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Wordworld_Sophia

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Veröffentlicht am 27.02.2020

Auf nette Weise schräg, einfach zuckersüß und deshalb etwas Besonderes.

Halte mich. Hier
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Dieses Buch habe ich mir von einer bücherbegeisterten Freundin ausgeliehen ohne zu wissen, dass es sich hier eigentlich um den zweiten Teil einer Reihe handelt. Da es bei der Trilogie jedoch um drei verschiedene ...

Dieses Buch habe ich mir von einer bücherbegeisterten Freundin ausgeliehen ohne zu wissen, dass es sich hier eigentlich um den zweiten Teil einer Reihe handelt. Da es bei der Trilogie jedoch um drei verschiedene Pärchen geht und die Geschichten deshalb nur lose zusammenhängen, war das kein großes Problem. Jetzt kenne ich neben Malik und Zelda schon Rhys und Tamsins Happy End, was mich aber nicht davon abhalten wird, ihre Geschichte auch noch zu lesen. Auch die Protagonisten des dritten Teils - Sam und Amy - lernen wir hier schon kennen. Diese Machart der New Adult-Reihe ist ja nicht unbedingt ein Alleinstellungsmerkmal, besonders ist an dieser Reihe jedoch, dass es in allen drei Fällen in erster Linie um einen Neuanfang und die heilende Kraft der Liebe geht, die sich über alle Unterschiede und Hindernisse hinwegsetzt. Passend dazu trägt die Reihe auch den Klangvollen Beinamen "Believe in Seconds Chances".


Zelda:
"Du bist niemand für irgendwelche Arrangements. Du bist jemand für hundert Prozent. Für alles oder nichts. Du musst dir sicher sein." Nach einem kurzen Moment sagt er: "Auch mit mir." (…) "Ich will das Hier und das Jetzt und das Alles."


Die Cover der Reihe sind aufeinander abgestimmt, sodass die drei Bände nebeneinander liegend zusammen ein Unendlichkeitszeichen ergeben. Dazu passend sind auch die Titel so gewählt, dass sie in Kombination zueinander passen und "Finde mich. Halte mich. Liebe mich. Jetzt. Hier. Für immer" ergeben. Wenn man jedoch nur ein Einzelband ohne die anderen Teile betrachtet, wirken Titel und Cover etwas seltsam - eben unvollständig. Ich finde die Idee grundsätzlich wirklich klasse - als Einzelwerk wenn man sich nicht auf den Gesamteindruck konzentriert, sind mir die glitzernde Bögen und der bunte, Wasserfarbenverlauf im Hintergrund aber zu kitschig und nichtssagend. Sehr nett finde ich wiederum die kurzen Steckbriefe zu den zwei Hauptprotagonisten in den Leselaschen und die kleinen Unendlichkeitszeichen inklusive Name an den Kapitelanfängen, welche angeben, aus welcher Perspektive gerade erzählt wird. Interessant ist auch der angefügte "Werkstattbericht" am Ende, der einen kurzen Einblick in Kathinka Engels Leben als Autorin gewährt. Auch wenn ich das Cover an sich also nicht unbedingt umwerfend finde, ist die Gestaltung des Piper Verlags als Ganzes wirklich sehr detailgetreu und liebevoll ausgearbeitet!


Erster Satz: "Eine blonde Perücke überdeckt meine leuchtend pinken Haare."


Mit diesem Satz lernen wir die chaotische, spontane, lebenslustige Zelda kennen, die eine Art Doppelleben führt. Unter der Woche lebt sie in einer gemütlichen WG, studiert verrückt in der Gegend herum, trägt bunte Klamotten, pinke Haare und drückt ihre Laune durch ihren Nagellack aus. Doch am Wochenende zwingt sie sich in ein knappes Designerkleid, trägt eine blonde Perücke, überschminkt ihre kessen Sommersprossen und lässt sich in der Welt der Reichen und Schönen von potentiellen Heiratskandidaten langweilen. Denn die Unterstützung ihrer reichen Eltern bei ihrem Studium hat ihren Preis: sie soll endlich dazugehören und den Namen der Familie durch eine gute Heirat glänzen lassen, wenn sie schon nicht wie ihre Brüder Jura studieren will. Malik hat dagegen ganz andere Probleme. Trotz seiner Vergangenheit im Gefängnis erfährt er von seiner großen Familie Unterstützung und Rückhalt, welche er auch unbedingt notwendig hat, um mit den rassistischen Anfeindungen und Vorurteilen umgehen zu können, mit denen er sich tagtäglich konfrontiert sieht. Als die beiden sich bei einem Wochenende mit Freunden näher kommen, treffen zwei völlig unterschiedliche Welten aufeinander - kann ihre Liebe die Hindernisse überwinden?


Malik:
"Es ist ein absolut authentisches Tanzen, das ich so noch nie von irgendjemandem gesehen habe. In ihren gelben Leggins und den schwarzen Hotpants ist sie so sehr sie selbst, wie man es nur sein kann. Das ist Zelda. Als sich der Song kurz verlangsamt, breitet sie die Arme aus. Es sieht aus, als würde sie fliegen."



So beginnt eine berührende Geschichte über Rassismus, Vorurteile, Träume, Liebe, Freundschaft und den Kampf, der es manchmal darstellt, den eigenen Weg zu finden. Dass die Geschichte mit knapp 400 Seiten nicht besonders lang ist, bemerkt man vor allem am Anfang, als ganz plötzlich wie aus dem Nichts Gefühle in den Beiden aufkommen, die man zu Beginn nicht ganz nachvollziehen kann. Dann geht es jedoch so süß und herzergreifend weiter, dass man der Geschichte diesen Schnitzer gerne verzeiht. Mir hat sehr gut gefallen, dass wir hier viel mehr Gefühl, bunte Lebensfreude und ein viel authentischerer Hintergrund erhalten als in anderen meist oberflächlichen Büchern des Genres. Hier geht es endlich mal nicht nur um heiße Leidenschaft und anziehende Protagonisten mit sexualisierten Gedanken und großem Lebenstraumata, sondern um zwei Protagonisten die einfach unfassbar süß zusammen sind und gut als Paar funktionieren auch wenn ihre Welten scheinbar nicht kompatibel sind. Auch wenn wir weder von bahnbrechend neuen Ideen lesen noch wirklich vom typischen Ablauf abweichen, ist die Story um Zelda und Malik auf nette Weise schräg, einfach zuckersüß und deshalb etwas Besonderes.


Zelda:
"Auf dich", sagt er. "Darauf dass du mir den Atem raubst."
Ich werde rot. Spüre unseren Kuss wieder auf meinen Lippen. "Auf dich", erwidere ich leise. "Und darauf, dass ich dir beibringen werde, ohne Luft zu leben."



