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Veröffentlicht am 15.09.2016

Im zweiten Teil der Trilogie warten neue Charaktere und alte Geheimnisse

Das Licht in deiner Stimme
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Tiryn lebt an der Küste Floridas und arbeitet dort in der Boutique eines Hotels. Sie fühlt sich wohl dort, aber nicht heimisch, denn sie sehnt sich nach einem ganz anderen Meer. Seit Jahren erzählt Tiryns ...

Tiryn lebt an der Küste Floridas und arbeitet dort in der Boutique eines Hotels. Sie fühlt sich wohl dort, aber nicht heimisch, denn sie sehnt sich nach einem ganz anderen Meer. Seit Jahren erzählt Tiryns Großvater Nicholas ihr vom Dorf Ahrenshoop an der Ostsee, wo er aufgewachsen ist. Tiryn ist fasziniert von dem Bernsteinschiff, das er von dort mitgebracht hat und in dem sie die Gesichter seines Großvaters und seiner ehemaligen Verlobten Henny sieht, die ihn verlassen hat. Die Frage, wie man Erinnerungen im Bernstein speichert, lässt sie nicht los. Doch auch im Meer sieht Tiryn Bilder. Sie erzählen eine andere Version der Vergangenheit als Nicholas. Warum hat er Ahrenshoop wirklich verlassen? Ein Geständnis, ein sonderbarer Fund und ein Unfall wirbeln Tiryns Leben durcheinander. Sie muss sich entscheiden, ob sie an Nicholas Stelle nach Ahrenshoop zurückkehren wird. Doch wie würden die Bewohner auf sie reagieren, wenn sie herausfinden, wessen Enkelin sie ist?

Nachdem mich der erste Teil der Ostsee-Trilogie, „Das Meer in deinem Namen“, begeistern konnte, habe ich mich riesig darauf gefreut, weiterzulesen und neue Geheimnisse zu lüften. Von der Ostsee geht es in diesem zweiten Band an die Küste Floridas, wo der Leser Tiryn, die Enkelin von Nicholas, kennenlernt. Ich freute mich, eine neue Protagonistin und ein neues Meer kennenzulernen. Gleichzeitig war ihr neugierig darauf, mehr über Nicholas Weggang aus Ahrenshoop zu erfahren und wie es ihm seither ergangen ist.

Tiryn ist mir gleich sympathisch geworden. Ihre Familie liegt ihr sehr am Herzen. Ihr Großvater mit seinen Geschichten war für sie schon immer ein sicherer Hafen, während ihre Mutter Lara unter starken Stimmungsschwankungen und einer Alkoholsucht leidet. Als halbe Choctaw ist sie zudem tier- und naturverbunden und akzeptiert ihre Gabe, im Meer Bilder der Vergangenheit zu sehen. Auf dieses mystische Element muss man sich als Leser einlassen, um die Erzählung in vollen Zügen zu genießen zu können. Tiryns fehlendes Vermögen und die Verantwortung, die sie für Lara empfindet, halten sie schon lange davon ab, sich ihren Traum eines Besuchs der Ostsee zu erfüllen. Doch nicht nur ihre Gedanken wandern immer wieder dorthin, auch verschiedene Ereignisse scheinen anzudeuten, dass es an der Zeit ist, sich auf den Weg zu machen. Wird sie den Schritt endlich wagen?

Tiryns Erlebnisse werden immer wieder von Rückblenden unterbrochen, in denen der Leser mehr über Nicholas‘ Vergangenheit erfährt. Viele Fragen, die beim Lesen des ersten Teils aufkommen, werden nun beantwortet. Wirkte Nicholas im ersten Band der Reihe wie ein Bösewicht, der alles ohne Erklärung zurückgelassen hat, begann ich allmählich, seine Motive zu verstehen. Mir hat es sehr gut gefallen, ihn besser kennenzulernen und auch einige neue Dinge über Henny und Myra zu erfahren.

