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Veröffentlicht am 24.02.2020

Eine Forschungsreise durch den indischen Subkontinent aus der Sicht eines Waisenjungen

Das Museum der Welt
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Der Waisenjunge Bartholomäus ist im Jahr 1854 etwa zwölf Jahre alt und lebt in einem Waisenheim der Jesuiten in Bombay. Er pflegt eine Freundschaft zu Vater Fuchs, während er Vater Holbein und den anderen ...

Der Waisenjunge Bartholomäus ist im Jahr 1854 etwa zwölf Jahre alt und lebt in einem Waisenheim der Jesuiten in Bombay. Er pflegt eine Freundschaft zu Vater Fuchs, während er Vater Holbein und den anderen Waisen ein Dorn im Auge ist. Eines Tages beschließt er, ein Museum zu gründen, indem er in einer Schachtel Dinge sammelt, die ihn ausmachen. Nachdem die anderen Waisen es zerstört haben, schenkt Vater Fuchs ihm ein Notizbuch, in dem er zukünftigt sein Museum niederschreibt. Zu berichten hat er bald so einiges, denn die Brüder Schlagintweit engagieren ihn für ihre Forschungsreisen. Dabei entdeckt er Erstaunliches, gerät aber auch immer wieder in Gefahr und in Intrigen hinein.

Ich fand die Idee interessant, die Forschungsreisen der drei Brüder Schlagintweit über den indischen Subkontinent aus der Perspektive eines indischen Waisenjungen zu erleben. Diesen lernt man zu Beginn des Buches vor seiner ersten Begegnung mit den Brüdern kennen. Dank seiner Freundschaft zu Vater Fuchs spricht er Deutsch und hat sich ein erstaunliches Wissen angeeignet. Die anderen Waisen grenzen ihn jedoch aus, hänseln ihn und zerstören seinen Besitz, während er von Vater Holbein für jedes Vergehen hart bestraft wird.

Als Vater Fuchs plötzlich verschwindet und niemand ihm etwas über seinen Verbleib sagen will, ist Bartholomäus entschlossen, ihn zu finden. Die Tätigkeit als Übersetzer für die Brüder Schlagintweit ist dabei eine gute Gelegenheit, aus dem Waisenheim herauszukommen und sich in Bombay umzuhören. Doch er will unter keinen Umständen die Stadt verlassen. Bombay ist jedoch nur eine von vielen Stationen für die Brüder, und so ziehen sie schließlich gemeinsam mit dem Waisen sowie auch der Köchin Smitaben, dem Gärtner Devinder und dem Verwalter Hormazd weiter.

Die im Buch beschriebene Reiseroute entspricht den historischen Fakten, während die Figur des Bartholomäus fiktiv ist. Er wundert sich immer wieder über die Forschungsaktivitäten der Brüder, wofür sie sich begeistern können und welche Fragen sie stellen. Für sein Alter ist er erstaunlich klug, was durch die Freundschaft zu Vater Fuchs begründet wird. Viele seiner Überlegungen sind jedoch sehr philosophisch und er widmet sich grundsätzlichen Fragen der Menschheit, womit ich nicht gerechnet hätte und was für mich oft den Schwung aus der Handlung nahm.

Ich hätte es schön gefunden, wenn man auf der abgedruckten Indien-Karte die Reiseroute der Brüder Schlagintweit hätte erkennen können, damit man besser nachverfolgen kann, wo sie sich gerade aufhalten. Auch ein Personenverzeichnis und ein Glossar wäre hilfreich gewesen, denn die Handlung ist komplex und ich fand es zum Beispiel schwierig, einen Überblick über die verschiedenen indischen Bevölkerungsgruppen zu bewahren, die eine Rolle spielen. Einiges hätte gern expliziter erklärt werden können, ich musste für meinen Geschmack zu oft zwischen den Zeilen lesen. Bartholomäus ist bei vielen erstaunlichen Entdeckungen dabei und gerät in mehrere lebensgefährliche Situationen, sodass ich gespannt war, wie er an den Herausforderungen wächst. Durch die Komplexität der Handlung gepaart mit den philosophischen Exkursen hatte ich Schwierigkeiten, in diesen Abenteuerroman einzutauchen.

Insgesamt ist „Das Museum der Welt“ ein Roman, der vor allem für historisch interessierte Leser interessant ist, die sich fragen, wie Forschungsreisen im 19. Jahrhundert wohl von den Einheimischen, die diese begleitet haben, erlebt wurden.

Veröffentlicht am 15.02.2020

Eine gefährliche Welt voll blutiger Rituale, Geister und Geheimnisse

Das neunte Haus
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Alex Stern fühlt sich auf dem Campus der Elite-Universität Yale wie ein Fremdkörper. Eine Ausreißerin wie sie schafft es eigentlich nicht an einen solchen Ort. Doch für das Haus Lethe ist sie von großem ...