In die sympathischen, (wenn auch recht eigenwillige) Protagonisten, die abwechselnd aus ihrer Perspektive erzählen dürfen, habe ich mich sofort verliebt. Malik, der für seinen Traum alles geben würde aber mit zahlreichen Hürden zu kämpfen hat, wuchs mir mit seiner zerbrechlichen und warmherzigen Teddybär-Art sofort ans Herz. Ein weiterer Pluspunkt konnte er dadurch sammeln, dass er trotz seiner Vergangenheit weder ein Bad Boy ist, noch dunkle Geheimnisse verbirgt sondern einfach nett und süß ist - was in diesem Genre zu einer wirklichen Seltenheit geworden ist. Zelda ist der verborgene Star der Geschichte: unangepasst, stur, spontan, kunterbunt-chaotisch und ein wahrer Sonnenschein - solch ein Mädchen will doch jeder als beste Freundin haben Auch wenn sie oft am Rande der Glaubwürdigkeit tanzt, ist sie auf liebenswerte Weise verrückt, dass man sie einfach lieben muss! Einzig Zeldas Familie erscheint an vielen Stellen ein wenig überzogen und bleibt im Gegensatz zu anderen Nebenprotagonisten eindimensional und blass der "Antagonist" der Geschichte. So verbohrt, unsympathisch und gemein kann man doch gar nicht sein, wenn man so eine weltoffene Tochter groß gezogen hat, oder?


Malik:
"Der Rhythmus beruhigt mich, ruft mir in Erinnerung, wer ich bin und wer ich nicht mehr sein will. Nie wieder sein will. Ein Spielball meiner Herkunft. Opfer meiner eigenen Dummheit. Umgeben von einem dunklen Nebel, der mir jede Energie nimmt und mich zu verschlucken droht. Ich habe mir fest vorgenommen, nicht mehr mit mir selbst zu hadern. Meine Familie soll nichts als stolz auf mich sein. Und deswegen bin ich hier. Entschieden."


Das Ende gefiel mir ebenfalls sehr gut da es nicht mit Glitzer um sich geworfen hat, wie man das leider auch viel zu oft liest. Es gibt keine überstürzte Heirat, ein Prolog mit Kindern und Co und auch ansonsten wird alles herrlich offen gelassen. Gefällt mir!
Jetzt bin ich natürlich gespannt auf die anderen Teile der Reihe, die ich definitiv auch lesen will!


Malik:
"Ich...", beginne ich und mache einen Schritt auf sie zu. "Du..." Ich dränge sie gegen die Wand. Das ist eine so dumme Idee. Es ist die dümmste Idee, seit ich angefangen habe, Ideen zu haben. Es ist riskant. Es widerspricht jedem Plan, den ich jemals für mich gefasst habe. Und doch fühlt es sich an, als wäre es das einzig Richtige. Als könnte nur Zelda mich ganz machen. Als wäre ich nur ich selbst, wenn sie in meiner Nähe ist. Als wäre dort, wo sie ist, mein Zuhause."



Fazit:


Auch wenn wir weder von bahnbrechend neuen Ideen lesen, noch wirklich vom typischen Ablauf abweichen, ist die Story um Zelda und Malik auf nette Weise schräg, einfach zuckersüß und deshalb etwas Besonderes.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.01.2020

Eine mitreißende, berührende Liebesgeschichte mit Suchtcharakter!

Kissing Lessons
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Diese Geschichte stürzte mich mal wieder in einen typischen Herz-Kopf Widerspruch. Mein Leseherz ist verliebt und will eindeutig mehr, während mein kritischer Verstand nicht über einige Mängel hinwegsehen ...

Diese Geschichte stürzte mich mal wieder in einen typischen Herz-Kopf Widerspruch. Mein Leseherz ist verliebt und will eindeutig mehr, während mein kritischer Verstand nicht über einige Mängel hinwegsehen will. Wer diesen Konflikt gewonnen hat (mal wieder, seufz), könnt ihr an meiner positiven Bewertung ablesen

Das Cover ist ein wirklicher Hingucker! Von dem matt-grauen, schlichten Hintergrund heben sich kunstvolle Blumen und Ranken in Weiß-, Grau-, Rosa- und warmen Gelbtönen ab. Der Titel glänzt in Pink und der Autorentitel ist verschnörkelt. Besonders nett ist auch, dass in den Leselaschen der Broschierten Ausgabe ein Interview mit der Autorin abgedruckt ist und die Blüten der Gestaltung auch innerhalb des Buches die Kapitelanfänge zieren. Verspielt, warm, schön - das sagt die Aufmachung über die Geschichte und auch wenn das nicht unbedingt die Worte sind, mit denen ich die Story um Stella und Michael beschreiben würde, finde ich die Gestaltung einfach hinreißend!


Erster Satz: "Ich weiß, du hasst Überraschungen, Stella."


So leitet Stellas Mutter den nicht ganz so subtilen Hinweis darauf ein, dass sie bereit ist für Enkelkinder. Was sie damit in ihrer dreißigjährigen, beruflich erfolgreichen aber sozial eher verklemmten Tochter auslöst, ist ihr wohl nicht bewusst. Für Stella ist klar, Enkelkindern bedeuten Babys, Babys bedeuten Ehemänner, Ehemänner bedeuten feste Partner, feste Partner bedeuten Dating, Dating bedeutet Sex. Und in Sex und allem, was dazu gehört ist sie eine ganz große Niete. Wie sollte es auch anders sein, wenn sie Küssen eklig findet, immer in Fettnäpfchen tritt, sich bei Berührungen versteift und an Keime denken muss? Als die Asperger-Autistin die Liebe fast schon aufgegeben hat, lässt sie ein dahingesagter Satz eines Kollegen innehalten: "Du brauchst Übung". Vielleicht muss sie ja tatsächlich die Kunst der Liebe bei einem Profi lernen, denkt sie sich deshalb. Und wer wäre besser für "Kissing Lessons" geeignet als ein professioneller Escort....?

Die Geschichte wird abwechselnd aus Stellas und Michaels Sicht erzählt, wodurch der Leser von Beginn an in alle Geheimnisse und verborgenen Gefühle der beiden eingeweiht ist. Man weiß also genau, was man zu erwarten hat, sobald man die ersten Seiten umblättert. Man weiß, worauf die Geschichte hinauslaufen wird, man kennt das altbekannte Schema und durchschaut die Protagonisten schnell. Aber das ist vollkommen in Ordnung, denn nichtsdestotrotz eroberte die Geschichte mein Herz. Es gibt hier kein Rätselraten, keine unvorhergesehenen Wendungen, keine großen Überraschungen sondern einfach nur eine umgekehrte "Pretty Woman"-Geschichte mit autistischem Hintergrund, die genau hält, was sie verspricht: eine prickelnde, unterhaltsame, etwas andere Liebesgeschichte.


