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Veröffentlicht am 24.09.2019

Die akribische Recherche zeichnen das Buch aus

Die Kräutersammlerin
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Schiltach liegt am gleichnamigen Fluss im schönen Schwarzwald. Wir schreiben das Jahr 1343 und lernen eine Kräutersammlerin kennen. Johanna heißt sie und lebt alleine. Sie arbeitet als Heilerin und hat ...

Schiltach liegt am gleichnamigen Fluss im schönen Schwarzwald. Wir schreiben das Jahr 1343 und lernen eine Kräutersammlerin kennen. Johanna heißt sie und lebt alleine. Sie arbeitet als Heilerin und hat alles von der Mutter gelernt. Traut sich sogar zu, den Schädel eines Verletzten zu öffnen, um Druck vom Gehirn abzuleiten. Die OP gelingt und seitdem sind Symon, er ist Flößer, und seine Familie ihr treu ergeben. Lukas wohnt ebenfalls in Schiltach, ist Flößer und mag Johanna sehr. Sie weist jedoch seine Annäherungsversuche stets zurück. Sie möchte alleine bleiben. Damals war es üblich, dass Frauen sich nur um Haus und Kinder kümmerten. Arbeiten durften sie, wenn überhaupt, nur mit Genehmigung des Ehemanns. Johanna liebt ihren Beruf und möchte frei bleiben.

Beim Sammeln von Heilkräutern findet Johanna im Wald eine Frauenleiche. Sie zeigt Bissspuren von Wölfen sowie Spuren von Fesseln an Beinen und Handgelenken. Johanna schaut sie sich an und sofort denkt sie, dass die Frau keines natürlichen Todes starb. Kurze Zeit darauf wird ein schwer verletztes Mädchen zu ihr gebracht. Die Kleine fürchtet sich vor Johanna und kratzt und beißt, als sie gebadet werden sollte. Sie muss schreckliche Dinge erlebt haben. Mit der Zeit gewöhnt sie sich an Johanna, nur bei Männern zeigt sie noch eine große Furcht.

Das war mein erstes Buch von Heidrun Hurst und mit Sicherheit nicht das letzte. Mir gefiel der klare Schreibstil und die ausführliche Recherche von Frau Hurst. Ich habe sehr viel über Heilpflanzen, deren Zubereitung und die Wirkungsweise der Kräuter gelernt. Aber auch den Beruf der Flößer brachte die Autorin mir nah. Zudem versteht sie es, Spannung aufzubauen und den Bogen bis zum Schluss auch stramm gespannt zu halten. Immer wenn ich dachte, ja, das ist der Täter, da war schon wieder ein neuer Verdächtiger im Spiel. Ein echter historischer Krimi mit viel geschichtlichem Hintergrund. Ich bin beeindruckt. Das Cover zeigt den „Schwarzen Wald“ mit seinen Fichten und dem aufsteigenden Nebel. Es passt perfekt zur Handlung.

Veröffentlicht am 23.09.2019

Eine präszise Milieustudie Berlins im letzten Jahrhundert

Menschen neben dem Leben
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Menschen neben dem Leben ist ein Roman, der bereits vor vielen Jahren geschrieben und veröffentlicht wurde. Im Jahr 1937 kam es in einer schwedischen Übersetzung auf den Markt. Der Autor Ulrich Alexander ...

Menschen neben dem Leben ist ein Roman, der bereits vor vielen Jahren geschrieben und veröffentlicht wurde. Im Jahr 1937 kam es in einer schwedischen Übersetzung auf den Markt. Der Autor Ulrich Alexander Boschwitz starb mit 27 Jahren als das Schiff auf dem er von Australien nach Deutschland reisen wollte, von einem deutschen Torpedo getroffen und versenkt wurde. Boschwitz war Jude und seit dem 12.07.2019 gibt es einen Stolperstein vor dem Haus seiner Familie in Berlin-Schmargendorf.