Ich konnte Tiryns Reise nach Ahrenshoop kaum erwarten, die für mich von Beginn an außer Frage stand. Die Autorin lässt sich damit jedoch Zeit und bereitet sorgfältig die Umstände vor, die Tiryn endlich über ihren Schatten springen und ins Flugzeug steigen lassen. In Ahrenshoop trifft man viele aus dem ersten Teil bekannte Charaktere wieder und es war für mich wie eine Rückkehr in den Lieblings-Urlaubsort. Der Fokus liegt weiterhin auf Tiryn, ihrer Faszination für Bernstein und ihrer Zukunftsplanung. Gleichzeitig erfährt man aber auch, wie es für die anderen Charaktere wie Carly weitergeht. Die Ereignisse konnten mich erneut fesseln und die schöne Atmosphäre ließ mich ganz in die Geschichte eintauchen. Auch wenn viele Geheimnisse gelüftet wurden ist zum Schluss noch eine entscheidende Frage offen, weshalb ich mich schon jetzt sehr auf den letzten Teil „Der Horizont in deinen Augen“ freue, der im Juni erscheint.

Mit „Das Licht in deiner Stímme“ ließ Patricia Koelle erneut Urlaubsstimmung bei mir aufkommen. Die neue Protagonistin Tiryn fand ich gleich sympathisch und die Frage, ob sie ihre Zukunftspläne verwirklichen kann, ließ mich neugierig weiterlesen. Gleichzeitig werden auch einige Geheimnisse rund um Nicholas Vergangenheit gelüftet, welche offene Fragen aus dem ersten Teil beantworten. Wer Geschichten rund um Familie, Freundschaft, das Meer und Geheimnisse mag, der sollte sich dieses Buch nicht entgehen lassen!

Veröffentlicht am 15.09.2016

"Ich liebe euch, ihr Goldmans!"

Die Geschichte der Baltimores
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Im Februar 2012 fährt der Schriftsteller Marcus Goldman von New York nach Boca Raton, Florida. Dort hat er sich ein Haus gekauft, in dem er seinen nächsten Roman verfassen will. Auf der Suche nach einer ...

Im Februar 2012 fährt der Schriftsteller Marcus Goldman von New York nach Boca Raton, Florida. Dort hat er sich ein Haus gekauft, in dem er seinen nächsten Roman verfassen will. Auf der Suche nach einer Idee holt ihn bald die Vergangenheit ein: Ein Hund läuft ihm zu, von dem sich herausstellt, dass er seiner Ex-Freundin Alexandra Neville gehört. Diese hat er seit ihrer Trennung vor acht Jahren nicht mehr gesprochen, inzwischen ist sie eine berührte Sängerin. Ihre erneute Begegnung bringt Markus dazu, sich an ihre gemeinsame Vergangenheit zu erinnern, in welcher auch seine beiden Cousins, die Goldmans aus Baltimore, eine große Rolle spielten. Die Geschichte der beiden Goldman-Familien aus Baltimore und aus Montclaire ist geprägt von Freundschaft und Verbundenheit, aber auch von Neid, Geheimnissen und einer Katastrophe, die sich acht Jahre zuvor ereignete…

Nachdem mich „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ vor drei Jahren begeistern konnte, habe ich mich riesig gefreut, dass endlich ein neues Buch aus der Feder des Autors erschienen ist. Der Protagonist des Buches ist wie bei Dickers erstem Buch der Schriftsteller Marcus Goldman. Seit den Ereignissen rund um Harry Quebert sind vier Jahre vergangen und ich habe mich gefreut, zu erfahren, wie es Marcus ergangen ist. Weil die Ereignisse des ersten Buches quasi gar nicht erwähnt werden, kann man „Die Geschichte der Baltimores“ mühelos auch ohne Vorkenntnisse lesen.

