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Veröffentlicht am 13.08.2019

Hiermit ist Scott nicht All-in gegangen

All In - Zwei Versprechen
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„All In – Tausend Augenblicke“ war im letzten Jahr echte Perfektion für mich, da Emma Scott mit diesem Buch ein Wagnis eingegangen ist und haushoch gewinnen konnte. In einem NA-Genre, in dem doch vieles ...

„All In – Tausend Augenblicke“ war im letzten Jahr echte Perfektion für mich, da Emma Scott mit diesem Buch ein Wagnis eingegangen ist und haushoch gewinnen konnte. In einem NA-Genre, in dem doch vieles Einerlei ist, stach dieses Buch natürlich automatisch heraus, weil es nicht so endet, wie 99,9% der anderen Bücher. Und trotzdem konnte es so viele Leser überzeugen, weil es ohne Hemmungen ganz tief in die Gefühlskiste gegriffen hat. Da konnte kein Auge trocken bleiben. So sehr Band 1 also schon ein Wagnis war, so viel mehr ist es dann Band 2 und der Gedanke, dass es für Kacey weitergeht und das ausgerechnet mit Jonahs Bruder, Theo. Aber Band 1 konnte schon überraschen, warum nicht also auch Band 2?

So sehr ich in meinen einleitenden Worten nun das Wagnis gelobt habe, für das der erste Band ist, so sehr hänge ich natürlich auch an gewissen Konventionen des Genres. Wenn ein Autor ausbricht, dann muss es für mich gut begründet sein und mich ganz tief drinnen berühren. Dass Kacey nun generell eine zweite Liebesgeschichte bekommen soll, ist generell wichtig, denn auch ich bin überzeugt, dass das menschliche Herz groß genug ist, um viele Menschen lieben zu können, auf die unterschiedlichste Art und Weise. Aber bei Theo muss man natürlich erst schlucken, weil er an Jonah so nah dran ist, so dass sich automatisch Vergleiche aufdrängen, so dass man auch in der Sprache der Autorin auf jede Kleinigkeit achtet. Genau das ist bei mir nun in diesem Buch passiert und das Resultat ist ein sehr zwiespältiges.

Theo als Charakter finde ich wunderbar. Schon im ersten Band fand ich die Brüderbeziehung mit Jonah so wunderbar und innig, auch wenn man dort natürlich schon ahnen konnte, dass auch er Gefühle für Kacey hat. Durch seine Perspektive kann man jetzt intensiv in seine Figur einsteigen und da lohnt sich jede Minute, da er ein einfühlsamer, loyaler und herzensguter Mensch ist, den man einfach mögen muss. In seiner Beziehung zu Kacey sehe ich aber dennoch Probleme. Sie haben einige wirklich wunderbare Momente, die auch exklusiv für diese beide stehen, weil Theo durch seine Art ja auch ganz neue Aspekte einbringt, aber wenn die Autorin selbst oft genug Vergleiche streut, dann sträubt sich bei mir alles. Wenn ich die Beziehungen vergleiche, dann passiert das unbewusst, ich kann es nicht unterdrücken. Wenn es aber die Autorin macht, empfinde ich es als unfair. Warum muss nach den Liebesszenen betont werden, dass Kacey noch nie so befriedigt wurde? Warum muss Theo der einzige logische Mann sein, den sie ihren Eltern vorstellen will? Hier hat mir einfach das Fingerspitzengefühl gefehlt, das aber in anderen Situationen eben doch da war. Scott hat sich also selbst ein Bein gestellt.

Zuletzt möchte ich noch erwähnen, dass ich das Erzähltempo der Geschichte als sehr unausgewogen empfunden habe. Gerade der Trauerprozess am Anfang war sehr detailliert und dadurch auch echt einnehmend. Aber nach Kaceys Entzug wird in vielen Dingen sehr auf die Tube gedrückt. Sie hat kaum mal gedankliche Rückfälle, sie verliebt sich ruckzuck in Theo, dessen Tattowierkunst wird immer wieder angesprochen, aber dann doch eher nur nebenbei behandelt. Es gab einiges, was man durchaus noch sinnvoller hätte ausbauen können. Dafür hätte man dann andere überflüssigere Aspekte weglassen können. So richtig diese Band für Kacey auch war, erzählerisch hat Scott das nicht so wunderbar inszenieren können wie zuvor.

Fazit: „All In – Zwei Versprechen“ und ich führen eine zwiespältige Beziehung. Es blitzt erneut diese ungeheure Tiefe und Emotionalität durch, die nur wenige Autoren kreieren können, aber gleichzeitig macht Emma Scott selbst Vergleiche zum wunderbaren Vorband und legt sich damit selbst aufs Knie. Band 2 hat zwar seine Daseinsberechtigung, aber vom Handwerk her ist es nicht perfekt.

