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Gisel

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.09.2019

Berührende Geschichte über eine schwierige Zeit

Wo die Freiheit wächst
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Lene Meister ist 16 Jahre alt, wohnt in Köln und hat eine Lehre als Frisörin begonnen. Doch es ist 1942, ihr großer Bruder ist Soldat an der Front, ihr Vater tot. Noch scheint der Krieg weit weg zu sein, ...

Lene Meister ist 16 Jahre alt, wohnt in Köln und hat eine Lehre als Frisörin begonnen. Doch es ist 1942, ihr großer Bruder ist Soldat an der Front, ihr Vater tot. Noch scheint der Krieg weit weg zu sein, doch bald wird auch Köln von Bombenangriffen schwer getroffen. Ihr Leben verändert sich plötzlich auf unvorhergesehene Weise. Dabei beginnt sie immer mehr an Hitlers Propaganda zu zweifeln. Währenddessen lernt sie Erich kennen, einen jungen Mann, der sich den Edelweiß-Piraten angeschlossen hat. Diese beschmieren die Wände mit Anti-Nazi-Parolen, teilen regimekritische Flugblätter aus und fallen damit immer häufiger der Gestapo auf. Zunächst aus Liebe zu Erich, später aus eigener Überzeugung schließt Lene sich den Edelweiß-Piraten an.

In einem reinen Briefroman lässt der Autor Frank Maria Reifenberg die (fiktive) Geschichte von Lene Meister erzählen. Dabei hat er die Hintergründe der Edelweiß-Piraten sorgfältig recherchiert und Lenes Geschichte in diesen Kontext eingebettet. Aus den Briefen, die Lene schreibt und erhält, lässt sich erkennen, wie sie immer mehr nach der Wahrheit sucht und dabei selbst in die Fänge der Gestapo gerät. Dieses Jugendbuch erzählt realistisch über das Leben im Dritten Reich, über die Gefahren im Alltag und vor allem im Widerstand gegen die Staatsmacht. Aus der Sicht von Jugendlichen selbst erzählt, gibt es jungen Lesern einen guten und sehr persönlichen Einblick in die Kriegsjahre in Deutschland.

Lenes Geschichte, wenn auch fiktiv, erzählt lebendig aus einer schwierigen Zeit. Der Autor hängt an die Briefe selbst noch eine Zeittafel sowie einen Artikel über „Unangepasste Jugendliche im Dritten Reich“ an, die Lenes Geschichte selbst ergänzen. So entsteht ein berührendes Buch, das ich sehr gerne weiter empfehle und mit 4 von 5 Sternen bewerte.

Veröffentlicht am 17.09.2019

Zwischen Rache und Gerechtigkeit

The Black Coats - ... denn wir vergeben keine Schuld
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Die Black Coats, das ist ein Geheimbund, dem nur Frauen angehören. Sie haben sich geschworen, für all jene Frauen einzustehen, denen Böses angetan wurde, das aber nie gesühnt wurde. So erteilen sie gewalttätigen ...

Die Black Coats, das ist ein Geheimbund, dem nur Frauen angehören. Sie haben sich geschworen, für all jene Frauen einzustehen, denen Böses angetan wurde, das aber nie gesühnt wurde. So erteilen sie gewalttätigen Männern eine Lektion. Thea wird in diesen Club aufgenommen, knapp ein Jahr nach dem Mord ihrer geliebten Cousine Natalie. Es gab einen Verdächtigen, und Thea ist sich sicher, dass er schuldig war, doch man konnte ihm nie etwas nachweisen. Nun sieht Thea ihre Chance, sich an ihm zu rächen. Doch bald beschleicht Thea ein weiterer Gedanke: Kann es sein, dass die Black Coats auch vor Mord nicht zurückschrecken?