Im Klappentext steht ein Satz, den ich hier zitiere: „Wie durch ein Brennglas seziert der zu diesem Zeitpunkt gerade mal zweiundzwanzigjährige Autor das Berliner Lumpenproletariat der Zwischenkriegsjahre.“ So sah ich das auch beim Lesen und die Charaktere sind tatsächlich äußerst lebendig beschrieben. Die Sprache ist einfach und so, dass sie wirklich in den Gassen Berlins aufgenommen wurde.

Menschen neben dem Leben beginnt mit Walter Schreiber, einem Gemüsehändler aus Berlin. Das Geschäft befindet sich im Keller und ein Mann kommt herein. Es ist Emil Fundholz, der auf der Suche nach einem Schlafplatz ist. Nach einigem Hin und Her einigen sich die beiden und für 1,50 Mark pro Woche darf Emil in dem feuchten, schimmeligen und muffigen Keller übernachten. Aber erst ab 22 Uhr und nur bis 8 Uhr am Morgen. Dass er nicht alleine kommt erzählt Schreiber erst, als die beiden handelseinig wurden. Er wird von Tönnchen begleitet. Einem Obdachlosen, der behindert ist und seit etlichen Monaten wie eine Klette an Fundholz hängt. Dass er den Spitznamen Tönnchen trägt, ist seinem Leibesumfang geschuldet.

Neben Tönnchen zählt Grissmann auch noch zu den Freunden Walters. Nicht alle Bettler Berlins waren Kriegsversehrte. Viele von ihnen waren auch arbeitslos, da zu der Zeit die Rationalisierung begann. Die Idee kam aus Amerika und auch Maschinen wurden von dort geliefert. Die ersetzten die menschliche Arbeitskraft und die Arbeitslosen wurden immer mehr. Unterstützung gab es kaum und jeder musste sehen, wo er bleibt. Die Politiker versprachen viel, hielten aber nur sehr wenig.

Der Roman fesselte mich von der ersten Seite an. Immer wieder sah ich die Bilder von Heinrich Zille vor Augen. So wie er sein Berlin der damaligen Zeit auf der Leinwand darstellte, so schaffte dies Herr Boschwitz mit seinem Schreiben. Neben den drei Freunden gibt es weitere Akteure, die sich immer mal wieder begegnen. Das Finale findet dann in einer Stammkneipe statt. Hier treffen sich die Menschen neben dem Leben und möchten nur für eine Weile ihren harten Alltag vergessen. Ein wunderbares Stück Literatur, welches von Peter Graf zum Glück entdeckt und herausgegeben wurde. Es erschien im Klett-Cotta-Verlag.

Noch ein Zitat aus dem Buch, welches mir sehr gut gefiel: Wer Gott vertraut und Bretter klaut, der hat im Herbst ne billige Laube. Das Cover zeigt Männer, die Karten spielen und andere, die ihnen dabei zuschauen. Auch hier lässt das Berlin der 20er Jahre grüßen.

Veröffentlicht am 19.09.2019

Summer of Love

Der Sommer meiner Mutter
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Es gibt Bücher, die mich von der ersten Seite an fesseln und die ich sehr schnell durchgelesen habe. Dazu gehört auch DerSommerMeinerMutter Dbp19. Es ist eines der 20 Bücher, die auf der Longlist zum Deutschen ...

Es gibt Bücher, die mich von der ersten Seite an fesseln und die ich sehr schnell durchgelesen habe. Dazu gehört auch

DerSommerMeinerMutter

Dbp19. Es ist eines der 20 Bücher, die auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2019 stehen. Für mich bisher das beste Werk, welches aber leider nicht den Sprung auf die Shortlist schaffte.

