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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.08.2020

Ein bewegendes Thema, doch leider sehr emotionslos vermittelt

Die Sommer
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»Die Sommer« ist ein Buch mit sehr viel Potential, doch die Umsetzung konnte mich leider so gar nicht überzeugen und auch mit der Protagonistin bin ich nicht warm geworden. Letztendlich ließ mich das Buch ...

»Die Sommer« ist ein Buch mit sehr viel Potential, doch die Umsetzung konnte mich leider so gar nicht überzeugen und auch mit der Protagonistin bin ich nicht warm geworden. Letztendlich ließ mich das Buch sehr unzufrieden zurück, zwar behandelt es ein sehr ernstes Thema, konnte mich inhaltlich aber nicht so sehr berühren wie es die Thematik eigentlich sollte.

Leyla wächst zwischen zwei Kulturen auf und keine davon versteht die jeweils andere. Erzählt sie in der Schule, dass ihre Großeltern in Kurdistan leben, bekommt sie zu hören, dass es dieses Land gar nicht gibt. Die kurdische Verwandtschaft hingegen kann nicht nachvollziehen warum Leyla nur schulterlange Haare trägt oder warum das Mädchen nicht endlich ans Heiraten denkt. Ergänzt wird Leylas Geschichte von den Erzählungen des Vaters. Der berichtet von seiner eigenen Kindheit und von Erlebnissen seiner Verwandten, Freunden oder Bekannten. Immer wieder spielen in diesen Geschichten Unterdrückung, Gewalt und Krieg eine Rolle. Das Buch regt sehr zum Nachdenken an, wirft viele Fragen auf und bietet Einblicke in eine Welt die den meisten von uns wohl nur rudimentär bekannt sein dürfte. Die Darstellung des einfachen Lebens in Syrien ist sehr gelungen und auch die karge, heiße Landschaft kann sich der Leser sehr gut vorstellen.

Sehr zu kämpfen hatte ich jedoch mit dem Aufbau des Buches. Mir haben ein roter Faden und ein chronologischer Ablauf gefehlt. Vor allem im ersten Teil ist das Buch eine Aneinanderreihung von Erzählungen. Mal eine Seite lang, mal nur aus drei Sätzen bestehend. Dabei gibt es immer wieder Zeitsprünge, ohne dass jedoch der Leser verstehen kann in welchem Jahr die jeweilige Erzählung nun eigentlich stattfindet. Man kann alles nur sehr schwer in einen chronologischen Zusammenhang bringen und immer nur rätseln wie alt Leyla bei den gerade stattfindenden Ereignissen eigentlich gerade ist.

Trotz der aufwühlenden und bewegenden Inhalte bleibt die Erzählung immer etwas distanziert, teilweise sogar emotionslos. Ronya Othmann verzichtet komplett auf lebendige Dialoge und die Verwendung von Anführungszeichen. So bleiben auch die Gespräche immer nur Erzählungen und es kommt kaum zu Interaktion zwischen den Figuren.

Mit Leyla bin ich leider so gar nicht warm geworden. Obwohl das Buch aus ihrer Sicht erzählt ist bleibt sie farblos und nicht greifbar. Sie ist absolut unscheinbar und nickt immer nur anstatt endlich einmal ihre eigene Meinung kundzutun, dabei hätte sie so viel zu sagen. Als Kind kann ich das noch einigermaßen verstehen, doch als Erwachsene sollte sie doch zu etwas mehr Interaktion und Kommunikation fähig sein. Aber auch hier schweigt sie nur und erwartet von ihrem Umfeld, dass es Fragen stellt, anstatt einfach selbst einmal über die Geschehnisse in Syrien und ihre Gefühle und Ängste zu sprechen.

Fazit
„Die Sommer“ hat mir spannende und auch vereinzelt berührende Einblicke verschafft. Leider schafft es die Autorin aber nicht, dass aus der bruchstückhaften Erzählung ein klares Bild entsteht und auch nicht, dass dem Leser die Protagonistin so richtig ans Herz wächst. Es bleibt der Eindruck, dass zu vieles auf diesen wenigen Seiten vermittelt werden sollte und der Autorin dabei ein wenig das Konzept gefehlt hat.

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Veröffentlicht am 13.04.2020

Zäh wie Honig

Die geheime Mission des Kardinals
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Dass ich ein Buch abbreche kommt bei mir fast nie vor. In seltenen Fällen überspringe ich mal Seiten oder Kapitel, aber an sich bringe ich fast jedes Werk zu Ende. Und dann kam Rafik Schami mit seinem ...

Dass ich ein Buch abbreche kommt bei mir fast nie vor. In seltenen Fällen überspringe ich mal Seiten oder Kapitel, aber an sich bringe ich fast jedes Werk zu Ende. Und dann kam Rafik Schami mit seinem Kardinal, auch noch ein von Presse und Kritik hoch gelobtes Buch. Die Geschichte beginnt wie ein Krimi, doch irgendwann verzettelt sich der Autor so in seinen Erzählungen, dass er mich dabei verloren hat. Schade, denn von dem Buch hatte ich mir viel versprochen.