Schuld, Rache, Gerechtigkeit – um diese Begriffe herum hat die Autorin Colleen Oakes einen Thriller geschrieben, der den Leser mit Thea immer weiter in die Machenschaften der Black Coats hineinzieht. Ist Selbstjustiz zu rechtfertigen, wenn das Gesetz versagt? Thea schließt sich dieser Ansage zunächst an, doch bald kann sie sich damit nicht mehr zurechtfinden. – Es ist ein gewaltiges Netz um die Black Coats, die die Autorin hier zusammenspinnt. Dadurch gewinnt das Buch an Spannung, denn es scheint keinen Ausweg für Thea zu geben, zusammen mit ihrem Team, das sie auch in der düstersten Minute nicht allein lässt. Manches allerdings bleibt eher im fantastischen Bereich, denn Theas Einsätze bei den Black Coats arten zu sehr aus: zu gefährlich sind sie, und ihre Eltern scheinen zudem überhaupt keinen Verdacht zu schöpfen, dass sie ihnen bezüglich ihrer Freizeitaktivitäten etwas vorflunkert. Hier entspricht das Buch zu sehr einem Jugendbuch, das die Erwachsenen nicht immer für voll nimmt. Sehr gut dargestellt sind jedoch Theas Überlegungen, als sie merkt, dass Rache nicht mit Gerechtigkeit gleichgesetzt werden kann, als ihre Bedenken immer hartnäckiger werden und sie sich nicht mehr auf alles einlassen will.

Das Buch regt zum Nachdenken an, und hoffentlich hat jede Jugendliche einen Erwachsenen zur Hand, der sie bei diesem Thema begleiten kann. Ich vergebe 4 von 5 Sternen und empfehle das Buch gerne weiter.

Veröffentlicht am 15.09.2019

Eine Familie im Wechselbad der Geschichte

Die Leben der Elena Silber
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Anfang des 20. Jahrhunderts in Russland: Die kleine Jelena erfährt, dass ihr Vater, der Revolutionär Viktor, hingerichtet wird. Jelena wird vom Sog der Geschichte erfasst. Sie heiratet den deutschen Textilingenieur ...

Anfang des 20. Jahrhunderts in Russland: Die kleine Jelena erfährt, dass ihr Vater, der Revolutionär Viktor, hingerichtet wird. Jelena wird vom Sog der Geschichte erfasst. Sie heiratet den deutschen Textilingenieur Robert Silber, folgt ihm nach Berlin und Schlesien. In den Wirren der Nachkriegszeit verschwindet ihr Mann, Lena bleibt mit den vier Töchtern allein. Immer wieder muss sie sich auf neue Umstände einstellen. 2017 will ihr Enkel Konstantin Stein die Geschichte seiner Familie herausfinden, um sich selbst zu verstehen.

Es sind viele Geschichten, die Jelena erzählt, um die verschiedenen Erlebnisse ihrer Familie zu erklären. Es ist ein Gang durch ein gesamtes Jahrhundert und durch verschiedene Länder, mit Momenten des Glücks und Momenten tiefster Verzweiflung. Konstantin merkt, dass manche von Jelenas / Elenas Erzählungen die Geschehnisse verschleiern. Denn manches Erlebnis ist schwer zu verkraften. Dennoch lässt er nicht locker, es wird seine Aufgabe, die Familiengeschichte zu erkunden.

Durch die vielen Personen des Romans sowie die Reise durch ein gesamtes Jahrhundert ist das Buch nicht einfach zu lesen. Die Erzählungen aus der Vergangenheit ergänzen Konstantins Bemühungen aus der Gegenwart, bis sich am Schluss Jelenas Geschichte und das ihrer Nachkommen ergibt. Manches davon ist etwas langatmig geschrieben, was das Lesen etwas erschwert. Der Einblick in das Leben einer Familie über mehrere Generationen hinweg, mit den Einbindungen in die geschichtlichen Ereignisse ist letztendlich dennoch interessant.