Veröffentlicht am 01.08.2019

Wenig Inhalt auf vielen Seiten

Rat der Neun - Gegen das Schicksal
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Der erste Band von „Der Rat der Neun“ ist im Januar 2018 auf den deutschen Buchmarkt gekommen und es gab einige Vorwürfe wegen Rassismus. Ich habe das Buch ganz unabhängig von dieser Diskussion gelesen, ...

Der erste Band von „Der Rat der Neun“ ist im Januar 2018 auf den deutschen Buchmarkt gekommen und es gab einige Vorwürfe wegen Rassismus. Ich habe das Buch ganz unabhängig von dieser Diskussion gelesen, weil ich vor allem interessiert war, was Veronica Roth abseits von „Die Bestimmung“ noch schreiben kann. Ist sie eine Eintagsfliege oder eine tolle Erzählerin? Ich konnte inhaltlich von dem ersten Band überzeugt werden, auch wenn mir die Komplexität des Ganzen schon dort aufgefallen ist. Das Ganze ist sogar so komplex, dass ich weit über ein Jahr später doch arge Probleme hatte, mich wieder in die Welt und die Figuren einzudenken. Ich habe mindestens ein Viertel des Buchs immer wieder mit mir gehadert, ob ich die Lektüre wohl abbreche, weil ich nicht so recht reinfinden wollte, aber irgendwann konnte es doch noch Klick machen.

Ich denke, dass ich mich aber nicht nur wegen der Komplexität sehr schwergetan habe, sondern auch, weil auf den über 500 Seiten im Verhältnis wirklich wenig passiert. Natürlich kann ich mich nicht mehr an alle Details aus dem ersten Band erinnern, aber dort ist wirklich wesentlich mehr passiert als in diesem zweiten Band. Selbst entscheidende Handlungen wurden nur von Hörensagen wiedergegeben und dafür, dass sich das Planetensystem im Krieg befindet, werden wir nicht einmal Zeuge einer Kriegshandlung. Hinzu kommt, dass dieser Band bereits den Abschluss bildet, da es sich nur um eine Dilogie handelt. Dafür wurde die ganze Welt zu sehr aufgebauscht, so dass es enttäuschend ist, dass die Geschichte so unspektakulär endet.

Dieser Band lebt viel von inneren Dialogen und das aus gleich dreifacher Sicht: Cyra, Akos und Cisi. Alle haben spannende Perspektiven, keine Frage, weil sie charakterlich auch so unterschiedlich sind, aber es war doch auf Dauer etwas ermüdend, dass aus keiner Richtung so richtig was passieren wollte. Stattdessen sind wir Zeugen von sehr ausführlichen inneren Konflikten geworden. Eigentlich finde ich solche inneren Reisen zur Selbsterkenntnis immer sehr spannend und sie sind auch hier durchaus gelungen, aber dieses Buch ist einfach von der Grundthematik nicht für diesen Schwerpunkt gedacht. Da es aber so gekommen ist, ist der zweite Band überwiegend vergeudetes Potenzial.

Auch wenn diese Abschnitte bisher viel Gemecker enthalten, hat das letzte Viertel durchaus noch einmal gut das Tempo angezogen und gerade Akos und Cyra haben beide noch ihre großen Momente erhalten, die von Anfang an für sie vorgesehen waren. In der Gesamtsicht der Dilogie ist das aber einfach zu wenig. Das Ende ist zwar durchaus sauber, aber alleine durch das letzte Kapitel bekommt man noch mal vorgeführt, dass es noch genug gegeben hätte, um weiterzuerzählen. So überlässt Roth die Geschichte nun unserer Fantasie.

Fazit: Der zweite Band von „Die Rat der Neun“ kann mit dem Vorgängerband leider nicht mithalten, weil es zu viel um Charakterentwicklung ging, während die Action auf der Strecke blieb. Insgesamt entsteht so der Eindruck, dass die aufgebaute Welt selbst für die Autorin zu viel wurde, da sie das Potenzial schlicht nicht ausgenutzt hat.

Veröffentlicht am 27.07.2019

Erst eine späte Jagd

Jagd auf die Bestie (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 10)
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Der letzte Chris-Carter-Thriller „Blutrausch“ ist mit einer ziemlichen Überraschung geendet, denn Lucien Folter, den wir als brutalen Gegenspieler aus „Die stille Bestie“ kennen, ist aus dem Gefängnis ...