Sehr gut gefallen haben mir die verschiedenen Zeitebenen, auf denen der Roman spielt. Den Anker bildet die Gegenwartshandlung, in der Marcus zum Verfassen des nächsten Buches sein Haus in Florida aufsucht und zufällig seine Ex-Freundin Alexandra trifft. Das wühlt bei ihm viele Erinnerungen auf. Relativ chronologisch wird der Leser im weiteren Buchverlauf durch die Geschichte der Baltimores und der Montclaires geführt. Diese beginnt mit Erinnerungen an seine eigene Jugend. Marcus selbst führte als Goldman aus Montclaire ein typisches Mittelklasse-Leben und beneidete seinen Cousin Hillel, der in Baltimore im Luxus schwelgte. Trotz des Neides – oder gerade deswegen? – fühlte sich Marcus seinem Cousin und dessen Eltern stets verbunden und kam so oft wie möglich zu Besuch.

Doch das ist nur der Ausgangspunkt der Geschichte. In der Rolle des gelegentlichen Besuchers beobachtet Marcus das Leben seines Cousins, der einen neuen Bruder findet, Freundschaften schließt und so manche Dummheit begeht. Der Leser wird mitgenommen auf eine Reise durch viele Jahre der Erinnerung voller Höhen und Tiefen, wissend, dass er sich „der Katastrophe“ immer weiter annähert. Je tiefer Marcus in seine eigenen Erinnerungen vordringt, desto stärker erkennt man als Leser, dass das Leben der Baltimores nicht durchweg perfekt ist und er in seiner Rolle als Montclaire nicht automatisch zu einem öden Leben in zweiter Reihe bestimmt ist. Immer wieder verändern sich Atmosphäre und Stimmung der Charaktere und es kommen zunehmend Geheimnisse ins Spiel.

Die Reise in die Jugend der Goldmans wird immer wieder unterbrochen von einer Rückkehr in die Gegenwart oder auch kurzen Szenen aus der Zeit nach der Katastrophe. Hier hinterfragt Marcus zunehmend seine subjektive Sicht auf die Vergangenheit und auch die Rolle der Erwachsenen. Er kommt dabei zu neuen Erkenntnissen, was ich besonders interessant fand. Dank der geschickten Konstruktion des Romans konnte ich der Geschichte trotz der Zeitsprünge mühelos folgen. Meine Neugier, wie es wohl für die Baltimores weitergegangen ist, blieb trotz zunehmender Hinweise erhalten und wurde durch immer konkrete Vorahnungen noch verstärkt. Auch wenn das Buch insgesamt gesehen eine Tragödie ist, thematisiert das Buch viele unterhaltsame Zwischenfälle, Liebesgeschichten und Momente des Zusammenhalts. Bis zum Schluss, der noch einmal ganz verschiedene Stimmungen einfängt, fühlte ich mich bestens unterhalten.

„Die Geschichte der Baltimores“ bietet alles, was das Leserherz sich wünscht. Eine vielschichtige Erzählung, interessante Charaktere, die Aufdeckung von so manchem Geheimnis und eine gelungene Mischung aus traurigen und schönen Momenten. Habt ihr Lust, euch an der Seite eines fiktiven Schriftstellers auf eine Reise in seine Erinnerungen zu begeben und erstaunliche Entdeckungen zu machen, welche die verschiedensten Gefühle auslösen? Dann seid ihr bei diesem Buch genau richtig!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Ruhrpott-Mädel im großen Hamburg

Wenn Schmetterlinge Loopings fliegen
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Die achtundzwanzigjährige Karo möchte im Beruf endlich richtig durchstarten. An der Fernuni Hagen hat sie ihren Bachelor als eine der Besten abgeschlossen. Jetzt zieht sie aus dem heimatlichen Bochum nach ...

