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Veröffentlicht am 22.09.2019

"Manchmal glaube ich, wir sind keine Familie, sondern ein biologisches Experiment." (Al Bundy)

Der Ausflug
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Früher waren Matt Cutler und Claire Petersen mal ein Ehepaar, doch nun leben sie jeweils mit neuen Partnern in einer Beziehung. Allerdings verstehen sich Matt und Claire gut und kümmern sich liebevoll ...

Früher waren Matt Cutler und Claire Petersen mal ein Ehepaar, doch nun leben sie jeweils mit neuen Partnern in einer Beziehung. Allerdings verstehen sich Matt und Claire gut und kümmern sich liebevoll um die siebenjährige Tochter Scarlett. Als Matt seiner neuen Lebensgefährtin Alex den Vorschlag unterbreitet, zusammen mit Claire, deren Partner Patrick und Scarlett die Weihnachtsfeiertage gemeinsam in dem Ferienressort „Happy Forest“ zu verbringen, bricht Alex nicht gerade in Begeisterung aus, zu schräg scheint ihr die Idee zu sein, mit der Ex und dem neuen Partner in den Urlaub zu fahren. Aber nicht nur Alex hat Vorbehalte, auch Patrick ist nicht gerade im Jubeltaumel, zumal er seine eigenen halbwüchsigen Kindern über die Feiertage nun nicht zu sehen bekommt, dabei ist das Verhältnis zu seiner Exfrau schon schwierig genug. Trotzdem machen sich alle auf die Reise und treffen in „Happy Forest“ in dem gemieteten Bungalow aufeinander. Der Ferienaufenthalt ist minutiös geplant mit Wellness, Billard, Bogenschießen und dem Besuch des Weihnachtsmannes. Doch dann kommt alles ganz anders, wobei Scarlett und ihr imaginäres lila Kaninchen Posey nicht unerheblichen Anteil daran haben…
Caroline Hulse hat mit „Der Ausflug“ einen wunderbar unterhaltsamen Roman vorgelegt, der dem Leser den Spiegel vorhält und zum Nachdenken anregt. Der Erzählstil ist flüssig und lädt den Leser ein, sich schnell mit allen Protagonisten, ihren Gedanken und Gefühlen vertraut zu machen und sie bei ihrem ungewöhnlichen Ausflug zu begleiten. Durch die unterschiedlichen Perspektivwechsel werden zum einen die Stimmungen der einzelnen Ausflugsteilnehmer sehr gut eingefangen, zum anderen erfährt der Leser so einiges über die Vergangenheit und die Sichtweise der Protagonisten auf ihre Mitreisenden. Dabei treten so einige Dinge zutage, die bereits Konfliktpotential in sich bergen, die im Verlauf der Geschichte ans Tageslicht kommen. Sehr interessant sind auch die Szenen zwischen Scarlett und ihrem imaginären Freund Posey, einem lilafarbenen Kaninchen „Made in China“, die immer wieder Zwiesprache miteinander halten und für einige Missverständnisse und extremes Verhalten sorgen, was den Erwachsenen Kopfzerbrechen bereitet. Die Autorin hat in ihrer Geschichte ebenfalls aufgezeigt, wie schwierig es heutzutage ist, wo das normale Familienbild verschwindet und sich als Ersatz dafür die einzelnen Mitglieder wie bei einem Puzzle zusammensetzen, die sogenannte Patchworkfamilie. Spannend sind auch die eingeschobenen Verhörprotokolle der Polizei, die erst nach und nach Sinn ergeben. Auch die Ausschnitte aus der Werbebroschüre des Ferienressorts sind immer sehr exakt und passend zum nachfolgenden Kapitel gesetzt.
Die Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet und in Szene gesetzt. Sie wirken sehr lebendig, glaubwürdig und authentisch, so dass der Leser sich gut mit ihnen identifizieren und ihre Sorgen und Vorbehalte nachvollziehen kann. Scarlett ist eine etwas altkluge Siebenjährige, die ihre Gedanken hauptsächlich mit Posey teilt, laut mit ihm spricht und so den Erwachsenen oftmals ein Augenrollen entlockt, wobei sie den imaginären Freund aber keinesfalls ignorieren können und dürfen. Scarlett weiß genau, auf welche Knöpfe sie drücken muss, um ihren Willen zu bekommen. Matt ist ein lockerer Typ, der irgendwie in den Tag hinein lebt und das Leben nicht zu ernst nimmt. Alex ist eine Wissenschaftlerin, die keinerlei Erfahrung mit Kindern hat. Sie ist eher pragmatisch und trinkt seit Monaten keinen Alkohol mehr. Claire ist eine Powerfrau und lässt sich nichts vormachen. Sie steht zu ihren Entscheidungen und zieht sie auch durch. Patrick ist ein unsicherer Mann, der sich nach Anerkennung sehnt und sich nach seiner gescheiterten Ehe mit Claire endlich das große Glück erhofft. Walshey ist der nichtsnutzige Freund von Matt, der ohne seine Anwesenheit eine Krise auslöst. Aber auch Nicola und Ruby haben bemerkenswerte Auftritte in dieser Geschichte.
„Der Ausflug“ ist ein wunderbarer Roman über zwischenmenschliche Beziehungen, manchmal ironisch, manchmal ans Herz gehend, manchmal gescheitert, manchmal noch enger zusammengewachsen. Ein ereignisreiches Weihnachtsfest, das zu überraschen weiß und auch nachdenklich stimmt. Toll gemacht – absolut lesenswert!