Alex Stern fühlt sich auf dem Campus der Elite-Universität Yale wie ein Fremdkörper. Eine Ausreißerin wie sie schafft es eigentlich nicht an einen solchen Ort. Doch für das Haus Lethe ist sie von großem Wert, denn sie kann die Geister der Toten sehen. Mit dieser Fähigkeit soll sie dafür sorgen, dass diese bei den magischen Ritualen der Häuser des Schleiers - wie Portalmagie oder auch Eingeweidenschau - für keine unerwünschten Zwischenfälle sorgen. Als eine junge Frau ermordet auf dem Campus aufgefunden wird, hat Alex den Verdacht, dass eins der Häuser in den Fall verwickelt ist. Sie beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln und stößt bald auf Ungereimtheiten. Doch jemand scheint mit aller Macht verhindern zu wollen, dass sie sich weiter mit dem Fall beschäftigt.

Ich bin großer Fan der Grishaverse-Bücher der Autorin und habe mich sehr gefreut, nun in eine von ihr geschaffene Urban Fantasy Welt eintauchen zu dürfen. Der Einstieg in die Geschichte ist mit jedoch nicht leicht gefallen. Nach einem Prolog im Vorfrühling springt die Geschichte zurück in den Winter, wo es Rückblenden in den Herbst gibt. Man erhält hier und da Informationsbrocken und ich brauchte einige Zeit, bis sich mit das ganze Szenario rund um die Häuser und Alex’ besondere Fähigkeiten erschloss.

Die Autorin hat eine komplexe Welt erschaffen, in welcher es ähnlich wie im Grishaverse unterschiedliche Formen der Magie gibt, die hier aber ganz andere Formen annimmt und auch anders funktioniert. Sie ist hauptsächlich an Rituale gebunden, die immer wieder beschrieben werden. Dabei wird häufig Blut vergossen, während Alex herumläuft, und Friedhofserde auf die Geister wirft, um sie zu vertreiben. Diese Schilderungen sind Geschmackssache und haben mich eher irritieren als faszinieren können.

Die Ermittlungen rund um den Tod der jungen Frau sowie Alex’ Suche nach einer verschwundenen Person sind die zentralen Elemente der Geschichte, die langsam in Schwung kommt. Hier stößt Alex auf ein scheinbar undurchdringliches Geflecht aus Geheimnissen, Vertuschung und Intrigen. Doch auch als es gefährlich wird gibt sie nicht auf und forscht mit ihrer trockenen und beharrlichen Art weiter. Dabei kommt sie auch der Welt der Geister, von der sie seit Jahren konsequent Abstand hält, immer näher. Zum Ende hin erlebt man als Leser noch mal einige Überraschungen und die Antworten auf die offenen Fragen sind vielschichtiger als gedacht.

„Das neunte Haus“ von Leigh Bardugo nimmt den Leser mit in eine gefährliche Welt voll blutiger Rituale, Geister und Geheimnisse, von der am Campus der Eliteuniversität Yale nur wenige etwas ahnen. Trotz der der angenehm unperfekten Protagonistin mit einer interessanten Hintergrundstory hat mich das Setting leider nicht gänzlich packen können. Wenn ihr Lust auf eine düstere Urban Fantasy habt, dann seid ihr der richtige Leser für dieses Buch!

Veröffentlicht am 25.01.2020

Ruths Zeit in England zog sich für mich in die Länge

Tage des Lichts
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Voller Sorge wartet Ruth in England auf eine Nachricht, ob ihre Eltern und ihre Schwester aus Deutschland ausreisen durften. Ob das Kabel mit der Genehmigung aus England rechtzeitig angekommen ist? Unterdessen ...

Voller Sorge wartet Ruth in England auf eine Nachricht, ob ihre Eltern und ihre Schwester aus Deutschland ausreisen durften. Ob das Kabel mit der Genehmigung aus England rechtzeitig angekommen ist? Unterdessen schuftet Ruth weiter auf dem Hof in Frinton-on-Sea, wo sie als Hilfe angestellt ist. Ihre herrschsüchtige Arbeitgeberin Olivia lässt sie kaum zur Ruhe kommen. Doch Ruth ist dringend auf die Anstellung angewiesen. Noch lieber würde sie weiteren Abstand zwischen sich und die Nazis bringen und mit ihrer Familie nach Amerika auswandern, doch aufgrund der begrenzten Aufnahmezahlen pro Jahr wird das noch einige Zeit dauern. Solange muss sie in England zurechtkommen.

Das zweite Buch der Reihe endete damit, dass Ruth Ausreisegenehmigungen für England an ihre Familie hat kabeln lassen. Damit beginnt für sie eine Phase der Ungewissheit, denn man kann sich nicht sicher sein, ob solche Nachrichten wirklich rechtzeitig in den richtigen Händen ankommen.