Die achtundzwanzigjährige Karo möchte im Beruf endlich richtig durchstarten. An der Fernuni Hagen hat sie ihren Bachelor als eine der Besten abgeschlossen. Jetzt zieht sie aus dem heimatlichen Bochum nach Hamburg, wo sie als Trainee in einer Unternehmensberatung arbeiten und in der WG ihrer alten Freundin Saskia leben wird. Doch am ersten Arbeitstag erwartet sie der große Schock: Ihr Chef sitzt in Untersuchungshaft, ihr Job ist nur noch ein geplatzter Traum. Verzweifelt sucht Karo nach einer Alternative – und wird schließlich vom Bundesligaverein Eintracht Hamburg als Praktikantin im Spielermanagement eingestellt. Heißt im Klartext: Karo soll den Star der Mannschaft, Patrick Weidinger, herumfahren und verhindern, dass er mit weiteren Skandalen in der Presse landet. Karo ist alles andere als begeistert davon, so viel Zeit mit dem arroganten Patrick verbringen zu müssen. Oder ist der vielleicht gar nicht so unausstehlich wie gedacht?

Im letzten Jahr hat Petra Hülsmann mit ihrem Debüt „Hummeln im Herzen“ einen wunderschönen, locker-leichten Liebesroman vorgelegt. Deshalb war für mich klar, dass ich auch ihr zweites Buch lesen muss. Das Cover macht mit seinen sommerlichen Farben optisch eines her, genauso wie der flauschige Schmetterling, den man einfach ständig streicheln muss.

Karo ist eine Persönlichkeit, die ich sofort liebgewonnen habe. Man lernt sie kennen, als sie gerade voller Stolz ihr Bachelorzeugnis auspackt und ihre Zukunft plant: Raus aus Bochum und ihrem langweiligen Job, auf nach Hamburg und Karriere machen! Ihre Familie ist typisch Ruhrpott und lässt sie nur ungern in die weite Welt ziehen. Doch gemeinsam mit Karo machte ich mich auf nach Hamburg, ganz aufgeregt, was sie dort wohl erwarten wird.

Karos neue WG nimmt sie gleich herzlich auf. Karos alte Freundin Saskia gibt ihr Rückhalt in jeder Lebenslage und geht gemeinsam mit ihr durch die bald folgenden Höhen und Tiefen. Daneben gibt es Nils, in den Saskia ganz offensichtlich – was sag ich da, auf keinen Fall natürlich! – verknallt ist und den finnischen Austauschstudenten Pekka, der sich vor allem für Partys und One Night Stands interessiert. In der WG gibt es immer wieder unterhaltsame Zwischenfälle, die Karo von ihrem anstrengenden Job ablenken.

Immer mehr rückt dieser Job in den Vordergrund der Geschichte. Karo will nach ihrem Rückschlag unbedingt ihre neue Chance auf eine Karriere nutzen, doch das gestaltet sich als anstrengend. Während Patrick sie meist mit Arroganz straft, versucht Karo, sich in der Verwaltung der Eintracht zu behaupten. Doch in ihr steckt noch immer ein Stück Ruhrpott, mit dem sie bei ihren Schickimicki-Kollegen immer wieder aneckt. Zum Glück wird Patrick mit der Zeit zugänglicher. Immer wieder kommt es zu sarkastisch-lustigen Wortgefechten zwischen den beiden, und sie haben mir zusammen wirklich gut gefallen. Aber will man sich wirklich in einen Promi verlieben? Nee, oder? Zu blöde, dass die Schmetterlinge in Karos Bauch da bald anderer Meinung sind.

Die Geschichte legt ein gutes Tempo vor. Karo tritt immer wieder in Fettnäpfchen, kann bald aber auch Erfolge feiern. Petra Hülsmann lässt ihre Protagonistin authentisch wirken und auch während Karos Tiefpunkten verliert die Geschichte nie ganz ihren lockeren Tonfall. Das führte dazu, dass ich diese süße Geschichte kaum aus der Hand legen konnte. Nach vielen witzigen Situationen wird es zum Ende hin noch einmal besonders emotional, was die Geschichte für mich gelungen abrundete.