"Es gibt eine Milliarde Menschen auf diesem Planeten, und Liebe kann man nicht erzwingen. Du wirst jemanden finden, der besser zu dir passt als er, du musst nur dranbleiben."
Stella sagte nichts. Michael war Mint Chocolate Chip für sie. Sie konnte andere Sorten probieren, aber er würde immer ihre Lieblingssorte sein."


Um einem Buch fünf Sterne geben zu können, muss es meiner Meinung nach immer eine richtige Botschaft vermitteln. Das Genre New Adult tut sich damit immer etwas schwer, wie ich finde. Die Charaktere haben immer schrecklich berührende Probleme, die Dramatik ufert aus, doch dadurch wirkt die Handlung recht fiktional und weit weg, auch wenn man die Gefühle der Protagonisten hautnah erleben kann. Auch hier kommt die Autorin nicht ohne dahingebasteltes Drama und nervtötende Missverständnisse aus und die Handlungskonstruktion weist bei genauerem Hinsehen einige Schwächen auf, weshalb ich kritische Stimmen zu der Geschichte ohne jeden Zweifel nachvollziehen kann. Nach langsamem, holprigem aber deshalb umso charmanterem Annähern der beiden geht es Mittelteil doch relativ schnell zur Sache. Auch wenn einer der Protagonisten ein Escort ist und dadurch Sex-Szenen natürlich vorprogrammiert sind, war ich überrascht wie viele hier dann doch vorkommen. Ich hatte da ein wenig auf die autistische Protagonistin gesetzt und angesichts ihrer Probleme eine etwas … konservativere Geschichte erwartet. So kommt gerade in der Mitte die Persönlichkeitsentwicklung etwas zu kurz, bevor wir uns dann dem unnötigen aber anscheinend in dem Genre unvermeidbaren Prä-Happy-End-Breakdown hingeben.


"Er war hier gefangen, in seinem Leben gefangen, in nie endenden Schulden gefangen. Von der Liebe gefangen. Das war sein Problem. Er liebte immer zu viel. Wenn er sich nur das Herz aus dem Leib reißen und aufhören könnte, etwas zu fühlen, dann wäre er frei."


Doch auch wenn Helen Hoang ihre Geschichte nicht dem typischen New-Adult-Aufbau entziehen konnte, machen die innovative Idee und der Suchtcharakter ihrer Geschichte alles wieder wett. "Kissing Lessons" hat gar nicht den Anspruch, eine tiefgründige Geschichte zu erzählen oder die Leser zum Nachdenken zu bewegen. Stattdessen liest es sich amüsant, kurzweilig, berührend und hat trotz vieler eher absurden Entwicklungen eine grundlegende Wahrhaftigkeit innewohnen, die es unmöglich macht, sich der Anziehungskraft der Geschichte zu entziehen. Diese Wahrhaftigkeit entsteht vermutlich dadurch, dass die Autorin beim Recherchieren des Buches selbst herausgefunden hat, dass sie eine Autistin ist und für all ihre Eigenarten nun eine Diagnose hatte. Dadurch erhält ihre Protagonistin Stella natürlich eine ganz neue Qualität an Authentizität, die sie aus dem Meer an Liebesromanheldinnen heraushebt. So erscheinen die Gefühle ihrer Protagonisten immer natürlich und authentisch, egal ob Hoffnung, Angst, Verlust, Liebe, Verständnis oder Enttäuschung und selbst der klischeebehaftete "Du bist zu gut für mich"-Moment kommt fast echt daher. Michael Larsen ist absichtlich abseits jeglichen Klischees gezeichnet und ist hinter der Fassade des Escorts zum Glück kein Badboy. Der schneidernde Versorger einer vietnamesischen Großfamilie mit dem großen Herz und den geschickten Händen muss man einfach mögen (auch wenn seine perfekte Traummann-Gutartigkeit manchmal etwas übertrieben wirkt).


"Sie war nicht kaputt. Sie hatte einen anderen Blick auf die Welt und interagierte anders mit ihr, aber das war sie. Sie konnte ihr Verhalten ändern, ihre Wortwahl ändern, ihr Aussehen ändern, aber sie konnte nicht ihr Wesen ändern. Im Innersten würde sie immer eine Autistin sein. Die Leute nannten es seine Störung, aber es fühlte sich nicht so an. Für sie war es einfach nur die Art, wie sie war."


Auch wenn auf der reinen Handlungsebene häufig nicht besonders viel passiert, sorgt Helen Hoangs lockerer, packender Schreibstil dafür, dass es keine Sekunde langweilig wird und man es kaum schafft, sich loszureißen. So habe ich die Geschichte an einem einzigen Nachmittag gelesen und mich komplett in der Handlung und den Gefühlen der Protagonisten verloren. Dabei schafft die Autorin immer eine angenehme Balance zwischen düsteren Gedanken und lustigen, sarkastischen Dialogen, sodass ich - ständig schniefend, schmachtend oder grinsend - von meinem Umfeld etwas schräg angesehen wurde (vielen Dank dafür, Helen). Die Sensibilität, mit der sie dem Leser einen Blick ins Innere ihrer Protagonisten gewährt, die Grausamkeit, mit der sie uns und ihre Geschöpfe konfrontiert und die viele Liebe, mit der sie ihre und unsere Herzen heilt, sind wirklich erstaunlich. So schafft sie den Spagat zwischen zuckersüßem Märchen-Flair und Bitterkeit der Realität, sodass die Geschichte locker und leicht daherkommt.

Das Ende kommt mit der erwarteten Auflösung, die sich aber im Vergleich zur eher langsamen Entwicklung am Anfang ein wenig schnell liest. Hier hätte man, wenn man auf den obligatorischen Drop vor dem Happy End verzichtet hätte, definitiv mehr herausholen können. Dennoch hat die Geschichte etwas Mitreißendes, Berührendes, Echtes an sich, dass sie definitiv für Fans des Genres lesenswert macht! Helen Hoang hat sich in mein Herz geschrieben und ich warte nun mit Spannung auf die beiden weiteren Teile.


Fazit:


"Kissing Lessons" hat nicht den Anspruch, eine tiefgründige Geschichte zu erzählen oder die Leser zum Nachdenken zu bewegen. Stattdessen bekommen wir genau, was uns versprochen wurde: eine mitreißende, berührende Liebesgeschichte mit Suchtcharakter. Auch wenn Helen Hoang ihre Geschichte nicht dem typischen New-Adult-Aufbau entziehen konnte, täuschen ihre innovative Idee, das zuckersüße Märchen-Flair und die Authentizität ihrer Protagonistin über etwaige Schwächen hinweg.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.01.2020

Eine mitreißende, berührende Liebesgeschichte mit Suchtcharakter!