Im

DerSommerMeinerMutter

Dbp19 beschreibt der Ich-Erzähler Tobias den Sommer 1969. Er ist 11 Jahre alt und dementsprechend wählte der Autor Ulrich Woelk die Sprache des Buches. Schon der erste Satz bringt Gänsehaut. Im Sommer 1969, ein paar Wochen nach der ersten bemannten Mondlandung, nahm sich meine Mutter das Leben. Warum sie das tat und welche Entwicklung dazu führte, das erfährt der interessierte Leser erst am Schluss des Buches. Nein, er Autor verrät mit diesem Satz nichts und das Buch büßt keineswegs die Spannung ein.

1969, das war nicht nur das Jahr der Mondlandung. Es war auch die Zeit des Vietnamkrieges und der vielen Proteste und Demonstrationen, die die Menschen in Deutschland auf die Straße trieben. „Make peace not war“ wurde auf vielen Transparenten emporgehoben. Damals waren im Gegensatz zu heute kaum Polizisten anzutreffen, wenn man zu einer Demo ging. Heute sieht das ganz anders aus. Es gab die „Ente“ mit Revolverschaltung, ein Auto, dass ich auch noch fuhr. Die antiautoritäre Erziehung schwappte über den großen Teich zu uns und das Verhältnis zu Amerika war besser als heute.

Der Autor beschreibt in dem Buch die Sehnsüchte und Interessen von Tobias. Seine ersten erotischen Erlebnisse mit Rosa, der Tochter der Nachbarn und sein Faszination beim Betrachten des Mondes durch sein Fernrohr. Der erste Farbfernseher wurde gefeiert, Jeans trugen nur vereinzelt ein paar Jugendliche und Frauen durften ohne Erlaubnis der Männer nicht arbeiten. Taten sie es doch, dann gab es wie hier, beim Vater von Tobias, Entrüstung und Kopfschütteln. Die Musik der Doors hörten Tobias und seine Freundin sich häufig an und auch das gehört zum Sommer 1969.

DerSommerMeinerMutter

Dbp19 fesselte mich und lässt mich immer noch nicht los. Wie schnell urteilt der Mensch und merkt oft erst später (häufig zu spät), was er mit seinen Worten anrichtete. Fünf Sterne und eine Empfehlung, dieses Buch zu genießen.

Veröffentlicht am 16.09.2019

Harry Holes schwerster Fall

Messer (Ein Harry-Hole-Krimi 12)
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Ich kenne keinen Autor, der mich auch beim 12. Band einer Serie so fesselt, wie Jo Nesbo. Harry Hole leidet und bleibt doch ein guter Ermittler. Seine Ehefrau Rakel und er lernten sich vor 15 Jahren kennen. ...

Ich kenne keinen Autor, der mich auch beim 12. Band einer Serie so fesselt, wie Jo Nesbo. Harry Hole leidet und bleibt doch ein guter Ermittler. Seine Ehefrau Rakel und er lernten sich vor 15 Jahren kennen. Immer mal wieder trennten sie sich, bis Harry dann doch mir ihr vor den Traualtar ging. Doch, sie warf ihn aus der gemeinsamen Wohnung, weil Rakel nicht mehr mit seinem Alkoholkonsum und seiner fanatischen Suche nach dem „Verlobten“, dem Serienvergewaltiger Svein Finne, leben konnte. Das ist nun 2 Monate, 15 Tage und 20 Stunden her. Und was macht Harry? Er trinkt um zu vergessen. Wacht zuweilen in fremden Betten auf und kann sich an nichts erinnern. Seine Alkoholexzesse kosteten ihn auch noch den Job an der Uni.

Harry ist wieder auf der alten Dienststelle aber nicht mehr der Held von früher. Obwohl er gleich zu Beginn des Buches ein falsches Geständnis entlarvt und den wahren Täter überführt. Ja, und dann wird ihm eröffnet, dass eine Frau durch einen Messerstich in ihrem Haus ermordet wurde. Er fährt sofort hin und muss sich die Leiche seiner großen Liebe anschauen. Kein Wunder, dass er noch tiefer in den Abgrund gerät. Ist es wirklich der Vergewaltiger Svein Finne, der sie tötete? Welches perfide Spiel hat er drauf und wie schafft er es, alle hinters Licht zu führen? Harry wäre am liebsten nur noch betrunken, damit er nichts fühlen muss. Aber er weiß auch, dass nur er in der Lage ist, den Mörder Rakels zu finden. Svein Finne war Harrys erster Fall und er brachte ihn hinter Gitter. Der schwor ihm damals, dass er sich an ihm und seiner Familie rächen würde. Es ist also kein Wunder, dass Harry unentwegt nach ihm sucht.

