. Sie ist bunt, voller pfiffiger Ideen und sowohl kind- als auch erwachsenengerecht. Mit einem Augenzwinkern werden manche „erwachsene" Verhaltensweisen aufs Korn genommen und eine Welt aus den Augen eines Kindes lebendig ausgemalt.

Wichtige Themen wie Freundschaft, Zusammenhalt, Konfliktlösung und sogar sehr ernste Aspekte wie krankhafte Angst oder Trauerbewältigung finden Eingang ins Buch, ohne dass es zu viel wird oder künstlich eingebracht wirkt. Im Gegenteil, es herrscht ein sehr lebensbejahender und beschwingter Grundton, das Erzähltempo ist genau richtig, und der Spannungsbogen mit allen Nebensträngen ist sehr gut aufgebaut.

Die Charaktere sind allesamt sehr liebenswert, größtenteils liebenswert-verrückt, um genau zu sein.
Besonders angetan hat es mir Ella, die Elefantendame, die mit so viel Schwung und Elan mitmischt. Aber auch die Wimblis (einige, wie der weiseste von ihnen, ein ganz bestimmter Pinker oder ihr ehemaliger König, ganz besonders), Dr. Karotte und Fitz Fups selbst geben zusammen mit Phine und Graham ein tolles und vielseitiges Ensemble ab.

Obwohl Teile der Auflösung so naheliegen, bin ich selbst im Dunkeln getappt und wurde von den Wendungen überrascht.
Das Finale ist großartig und mündet in einem rundum gelungenen Ende, das keine Wünsche offenlässt.

Lissa Evans hat hier wirklich alle wichtigen Zutaten für eine gute Geschichte perfekt aufeinander abgestimmt, die hoffentlich vielen anderen genauso schöne Schmöker- und/oder Vorlesestunden bescheren wird wie mir.

(Für wen) Lohnt es sich?

„Fitz Fups muss weg" ist sowohl zum Vorlesen als auch dem ersten Selberlesen sehr gut geeignet. Da es recht umfangreich und von der Handlung schon relativ komplex ist, passt die Altersempfehlung des Verlags ab 9 Jahren. Es wird jedoch an keiner Stelle düster, gruselig und/oder brutal, so dass das nur ein ungefährer Richtwert ist. Außerdem gibt es hinter diesen Buchdeckeln auch für Jugendliche und Erwachsene jeden Alters, die tiefgründige Geschichten in fantasievoller, etwas schrulliger Manier mögen, viel zu entdecken.

In einem Satz:

„Fitz Fups muss weg" ist eines dieser Kinderbücher, die eigentlich All-Age-Literatur sind und mit ihrer farbenfrohen, etwas abgedrehten und gleichzeitig so lebensnahen Art direkt ins Herz treffen.

Veröffentlicht am 14.07.2019

6 Monate Leuchtturmliebe

Show me the Stars
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Worum geht's?

Liv hat viel investiert, um ihren Traum zu verwirklichen und als Journalistin Fuß zu fassen. Umso härter trifft es sie, als ihre Karriere von einem Moment auf den anderen in Scherben bricht ...

Worum geht's?

Liv hat viel investiert, um ihren Traum zu verwirklichen und als Journalistin Fuß zu fassen. Umso härter trifft es sie, als ihre Karriere von einem Moment auf den anderen in Scherben bricht – und das völlig unerklärlich, hatte sie sich doch eigentlich kurz vor dem großen Durchbruch gewähnt.
Nicht ganz nüchtern bewirbt sie sich spontan als Housesitterin eines alten Leuchtturms vor der irischen Küste. Bei Tageslicht und mit klarem Kopf betrachtet alles andere als eine gute Idee. Oder?
Sechs Monate raus aus Hamburg, eine Auszeit mit viel Raum für neue Einfälle?
So macht Liv sich schließlich doch auf nach Irland. Die Menschen, denen sie auf dem Weg zum Turm begegnet, nehmen sie sofort herzlich auf. Vielleicht werden die einsamen Monate, die vor ihr liegen, doch nicht ganz so einsam. Auch, zumal der Typ, der sie auf der kleinen Insel mit Lebensmitteln versorgen und ihre Verbindung zum Festland sein soll, ziemlich gutaussehend und auch davon abgsehen mehr als anziehend ist. Doch warum warnt jeder, der Kjer kennt, Liv vor ihm?