Kissing Lessons
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Diese Geschichte stürzte mich mal wieder in einen typischen Herz-Kopf Widerspruch. Mein Leseherz ist verliebt und will eindeutig mehr, während mein kritischer Verstand nicht über einige Mängel hinwegsehen ...

Diese Geschichte stürzte mich mal wieder in einen typischen Herz-Kopf Widerspruch. Mein Leseherz ist verliebt und will eindeutig mehr, während mein kritischer Verstand nicht über einige Mängel hinwegsehen will. Wer diesen Konflikt gewonnen hat (mal wieder, seufz), könnt ihr an meiner positiven Bewertung ablesen

Das Cover ist ein wirklicher Hingucker! Von dem matt-grauen, schlichten Hintergrund heben sich kunstvolle Blumen und Ranken in Weiß-, Grau-, Rosa- und warmen Gelbtönen ab. Der Titel glänzt in Pink und der Autorentitel ist verschnörkelt. Besonders nett ist auch, dass in den Leselaschen der Broschierten Ausgabe ein Interview mit der Autorin abgedruckt ist und die Blüten der Gestaltung auch innerhalb des Buches die Kapitelanfänge zieren. Verspielt, warm, schön - das sagt die Aufmachung über die Geschichte und auch wenn das nicht unbedingt die Worte sind, mit denen ich die Story um Stella und Michael beschreiben würde, finde ich die Gestaltung einfach hinreißend!


Erster Satz: "Ich weiß, du hasst Überraschungen, Stella."


So leitet Stellas Mutter den nicht ganz so subtilen Hinweis darauf ein, dass sie bereit ist für Enkelkinder. Was sie damit in ihrer dreißigjährigen, beruflich erfolgreichen aber sozial eher verklemmten Tochter auslöst, ist ihr wohl nicht bewusst. Für Stella ist klar, Enkelkindern bedeuten Babys, Babys bedeuten Ehemänner, Ehemänner bedeuten feste Partner, feste Partner bedeuten Dating, Dating bedeutet Sex. Und in Sex und allem, was dazu gehört ist sie eine ganz große Niete. Wie sollte es auch anders sein, wenn sie Küssen eklig findet, immer in Fettnäpfchen tritt, sich bei Berührungen versteift und an Keime denken muss? Als die Asperger-Autistin die Liebe fast schon aufgegeben hat, lässt sie ein dahingesagter Satz eines Kollegen innehalten: "Du brauchst Übung". Vielleicht muss sie ja tatsächlich die Kunst der Liebe bei einem Profi lernen, denkt sie sich deshalb. Und wer wäre besser für "Kissing Lessons" geeignet als ein professioneller Escort....?

Die Geschichte wird abwechselnd aus Stellas und Michaels Sicht erzählt, wodurch der Leser von Beginn an in alle Geheimnisse und verborgenen Gefühle der beiden eingeweiht ist. Man weiß also genau, was man zu erwarten hat, sobald man die ersten Seiten umblättert. Man weiß, worauf die Geschichte hinauslaufen wird, man kennt das altbekannte Schema und durchschaut die Protagonisten schnell. Aber das ist vollkommen in Ordnung, denn nichtsdestotrotz eroberte die Geschichte mein Herz. Es gibt hier kein Rätselraten, keine unvorhergesehenen Wendungen, keine großen Überraschungen sondern einfach nur eine umgekehrte "Pretty Woman"-Geschichte mit autistischem Hintergrund, die genau hält, was sie verspricht: eine prickelnde, unterhaltsame, etwas andere Liebesgeschichte.


"Es gibt eine Milliarde Menschen auf diesem Planeten, und Liebe kann man nicht erzwingen. Du wirst jemanden finden, der besser zu dir passt als er, du musst nur dranbleiben."
Stella sagte nichts. Michael war Mint Chocolate Chip für sie. Sie konnte andere Sorten probieren, aber er würde immer ihre Lieblingssorte sein."


Um einem Buch fünf Sterne geben zu können, muss es meiner Meinung nach immer eine richtige Botschaft vermitteln. Das Genre New Adult tut sich damit immer etwas schwer, wie ich finde. Die Charaktere haben immer schrecklich berührende Probleme, die Dramatik ufert aus, doch dadurch wirkt die Handlung recht fiktional und weit weg, auch wenn man die Gefühle der Protagonisten hautnah erleben kann. Auch hier kommt die Autorin nicht ohne dahingebasteltes Drama und nervtötende Missverständnisse aus und die Handlungskonstruktion weist bei genauerem Hinsehen einige Schwächen auf, weshalb ich kritische Stimmen zu der Geschichte ohne jeden Zweifel nachvollziehen kann. Nach langsamem, holprigem aber deshalb umso charmanterem Annähern der beiden geht es Mittelteil doch relativ schnell zur Sache. Auch wenn einer der Protagonisten ein Escort ist und dadurch Sex-Szenen natürlich vorprogrammiert sind, war ich überrascht wie viele hier dann doch vorkommen. Ich hatte da ein wenig auf die autistische Protagonistin gesetzt und angesichts ihrer Probleme eine etwas … konservativere Geschichte erwartet. So kommt gerade in der Mitte die Persönlichkeitsentwicklung etwas zu kurz, bevor wir uns dann dem unnötigen aber anscheinend in dem Genre unvermeidbaren Prä-Happy-End-Breakdown hingeben.


"Er war hier gefangen, in seinem Leben gefangen, in nie endenden Schulden gefangen. Von der Liebe gefangen. Das war sein Problem. Er liebte immer zu viel. Wenn er sich nur das Herz aus dem Leib reißen und aufhören könnte, etwas zu fühlen, dann wäre er frei."