Veröffentlicht am 13.09.2019

Vergebet Eurem Nächsten

Ganz aus Versehen verliebt
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1879 Texas. Ein Zugunglück wird für vier Waisenkinder zum Schicksal, die eigentlich die Hoffnung auf eine Pflegefamilie hatten. Die 4-jährige Evangeline verliert ihren älteren Bruder Hamilton und lernt ...

1879 Texas. Ein Zugunglück wird für vier Waisenkinder zum Schicksal, die eigentlich die Hoffnung auf eine Pflegefamilie hatten. Die 4-jährige Evangeline verliert ihren älteren Bruder Hamilton und lernt Zach und Seth kennen, die ebenfalls keine Angehörigen mehr haben. Die drei schließen sich zusammen und gründen eine Familie, die sich allerdings gegen allerlei behaupten muss, denn Evangeline fällt durch ihre unterschiedlichen Augenfarben auf, Seth leidet unter Asthma und Zach hat eine aggressive und unbelehrbare Art an sich, der sich aber verantwortungsvoll um seine Neufamilie kümmert und für den Lebensunterhalt sorgt. Nach einiger Zeit gelingt es ihm sogar, ihnen ein neues Zuhause auf einer Farm zu bieten, die er beim Glücksspiel gewonnen hat. Logan Fowler, der Sohn des ehemaligen Farmbesitzers lässt sich einige Jahre später auf dem Nachbargrundstück nieder, denn er plant, sich an Zach zu rächen, der seine Familie so ins Unglück hat stürzen lassen. Doch seine Pläne geraten schon bald ins Wanken, als er Evangeline kennenlernt…
Karen Witemeyer hat mit „Ganz aus Versehen verliebt“ einen wunderschönen historisch-angehauchten Roman vorgelegt, der nicht nur eine berührende Familiengeschichte bietet, sondern auch mit einer schönen Lovestory punkten kann. Der flüssig-leichte und fesselnde Erzählstil schleust den Leser sofort mitten in eine vergangene Zeit und in eine Geschichte hinein, die neben tragischen Schicksalsschlägen auch große Emotionen und einiges an Spannung zu bieten hat. Nicht nur die damaligen Lebensumstände werden von der Autorin wunderbar gezeichnet, sondern sie lässt auch einige Dramen im Leben ihrer Protagonisten passieren, die beim Leser das ganze Gefühlsbarometer zum Einsatz kommen lassen. Der Familienzusammenschluss unter völlig Fremden war eine erfrischende neue Idee und zeugt von Nächstenliebe, Mitgefühl und Verantwortungsbewusstsein. Gerade hier wird der christliche Aspekt deutlich, denn hier wird Glaube gelebt. Aber es geht in dieser Geschichte auch um Verzeihen, Vertrauen und Offenheit, die die Charaktere teilweise an ihre Grenzen bringt, während es anderen erstaunlich leicht wird. Zudem sind alle Protagonisten entweder äußerlich durch prägende Male gezeichnet, von einer Krankheit gehandicapt oder fallen durch ihr Auftreten auf.
Die Charaktere sind liebevoll ausstaffiert und individuell in Szene gesetzt, sie besitzen glaubwürdige Ecken und Kanten, weshalb sie dem Leser schnell ans Herz wachsen und mit ihnen fühlen lassen. Evangeline ist eine außergewöhnliche junge Frau, sie ist trotz vergangener Schicksalsschläge mit Optimismus gesegnet. Zudem weiß sie, den Gegner mit den eigenen Waffen zu schlagen, trägt das Herz auf der Zunge und besitzt Stärke. Logan ist von Rache zerfressen, er leidet noch immer unter dem Selbstmord seines Vaters. Sein Charakter entwickelt sich im Verlauf der Geschichte in positivem Sinne, denn er fängt an, die Dinge in einem anderen Licht zu sehen und andere Möglichkeiten gelten zu lassen. Auch Seth und Zach sind in ihrem Wesen starke und überzeugende Persönlichkeiten, die der Handlung zusätzlich Spannung verleihen.
„Ganz aus Versehen verliebt“ ist ein wunderbarer (Liebes-)Roman, der mit einer spannenden Handlung, glaubhaft dargestellten zwischenmenschlichen Beziehungen und gut eingebrachten Botschaften überzeugt. Sehr schönes Lesevergnügen mit verdienter Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 12.09.2019

