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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.11.2019

Kein Teil der Welt

Kein Teil der Welt
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Das Buch ist einfach und ohne große Schnörkel geschrieben. Manche empfinden es sogar als ein Jugendbuch. Es lässt sich auf jeden Fall gut lesen und man wird mit jeder Seite mehr in den Sog von dem Leben ...

Das Buch ist einfach und ohne große Schnörkel geschrieben. Manche empfinden es sogar als ein Jugendbuch. Es lässt sich auf jeden Fall gut lesen und man wird mit jeder Seite mehr in den Sog von dem Leben der Zeugen Jehovas hineingezogen. Je tiefer man in die Geschichte eindringt, desto mehr öffnen sich die Türen zu einer anderen Welt.

Einer Welt an der man bisher so nicht teilgenommen hat. Die Ansichten und Vorhersehungen der Sonderpioniere, die ständige Alarmbereitschaft und die damit verbundenen Ängste der Zeugen Jehovas wirkten manchmal verstörend. Die ständigen Treffen, das Auswendiglernen der Texte, die wiederholten Überprüfungen und die stete Kontrolle waren für mich befremdlich und riefen direkt eine gewisse Ablehnung hervor. Das sehr eingeschränkte und fremdbestimmte Leben bescherte mir beim Lesen eine Gänsehaut. Man konnte mit jeder Seite mehr, den Widerwillen und den Aufstand von Sulamith verstehen. Ihre Fragen, die nur wenig bis gar nicht beantwortet werden. Das Reflektieren und Hinterfragen, welches nicht erwünscht ist und wird sogar teilweise bestraft. Immer mehr bröckelt die Fassade von einzelnen Gemeinschaftsmitgliedern und nachdem Esther feststeltt, dass sie belogen wurde, wird auch sie misstrauisch und fängt an sich aufzulehnen.

Da die Autorin selbst ein Teil der Gemeinschaft war, gehe ich davon aus, dass sie sehr nah an der Realität diese Geschichte geschrieben hat. Das Buch fesselt und lässt den Leser "hinter die Kulissen" der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas schauen und dabei den Blick über seinen eigenen Tellerrand hinaus erweitern und schärfen.

Veröffentlicht am 27.10.2019

Aktuelle Themen in einem spannenden Krimi verpackt

Nachtblau der See
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Gabriela Kasperski hat einen spannenden und sehr verzweigten Krimi geschrieben. Ich hatte am Anfang meine Probleme in die Geschichte hineinzukommen. Es lag nicht an ihrem Schreibstil, denn dieser war ...


Gabriela Kasperski hat einen spannenden und sehr verzweigten Krimi geschrieben. Ich hatte am Anfang meine Probleme in die Geschichte hineinzukommen. Es lag nicht an ihrem Schreibstil, denn dieser war sehr gut, sondern eher am fehlenden Vorwissen. Es ist bereits der fünfte Fall von Schnyder und Meier und für mich war es eben erst der erste Fall. Dadurch kannte ich die privaten Verflechtungen nicht so gut und konnte manche Reaktion von seitens der Hauptcaharaktere nicht immer so gut nachvollziehen.

Trotzdem hat mir der Krimi, welcher in der Schweiz bei Schloss Greifensee spielt, gut gefallen. Die Autorin hat viele aktuelle Themen aufgegriffen und diese in eine spannende und teilweise doch recht nachdenkliche Geschichte gepackt. Die Theaterwelt mal aus der Perspektive der Darsteller, die Intrigen, die Gier und das Ausnutzen von Macht, die Ängste und der starke Konkurrenzkampf. Bei so mancher Szene wurde man an die Fälle von Harvey Weinstein und der #MeToo Bewegung erinnert. Auch der Instagram-Wahnsinn und das Mobbing im Internet wurden in diese Geschichte integriert.

Zudem gab es auch zwischen Schnyder und Meier einen privaten Machtkampf. Beide haben zur gleichen Zeit die Möglichkeit beruflich aufzusteigen bzw. sich weiterzuentwickeln. Dies bedeutet aber mehr Zeit und Aufmerksamkeit für den Job aufzubringen und somit weniger Zeit für die Familie und die drei Kinder zu haben. Wer steckt zurück? Wer ist jetzt dran? Was bedeutet eigentlich Gleichstellung?

Diese Themen und natürlich auch der Tod der Hauptdarstellerin (eine Influencerin) sorgen für einen gelungenen Krimi, der viele Wendungen und Verstrickungen bereit hält.

Man muss sich etwas konzentrieren, um den Faden und somit den Überblick nicht zu verlieren, aber es lohnt sich. Man wird sehr gut unterhalten. Für mich definitiv eine Serie, die man im Auge behalten sollte.

Veröffentlicht am 11.10.2019

Van Veeteren und Barbarotti in einem Fall

Der Verein der Linkshänder
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Hakan Nesser ist nicht ohne Grund einer der besten schwedischen Krimiautoren.

Klug gestrickte Geschichten, die der Psychologie und der Philosophie einen großen Raum lassen und trotzdem (oder gerade ...

Hakan Nesser ist nicht ohne Grund einer der besten schwedischen Krimiautoren.

Klug gestrickte Geschichten, die der Psychologie und der Philosophie einen großen Raum lassen und trotzdem (oder gerade deshalb) spannend und interessant sind. Seine Hauptcharaktere duften sich stets über Jahre weiterentwickeln.

Van Veeteren ist nun schon 75 Jahre und schon lange in Krimirente, doch nun darf er noch mal ran. Eine ganz alte Geschichte, die ihn nicht loslässt. Und Barbarotti, der auch nicht mehr so junge Inspektor aus einer anderen Nesser-Reihe wird in diesem Buch ebenfalls seinen Einsatz haben. Ein Traum für Nesser-Fans, dass er seine zwei Ermittler in eine Geschichte packt.

