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Veröffentlicht am 17.10.2022

Im Schlendergang durchs 19. Jahrhundert

Mode-Atelier Rosen
1

Im Schlendergang durch´s 19. Jahrhundert
Mit dem 2. Band der Saga kehren wir zurück in das Putzmacheratelier in Kassel. Durch die Aufgegangenen des 1. Bandes scheint sich nicht viel verändert zu haben. ...

Im Schlendergang durch´s 19. Jahrhundert
Mit dem 2. Band der Saga kehren wir zurück in das Putzmacheratelier in Kassel. Durch die Aufgegangenen des 1. Bandes scheint sich nicht viel verändert zu haben. Elise kennt jetzt zwar ihren Vater, das ändert aber für sie und ihre Mutter wenig. Er jedoch scheint in seiner Tochter eine neue Verbündete zu meinen und weiß geschickt, ihre Zuneigung zu ihm auszunutzen. So bringt der Vater Elise nicht nur in Kontakt mit einem windigen Studenten, sondern auch dazu, sich auf eine abenteuerliche Reise zu begegnen um einen Diebstahl für ihn aufzudecken. Letztlich begibt der Vater damit das ganze Atelier in Gefahr.
Die Erzählweise ist wie im 1. Band der Sprache des 19. Jahrhunderts angepasst. Das macht es für uns ein bisschen mühsam, aber auch etwas authentischer. Ansonsten verläuft die Erzählung recht fahrig. Man begleitet Elise und ihre Mitstreiterinnen von einem Schauplatz zum nächsten, erfährt aber nicht wirklich warum. Die Beweggründe für das Handeln der Personen werden nicht wirklich klar. Alles scheint gewollt dramatisch und konstruiert. Auch der Titel hat keinerlei Bezug zur Geschichte, was dann doch etwas dürftig ist: Weder erfahren wir viel über die Mode, noch entwickeln sich Träume einer neuen Zeit.
Sympathien zu einzelnen Figuren konnte ich nicht aufbauen, zu fahrig wirken auch sie. Wer demütig werden möchte dafür, dass wir heute Bequemlichkeiten wie Regenschirme, Eisenbahn, Telefon und Zug haben, uns deutlich weniger nach gesellschaftlichen Erwartungen richten müssen und man selbst über sein Leben entscheiden kann – dem hilft dieses Buch. Ein Lesegenuss mit wirklichem Mehrwert ist es eher nicht.

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  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 10.05.2022

zu wild

Wo kann ich bitte meinen Mann zurückgeben?
2

Emma ist erfolgreiche Ärztin, Mutter von zwei süßen Mädchen und war bis vor kurzem Ehefrau eines notorisch Sexsüchtigen, der sie über Jahre hinweg mit nahezu jeder Frau betrog, die ihm über den Weg lief. ...

Emma ist erfolgreiche Ärztin, Mutter von zwei süßen Mädchen und war bis vor kurzem Ehefrau eines notorisch Sexsüchtigen, der sie über Jahre hinweg mit nahezu jeder Frau betrog, die ihm über den Weg lief. Mittels Unterstützung durch ihre Familie gelingt es Emma, sich tatsächlich von ihm zu trennen. Während er weiterhin mehrere Beziehungen gleichzeitig führt, aber möglichst gut für seine Kinder da sein möchte, versucht Emma, irgendwie wieder ihr Selbstbewusstsein zurückzuerobern. Sie selbst scheint auch nach über einem Jahr noch sehr von der Last des exzessiven Betrugs zu leiden. Ihre Selbstzweifel aber auch ihre Wut gegenüber ihrem Ex zeugen davon, wie abhängig sie von ihm weiterhin ist. Seit der Trennung lebt ihre jüngere Schwester bei ihr, die so das komplette Gegenteil zur rationalen und zurückgezogenen Emma ist: Ohne festen Job, jobbt sie als Animateurin, pflegt einen sehr vulgären Wortschatz und ist sich nicht zu schade, ihr ausschweifendes Liebesleben als Vorbild für Emma zu gestalten. Trotz oder wegen deren ständigen Drängens lernt Emma einen Kollegen kennen und verliebt sich langsam in ihn, jedoch nicht unberührt von zahlreichen kleinen und größeren Tragödien.
Irgendwie scheint alles an dieser Geschichte extrem gesteigert zu sein: Emmas Wut, Simons Sexsucht, seine zeitweiße Reue, das exzessive Leben und Sprechen ihrer Schwester, das Kennenlernen des neuen Mannes und die Aufarbeitung der Trennung. Ohne Drama geht nichts in diesem Buch. Mir ist das zu viel Extreme. Ein paar Grade weniger hätten es auch getan und viel zum Realismus der Geschichte beigetragen. Um das Extreme zu steigen und beibehalten zu können liegen zwischen den einzelnen Kapiteln immer mehrere Wochen, in denen sich zum Teil auch Entschiedenes tut (z.B. Entwicklung der neuen Beziehung), was aber nicht erzählt wird. Stattdessen findet man immer und immer wieder Rückblicke auf die unzähligen Betrugsaktionen des Ex. Erst im letzten Drittel finden sich ein paar wenige Kapitel, in denen es wirklich Menschlich zugeht, man in die Abgründe der Figuren schauen kann, sie versteht und wirklich gerne bei ihnen ist. In allen anderen Kapiteln traut man sich höchsten von der Ferne auf dieses extreme Schauspiel zu blicken. Mir ist das dann doch zu wild.
Und noch ein Manko: Der Klappentext führt ziemlich auf die Irre. Weder geht es im Wesentlichen um Simons Lügen über Emma, noch um Dating-Erfahrungen. Im Mittelpunkt steht eher eine zielich verunsicherte Frau, die tragisches erlebt hat und nun v.a. von ihren Schwestern bis ins Extreme der sexuellen Peinlichkeiten geführt wird.