Erika-Schwester Martha

Die Hafenschwester (1)
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1892-97 Hamburg. Das ärmliche Gängeviertel in Hamburg ist die Heimat der 14-jährigen Martha. Als ihre Mutter und Schwester Anna an der Cholera sterben und ihr Vater sich dem Alkohol zuwendet, muss sie ...

1892-97 Hamburg. Das ärmliche Gängeviertel in Hamburg ist die Heimat der 14-jährigen Martha. Als ihre Mutter und Schwester Anna an der Cholera sterben und ihr Vater sich dem Alkohol zuwendet, muss sie fortan für den Lebensunterhalt der restlichen Familie sorgen und arbeitet erst als Krankenwärterin, um dann eine Ausbildung als Erika-Krankenschwester im Eppendorfer Krankenhaus zu beginnen. Martha ist fleißig und arbeitet hart, entgegen aller Widrigkeiten, die ihren Weg kreuzen, kämpft sie sich nach oben und wird sogar zur OP-Schwester, wobei sich einige wichtige Personen für sie verwenden, die ihre Fähigkeiten erkannt haben. Marthas Freundin Milli hingegen ist der Grausamkeit des eigenen Vaters ausgesetzt und muss sich als Prostituierte verdingen. Tagaus tagein hofft Milli, ihrem Vater zu entkommen und ein neues Leben in Amerika zu beginnen. Doch bis Träume sich erfüllen, ist es ein langer Weg voller Stolperfallen…
Melanie Metzenthin hat mit „Die Hafenschwester – Als wir zu träumen wagten“ einen wunderbaren Auftakt für ihre historische Hafenschwester-Serie vorgelegt, der keine Wünsche offen lässt. Der Schreibstil ist flüssig, atmosphärisch-dicht und gefühlvoll, mit den ersten Zeilen darf der Leser ins Hamburg des 19. Jahrhunderts eintauchen und das Los der Stadt zur damaligen Zeit miterleben, während er sowohl das Schicksal von Martha und Milli mitverfolgt. Aufgrund sehr guter und akribischer Recherche gewährt die Autorin dem Leser nicht nur einen sehr guten Einblick in die Gesellschaftsstrukturen und politischen Verhältnisse, sondern lässt ihn auch die Auswüchse der Choleraepidemie erleben, den Arbeiterstreik im Hafen, den Kampf der Krankenschwestern und Ärzte um das Leben der Kranken sowie die Anfänge der Frauenrechtsbewegung. Die Autorin spielt während der Handlung mit dem gesamten Gefühlsbarometer des Lesers, denn ihre Geschichte ist voller Emotionen und ebenso bildhaft, so dass man sich mitten im Geschehen wähnt. Eine unterschwellige Spannung durchzieht die gesamte Handlung und lässt den Leser regelrecht an den Seiten kleben.
Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und in Szene gesetzt. Jeder von ihnen besitzt individuelle Ecken und Kanten, die sie glaubhaft und authentisch wirken lassen, was es dem Leser sehr leicht macht, sich ihnen nahe zu fühlen, mit ihnen zu hoffen und zu bangen. Martha ist eine außergewöhnliche Protagonistin, denn sie strahlt nicht nur Optimismus, Mut und Stärke aus, sondern besitzt auch Herz, Mitgefühl und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Auch Hartnäckigkeit ist eine ihrer herausragenden Eigenschaften, die ihr neben Fleiß oftmals zugutekommt. Milli ist eine geschundene Seele, die sich gegen ihren grausamen Vater nicht zu wehren weiß. Sie wirkt oft verzweifelt und nur mit Marthas Hilfe erlangt sie die Kraft, sich durchzukämpfen, denn ihre Freundin lässt sie nie im Stich. Marthas Bruder Heinrich ist ein lieber Kerl, der ein besonders gutes Verhältnis zu seiner Schwester hat und immer zu ihr steht. Dr. Schlüter ist ein wichtiger Unterstützer für Martha, während Auguste ihre größte Widersacherin ist. Aber auch Susanne, Carola und Ingenieur Studt ergänzen die Handlung und machen sie rundum sehr gelungen.
„Die Hafenschwester – Als wir zu träumen wagten“ ist ein wunderbarer und gefühlvoller Roman vor historisch belegtem Hintergrund, der Fiktion und Wahrheit auf sehr schöne Weise miteinander vermischt und den Leser von der ersten Seite an zu fesseln weiß. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Lesehighlight! Chapeau – alles richtig gemacht!