Der letzte Chris-Carter-Thriller „Blutrausch“ ist mit einer ziemlichen Überraschung geendet, denn Lucien Folter, den wir als brutalen Gegenspieler aus „Die stille Bestie“ kennen, ist aus dem Gefängnis ausgebrochen und schwört Robert Hunter Rache. Ich habe mich sehr auf diesen nun zehnten Band mit dem Titel „Die Jagd nach der Bestie“ gefreut, weil Hunter und Lucien wirklich ebenbürtige Gegenspieler waren und die ganzen Entwicklungen haben Hunter unheimlich menschlich und verletzlich gemacht. Dies war doch ein deutlicher Ausbruch aus der sonstigen Routine, die zwar qualitativ hochwertig ist, die aber auch immer mal Abwechslung vertragen kann.

So groß meine Freude auf diesen Band war, so schnell musste ich jedoch auch merken, dass die Erwartungen wohl zu hoch waren, denn so richtig wollte das Geschehen nicht in Gang kommen. Luciens Perspektive war überwiegend mit langatmigen Beschreibungen versehen, während bei Hunter und Garcia ständige Wiederholungen geboten wurden, die aber noch nicht mal die entscheidenden Details enthielten. Selbst das typischer Carter-Stilmittelt, die Kapitel immer extrem spannend enden zu lassen, wollte nicht so recht funktionieren. Dieser Eindruck hat sich leider sehr lange hingezogen und dabei taten sich dann auch noch weitere Probleme auf.

Wenn ich schon so einer komplexen Persönlichkeit wie Lucien hinter die Birne schauen darf, dann will ich sein Denken auch wirklich hautnah erleben. Stattdessen wirkte alles aus seiner Perspektive gefiltert. Es wirkte fast blumig, so dass man eigentlich gar nicht glauben will, dass er wirklich eine „Bestie“ ist. Auf der anderen Seite ist Hunter in diesem Band sehr passiv geblieben. Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass sein üblicher Spürsinn nicht klappen wollte. Das beste Beispiel ist da seine Verbindung zu Tracy und dass er noch nicht mal die Möglichkeit ins Auge gefasst hat, dass diese in Gefahr sein könnte. Zudem haben wir etwas aus ihrem Leben erfahren, was angerissen, aber nie zu Ende geführt wurde. Hier hat mir dann noch die letzte Konsequenz gefehlt.

Erst wirklich spät, auf den letzten 100 Seiten, was nur ein Viertel des Thrillers ausmacht, zieht auf einmal das Tempo und damit auch die Faszination und Spannung an. Endlich wird das Geschehen dem Titel gerecht und man merkt, dass nicht mehr alle Lucien blind hinterherlaufen, sondern dass es wirklich einen Plan gibt. Das Ende ist so genial, wie Carter es nun mal liefern kann. Besonders hat mich gefreut, dass Garcia dabei so strahlen durfte. Aber insgesamt war das doch zu wenig.

Fazit: Ausgerechnet der Jubiläumsband, „Die Jagd nach der Bestie“, kommt etwas zäh daher. Ewig lange will keine Spannung aufkommen, zudem wirkt Hunter lustlos und die Bestie wird ihrem Namen nicht gerecht. Erst das Ende kann wieder versöhnen, aber es ändert nichts am Status eines sehr schwachen Buchs von Chris Carter.

Veröffentlicht am 21.06.2019

Löst sich nicht logisch genug auf

Kalte Wasser
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Der Klappentext entsprach genau dem Beuteschema, das ich zuletzt im Bereich des Spannungsromans bzw. Psychothrillers sehr gerne gelesen habe: eine meist weibliche Protagonistin erlebt etwas Schlimmes, ...

Der Klappentext entsprach genau dem Beuteschema, das ich zuletzt im Bereich des Spannungsromans bzw. Psychothrillers sehr gerne gelesen habe: eine meist weibliche Protagonistin erlebt etwas Schlimmes, doch niemand glaubt ihr, so dass sie an ihrem eigenen Verstand zu zweifeln beginnt. Zudem sah das Cover unheimlich düster aus, so dass ich mich gerne auf diese Lektüre eingelassen habe, vor allem in der Hoffnung, dass sie mir kalte Schauer über den Rücken laufen lässt.

In der Gesamtsicht muss ich sagen, dass das Buch abschnittsweise gänzlich unterschiedliche Eindrücke auf mich gemacht hat. Der Beginn mit der Geburt der Zwillinge ist sprachlich explizit, nach einigen Passagen kann man gar keine Kinder mehr wollen. Zudem bekommt man schon eine Atmosphäre geboten, in der man merkt, dass es tatsächlich sehr düster und trist zugeht. Die Ehe der Protagonistin ist nicht rosarot und sie selbst hat mit Wochenbettdepressionen zu kämpfen. Stellenweise war mir das alles schon fast zu viel, da sich dagegen im Bereich der Handlung wenig getan hat, so dass man erstmal regelrecht von Laurens Gefühlen erdrückt würde.