Doch auch wenn Helen Hoang ihre Geschichte nicht dem typischen New-Adult-Aufbau entziehen konnte, machen die innovative Idee und der Suchtcharakter ihrer Geschichte alles wieder wett. "Kissing Lessons" hat gar nicht den Anspruch, eine tiefgründige Geschichte zu erzählen oder die Leser zum Nachdenken zu bewegen. Stattdessen liest es sich amüsant, kurzweilig, berührend und hat trotz vieler eher absurden Entwicklungen eine grundlegende Wahrhaftigkeit innewohnen, die es unmöglich macht, sich der Anziehungskraft der Geschichte zu entziehen. Diese Wahrhaftigkeit entsteht vermutlich dadurch, dass die Autorin beim Recherchieren des Buches selbst herausgefunden hat, dass sie eine Autistin ist und für all ihre Eigenarten nun eine Diagnose hatte. Dadurch erhält ihre Protagonistin Stella natürlich eine ganz neue Qualität an Authentizität, die sie aus dem Meer an Liebesromanheldinnen heraushebt. So erscheinen die Gefühle ihrer Protagonisten immer natürlich und authentisch, egal ob Hoffnung, Angst, Verlust, Liebe, Verständnis oder Enttäuschung und selbst der klischeebehaftete "Du bist zu gut für mich"-Moment kommt fast echt daher. Michael Larsen ist absichtlich abseits jeglichen Klischees gezeichnet und ist hinter der Fassade des Escorts zum Glück kein Badboy. Der schneidernde Versorger einer vietnamesischen Großfamilie mit dem großen Herz und den geschickten Händen muss man einfach mögen (auch wenn seine perfekte Traummann-Gutartigkeit manchmal etwas übertrieben wirkt).


"Sie war nicht kaputt. Sie hatte einen anderen Blick auf die Welt und interagierte anders mit ihr, aber das war sie. Sie konnte ihr Verhalten ändern, ihre Wortwahl ändern, ihr Aussehen ändern, aber sie konnte nicht ihr Wesen ändern. Im Innersten würde sie immer eine Autistin sein. Die Leute nannten es seine Störung, aber es fühlte sich nicht so an. Für sie war es einfach nur die Art, wie sie war."


Auch wenn auf der reinen Handlungsebene häufig nicht besonders viel passiert, sorgt Helen Hoangs lockerer, packender Schreibstil dafür, dass es keine Sekunde langweilig wird und man es kaum schafft, sich loszureißen. So habe ich die Geschichte an einem einzigen Nachmittag gelesen und mich komplett in der Handlung und den Gefühlen der Protagonisten verloren. Dabei schafft die Autorin immer eine angenehme Balance zwischen düsteren Gedanken und lustigen, sarkastischen Dialogen, sodass ich - ständig schniefend, schmachtend oder grinsend - von meinem Umfeld etwas schräg angesehen wurde (vielen Dank dafür, Helen). Die Sensibilität, mit der sie dem Leser einen Blick ins Innere ihrer Protagonisten gewährt, die Grausamkeit, mit der sie uns und ihre Geschöpfe konfrontiert und die viele Liebe, mit der sie ihre und unsere Herzen heilt, sind wirklich erstaunlich. So schafft sie den Spagat zwischen zuckersüßem Märchen-Flair und Bitterkeit der Realität, sodass die Geschichte locker und leicht daherkommt.

Das Ende kommt mit der erwarteten Auflösung, die sich aber im Vergleich zur eher langsamen Entwicklung am Anfang ein wenig schnell liest. Hier hätte man, wenn man auf den obligatorischen Drop vor dem Happy End verzichtet hätte, definitiv mehr herausholen können. Dennoch hat die Geschichte etwas Mitreißendes, Berührendes, Echtes an sich, dass sie definitiv für Fans des Genres lesenswert macht! Helen Hoang hat sich in mein Herz geschrieben und ich warte nun mit Spannung auf die beiden weiteren Teile.


Fazit:


"Kissing Lessons" hat nicht den Anspruch, eine tiefgründige Geschichte zu erzählen oder die Leser zum Nachdenken zu bewegen. Stattdessen bekommen wir genau, was uns versprochen wurde: eine mitreißende, berührende Liebesgeschichte mit Suchtcharakter. Auch wenn Helen Hoang ihre Geschichte nicht dem typischen New-Adult-Aufbau entziehen konnte, täuschen ihre innovative Idee, das zuckersüße Märchen-Flair und die Authentizität ihrer Protagonistin über etwaige Schwächen hinweg.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.01.2020

Eine mitreißende, berührende Liebesgeschichte mit Suchtcharakter.

Kissing Lessons
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Diese Geschichte stürzte mich mal wieder in einen typischen Herz-Kopf Widerspruch. Mein Leseherz ist verliebt und will eindeutig mehr, während mein kritischer Verstand nicht über einige Mängel hinwegsehen ...

Diese Geschichte stürzte mich mal wieder in einen typischen Herz-Kopf Widerspruch. Mein Leseherz ist verliebt und will eindeutig mehr, während mein kritischer Verstand nicht über einige Mängel hinwegsehen will. Wer diesen Konflikt gewonnen hat (mal wieder, seufz), könnt ihr an meiner positiven Bewertung ablesen

Das Cover ist ein wirklicher Hingucker! Von dem matt-grauen, schlichten Hintergrund heben sich kunstvolle Blumen und Ranken in Weiß-, Grau-, Rosa- und warmen Gelbtönen ab. Der Titel glänzt in Pink und der Autorentitel ist verschnörkelt. Besonders nett ist auch, dass in den Leselaschen der Broschierten Ausgabe ein Interview mit der Autorin abgedruckt ist und die Blüten der Gestaltung auch innerhalb des Buches die Kapitelanfänge zieren. Verspielt, warm, schön - das sagt die Aufmachung über die Geschichte und auch wenn das nicht unbedingt die Worte sind, mit denen ich die Story um Stella und Michael beschreiben würde, finde ich die Gestaltung einfach hinreißend!


Erster Satz: "Ich weiß, du hasst Überraschungen, Stella."


So leitet Stellas Mutter den nicht ganz so subtilen Hinweis darauf ein, dass sie bereit ist für Enkelkinder. Was sie damit in ihrer dreißigjährigen, beruflich erfolgreichen aber sozial eher verklemmten Tochter auslöst, ist ihr wohl nicht bewusst. Für Stella ist klar, Enkelkindern bedeuten Babys, Babys bedeuten Ehemänner, Ehemänner bedeuten feste Partner, feste Partner bedeuten Dating, Dating bedeutet Sex. Und in Sex und allem, was dazu gehört ist sie eine ganz große Niete. Wie sollte es auch anders sein, wenn sie Küssen eklig findet, immer in Fettnäpfchen tritt, sich bei Berührungen versteift und an Keime denken muss? Als die Asperger-Autistin die Liebe fast schon aufgegeben hat, lässt sie ein dahingesagter Satz eines Kollegen innehalten: "Du brauchst Übung". Vielleicht muss sie ja tatsächlich die Kunst der Liebe bei einem Profi lernen, denkt sie sich deshalb. Und wer wäre besser für "Kissing Lessons" geeignet als ein professioneller Escort....?