Veröffentlicht am 10.09.2019

"Ihr Kinderlein kommet..."

Die Zeit der Weihnachtsschwestern
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Weihnachten steht vor der Tür und Suzanne McBride hofft auf ein Wiedersehen mit ihren drei Adoptivtöchtern Hannah, Posy und Beth, die inzwischen erwachsen sind, eigene Familien haben und sich kaum noch ...

Weihnachten steht vor der Tür und Suzanne McBride hofft auf ein Wiedersehen mit ihren drei Adoptivtöchtern Hannah, Posy und Beth, die inzwischen erwachsen sind, eigene Familien haben und sich kaum noch sehen lassen in ihrem schottischen Zuhause. Doch diesmal scheint der Wunsch von Suzanne Wirklichkeit zu werden, denn alle ihre Mädchen folgen ihrer Einladung. Blöd nur, dass ausgerechnet jetzt eine saftige Erkältung Suzanne flachlegt und ihre Mädels als Pflegerinnen einspringen müssen. Die charakterlich recht unterschiedlichen Schwestern haben seit Jahren kein enges Verhältnis mehr untereinander und tragen selbst so einige Sorgen und Geheimnisse mit sich herum. Je länger sie unter einem Dach sind, umso mehr drängen diese an die Oberfläche und wollen ausgesprochen werden. Wird es den Schwestern gelingen, sich wieder anzunähern und gemeinsam mit ihrer Mutter ein schönes Weihnachtsfest erleben?
Sarah Morgan hat mit „Die Zeit der Weihnachtsschwestern“ einen sehr unterhaltsamen und vor allem berührenden Roman vorgelegt, der neben einer gut durchdachten Story auch genügend Glitzer und Weihnachtsgefühl verströmt, dass der Leser sich schon einmal auf die baldige Jahreszeit einstimmen kann. Der Erzählstil ist flüssig-leicht, emotional und tiefgründig, denn diesmal geht es nicht vorrangig um Romantik, sondern um Probleme, wie sie in den besten Familien vorkommen können. Mit unterschiedlichen Perspektiven ihrer Protagonisten lässt die Autorin den Leser die einzelnen Frauen der Familie kennenlernen und legt dabei auch deren Gefühls- und Gedankenwelt offen. Der Leser ist schnell ein unsichtbares McBride-Mitglied und erlebt hautnah, wie tief die einzelnen Konflikte schwelen und wie sehr sich alle gefühlsmäßig voneinander entfernt haben. Die Geschichte in einem kleinen verschneiten Nest in Schottland stattfinden zu lassen, hat etwas Verwunschenes und Gemütliches. Hier kann man sich kaum aus dem Weg gehen, sondern wird immer wieder mit seinen Problemen untereinander konfrontiert. Die Landschaftsbeschreibungen sind malerisch und versprühen die richtige Stimmung zum Weihnachtsfest.
Die Charaktere sind detailliert ausgestaltet und mit ihren Ecken und Kanten wirken sie wie aus dem Leben gegriffen. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen, denn sie sind glaubwürdig und greifbar, so dass sie schnell zu Vertrauten werden. Sowohl Beth als auch Posy und Hannah wurden von Suzanne liebevoll zu selbstbewussten Frauen erzogen. Sie alle eint, dass sie in ihrem Leben vom Schicksal schon gebeutelt wurden und alles mit sich allein abgemacht haben, anstatt sich an das Naheliegendste zu wenden: die Familie, die Eltern, die Geschwister. So hat sich über die Jahre eine immer größer werdende Distanz aufgebaut, die nur schwer zu überbrücken ist. Dabei ist gerade die Familie das, was einen auffängt, wenn man am Boden liegt. Das müssen die Schwestern allesamt neu lernen, die nötige Stärke dazu besitzen sie bereits. Von allen Frauen ist Suzanne das herausragende Familienmitglied, sie verströmt so viel Mutterliebe und Wärme, dass man sich ihr als Leser auch sofort anvertrauen würde.
„Die Zeit der Weihnachtsschwestern“ ist diesmal kein Liebesroman, sondern eine tiefer gehende Familiengeschichte, in der Verzeihen und Vertrauen die wichtigsten Eckpunkte sind. Farbenfroh und berührend erzählt, wunderbar passend für einen Nachmittag auf der Couch, während draußen klirrende Kälte und Schneegestöber herrscht. Sehr empfehlenswert.