„Wenn Schmetterlinge Loopings fliegen“ ist die perfekte Lektüre für Zwischendurch. Lest sie bei Sonnenschein im Strandkorb oder bei kühlerem Wetter gemütlich auf dem Sofa. Euch erwartet eine sympathische Protagonistin, die trotz Karriereambitionen gerne mal ins Fettnäpfchen tritt und ein berühmter Fußballer, bei dem es herauszufinden gilt, ob er wirklich so ätzend ist, wie es im ersten Moment den Anschein hat. Worauf wartet ihr also noch? Von mir gibt’s eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 08.07.2021

Ein Anruf, nach dem nichts mehr ist wie zuvor

Die Verlorenen
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Jonah Colley arbeitet seit einigen Jahren beim bewaffneten Eliteteam der Metropolitan Police in London. Eines Abends sitzt er mit Kollegen im Pub, als er einen Anruf von Gavin erhält, der einst sein bester ...

Jonah Colley arbeitet seit einigen Jahren beim bewaffneten Eliteteam der Metropolitan Police in London. Eines Abends sitzt er mit Kollegen im Pub, als er einen Anruf von Gavin erhält, der einst sein bester Freund war. Die beiden sind zusammen zur Schule gegangen und haben zur selben Zeit die Probezeit bei der Polizei durchlaufen, danach ist Gavin jedoch in die Einheit für Gangkriminalität und organisiertes Verbrechen gewechselt. Gavins Anruf ist ihr erstes Gespräch seit Jahren. Er bittet Jonah, um Mitternacht allein zum Slaughter Quay zu kommen. Vor Ort erwartet ihn ein schockierender Anblick, und die Gefahr ist noch nicht gebannt. Was Jonah erlebt kostet ihn fast das Leben und macht ihn zum Verdächtigen in einem Mehrfachmord. Während er wild entschlossen ist, den Täter zu finden, erhärtet sich bei den Ermittlern der Verdacht gegen ihn selbst...

Schon auf den ersten Seiten des Buches herrscht Hochspannung, denn Jonahs Erlebnisse am dunklen Slaughter Quay sind schockierend und werfen gleichzeitig zahlreiche Fragen auf. Weder Jonah noch der Leser wissen, wie die Ereignisse zu deuten sind. Doch für die beiden Ermittler, die ihn im Krankenhaus besuchen, wo er nach einer Notoperation wieder zu Bewusstsein kommt, klingt seine Geschichte nicht ganz schlüssig. Wer hat hier seine Finger im Spiel?

Eigentlich müsste Jonah sich Zeit nehmen, um zu Kräften zu kommen, doch das Erlebte und die Indizien lassen ihm keine Ruhe. Es scheint eine Verbindung zum Verschwinden seines Sohnes vor zehn Jahren zu geben. War es vielleicht doch kein tragischer Unfall, wie man Jonah damals weismachen wollte? Wollte ihm Gavin mitteilen, mit dem er nie wieder wird sprechen können? In Rückblicken erfuhr ich mehr über die Ereignisse zehn Jahre zuvor und welche Konsequenzen sie für Jonah hatten. In der Gegenwart tut sich Jonah schwer mit dem Versuch, weitere Informationen zu erhalten. Eine gut informierte Journalistin macht seine Situation noch verzwickter. Vielleicht kann ihr Wissen für ihn aber noch von Nutzen sein?

Die zahlreichen Fragezeichen in meine Kopf haben mich neugierig weiterlesen lassen. Immer wieder gibt es ruhigere Phasen, bevor überraschende Ereignisse oder Informationen die Handlung in eine neue Richtung lenken. Jonahs Entscheidung, auf eigene Faust nach Antworten zu suchen, wurde verständlich dargestellt. Er will jedoch ständig mit dem Kopf durch die Wand, ein Verhalten, das ich auf Dauer anstrengend fand. Lange tappte ich im Dunkeln und habe mit der Auflösung nicht gerechnet. Für mich gab es bei dem zugrundeliegenden Motiv jedoch ein paar Ungereimtheiten. Insgesamt ist „Die Verlorenen“ ein düsterer, atmosphärischer Auftakt zu einer neuen Reihe. Wer Lust hat, abseits der Hunter-Serie etwas aus der Feder von Simon Beckett zu lesen, dem kann ich diesen Thriller empfehlen!