Was mich neugierig gemacht hat:
Auf den Auftakt zur neuen Trilogie von Kira Minttu (alias Kira Mohn) habe ich mich lange gefreut.
Ich habe auch schon „Keep On Dreaming", „Me, Without Words" sowie „Tanz, meine Seele" von ihr gelesen und liebe ihre Charaktere und ihren Humor einfach.

Wie es mir gefallen hat:

Bei Romance-Literatur zu den richtigen Büchern zu greifen, ist, wie ich finde, manchmal gar nicht so einfach. Oft sind die Angebote auf dem Markt sehr austauschbar; irgendwelche beliebig ersetzbaren amerikanischen Twens „verlieben" sich in einer WG, auf einem Roadtrip etc. unsterblich, aller Widerstände und tragischer Geheimnisse zwischen ihnen zum Trotz, und bleiben dabei farblos. Oft fehlt mir das Besondere, eine echte Chemie zwischen den Figuren, statt nur immer wieder aufgewärmte Konflikte und eingestreute Liebesszenen, die nur Worte auf Papier sind.
Umso glücklicher bin ich über diese Buchreihe.

Liv und Kjer (und auch sämtliche Nebencharaktere) sind nicht von irgendeiner Genre-Vorlage abgepaust. Sie haben Ecken und Kanten, Hoffnungen und Zweifel und eine Vergangenheit, die nicht nur aus irgendeinem konstruierten Problem besteht, sondern voller Details ist.
Sie reagieren so auf die Dinge, wie es ihrem Charakter entspricht, und lassen die Leser daran teilhaben, wie sie wachsen, teils weit über sich hinaus.
Eine besondere Stärke liegt außerdem in den Beziehungen zwischen den Figuren. Sympathie wie Antipathie, Zuneigung und Freundschaft werden spürbar, ohne dass es vieler Kommentare seitens Liv bedarf. Sehr mitgenommen hat mich dabei das Verhältnis zu ihrer Mutter, das sehr überzeugend umgesetzt, aber leider sehr schwierig ist.

Die Protagonistinnen der beiden Folgebände (Seanna und Airin) sind bereits Teil dieses Buches. Ich mag diese Art, Figuren, die man schon mehr oder weniger am Rande kennengelernt hat, auf diesem Weg wiederzutreffen, sehr.

Die Liebesgeschichte bekommt genug Zeit, um sich zu entwickeln, und ist weder überzogen noch zu dezent. Ich meine, klar, wenn ich eine Auszeit in einem Leuchtturm im Nirgendwo, wäre die Person, die in der Zeit für mich zuständig ist, unter Garantie ein kauziger alter Seebär, der ein bisschen unheimlich ist, und kein Kjer – aber so ist das Leben.

Gut gefallen hat mir auch Livs Blog, der einen schönen Ausgleich zu den stillen Momenten auf der Insel bildet.
Außerdem sind die Ausflüge in die Umgebung wirklich tolle Highlights, nicht nur für Irlandfans.

Insgesamt war der Start in die Leuchtturm-Trilogie für mich genauso schön wie erhofft.
Ein Buch wie eine heiße Schokolade mit Sahne, wenn es draußen stürmt ❤

(Für wen) Lohnt es sich?

Absolut! Jedem, der wunderbar leichte und doch tiefgründige, lebensnahe und doch träumerische Liebesgeschichten mag, in denen auch ernste Themen wie Ängste und Verlusterfahrungen feinfühlig verarbeitet werden, sei dieser Reihenauftakt und (mit einem sehr wahrscheinlich berechtigten Vertrauensvorschuss) auch gleich Band 2 und 3 wärmstens empfohlen!