Dass Rafik Schami toll schreiben kann merkt man schon nach wenigen Seiten. Er hat einen sehr opulenten und bildhaften Stil, der mir an sich recht gut gefällt. Auch die kleinen Geschichten über Land, Menschen und Kultur fand ich toll. Der Rest des Buches ist mir aber mit zu vielen Belanglosigkeiten überladen, es fehlt ein roter Faden. Die Ermittlungen im Mordfall treten immer mehr in den Hintergrund und Schami verliert sich in Nebensächlichkeiten. Er schafft es, wirklich jede Kleinigkeit in seine Geschichte mit aufzunehmen. So beschreibet er, wann der Ermittler eine Toilettenpause macht, berichtet über belanglosen Smalltalk zweier Figuren oder lässt seine Charaktere umfangreich irgendwelche Gerüchte über die Cousine des Onkels eines Bekannten erzählen. Dazu kommen noch sich wiederholende Essgelage bei denen die Ermittler über alles mögliche Debattieren und sich doch stets im Kreis drehen. Auf mich wirkt das Buch so, als sollte zu viel hinein, es ist überladen an Ideen und Eindrücken des Autors und liest sich mühsam und zäh.

𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭
Wen viele Ausschweifungen und wenig Handlung nicht stören, könnte gefallen am Buch finden. Mir war es nach gut 200 Seiten zu langweilig.

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Veröffentlicht am 09.11.2019

Hatte mehr erwartet

Mengele Zoo
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Das Buch beginnt sehr spannend, mit hohem Tempo. Der Leser lernt Mino kennen, erfährt, wie er im abgelegenen Dschungeldorf aufwächst und wie die Menschen dort unter der Willkür und Schikane der Mächtigen ...

Das Buch beginnt sehr spannend, mit hohem Tempo. Der Leser lernt Mino kennen, erfährt, wie er im abgelegenen Dschungeldorf aufwächst und wie die Menschen dort unter der Willkür und Schikane der Mächtigen leiden. Bis zur Mitte des Romans kann dieses Tempo auch gehalten werden, der Leser begleitet Mino durch die nächsten Jahre seines Lebens und erfährt wie seine Gruppe entsteht. Doch bald nachdem diese die ersten Attentate verübt hat flacht die Geschichte merklich ab. Die Geschehnisse sind sind zu ähnlich und zu distanziert erzählt. Auch wird sehr viel Fokus wird auf Minos Gedanken gelegt, die teilweise seitenlang beschrieben sind und sich inhaltlich leider stetig wiederholen.

𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭
Ein spannendes Thema, das hier in einen mitreißenden Thriller verpackt werden soll. Gelungen ist das leider nur teilweise, die Längen machen das Buch stellenweise doch sehr zäh zu lesen und wirklich sympathisch werden einem die vier Hauptdarsteller leider auch nicht.

Veröffentlicht am 19.09.2019

Leider insgesamt zu wenig Spannung

Cold Storage - Es tötet
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David Koepp ist Drehbuchautor und hat mit Mission Impossible und Jurassic Park zwei Werke geschaffen von denen ich ein großer Fan bin. Dementsprechend groß waren wohl auch meine Erwartungen an das Buch.

Gleich ...

David Koepp ist Drehbuchautor und hat mit Mission Impossible und Jurassic Park zwei Werke geschaffen von denen ich ein großer Fan bin. Dementsprechend groß waren wohl auch meine Erwartungen an das Buch.

Gleich die ersten Seiten ziehen sich ein wenig, doch mit Auffinden des Pilzes kommt dann zum Glück Tempo in die Geschichte. Schön fand ich die Begründung, wie dieser eigentlich sicher gelagerte Organismus plötzlich zur Bedrohung wird. Wobei es einen schon beunruhigt, dass man sich gut vorstellen kann, dass das auch in der Wirklichkeit so passieren könnte.

Die Charaktere sind sympathisch und zum Glück auch realistisch dargestellt. Man merkt, dass sie von der Situation überfordert und eingeschüchtert sind, dann aber den Mut finden etwas zu unternehmen. Glücklicherweise vergisst der Autor nicht, dass seine Hauptdarsteller normale junge Menschen sind und verzichtet auf Actionszenen. Betrachtet man das komplette Buch, fand ich die Spannung allerdings sehr dürftig. Es gab zwar einige Stellen, an denen ich es nicht mehr weglegen konnte, danach folgen aber wieder Abschnitte mit eher gemächlicher Handlung. Dadurch kam keine sich steigende Spannung auf, es war nur ein auf und ab. Gestört hat mich auch manche unlogisch Stelle. Etwa wenn beide Protagonisten bei einer auf sie zukommenden Bedrohung nur stehen bleiben und der Meinung sind, sie hätten keine Fluchtmöglichkeit. Dass hinter ihnen ein leerer Flur ist, den sie eben ja noch entlanggegangen sind, haben sie wohl vergessen. Da merkt man dann doch, dass der Autor sonst Drehbücher schreibt. Zum Glück halten sich solche Szenen aber in Grenzen. Toll fand ich hingegen die Stellen, an denen aus Sicht des Pilzes erzählt wird. Der Leser erfährt so, was in dem Organismus vor sich geht, damit er z. B. Reifen durchdringt. Die chemischen Fachbegriffe sagten nur zwar meistens nichts, haben des Lesefluss aber auch nicht weiter gestört.