Veröffentlicht am 12.09.2019

Kinderbuch über Trauer und Hoffnung

Der lange Weg zu dir
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An einem See leben die Kinder Adam und Sonia; Adam mit seinem Hund Rufus, seinem besten Freund, auf der einen Seite des Sees, und auf der anderen Seite Sonia mit ihrer Katze Miezi. Rufus ist alt, und als ...

An einem See leben die Kinder Adam und Sonia; Adam mit seinem Hund Rufus, seinem besten Freund, auf der einen Seite des Sees, und auf der anderen Seite Sonia mit ihrer Katze Miezi. Rufus ist alt, und als er stirbt, ist Adam untröstlich traurig. Sonia und Miezi machen sich auf den Weg zu ihm. Als sie ihn auf abenteuerliche Weise erreichen, hält Miezi eine große Überraschung für alle bereit.

Diese kindgerechte Geschichte über Tod, Trauer und Neuanfang ist wunderschön bebildert. In einfachen Worten erzählt der Autor Martin Widmark von Adam und Sonia und ihren geliebten Tieren. Die Geschichte bietet den Neuanfang an als Ende der Trauerphase, wobei auch klar wird, dass die Trauer um das geliebte Tier immer noch ihren Platz hat. Die Illustrationen erzählen all das, was die Worte nur andeuten. Als Geschichte auf dem Monitor des Readers ist die Geschichte deshalb kaum zu empfehlen, denn hier werden unbedingt die Farben der Bebilderung benötigt. Monieren muss ich außerdem, dass Sonia ohne Bezugsperson dargestellt wird. Wie kann es sein, dass ein Kind mit seiner Katze allein durch die Gegend zieht, ohne vermisst zu werden und ohne selbst jemand zu vermissen? Diese Frage wird sicher von Kinderseite kommen, und das Buch liefert keine adäquate Antwort dazu.

Diese Geschichte für größere Kindergartenkinder und jüngere Grundschulkinder bietet sich als Gesprächsaufhänger an für die Themen Tod und Trauer einerseits sowie andererseits Freundschaft und Neuanfang. Dafür empfehle ich das Buch gerne weiter.

Veröffentlicht am 04.09.2019

Beeindruckend

Ein anderer Takt
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Sutton in den Südstaaten: Im Juni 1957 streut der schwarze Farmer Tucker Caliban Salz auf seine Felder, tötet sein Vieh, brennt sein Haus nieder und verschwindet Richtung Norden. Ihm tun es alle anderen ...

Sutton in den Südstaaten: Im Juni 1957 streut der schwarze Farmer Tucker Caliban Salz auf seine Felder, tötet sein Vieh, brennt sein Haus nieder und verschwindet Richtung Norden. Ihm tun es alle anderen schwarzen Bewohner der Stadt nach. Ungläubig beobachten die weißen Bewohner den Exodus der Schwarzen aus der Stadt, ja aus der gesamten Region.

Der Autor William Melvin Kelley thematisiert die Diskriminierung der Afroamerikaner in den Südstaaten. Aus der Sicht der Weißen beobachtet er, wie die Schwarzen aus der Region verschwinden. Sie können es nicht fassen, was sie sehen. Es ist keine leichte Lektüre, diese Geschichte von den Schwarzen, die mit grimmiger Überzeugung ihr bisheriges Leben verlassen. Obwohl dieses Buch bereits 1962 geschrieben wurde, hat sich das Thema auch heute noch nicht erledigt. Die Geschichte besticht durch eine sehr gewählte, poetisch angehauchte Sprache. Erzählt aus mehreren Perspektiven, aber immer aus der Sicht der Weißen, ist es ein äußerst ungewöhnliches und beeindruckendes Buch. Etwas unübersichtlich wird die Geschichte durch die vielen Personen, die eine Rolle spielen, dennoch gelingt es einem sehr schnell, sich hier den Überblick zu verschaffen.

Dieses Buch mit dem nach wie vor aktuellen Thema empfehle ich unbedingt weiter und vergebe gute 4 von 5 Sternen.