Die Geschichte wird abwechselnd aus Stellas und Michaels Sicht erzählt, wodurch der Leser von Beginn an in alle Geheimnisse und verborgenen Gefühle der beiden eingeweiht ist. Man weiß also genau, was man zu erwarten hat, sobald man die ersten Seiten umblättert. Man weiß, worauf die Geschichte hinauslaufen wird, man kennt das altbekannte Schema und durchschaut die Protagonisten schnell. Aber das ist vollkommen in Ordnung, denn nichtsdestotrotz eroberte die Geschichte mein Herz. Es gibt hier kein Rätselraten, keine unvorhergesehenen Wendungen, keine großen Überraschungen sondern einfach nur eine umgekehrte "Pretty Woman"-Geschichte mit autistischem Hintergrund, die genau hält, was sie verspricht: eine prickelnde, unterhaltsame, etwas andere Liebesgeschichte.


"Es gibt eine Milliarde Menschen auf diesem Planeten, und Liebe kann man nicht erzwingen. Du wirst jemanden finden, der besser zu dir passt als er, du musst nur dranbleiben."
Stella sagte nichts. Michael war Mint Chocolate Chip für sie. Sie konnte andere Sorten probieren, aber er würde immer ihre Lieblingssorte sein."


Um einem Buch fünf Sterne geben zu können, muss es meiner Meinung nach immer eine richtige Botschaft vermitteln. Das Genre New Adult tut sich damit immer etwas schwer, wie ich finde. Die Charaktere haben immer schrecklich berührende Probleme, die Dramatik ufert aus, doch dadurch wirkt die Handlung recht fiktional und weit weg, auch wenn man die Gefühle der Protagonisten hautnah erleben kann. Auch hier kommt die Autorin nicht ohne dahingebasteltes Drama und nervtötende Missverständnisse aus und die Handlungskonstruktion weist bei genauerem Hinsehen einige Schwächen auf, weshalb ich kritische Stimmen zu der Geschichte ohne jeden Zweifel nachvollziehen kann. Nach langsamem, holprigem aber deshalb umso charmanterem Annähern der beiden geht es Mittelteil doch relativ schnell zur Sache. Auch wenn einer der Protagonisten ein Escort ist und dadurch Sex-Szenen natürlich vorprogrammiert sind, war ich überrascht wie viele hier dann doch vorkommen. Ich hatte da ein wenig auf die autistische Protagonistin gesetzt und angesichts ihrer Probleme eine etwas … konservativere Geschichte erwartet. So kommt gerade in der Mitte die Persönlichkeitsentwicklung etwas zu kurz, bevor wir uns dann dem unnötigen aber anscheinend in dem Genre unvermeidbaren Prä-Happy-End-Breakdown hingeben.


"Er war hier gefangen, in seinem Leben gefangen, in nie endenden Schulden gefangen. Von der Liebe gefangen. Das war sein Problem. Er liebte immer zu viel. Wenn er sich nur das Herz aus dem Leib reißen und aufhören könnte, etwas zu fühlen, dann wäre er frei."


Doch auch wenn Helen Hoang ihre Geschichte nicht dem typischen New-Adult-Aufbau entziehen konnte, machen die innovative Idee und der Suchtcharakter ihrer Geschichte alles wieder wett. "Kissing Lessons" hat gar nicht den Anspruch, eine tiefgründige Geschichte zu erzählen oder die Leser zum Nachdenken zu bewegen. Stattdessen liest es sich amüsant, kurzweilig, berührend und hat trotz vieler eher absurden Entwicklungen eine grundlegende Wahrhaftigkeit innewohnen, die es unmöglich macht, sich der Anziehungskraft der Geschichte zu entziehen. Diese Wahrhaftigkeit entsteht vermutlich dadurch, dass die Autorin beim Recherchieren des Buches selbst herausgefunden hat, dass sie eine Autistin ist und für all ihre Eigenarten nun eine Diagnose hatte. Dadurch erhält ihre Protagonistin Stella natürlich eine ganz neue Qualität an Authentizität, die sie aus dem Meer an Liebesromanheldinnen heraushebt. So erscheinen die Gefühle ihrer Protagonisten immer natürlich und authentisch, egal ob Hoffnung, Angst, Verlust, Liebe, Verständnis oder Enttäuschung und selbst der klischeebehaftete "Du bist zu gut für mich"-Moment kommt fast echt daher. Michael Larsen ist absichtlich abseits jeglichen Klischees gezeichnet und ist hinter der Fassade des Escorts zum Glück kein Badboy. Der schneidernde Versorger einer vietnamesischen Großfamilie mit dem großen Herz und den geschickten Händen muss man einfach mögen (auch wenn seine perfekte Traummann-Gutartigkeit manchmal etwas übertrieben wirkt).


"Sie war nicht kaputt. Sie hatte einen anderen Blick auf die Welt und interagierte anders mit ihr, aber das war sie. Sie konnte ihr Verhalten ändern, ihre Wortwahl ändern, ihr Aussehen ändern, aber sie konnte nicht ihr Wesen ändern. Im Innersten würde sie immer eine Autistin sein. Die Leute nannten es seine Störung, aber es fühlte sich nicht so an. Für sie war es einfach nur die Art, wie sie war."


Auch wenn auf der reinen Handlungsebene häufig nicht besonders viel passiert, sorgt Helen Hoangs lockerer, packender Schreibstil dafür, dass es keine Sekunde langweilig wird und man es kaum schafft, sich loszureißen. So habe ich die Geschichte an einem einzigen Nachmittag gelesen und mich komplett in der Handlung und den Gefühlen der Protagonisten verloren. Dabei schafft die Autorin immer eine angenehme Balance zwischen düsteren Gedanken und lustigen, sarkastischen Dialogen, sodass ich - ständig schniefend, schmachtend oder grinsend - von meinem Umfeld etwas schräg angesehen wurde (vielen Dank dafür, Helen). Die Sensibilität, mit der sie dem Leser einen Blick ins Innere ihrer Protagonisten gewährt, die Grausamkeit, mit der sie uns und ihre Geschöpfe konfrontiert und die viele Liebe, mit der sie ihre und unsere Herzen heilt, sind wirklich erstaunlich. So schafft sie den Spagat zwischen zuckersüßem Märchen-Flair und Bitterkeit der Realität, sodass die Geschichte locker und leicht daherkommt.

Das Ende kommt mit der erwarteten Auflösung, die sich aber im Vergleich zur eher langsamen Entwicklung am Anfang ein wenig schnell liest. Hier hätte man, wenn man auf den obligatorischen Drop vor dem Happy End verzichtet hätte, definitiv mehr herausholen können. Dennoch hat die Geschichte etwas Mitreißendes, Berührendes, Echtes an sich, dass sie definitiv für Fans des Genres lesenswert macht! Helen Hoang hat sich in mein Herz geschrieben und ich warte nun mit Spannung auf die beiden weiteren Teile.