Veröffentlicht am 11.03.2020

Eine Leiche im Kopenhagener Caritasbrunnen

Glasflügel
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Am frühen Morgen wird im Caritasbrunnen in Kopenhagen die Leiche einer Pflegerin gefunden. Jeppe Kørner übernimmt die Ermittlungen und erhält schon bald die Information, dass die Frau durch kleine Schnitte ...

Am frühen Morgen wird im Caritasbrunnen in Kopenhagen die Leiche einer Pflegerin gefunden. Jeppe Kørner übernimmt die Ermittlungen und erhält schon bald die Information, dass die Frau durch kleine Schnitte an den Handgelenken und an der Leiste verblutet ist. Videoaufnahmen zeigen, dass der Täter sie mit einem Lastenrad zum Brunnen transportiert hat, doch sein Weg lässt sich nicht nachverfolgen. Am nächsten Morgen wird eine zweite Leiche in einem anderen Brunnen gefunden. Der einzige Verbindungspunkt: Die beiden haben vor einigen Jahren in der Wohnstätte Sommerfulgen gearbeitet, einer psychiatrischen Einrichtung für Kinder und Jugendliche. Ist dort etwas vorgefallen, aus dem sich ein Motiv ergibt? Während Jeppe ermittelt, befindet sich Annette Werner in Elternzeit. Doch die Untätigkeit macht ihr zu schaffen, zu gerne würde auch sie einen Beitrag leisten.

Der dritte Fall von Katrine Engbergs Kopenhagen-Serie beginnt mit einer Szene, in der eine Krankenschwester im Begriff ist, einem Patienten eine Überdosis Medikamente zu verabreichen. Nach diesem kurzen Intro springt die Geschichte sechs Tage in der Zeit zurück. Hier wird Jeppe Kørner zu einer Toten in einem Brunnen gerufen wird, was erst einmal keine Verbindung zum Intro zu haben scheint.

Jeppe muss in dieser Ermittlung ohne Annette auskommen, die sich nach der Geburt ihrer Tochter in Elternzeit befindet. Ein konkreter Anhaltspunkt bietet sich erst, als am nächsten Tag eine zweite Leiche gefunden wird und es mit der Wohnstätte Sommerfulgen, die schon vor einiger Zeit geschlossen wurde, eine konkrete Verbindung zwischen beiden Opfern gibt. Die Ermittler versuchen, die weiteren ehemaligen Mitarbeiter und Patienten zu finden. Die Befragten geben allerdings zu Protokoll, dass sich aus der Zeit dort keinerlei Motiv ergeben würde, während andere nicht auffindbar sind.

Ich war schnell mittendrin in der Geschichte und rätselte mit, was in Sommerfulgen passiert sein könnte. Allmählich kommen erste Ungereimtheiten ans Licht, denen nachgegangen werden kann. Mir hat es gefallen, dass es neben der klassischen Ermittlungsarbeit auch wieder Einblicke ins Privatleben der Charaktere gibt. Jeppe und Sara sind sich bereits im zweiten Band nähergekommen, was auf der Arbeit weiterhin nicht bekannt werden soll. Gleichzeitig fragt Jeppe sich, ob das Ganze eine Zukunft hat. Annette spielt trotz Elternzeit eine Rolle und auch mit Esther de Laurenti und Gregers gibt es ein Wiedersehen.

Jeppe gerät als Ermittlungsleiter zunehmend unter Druck. Als Leser erhält man zusätzliche Einblicke, durch die man einen Wissensvorsprung gegenüber der Polizei hat. Dadurch kann man einige Entwicklungen erahnen, was die Spannung weiter steigen ließ. Schließlich kommt es zu einem spektakulären Showdown, der für meinen Geschmack zu effekthascherisch und wenig plausibel war.

„Glasflügel“ ist der dritte Kopenhagen-Thriller aus der Feder von Katrine Engberg, in dem wie schon in den Vorgängern mehrere Morde auf einmal aufgeklärt werden müssen. Wer Thriller mit klassischer Ermittlungsarbeit und Einblicken in das Privatleben der Ermittler mag, der ist hier genau richtig!