In einem Satz:

„Show me the Stars" hat alles, was die Bücher dieser Autorin ausmacht: liebevoll gestaltete Charaktere, die stark und verletzlich zugleich sind und nach ihrem Platz suchen, Momente zum Mitlachen und -weinen, Realitätsnähe und trotzdem Aus-dem-Alltag-Weglese-Garantie – und das alles vor der wunderschönen, wildromantischen Kulisse Irlands.

Veröffentlicht am 23.06.2019

Bittersüß, wie es nur das Leben sein kann

Wenn der Mond erzählen könnte
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Worum geht's?

„Alle Südtiroler Sagen enden traurig", sagt Vicky. „Mit verschmähter Liebe und Verschwinden und Verlust."
„Wie im richtigen Leben", meint Johann und klingt ein ganz klein wenig bitter. ...

Worum geht's?

„Alle Südtiroler Sagen enden traurig", sagt Vicky. „Mit verschmähter Liebe und Verschwinden und Verlust."
„Wie im richtigen Leben", meint Johann und klingt ein ganz klein wenig bitter. Wie einer, der dazu verurteilt ist, Geschichten mit traurigem Ende nicht nur zu erzählen, sondern auch in ihnen zu existieren, und aufgehört hat, sich dagegen zu wehren.

Im Sommer 1989 reist Vicky mit ihrer Familie nach Wünschnofen und findet in dem verschlafenen Nest unerwartet die große Liebe. Doch das Leben schlägt zu und setzt der wunderbaren Zeit ein abruptes Ende.
26 Jahre später ist Vicky zurück in Südtirol, diesmal allein. Ihr Ziel: einiges aufarbeiten. Wie kann sie damit umgehen, was damals passiert ist? Wie kann sie die Vergangenheit hinter sich lassen, wenn sie doch immer ein Teil ihrer Gegenwart und ihrer selbst sein wird?

Was mich neugierig gemacht hat:

Bei diesem Buch kamen ein paar Faktoren zusammen, die mich beim Durchblättern der Vorschau sofort haben aufmerken lassen: der Buchtitel, das nostalgische Flair eines lange vergangenen Sommerurlaubs, dass es um Familiengeheimnisse und -geschichten geht und die beiden Handlungsstränge auf verschiedenen Zeitebenen. Ich habe es sofort als Must-Read notiert!

Wie es mir gefallen hat:

„Wenn der Mond erzählen könnte" hat mich alles andere als enttäuscht. Für mich hat es sich zu einem richtigen Pageturner entwickelt, obwohl (oder gerade weil?!) die Spannung eigentlich hauptsächlich aus der Figurenentwicklung und aus den Familienverwicklungen heraus entsteht.

Der stetige Wechsel zwischen 1989 und 2015 ist wirklich gut gelungen. Durch ihn kann vieles Stück für Stück enthüllt werden und Konflikte und ihre Auswirkungen auf Vickys Familie zeigen sich in ihrem ganzen Ausmaß über die Jahre hinweg. Man hat das Gefühl, ein richtiges Familienporträt zu betrachten.
Einzig die Verwendung der Tempora kam mir teils nicht ganz korrekt oder zumindest verwirrend vor (in der Vergangenheitsebene springt der Text manchmal zwischen den Zeitformen hin und her).

Mit Vicky als Hauptfigur habe ich ein ums andere Mal gehadert, bin aber zu dem Schluss gekommen, dass es ein positives Hadern ist. Vickys Verhalten, ihre Sicht auf andere, ihre Entscheidungen und Einstellungen haben mich nicht nur einmal wütend gemacht und mit Unverständnis erfüllt, aber man kann nachvollziehen, welche Erfahrungen und persönlichen Hintergründe dazu geführt haben. Sie erfüllt keine Vorbildfunktion, aber diesem Anspruch soll sie, denke ich, auch gar nicht genügen. Dafür bringt sie einen dazu, sich mit einigen Dingen auseinanderzusetzen und selbst Stellung zu beziehen – und das ist natürlich etwas, das ich mir von literarischen Figuren wünsche.