Fazit:


"Kissing Lessons" hat nicht den Anspruch, eine tiefgründige Geschichte zu erzählen oder die Leser zum Nachdenken zu bewegen. Stattdessen bekommen wir genau, was uns versprochen wurde: eine mitreißende, berührende Liebesgeschichte mit Suchtcharakter. Auch wenn Helen Hoang ihre Geschichte nicht dem typischen New-Adult-Aufbau entziehen konnte, täuschen ihre innovative Idee, das zuckersüße Märchen-Flair und die Authentizität ihrer Protagonistin über etwaige Schwächen hinweg.

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Veröffentlicht am 24.12.2019

Spannender, witziger, emotionaler, brutaler - eine bessere Version der Wicked-Reihe!

Kissed - Eine Liebe zwischen Licht und Dunkelheit
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Obwohl mich die Wicked-Reihe nach einem unspektakulären Band 1, einem recht peppigen Band 2 und einem eher mittelmäßigen Finale nicht unbedingt begeistert hatte und leider absolut nicht an meinen Favoriten ...

Obwohl mich die Wicked-Reihe nach einem unspektakulären Band 1, einem recht peppigen Band 2 und einem eher mittelmäßigen Finale nicht unbedingt begeistert hatte und leider absolut nicht an meinen Favoriten von Jennifer L. Armentrout -"Dark Elements"- herankam, musste ich natürlich weiterlesen und der Spin-Off-Reihe noch eine Chance geben. Zum einen wollte ich unbedingt Ivy, Ren und Tink wiedersehen, auf der anderen Seite war ich total gespannt, wie sie es schaffen will, den Bösewicht schlechthin zum Love-Interest zu machen.


"Brighton?"
Ich versuchte verzweifelt, die Tatsache zu ignorieren, dass mein Name aus seinem Mund mich an stürmische Sommernächte denken ließ, und drehte mich ein letztes Mal zu ihm herum, obwohl mein Verstand mir zuschrie, es nicht zu tun. Ich konnte nichts anders. Mein Blick glitt über sein Gesicht, und ich unterdrückte ein Seufzen. Er war der mächtigste, tödlichste Fae von allen, und dieses Wissen minderte meine Faszination für seine männliche Schönheit nicht im Geringsten."




Doch beginnen wir wie immer mit dem Cover. Auch wenn die Gestaltung nicht wirklich outstandig besonders ist, gefällt mir die warme braune Farbe, sowie die feine Oberfläche des silbernen Flügels, das als Hauptmotiv abgedruckt ist. Zusammen mit dem leuchtenden Pink und der schön geschwungenen Schrift ergibt sich eine runde Gestaltung, die gut in die Reihe passt. Die New-Orleans-Karte in der vorderen Lasche ist diesmal nicht ganz so hilfreich da die Handlung größtenteils in anderen Stadtteilen oder in nicht abgedruckten Gebäuden spielt. Im hinteren Teil des Umschlages ist nochmal ein Rückblick auf die drei Teile der Trilogie gedruckt. Nachdem ich "Wicked" (=böse) als eher mäßigen Titel gesehen habe, "Torn" (=zerrissen) schon viel besser zum Inhalt passte, "Brave" wieder nicht unbedingt die einfallsreichste und außergewöhnlichste Wahl war, bin ich mit "Kissed" sehr zufrieden. Obwohl ich zu Beginn deswegen die Augen gerollt hatte, musste ich bald feststellen, dass der Titel doch einen überlegteren Hintergrund hat, als gedacht.


Erster Satz: "War man ein schlechter Mensch, wenn man seine Freundin vollkommen, zu einhundert Prozent beneidete?"


Wir steigen mit einer Art Prolog in die Geschichte ein, in dem die Protagonistin Brighton, die wir schon aus den drei anderen Bänden kennen, auf dem Nachhauseweg von einem Treffen mit Ivy und Ren von Fae überfallen wird. Sie überlebt den Angriff nur knapp - ihre Mutter, Merle, stirbt. Dann springt die Handlung zwei Jahre nach vorne und wir treffen eine ganz andere Brighton: getrieben von Ruhelosigkeit und dem Verlangen auf Rache, zieht sie jede Nacht verkleidet hinter dickem Make-Up, Perücken und kurzen Kleidern durch die Nachtclubs von New Orleans und versucht die Fae aufzuspüren, die ihr gewohntes Leben damals beendet hatten. Dass sie auf einer ganz heißen Spur ist, wird ihr klar, als sich Caden, der Prinz des Sommerhofs in ihre Suche einmischt. Wer ist der uralte Fae Aric, den er sucht und welche Rechnung hat er noch mit ihm zu begleichen? Kann sie dem atemberaubenden Prinz trauen, der unter dem Bann der Königin ihre beste Freundin Ivy entführt und beinahe die Welt der Menschen zerstört hat? Und warum fühlt sie sich so von ihm angezogen? Obwohl ihr niemand etwas zutraut und sie im Orden nur noch als bessere Sekretärin gilt, macht sie sich auf die Suche nach dem uralten Fae und gerät in eine grausame Falle...


"Du bist kein Geist. Du könntest niemals einer sein - nicht, solange du so hell leuchtest wie die Sonne."


Der erste Teil der Spinn-Off-Reihe ist von Beginn an eine Spur düsterer und ernster als die Wicked-Reihe. Die Handlung spielt zwei Jahre nach Ivys und Rens Kampf gegen die Königin Morgana, die versuchte, die Welt der Menschen zu zerstören. Nur mit viel Glück, Mut, Opfer und der Hilfe der Sommer-Fae konnte das Schlimmste verhindert und die Königin in die Anderwelt verbannt werden. Die beiden Prinzen Fabian und Caden verblieben auf der Erde und waren von ihrem Bann befreit. Prinz Fabian ist ja bekanntlich mit unserem Lieblings-Brownie Tink liiert und Caden … der sinnt nach Rache für alles, was Morgana und ihre Helfer ihm angetan haben. Die deutsche Ausgabe fasst die beiden englischen Novellen "The Prince - A Wicked Novella" und "The King - A Wicked Novella" zu einem Band zusammen, sodass eine klare Zweiteilung der Geschichte spürbar ist. Der erste Teil konzentriert sich vor allem auf das Kennenlernen der beiden Protagonisten und ihre Beziehung zueinander. Die Prioritäten zwischen Handlung und … Sonstigem sind also ziemlich klar gesteckt und es vergeht kaum eine Seite, auf der Caden nicht zumindest mal erwähnt wird. Aber da jede Seite ohne Caden eine langweilige Seite ist, ging das in Ordnung Der zweite Teil startet mit einigen Wiederholungen und beiläufigen Erklärungen, die man natürlich nicht braucht, wenn man beide Teile in einem Buch vereint hat. Hier tritt die Lovestory zugunsten von einigen actionreichen Szenen und vielen neuen Erkenntnisse ein wenig in den Hintergrund und auch die Erotik wird hier deutlich zurückgeschraubt.