Veröffentlicht am 08.09.2019

Das Schicksalsschloss

Wo die Hoffnung blüht
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Nach dem Tod ihrer Eltern ist Ellie Carver bei ihrer geliebten Großmutter Viola, einer emeritierten Collegeprofessorin, in einem liebevollen und behüteten Zuhause aufgewachsen. Inzwischen lebt Viola in ...

Nach dem Tod ihrer Eltern ist Ellie Carver bei ihrer geliebten Großmutter Viola, einer emeritierten Collegeprofessorin, in einem liebevollen und behüteten Zuhause aufgewachsen. Inzwischen lebt Viola in einem Pflegeheim, da sie an Alzheimer erkrankt ist. Als Ellie sie dort besucht, fällt ihr ein ihr unbekanntes altes Foto aus dem Jahr 1944 ins Auge, dass eine junge und verliebte Viola mit einem unbekannten Mann in einem Weinberg zeigt, der auf keinen Fall Ellies Großvater ist. Auf Ellis Nachfragen erzählt Viola bruchstückhaft von einer alten französischen Schlossruine, dem Widerstand im Krieg und einer alten vergangenen Liebe. Die Neugier treibt Ellie nach Frankreich in Loiretal, um sich auf die Spuren von Violas und ihrer Familiengeschichte zu machen, wobei sie so einige Hindernisse überwinden muss und so viel mehr erfährt…
Kristy Cambron hat mit „Wo die Hoffnung blüht“ einen wunderschönen Roman vorgelegt, der nicht nur über drei Zeitepochen ein Schloss als Dreh- und Angelpunkt hat, sondern auch mit einer genialen Verflechtung der verschiedenen Handlungsstränge punkten kann. Der Schreibstil ist flüssig, bildgewaltig und sehr intensiv, der Leser taucht mit der ersten Zeile regelrecht in die Geschichte ein und kann sich von den Seiten kaum lösen. Die Handlung setzt sich aus drei verschiedenen Strängen zusammen, wobei der erste mit der Gegenwart um Ellie den Rahmen bildet. Der zweite lässt in einem Rückblick das Leben von Großmutter Viola während des Zweiten Weltkrieges in den Jaahren 1941-44 Revue passieren und der dritte erzählt die Geschichte von Aveline Saint-Moreau während der Französischen Revolution im Jahr 1789. Was die drei Frauen neben dem alten französischen Château des Doux-Rêves miteinander verbindet, wird wie ein Puzzle erst nach und nach enthüllt. Die abwechselnden verschiedenen Perspektiven schrauben die Spannung der Handlung zudem immer weiter in die Höhe. Aber das Buch kann den Leser neben wunderbaren Landschaftsbeschreibungen, die ein wahres Kopfkino in Gang bringen, auch mit den nachvollziehbaren Gefühlen der Protagonistinnen überzeugen.
Die Charaktere wurden sehr detailliert skizziert und mit Leben versehen. Sie bestechen durch menschliche Eigenschaften und überzeugen mit Authentizität und Glaubwürdigkeit. Elli ist eine selbstbewusste und starke Frau, die mutig ihren Weg geht. Sie ist hilfsbereit und besitzt eine gesunde Neugier, den Dingen auf den Grund zu gehen, wobei ihr eine gewisse Hartnäckigkeit nicht abzusprechen ist. Viola macht sich während der Naziherrschaft im Widerstand stark, beweist viel Mut und Stärke, während sie sich jederzeit der großen Gefahr bewusst ist. Aveline ist ebenfalls eine bemerkenswerte Frau, die einen ihr völlig unbekannten Adelsspross heiraten soll, durch ein Unglück entstellt wird und dennoch die Kraft besitzt, sich mit ihrem Schicksal zu versöhnen und sich um die arme Bevölkerung zu kümmern. Aber auch Robert, Quinn und Titus spielen wichtige Rollen in dieser Geschichte und machen sie rundum gelungen.
„Wo die Hoffnung blüht“ ist ein ungewöhnlich konstruierter und außergewöhnlich unterhaltsamer und gefühlvoller Roman über ein altes Schloss, prägende Ereignisse, die Liebe, jede Menge Emotionen und drei Frauenschicksale, die über mehrere Jahrhunderte geheimnisvoll miteinander verbunden sind. Absolut verdiente Leseempfehlung für diese wirklich herrliche Geschichte!