Endlich geht dann der Teil los, in der die versuchte Kindesentführung losgeht und bei Lauren damit die Überzeugung, dass sie und ihre Babys nicht mehr sicher sind. Damit eingeführt wird noch eine weitere Protagonistin, Jo Harper, die als Polizistin tätig ist und als Einzige Laurens Beobachtungen nicht gänzlich in Frage stellt. Ich war froh über sie, da sie einen guten Gegenpol zu Lauren geboten hat. Bei ihr gab es keine Zweifel an ihrem Gesundheitszustand, zudem hat sie eine eigene Geschichte, die sehr nahbar macht. Als Polizistin ist sie instinktiv, mutig und ausdauernd. Ihre Passagen habe ich unheimlich gerne gelesen, zumal ihre Perspektive eben auch die war, über die man zur Rätsels Lösung kommen würde.

Bei Lauren war eben vieles im Argen. Man wusste nicht, was stimmt jetzt, was stimmt nicht, aber dennoch war ihre Perspektive spannend, da bei ihr eben die mysteriösen Dinge von sich gingen. Insgesamt war die ganze Idee und die Vorkommnisse extrem gut dazu geeignet, wild zu spekulieren, was letztlich die Erklärung ist. Es wird unheimlich viel dafür aufgebaut, man erwartet am Ende den großen Knall, aber das Ende kann diesem Spannungsaufbau nicht gerecht werden. Es war sicherlich geschickt, den Leser auf die falsche Fährte zu locken. Das erkenne ich gerne an. Aber warum ist das Nachwort so sehr auf die Märchen und Sagen fokussiert, obwohl der Ausgangspunkt der Geschichte doch eine ganz andere war, da es ja um psychische Erkrankungen ging. Genau dieser Aspekt wird meiner Meinung nach nicht ausführlich genug ausgeführt, dabei wäre es so genial gewesen, das noch mehr zu ergründen. Zudem bleibt für mich am Ende vieles offen. Vielleicht sollen wir Leser letztlich zweifeln, ob die ganze Geschichte überhaupt wahr ist, aber dabei fehlt mir einfach der Aha-Effekt.

Auch mit Harper bin ich zum Ende hin nicht mehr so glücklich gewesen. Ihre eigene persönliche Geschichte ist Ausgangspunkt dafür, dass sie sich in den Fall so reingehängt hat und dennoch wurde diese unheimlich oberflächlich nur besprochen. Da hätte man sie fast schon ganz weglassen können, denn ihren Instinkt für den Fall hätte man auch anders begründen können. Auch ihre Verbindung zu der Journalistin hat keinen entscheidenden Mehrwert gebracht, außer persönliches Drama, das ebenfalls nicht in die Geschichte gepasst hat. Während Laurens Geschichte am Ende doch in sich schlüssig ist, endet für Harper alles offen. Bei ihr und den anderen Figuren hätte ich mir gerne noch Hinweise erhofft, wie es für sie weitergeht.

Fazit: „Kalte Wasser“ kommt etwas gemächlich in Gang, baut dann aber eine sehr mysteriöse Konstruktion mit viel Spannung auf. Der starke Mittelteil erhält aber nicht ganz das Ende, was er verdient hätte. Vieles bleibt für mich leider offen und teilweise auch unlogisch, so dass es über eine durchschnittliche Lektüre leider nicht hinausgeht.

Veröffentlicht am 03.06.2019

Steht sich als Zweiteiler selbst im Weg

Falling Fast
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Der Abschied von der „Firsts“-Reihe ist mir wirklich sehr schwergefallen, da sich die Gruppe der unterschiedlichen Charakterköpfe wie eine kleine Familie anfühlte. Die Wehmut darüber wurde etwas ausgeglichen, ...

Der Abschied von der „Firsts“-Reihe ist mir wirklich sehr schwergefallen, da sich die Gruppe der unterschiedlichen Charakterköpfe wie eine kleine Familie anfühlte. Die Wehmut darüber wurde etwas ausgeglichen, da die neue Dilogie aus dem NA-Bereich von Bianca Iosivoni bereits angekündigt war und mit „Falling Fast“ ist nun der erste Band erschienen, der mit einem romantischen Cover aufwarten konnte und damit einmal mehr beweist, dass Lyx Cover kann.