Die Geschichte ist sehr lebensnah und weist einen beeindruckenden Detailreichtum auf, der einem Zeile für Zeile das Gefühl gibt, wirklich mit den Charakteren und ihrer Lebenswelt vertraut zu sein.
Die Zeitreise in die 90er, die Jahre meiner Kindheit, hatte etwas von Heimkommen und nostalgischem Erinnern, was mir viel Freude bereitet hat. Die Autorin hat das Lebensgefühl der verschiedenen Jahrzehnte gut eingefangen, genau wie die Atmosphäre der Schauplätze. Auch wenn ich eher ein Meer- als ein Berge-Mensch bin, fand ich die Kulisse traumhaft und habe auch das gedankliche Bergsteigen sehr genossen.

Es gibt ein paar plottechnische Dinge, die ich mir zusätzlich oder anders gewünscht hätte bzw. Fragen, über die ich mich gern mit der Autorin austauschen würde, aber im Großen und Ganzen hatte ich ein rundes und bereicherndes Leseerlebnis. Es ist eines dieser Bücher, die ich mir mit etwas zeitlichem Abstand noch ein weiteres Mal zu lesen vorstellen kann, und auf jeden Fall eines, das im Regal bleibt.

(Für wen) Lohnt es sich?

Für alle Fans von Sommerromanen, für die es nicht nur leichte Frauenlektüre, sondern auch mal etwas Traurigschönes sein darf, ist dieses Buch genau das Richtige. Es gibt Stoff zum Nachdenken und immer wieder Wendungen, die einen mitnehmen.

In einem Satz:

„Wenn der Mond erzählen könnte" ist ein bittersüßer und atmosphärischer Sommer- und Familienroman, der gleichzeitig sehr unterhaltsam und tiefgründig ist.

Veröffentlicht am 16.06.2019

Impulse & Gedichte, die zu einem Inselurlaub für die Seele einladen

Mit Gott auf der Insel
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Worum geht's?

Dieses aufwendig gestaltete kleine Buch lädt zu einer Insel-Erkundung ein – passend zum eigenen Urlaub oder aber auch ganz einfach für eine Gedankenreise von zu Hause aus.
Mit kurzen Impulstexten ...

Worum geht's?

Dieses aufwendig gestaltete kleine Buch lädt zu einer Insel-Erkundung ein – passend zum eigenen Urlaub oder aber auch ganz einfach für eine Gedankenreise von zu Hause aus.
Mit kurzen Impulstexten und Gedichten bietet es genau das, was der Untertitel verspricht: kleine Auszeiten für alle, die das Meer lieben.

Was mich neugierig gemacht hat:

Die Antwort darauf ist in diesem Fall ziemlich simpel: Weil ich zu den angesprochenen Menschen gehöre: Ich liebe das Meer. Und da ich viel seltener dort sein kann, als ich mir wünschen würde, hat das Buch mich gelockt, mich mit Gott auf die Insel entführen zu lassen.

Wie es mir gefallen hat:

Das Buch hat ein rundes Gesamtkonzept und ist ein echter Hingucker – und Hinfühler.
Auf der Vorderseite kann man über eine Coververedelung streichen, und wenn man dabei die Augen schließt, ist es fast, als berührten die Finger trockenen Sand.
Der Innenteil ist durchgehend farbig gestaltet und die maritimen Aquarellmotive untermalen die Texte sehr passend.
Es gibt auch ein meerfarbenes Lesebändchen.

Nach einem kleinen Vorwort, das noch einmal die Intention des Buches umreißt und sich mit dem Innehalten und Entdecken beschäftigt, folgen die Texte einem Reiseverlauf.
Es geht ums Ankommen auf der Insel, um Streifzüge und Orte dort und schließlich um die Heimreise.
Verschiedene insel- bzw. meerestypische Gegenstände, Tiere, Naturerscheinungen und Schauplätze werden mit Gedanken über das Leben und den Glauben verknüpft, dienen als Metaphern, geben Anlass zum Reflektieren und Nachdenken.
Der Autor lässt seine LeserInnen an Eindrücken und Überlegungen teilhaben, sowohl in den wenige Seiten langen Impulsen als auch den poetischen Texten, die sich stetig abwechseln.
Insgesamt sind 28 Beiträge enthalten, die nicht aufeinander aufbauen, aber doch von einem roten Faden durchdrungen werden.