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  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Humor
Veröffentlicht am 20.07.2020

Schwere Kost

Mehr als wir uns erträumten
1

Schwere Kost
Der mehrfach ausgezeichnete finnische Autor Juha Itkonen erzählt in seinem zweiten in Deutschland erschienenen Werk autobiografisch von 2 Schwangerschaften seiner Ehefrau. In regelrecht voyeuristischer ...

Schwere Kost
Der mehrfach ausgezeichnete finnische Autor Juha Itkonen erzählt in seinem zweiten in Deutschland erschienenen Werk autobiografisch von 2 Schwangerschaften seiner Ehefrau. In regelrecht voyeuristischer Art lässt er uns über knapp 2 Jahre hinweg an seinem Innenleben und den Auseinandersetzungen mit seiner Frau teilnehmen. Auf den letzten Seiten schreibt er explizit, warum er dies tat: Um die Emotionen und Sorgen der Väter, die beim Thema Fehlgeburt, Frühchen etc. nur wenig thematisiert werden, aus der Verschwiegenheit zu holen. Dieses Anliegen ist sicher gut zu heißen, ob es aber auf die hier präsentierte Art geschehen muss, ist für mich fraglich.
Wir werden in jeden Ehestreit, in jede Auseinandersetzung mit den schön größeren Kindern, in jedes Versagen und jeden Zweifel des werdenden Vaters mit hineingenommen. In brutal ehrlicher Weise erhalten wir Einblick in sein Inneres, bis hin zu Briefen, die er seiner Frau schreibt.
Da naturgemäß eine Schwangerschaft v.a. aus Warten und Ungewissheit besteht, besteht auch das Buch v.a. aus seitenlangen Beschreibungen des Wartens und der Sorge. Das mag begründet sein, ist aber wahrlich kein Lesevergnügen. Zumal man dem Schreibstil die finnische Urausgabe deutlich anmerkt. Die knappen Sätze und Wortfetzen, sind anstrengend zu lesen, dies bessert sich im zweiten Teil etwas, bleibt aber nach wie vor schwer zugänglich, da es sich hauptsächlich um Aufzeichnungen aus dem Innenleben handeln. Einen Lesefluss ermöglichen dies alles nicht. Es wimmelt außerdem nur von regionalen/Finnischen Fachbegriffen, die es deutschen Leserinnen schwer machen, in die Szenerie einzutauchen.
Beworben wird das Buch als Lektüre für Mütter und Väter, die ein Kind erwarten. Dem kann ich definitiv nicht zustimmen. Wer sich selbst innerlich auf ein Kind oder eine Schwangerschaft vorbereitet wird von diesem Werk gewiss in tiefe Unsicherheiten gestürzt.

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  • Erzählstil
  • Thema
Veröffentlicht am 01.07.2019

schöne Kulturbeschreibung

Das Licht der Toskana
1

Frances Mayes erzählt als staunende Amerikanerin über die Ästhetik eines Lebens in der Toskana. 5 Frauen bilden den szenischen Hintergrund der Kulturbeschreibungen: 3 von ihnen treffen sich noch in Amerika ...