Ich habe mich schnell in der Geschichte einfinden können, was vorderhand wohl an der Atmosphäre lag, die durch die Kleinstadt als Setting kreiert wurde. In den letzten Jahren hat es doch einige Reihen gegeben, die sich einen beschaulichen Schauplatz in Montana, Virginia etc. gesucht haben und ich merke immer wieder, dass mir das doch noch einmal mehr gibt, als hektische Settings wie Großstädte. Hailee, die Protagonistin, kennt dieses Kleinstadtgefühl gar nicht und wir lernen es mir ihr kennen und lieben. Die Landschaft wird bildhaft beschrieben, so dass bei mir direkt tolle Ideen im Kopf entstanden sind. Die Charaktere kennen sich alle untereinander, mit all ihren Stärken und Schwächen und dadurch fühlt es sich einfach wie ein zuhause an. Bei dem Ganzen hat mir auch sehr gefallen, dass Bianca für diese Reihe eine neue Erzählstimme gefunden hat. Man kann definitiv nicht auf den ersten Blick sagen: „Ach, das muss doch von der Bianca sein!“, da sie zwei total unterschiedliche Welten erschaffen hat und sich da jeweils adaptiert. Das macht eine gute Erzählerin auch aus.

Nach diesem dicken Lob muss ich nun leider etwas meine Euphorie ausbremsen. Ich habe in den letzten beiden Jahren mit viel NA festgestellt, dass ich die dort ansässigen Reihen lieber mag, wenn sie sich in jedem Band um ein anderes Pärchen drehen. Wird die Geschichte eines Paares über mehrere Bände verteilt (bestes Beispiel ist wohl im deutschsprachigen Raum die „Save“-Reihe von Mona Kasten), dann hat das meist zur Folge, dass zig Nebenschauplätze aufgemacht werden und dass sich die eigentliche Geschichte des Protagonistenpärchens irgendwann nur noch in die Länge zieht. Dieses Gefühl habe ich bei „Falling Fast“ leider auch, nur dass ich das Phänomen umgekehrt empfinde. Normalerweise findet man den ersten Band genial und fragt sich dann im zweiten Band, warum nichts mehr passiert. Hier hatte ich aber den Eindruck, dass sich für das Kennenlernen von Hailee und Chase unheimlich viel Zeit gelassen wurde. Grundsätzlich mag ich langsam erzählte Liebesgeschichten viel mehr als plötzliche aufflammende Liebesgeschichten, die nach zwei Wochen mit der Heirat enden. Dennoch ist bei Hailee und Chase stellenweise nichts passiert, weil wir uns aus zu sehr in dem Gedankenkarussell der jeweiligen Figur wiedergefunden haben.

Das hat auch zur Folge, dass ich extrem unterschiedlich mit den beiden Hauptfiguren klargekommen bin. Chase ist ein Goldschatz, dessen Gedanken wie ein offenes Buch vor uns liegen und der viel Empathie, Loyalität und Wärme hat. Dennoch wirkt er in seiner Art an keiner Stelle zu übertrieben, da wir auch seine Ecken und Kanten kennenlernen. Bei Hailee ergibt sich ein gänzlich anderes Bild. Sie wird extrem widersprüchlich dargestellt. Auf der einen Seite will man uns weismachen, dass sie sehr schüchtern ist, auf der anderen Seite stürzt sie sich in eine Mutprobe nach der anderen. Ich habe ihre Persönlichkeit nie recht zu packen bekommen, was aber zum Glück nichts an der Chemie zwischen ihr und Chase geändert hat, die stimmte. Am Ende von Band 1 erklärt sich schließlich, warum Hailee so undurchschaubar ist, denn die Autorin wollte ihr Geheimnis eben so lange wie möglich verschleiern. Das ist durchaus gelungen, ändert aber nichts an der Tatsache, dass das auf Kosten meiner Sympathie für Hailee ging.

Fazit: Nach Band 1 stehe ich nun also etwas ratlos da. Die Geschichte wurde toll erzählt, ich habe mich wunderbar in der Kleinstadt einfühlen können, ich habe zig Nebencharaktere liebgewonnen, aber auf Kosten eines Cliffhangers wurden eben andere Aspekte etwas zäh beziehungsweise unbefriedigend angepackt. Für mich ist das ganz klar das Risiko einer Dilogie, das sich hier leider zeigt. Dennoch schaue ich positiv auf Band 2, denn nun ist das Wichtigste auf dem Tisch. Verschleierungstaktiken können ad acta gelegt werden, nun kann es ans Eingemachte gehen und bei den tollen Voraussetzungen sollte das definitiv klappen!

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