Es stimmt alles: Eine wundervolle Buchidee trifft auf Handlichkeit, Ästhetik und anregende Inhalte, von denen man sich je nach Lust, Zeit und Laune immer mal wieder einen zwischendurch oder mehrere am Stück zu Gemüte führen kann.
Von mir gibt es volle Punktzahl und eine Kauf- und Leseempfehlung!

(Für wen) Lohnt es sich?

Das Buch eignet sich perfekt als Geschenk für Verreisende, genauso wie für diejenigen, die daheim bleiben, zum Beispiel die freundliche Nachbarin, die in der Zeit die Blumen gießt, oder den Kollegen, der im Betrieb den Sommer über die Stellung halten muss.
Auch zum Selbst-Mitnehmen auf eine tatsächliche oder geistige Reise ideal!
Wie der Titel schon nahelegt, handelt es sich um Texte mit christlichen Inhalten, die jedoch meines Erachtens nach auch dem Glauben gegenüber aufgeschlossenen Nicht-Christen zugänglich sind.

In einem Satz:

„Mit Gott auf der Insel" ist ein schönes Buch zum Abtauchen, Erkunden und Nachdenken, nicht nur für Sommerurlauber, sondern für alle, die mit ansprechend gestalteten Texten ein paar erholsame Inselmomente zum Innehalten erleben möchten.

Veröffentlicht am 25.05.2019

Hallt länger als ein paar Sekunden in der Stille nach

Die Stille zwischen den Sekunden
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Worum geht's?

Mara ist noch am Leben. Hätte sie die U9 nicht verpasst, wäre sie ein weiteres Opfer des Bombenanschlags geworden, bei dem 132 Menschen umgekommen sind. Die Besorgnis ihrer Familie und die ...

Worum geht's?

Mara ist noch am Leben. Hätte sie die U9 nicht verpasst, wäre sie ein weiteres Opfer des Bombenanschlags geworden, bei dem 132 Menschen umgekommen sind. Die Besorgnis ihrer Familie und die Neugier ihrer Mitschüler findet sie dennoch übertrieben. Nur ihr Schwarm Chriso, der sonst jeden Mist auf seinem Videochannel ausschlachtet, überrascht sie positiv, auch wenn er das Ganze stattdessen zu sehr an sich heranzulassen scheint.
Ausgerechnet die Einzige, die verstehen würde, wie es Mara geht und wie sehr Chriso ihre Gefühle ins Chaos stürzt, wird jetzt von ihren hyperbesorgten Eltern von Mara ferngehalten: ihre beste Freundin Sirîn. Mara muss um jeden Preis verhindern, dass sie sie in ihre Heimat zurückschicken, weil sie nach dem Anschlag glauben, sie in Sicherheit bringen zu müssen ...

Was mich neugierig gemacht hat:

Ich bin durch die Autorin zu dem Buch gekommen, die ich als Teil des Duos Ella Blix mit „Der Schein" kennengelernt habe.
Auf den ersten Blick hätte ich das Ganze eher in der Thriller-Ecke verortet und wäre wegen der Altersempfehlung ab 12 Jahren wahrscheinlich zögerlich gewesen, weil ich mich normalerweise eher im älteren Jugend- bzw. jungen Erwachsenenbuchbereich bewege. Ich bin aber sehr froh, dass dieses Buch mir nicht entgangen ist – mehr dazu unten.
Noch ein Tipp: Am besten nicht den Originalklappentext lesen. Ich bin mir nicht sicher, weil ich selbst ihn bei meinem Lesestart nicht angeschaut hatte, aber im Nachhinein finde ich, dass er etwas zu verdächtig wirkt.