Van Veeteren muss in diesem Fall feststellen, dass er den falschen Mörder, vor vielen Jahren, ermittelt hat, denn der Mörder wurde nun gefunden. Als Leiche. Doch auch diese liegt genauso lang schon in der Erde wie die anderen vier Toten. Wer hat den Verein der Linkshänder ausgelöscht? Und warum stirbt jetzt nach vielen Jahren ein weiterer Mensch? Während Van Veeteren den Drang hat, dass Rätsel zu lösen, um seinen Fehler von damals zu beseitigen, muss Inspektor Barbarotti den aktuellen Fall lösen.

Die Krimis sind eher ruhig und langsam. Sie entwickeln sich über viele Seiten und durch viele kleine unvorhersehbare Wendungen schafft Nesser die Spannung zu halten. Wilde Schießereien und Gemetzel wird man nicht finden, dafür kluge Herleitungen und interessante Charaktere, die die Geschichte und das Leben der beiden Ermittler beeinflussen.

Dietmar Bär liest die Geschichte sehr gut und mit seiner warmen und tiefen Stimme passt er gut zu der Geschichte.

Veröffentlicht am 09.10.2019

Es lohnt sich immer einen Roman von Poschenrieder zu lesen

Der unsichtbare Roman
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Christoph Poschenrieders Bücher zu lesen, macht einfach Spaß, da sie gut geschrieben sind. Man fliegt durch die Seiten und die Geschichte wächst und wächst. Es ist immer ein Augenzwinkern dabei und dieser ...

Christoph Poschenrieders Bücher zu lesen, macht einfach Spaß, da sie gut geschrieben sind. Man fliegt durch die Seiten und die Geschichte wächst und wächst. Es ist immer ein Augenzwinkern dabei und dieser feine leise Humor schafft es, dass man selbst schwere Thema leichter erträgt. In diesem Buch erzählt er die Geschichte von Gustav Meyrink und der Diskussion, wer am ersten Weltkrieg Schuld war bzw. wem man diese Schuld zuschieben kann. Meyrink weiß zunächst nicht so richtig, was er von diesem Angebot, welches vom Auswärtigen Amt kam, halten soll. Doch das Honorar war einfach zu gut, um es nicht doch anzunehmen. Jedoch hat Meyrink seinen eigenen Widerwillen gegen diese Auftragsarbeit unterschätzt und vertrödelt seine Zeit, verprasst seinen Vorschuss und hält das Auswärtige Amt mit fadenscheinigen Antworten auf Abstand. Die Geschichte wird immer wieder mit Recherchenotizen und Archivbelegen von Christoph Poschrieder untermauert und weitererzählt. Über Meyrinks Vorgehen und seine Gedankengänge musste ich ab und an schmunzeln, wie er sich windet, um seinen Auftrag, den Freimaurern die Schuld zuzuschieben, nicht aufschreiben zu müssen. Denn bewiesen ist nichts und die Angst seinen Ruf zu schädigen ist groß. Es ist eine wahre Geschichte, die der Autor, in einen anschaulichen und unterhaltsamen Roman verpackt hat. Das Thema ist interessant und man erhält Einblicke in die damalige Politik und deren Vorgehen und Denkweise

Veröffentlicht am 29.09.2019

Das wilde Leben einer ungewöhnlichen Frau

Das wilde Leben der Cheri Matzner
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Eine große wunderbare Geschichte über eine ungewöhnliche Frau, die mir nicht immer sympathisch war, aber stets interessant blieb. Cheri Matzner hat eigentlich keinen guten Start ins Leben und gelangt ...

Eine große wunderbare Geschichte über eine ungewöhnliche Frau, die mir nicht immer sympathisch war, aber stets interessant blieb. Cheri Matzner hat eigentlich keinen guten Start ins Leben und gelangt durch Zufall zu einem reichen und traurigen Paar, welche gerade schwere Zeit durchmacht. Die Mischung passt nicht so richtig und so wird eigentlich keiner von den drei Personen in der Familie wirklich glücklich.

Der Start ist etwas holprig und ich hatte mit den Zeitsprüngen anfangs etwas Probleme. Mit jeder Seite mehr wurde man jedoch tiefer in die Geschichte gezogen bis alles ein Fluss war. Der Schreibstil von Tracy Barone war ideal für diese ungewöhnliche Familiengeschichte. Man gleitet durch die Seiten und auf jeder neuen Seite fand man Wendungen und Seitenwege, die die Geschichte nie langweilig werden ließen. Es wurde geschimpft, geflucht und gelacht, aber auch betrogen und gelogen und misstraut. Die Charaktere dieser Geschichte sind recht eigen und haben alle ihre ganz besonderen Marotten. Teilweise sind ihre Handlungen unterhaltsam und schräg, andere sind so verzweifelt, dass man die tiefe Traurigkeit fast schon spüren kann. Und doch passt alles so gut zusammen, dass man immer weiter lesen will und muss.

Die Geschichte hat von allem etwas und davon wahrscheinlich für das kurze Leben fast schon etwas zu viel. Einiges wird nur angerissen und dann fallengelassen, um ganz zum Schluss wieder aufzutauchen. Andere Themen gingen über mehrere Seiten und wurden von allen Seiten betrachtet und erzählt, was manchmal das Tempo der Geschichte drosselte.

Manchmal ist weniger mehr, aber wenn es gut erzählt wird, darf es ruhig mehr sein.