Die meisten Bücher einer Reihe sind spätestens nach Band sechs für mich langweilig und vorhersehbar. Nicht bei Messer und dem Ermittler Harry Hole. Ja, er ist Alkoholiker und stürzt eigentlich in jedem Band mal mehr, mal weniger ab. Aber die Wendungen und die vielen Verdächtigen, das ist bei jedem Buch immer wieder neu und sehr fein durchdacht. Und immer, wenn ich denk, ja, der oder die waren es, dann kommen neue Aspekte dazu und meine Annahme löst sich in Luft auf.

Jo Nesbo ist mal wieder ein spannender Nervenkitzel gelungen, den ich selbst in der Nacht nicht aus der Hand legen konnte. Aus dem Grund fünf Sterne und meine ausdrückliche Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 09.09.2019

Thomas auf der Suche nach dem Gral

Der Erzfeind
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Der Erzfeind von Bernard Cornwell ist das dritte und letzte Hörbuch der Bücher vom Heiligen Gral. Und auch hier liest wieder Frank Stöckle. Ich könnte ihm noch länger zuhören aber leider war das Buch nach ...

Der Erzfeind von Bernard Cornwell ist das dritte und letzte Hörbuch der Bücher vom Heiligen Gral. Und auch hier liest wieder Frank Stöckle. Ich könnte ihm noch länger zuhören aber leider war das Buch nach 12,5 Stunden beendet. Herr Stöckle ist ein begnadeter Vorleser und für mich einer der besten in Deutschland.

Das letzte Kapitel der Suche nach dem Heiligen Gral beginnt mit der Eroberung Calais. Die Einwohner haben viel Geduld aufbringen müssen, die Stadt wurde sehr lange belagert. Danach geht es für Thomas von Hookton weiter und sein Freund Robbie, der Schotte, begleitet ihn. Sie kommen zum Schloss von Astarac, das dem Mörder Vexille gehört. Er tötete den Vater von Thomas und auch jetzt soll wieder jemand getötet werden. Eine junge Frau ist es, die im Kerker auf das Verbrennen auf dem Scheiterhaufen wartet. Thomas rettet sie und beide müssen fliehen. Eine Frau und zwei Männer, da ist Ärger vorprogrammiert. Thomas und Robbie streiten sich heftig und später geht Robbie eigene Wege.

Bernard Cornwell nimmt kein Blatt vor dem Mund und beschreibt die Situation zwischen Kirche und Volk sehr gut. Zwei Zitate aus dem Buch zeigen das unter anderem: Für Geld tut die Kirche alles und Gott ist kein Hund an der Leine der Kirche. Die Zitate beziehen sich auf den Bann eines Bischofs gegenüber Thomas. Der lässt sich in keiner Weise davon beirren und geht (reitet) weiter seinen Weg.

Findet er dabei den Gral und wenn ja, wie geht er damit um? Findet er eine neue Liebe oder wird er zum Schluss gar getötet? Begegnet er Robbie noch einmal und kann sich mit ihm versöhnen. Es sind viele Fragen, die alle zum Schluss des Buches beantwortet werden. Die Reihe gefiel mir ausgesprochen gut. Cornwall ist ein befähigter Autor, der mich mit seinen Romanen bestens unterhält. Sie sind nicht nur spannend, sondern gespickt mit vielen historischen Fakten. Ich gebe eine Empfehlung zum Hören der Bücher und das ohne Abstriche.