Wie es mir gefallen hat:

Kennt ihr diese Bücher, über die man nicht gut sprechen kann, ohne zu viel zu sagen? Mit so einem Fall haben wir es hier absolut zu tun. Trotzdem hier mein Versuch, meine Eindrücke spoilerfrei auf den Punkt zu bringen: Dieses. Buch. schlägt. ein.

Ich habe bei meiner Lektüre der letzten Monate eher wenige Sog-Bücher dabei gehabt. Es gibt viele, die cool und unterhaltsam sind und natürlich auch bewusst ruhige, aber nicht so viele, die sich an deinen Händen und in deinen Gedanken festkrallen und dich nicht loslassen, bevor du nicht alles weißt. Allerspätestens in der zweiten Hälfte entwickelt „Die Stille zwischen den Sekunden" sich zu so einer Geschichte.
Nachdem ich es beendet hatte, musste ich erst mal alles sortieren. Was mir ehrlich gesagt immer noch nicht ganz gelungen ist. Es handelt sich nämlich auch um die Art von Buch, die man am besten gleich noch mal lesen will, um aus der Perspektive von allem, was man jetzt über die Figuren weiß, verschiedene Szenen noch einmal zu betrachten.

Ich könnte mir vorstellen, dass Mara mit ihrer Art nicht bei jedem auf Verständnis stößt, aber mich hat sie in einigen Punkten sehr an mein Schul-Ich von damals erinnert. Sie ist aus vielerlei Gründen nicht die zugänglichste Protagonistin, aber gerade das macht sie so spannend.
Was die Nebencharaktere betrifft, stehe ich am Ende mit vielen Fragen da. Bei vielen von ihnen würde ich zu gern wissen, was zu verschiedenen Zeitpunkten der Geschichte in ihnen vorgegangen ist.

Besonders beeindruckend ist, wie realitätsnah und detailreich Tania Witte Maras Leben samt ihrer Gedankenwelt und ihrem Umfeld gezeichnet hat. Man gewinnt den Eindruck, ihr persönlich begegnet zu sein bzw. alles als Beobachter miterlebt zu haben.
Das Neben- und vor allem Miteinander verschiedener Kulturen ist ein großes Thema des Buches und fließt völlig ungekünstelt und dafür umso warmherziger und unglaublich lebensklug mit ein. Ein besonderer Augenmerk liegt dabei (durch Sirîns Familie) auf der Mentalität und den Traditionen des Kurdischen.
Die Tiefe von Maras und Sirîns Freundschaft, die sich über alle Unterschiede hinwegsetzt, ist mutmachend und wirklich nachahmenswert.
Auch die Art und Weise, wie die „Neuen Medien" Eingang in die Geschichte finden, ist aus meiner Sicht sehr authentisch. Von Chrisos Kanal und Maras und Sirîns Kochblog bis hin zu den Songs, die im Buch eine Rolle spielen und Maras Spotify-Listen zu verdanken sind – am Ende hat man fast das Gefühl, nicht „nur" ein Buch gelesen, sondern gleich auch noch visuelle und akustische Komponenten mit dazu bekommen zu haben.

(Für wen) Lohnt es sich?

Dieses Buch lohnt sich sehr, wenn man bereit ist, sich auf einen nicht ganz leichten Weg zu machen. Es ist eine spannende Geschichte mit einer unerwarteten Komposition, tatsächlich auch eine Liebesgeschichte (nicht nur im herkömmlichen Sinne), sie rüttelt auf, nimmt einen mit.
Ich kann sie auch Lesern weit über der Altersangabe des Verlags (ab 12 Jahren) empfehlen und sie mir außerdem gut als Klassenlektüre vorstellen.

In einem Satz:

„Die Stille zwischen den Sekunden" ist kein Gutelaunebuch, sondern eines, das etwas zu sagen hat und das - nicht nur in den Sekunden danach, sondern weitaus länger - in der Stille nachhallt.