Frances Mayes erzählt als staunende Amerikanerin über die Ästhetik eines Lebens in der Toskana. 5 Frauen bilden den szenischen Hintergrund der Kulturbeschreibungen: 3 von ihnen treffen sich noch in Amerika bei der Besichtigung einer Seniorenresidenz, befreunden sich und beschließen, sich nicht auf das eintönige Reglement der Residenz einzulassen, sondern gemeinsam ein Haus in der Toskana zu mieten. Dort treffen sie auf eine Schriftstellerin, die ebenfalls ursprünglich aus Amerika, in ihrer Nachbarschaft am Erbe und den Memoiren einer Dichterin arbeitet.
Die fünft, samt einer absolut unübersichtlichen Vielzahl an weiteren Dorfbewohnern, Freunden, Familienangehörigen und Bekannten lernen sich und ihre Geschichten kennen, teilen einander ihre Verwundungen und Enttäuschungen des Lebens mit und machen sich v.a. in rasantem Tempo mit der Kulinarik, Botanik und Kultur Italiens bekannt. Sie reisen, entdecken neue Leiden- und Liebschaften, unterhalten sich und kochen. Mindestens auf jeder 2. Seite wird irgend ein Gericht beschrieben, bzw. ein Essen zelebriert.
Eine tatsächliche Handlung konnte ich ab der vielen Akteure nicht erkennen. Der Lesefluss wird erheblich dadurch gestört, dass nicht immer sofort zu erkennen ist, von wem gerade erzählt wird und in welcher Situation diese Person gerade steckt. Wer eine dichte Beschreibung eines romantisierenden Toskanalebens sucht, ist hier genau richtig. Wer einen Roman mit Hauptfiguren und Handlungen erwartet, wird von ellenlangen Detailbeschreibungen, komplizierten Biographiefetzen und durcheinandergewürfelten Erinnerungsstücken enttäuscht.

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  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Atmosphäre
  • Figuren
Veröffentlicht am 03.09.2018

hält nicht, was es verspricht

Zwei unter einem Schirm
0

Gleich eines vorneweg: Der Klappentext-Beschreibungstext führt einigermaßen in die Irre: Mindestens 2/3 des Buches entpuppen sich als Beschreibung des Lebens von Lotta und Gülcan VOR ihrem Treffen: die ...

Gleich eines vorneweg: Der Klappentext-Beschreibungstext führt einigermaßen in die Irre: Mindestens 2/3 des Buches entpuppen sich als Beschreibung des Lebens von Lotta und Gülcan VOR ihrem Treffen: die eine in Wien, aus schwierigen Familienverhältnissen stammend, schlug sich bislang halbwegs gelangweilt als Bürofrau durchs Leben und kann auch die Chance, die ihr der unverhoffte Lottogewinn bietet, nicht sinnvoll nutzen. Auf der Suche nach Anerkennung und Liebe verfällt sie von einem Desaster ins nächste. Höchst respektlos erzählt. Die andere, in der Türkei aufgewachsen und den Traditionen ihres Glaubens verpflichtet, fügt sich: zuerst ihrem Vater, dann einem Ehemann und dessen Familie in Salzburg und schließlich ihrer Leidensgenossin. Diese Passagen bieten einigermaßen spannende Einblicke in die Hintergründe der muslimischen Kultur und Fragen der Migration. Insgesamt ist das Werk jedoch eine Anhäufig von negativen Frauen-Klischees und einer Fülle unterschiedlicher Kleinszenen, die nur lose miteinander verbunden sind. Die ursprüngliche und im Klappentext beworbene schöne Idee, von einer Freundschaft zwischen 2 Frauen unterschiedlicher Kulturen und deren gemeinsamem Versuch, sich im Leben zurecht zu finden, zu erzählen, bleibt leider größtenteils auf der Strecke. Die Begegnung der beiden findet erst sehr spät statt und auch dann wird sehr wenig über die tatsächliche Beziehung zwischen Lotta und Gülcan erzählt. Es bleibt am Ende die Erzählung einer gescheiterten Kottogewinnerin, die alles verliert und erst auf den letzten Seiten eine Ahnung von ihrem eigentlichen Leben erhält. Sprachlich ist das Werk gelungen und immer wieder findet sich ein Stückchen Humor. Das kann für mich die fehlende Storyline aber nicht retten.

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