"Spielt das denn wirklich eine Rolle? Welchem Hof sie angehören? Macht das einen Unterschied?", fragte er herausfordernd. "Ja tut es." Es musste so sein."


Zusammengenommen ergeben die zwei Novellen einen wirklich überzeugenden ersten Teil einer Spinn-Off-Reihe, die wie eine bessere Version der Wicked-Reihe daherkommt: spannender, witziger, emotionaler, brutaler. Jennifer L. Armentrout bringt mich mit humorvollen Anspielungen zum Lachen, mit prickelnder Liebe zum Schmachten, mit epischen Kämpfen zum Mitfiebern und mit schockierenden Wendungen und Cliffhangern zum Fluchen. Auch wenn ein gewisser Abschnitt im hinteren Teil sehr an ein bereits bekannter Abschnitt aus Ivys Leben erinnert und auch sonst kaum Neues kommt (Herummachen in Clubs, Sitzungen des Ordens, Zusammenkünfte auf dem Sommerhof und Kämpfe in dunklen Hinterzimmern), hat "Kissed" eine mitreißende Dynamik, die ich in den anderen Teilen ein wenig vermisst hatte.

Das lag vielleicht auch zu einem gewissen Grad am Zusammenspiel der beiden Charakteren, auch wenn diese es leider immer noch nicht mit anderen ihrer Reihen (zum Beispiel mit Layla und Roth aus "Dark Elements") aufnehmen können. Brighton ist eine Kämpferin, auch wenn ihr keiner Stärke zutraut, versteckt sie sich nicht hinter einem starken Retter und geht Nacht für Nacht alleine auf die Jagd nach den Fae, die ihre Mutter getötet haben. Dass sie immer wieder aufsteht, weitermacht und sich durch wenig aus der Ruhe bringen lässt macht sie mir sehr sympathisch, auch wenn sie diesen typischen "OMG-ich-bin-so-hässlich"-Komplex hat, den wohl alle YA-Protagonistinnen haben müssen (seufz). Mit ihrer Kämpfernatur, ihrem Sarkasmus und ihren Komplexen mutiert sie leider ein wenig zum Durchschnitts-Armentrout-Charakter, der zeitweise sehr stark an Ivy erinnert. Sympathisch, stark, witzig und mit einem Trauma aus der Vergangenheit, ist sie leider ein bisschen stereotyp und nicht sooo spannend. Sehr viel mehr holt hier Caden heraus. Der unheimlich gutaussehende, geheimnisvolle Prinz des Sommerhofs, ist eindeutig cooler als Ren und die beiden in Verbindung sind einfach toll!


"Warum nennst du mich so? Sonnenschein?"
"Weil ich dich einmal lächeln gesehen habe, und es war, als würde endlich die Sonne aufgehen."
Das war einfach wow.
"Und deine Haare erinnern mich an ihre goldenen Strahlen", fuhr er fort."


Mein absoluter Lieblingscharakter Tink war natürlich auch wieder mit von der Partie. Wir lernten den kleinen Racker als etwa 30 Zentimeter großen Wicht mit einem Temperament für zwei Meter kennen, der gerne all seine kriminelle Energie darauf richtet, Ivys Amazon-Passwörter zu knacken, Cornflakes-Packungen zu klauen, seltsame Orgien mit Trollpuppen zu veranstalten und die Harry-Potter-Filme durch zu suchten. Hier zieht er teilweise bei Brighton ein, als Ivy und Ren auf (Hochzeits-!!!) Reise sind und mischt auch bei ihr die Bude ein wenig auf. Mit seiner verrückt-liebenswerten Art und seinen seltsamen Konversationen mit Fabian konnte er viele Situationen auflockern.

Der Schreibstil ist wie gehabt: auch der schlimmste Mord und Totschlag hält Jennifer L. Armentrout nicht davon ab, uns mit einem humorvollen Unterton ab und zu zum Lachen zu bringen. Zwischen all den romantischen, actionreichen und erschreckenden Szenen nimmt sie mit ihrem treffenden Humor vielen Problemen die Spitze und macht die Geschichte trotz ihrer Schwächen unglaublich unterhaltsam. Wir bekommen es hier wieder mit einer Menge wohlplatzierter Anspielungen auf Disney- Filme, "Harry Potter", "Der Herr der Ringe", "Twilight", "Supernatural" und "The Walking Dead" vorgesetzt. Cadens und Brightons Sarkasmus, ihre Zweideutigkeiten, die vielen Insiderwitzen und vor allem die unglaublich lustigen und auch oft peinlichen Konversationen haben mir zusätzlich praktisch ein Dauergrinsen ins Gesicht tapeziert. Wortgewandt, witzig, dabei voller Andeutungen, Metaphern und mit grandiosen Beschreibungen von Gegebenheiten, Ereignissen, Emotionen und magischen Elementen führt sie uns durch die Geschichte, sodass die 500 Seiten wie im Flug vergehen.


"Nach dem Angriff hattest du keine Angst mehr. Du wolltest nicht mehr unsichtbar sein. Du hast dafür gesorgt, dass man dich sieht und hört. Du stehst für dich selbst ein. Du lebst. Sie haben dir eine Menge genommen, Brighton. Deine Mutter. Deine Zufriedenheit. Aber für mich sieht es so aus, als hättest du auch eine Menge bekommen. Nicht von ihnen, aber von dir selbst."



Das Ende ist mal wieder auf die typische Armentrout´sche "haha-du-dummer-Leser-hier-hast-du-einen-krassen-Cliffhanger-jetzt-komm-damit-klar-und-zerbreche-dir-darüber-den-Kopf-bis-der-nächste-Teil-rauskommt"-Art, für die ich sie wirklich hassen könnte. Aber nur fast, denn dafür habe mich bei dieser Geschichte viel zu oft mit breitem Grinsen auf meinem Bett gesessen und mir gewünscht, in die Geschichte eintauchen zu können. Jetzt warte ich sehr gespannt darauf, dass der nächste Teil der Spinn-Off-Reihe erscheint, der im Englischen schon unter dem Titel "The Queen - A Wicked Novella" angekündigt wurde.


Fazit:


Ein wirklich überzeugender erster Teil einer Spinn-Off-Reihe, die wie eine bessere Version der Wicked-Reihe daherkommt: spannender, witziger, emotionaler, brutaler. Jennifer L. Armentrout bringt mich mit humorvollen Anspielungen zum Lachen, mit prickelnder Liebe zum Schmachten, mit epischen Kämpfen zum Mitfiebern und mit schockierenden Wendungen und Cliffhangern zum Fluchen.

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