Fazit
Das Buch bietet gute Unterhaltung, der Plot ist interessant und die Umsetzung meistens gelungen. Abzug gebe ich aber für die mangelnde Spannung, hier hätte ich viel mehr erwartet. Zwar gibt es ein paar spannende Stellen und auch manch eine Überraschung, insgesamt aber konnte mich das Buch nicht mitreißen.

Veröffentlicht am 02.09.2019

Eine toll geschriebene Geschichte, nur darf man nicht das erwarten, was der Klappentext ankündigt

Washington Black
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Das Buch spielt zwischen 1830 und 1836 und ist in vier Abschnitte gegliedert. Es beginnt auf einer Zuckerrohrplantage auf Barbardos. Dieser Abschnitt ist hervorragend geschrieben, nur allzu gut kann man ...

Das Buch spielt zwischen 1830 und 1836 und ist in vier Abschnitte gegliedert. Es beginnt auf einer Zuckerrohrplantage auf Barbardos. Dieser Abschnitt ist hervorragend geschrieben, nur allzu gut kann man sich das harte Leben der Sklaven und die unmenschlichen Arbeitsbedingungen vorstellen. Hier arbeitet auch der Junge Washington Black, genannt Wash, der Hauptcharakter und Erzähler der Geschichte. Seine Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit sind sehr greifbar und wirklich berührend geschrieben. Durch Zufall wird Wash von Titch, dem jüngeren Bruder des Plantagenbesitzers, als Assistent ausgewählt. Doch die beiden bleiben nicht lange auf der Plantage, sondern fliehen mit einer Art Heißluftballon.

Ab dieser Stelle beginnt die Story leider immer mehr nachzulassen. Aufgrund der im Klappentext angekündigten „Flucht um die halbe Welt“ hatte ich eine Art Abenteuerroman mit einem Hauch Jules Verne erwartet. Das Buch beginnt zwar so, wird dann aber eher zu einem Selbstfindungstrip. Obwohl die Geschichte an mehreren Orten spielt und das Potential vorhanden wäre, diese in die Geschichte zu integrieren, bleibt die Plantage der einzige Ort der in seiner kompletten Tiefe beschrieben ist. Auch das Erzähltempo nimmt immer mehr ab, der Lesefluss stagniert immer häufiger und erst zum Ende hin kommen wieder mehr Spannung und Faszination auf. Sehr schade fand ich, dass die Abschaffung der Sklaverei in nur einem Satz erwähnt ist, Hintergründe dazu aber nicht vermittelt werden. Hier hätte ich mir einen Handlungsstrang, der in England spielt gewünscht und durch den vermittelt wird, was dort vor sich ging und wie letztendlich es zum Slavery Abolition Act kam.

Leider konnte mich auch die Entwicklung der Charaktere nicht zu 100% überzeugen. Auch hier beginnt das Buch sehr stark und lässt dann immer mehr nach. Zu Beginn war mir Washington noch sehr sympathisch, trotz seiner schlimmen Kindheit hatte er sich eine Neugierde auf alles Neue bewahrt. Nach gut 2/3 des Buches beginnt er sich in etwas zu verrennen und seine Fokussierung darauf beginnt zu nerven. Titch, den Wissenschaftler, fand ich eine sehr faszinierende Figur. Gerade auf ihn hätte ich mir aber mehr Fokus gewünscht. Nach Beendigung des Buches hat man zu den Hauptcharakteren leider mehr Fragen als Antworten. Wohl auch deshalb bin ich nicht ganz glücklich damit geworden, beide sind einem auch nach der letzten Seite noch sehr fremd, wirklich kennen und verstehen hat man sie nicht gelernt.

Das Ende ist für mich auch die größte Schwäche des Buches. Zahlreiche Fragen bleiben offen, viele Themen werden erwähnt, aber im Fortgang der Geschichte nicht mehr aufgegriffen. Für meinen Geschmack waren das zu viele erzählerische Sackgassen und zu viele unverknüpfte Enden.

Ich tue mich wirklich sehr schwer dieses Buch zu bewerten. Handwerklich ist es gute Arbeit, die bildsprache ist toll und auch die Dialoge sehr gelungen. Den im Klappentext versprochenen Abenteuerroman erhält der Leser aber leider nicht, für eine Roman über die Sklaverei haben mir Hintergründe und Fakten gefehlt. Um mich wirklich zu faszinieren war der Fokus auf die falschen Dinge gelegt.

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