Das Buch spannt den Leser erst einmal auf die Folter und berichtet von Ruths Arbeiten auf dem Hof, während sie auf eine Nachricht wartet. Ihre Arbeitgeberin Olivia, die man schon im zweiten Band kennenlernen konnte, ist eine unglaublich anstrengende und nervige Person. Sie scheucht Ruth herum und lässt sie neben dem Nötigen auch allerlei zeitraubende und sinnlose Tätigkeiten ausführen, während sie ihr die freie Zeit verweigert, die ihr eigentlich zusteht. Erst nach über 100 Seiten erhält Ruth endlich eine Nachricht von ihrer Familie.

Das Buch zog sich für mich leider ziemlich in die Länge. Ruths Leben und Arbeiten auf dem Hof wird in aller Ausführlichkeit beschrieben und ihre Konflikte mit Olivia laufen immer ähnlich ab. Ruth putzt, kocht, kümmert sich um die Tiere, muss Fleisch verarbeiten und sich um die kleine Jill kümmern. Diese Beschreibungen nahmen für meinen Geschmack zu viel Raum ein. Währenddessen war ich neugierig, wie es für ihre Eltern und ihre Schwester weitergeht. Darüber erfährt man aber vergleichsweise wenig.

Der Schwerpunkt dieses Bandes liegt auf der Zeit kurz vor und nach dem Kriegseintritt Englands. Dies wird hier aus Perspektive der Menschen geschildert, die sich in England aufhalten, sodass man einen Eindruck von ihren Sorgen und ihrer Haltung zum Agieren der Nazis auf dem europäischen Festland erhielt. Zum Ende hin wurde das Buch noch mal interessanter, weil sich für Ruth neue Perspektiven auftun.

Insgesamt hat mich „Tage des Lichts“ über weite Strecken mit Beschreibungen des Hoflebens ziemlich gelangweilt. Ich hätte es besser gefunden, wenn der geplante Mittelband nicht in zwei Bände aufgeteilt und stattdessen straffer erzählt worden wäre. Einzig mein grundsätzliches Interesse an Ruths Schicksal, das auf einer wahren Geschichte beruht, hat mich weiterlesen lassen. Im August erscheint der vierte und letzte Band der Reihe, „Träume aus Samt“ den ich in der Hoffnung lesen werde, dass dieser in Sachen Tempo noch einmal ordentlich zulegt.

Veröffentlicht am 08.12.2019

Ein Weihnachtskrimi aus dem Jahr 1929

Die Morde von Mapleton
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Sir Eustace Vernon hat einige Freunde und Bekannte am Weihnachtstag in sein Herrenhaus bei Mapleton eingeladen. Doch während des Dinners erklärt er seinen Gästen, dass er eine böse Nachricht erhalten habe ...

Sir Eustace Vernon hat einige Freunde und Bekannte am Weihnachtstag in sein Herrenhaus bei Mapleton eingeladen. Doch während des Dinners erklärt er seinen Gästen, dass er eine böse Nachricht erhalten habe und sie für einige Zeit allein lassen müsse. Die Gäste vertreiben sich die Zeit, bis ein Schrei ertönt. Die Küchenmagd Hammond wurde von einer Unbekannten, die aus der Bibliothek Vernons kam, mit einem Messer bedroht und ist in Ohnmacht gefallen. In der Bibliothek steht der Safe offen. Kurz darauf wird in einem anderen Teil des Hauses die Leiche des Butlers gefunden. Und das ist nicht der letzte Tote in jener Nacht. Die Polizei nimmt mit Unterstützung von Anthony Bathurst die Ermittlungen auf.

Bei diesem Buch handelt es sich um einen Kriminalfall, der im Original bereits im Jahr 1929 erschienen ist. Das macht sich am Verhalten der Personen schnell bemerktbar. Als eine ohnmächtige Küchenmagd und kurz darauf ein ermordeter Butler gefunden wird preschen die männlichen Gäste bei der Sicherung der Beweise vor, während die Damen im Nebenraum warten sollen, damit ihre Nerven nicht über Gebühr belastet werden.

Bald werden erste überraschende Entdeckungen gemacht und der herbeigerufene Inspektor Craig beginnt mit klassischen Vernehmungen vor allem der Herren. Die Frauen sieht er als grundsätzlich nicht verdächtig an, auch wenn die Küchenmagd eine Frau erkannt haben will. Vermutlich eine häufiger vorkommende Haltung dieser Zeit? Die zahlreichen Entschuldigungen, wenn er doch mal Fragen an einen der weiblichen Gäste richten muss, lesen sich aus heutiger Perspektive reichlich seltsam.

Kurz darauf wird auch Anthony Bathurst in die Handlung eingeführt. Dieser Fall ist eigentlich der vierte aus einer ganzen Reihe mit ihm, in der er als eine Art Berater von Scotland Yard fungiert. Es gibt einige kurze Verweise auf die vorherigen Fälle, die jedoch nicht auf Deutsch erschienen sind. Er findet zusammen mit dem Polizeipräsidenten Sir Austin die zweite Leiche und die beiden beginnen ihrerseits mit Ermittlungen, bevor sie sich mit Inspektor Craig austauschen.

Das Tempo des Buches ist ruhig und die Handlung zieht sich über mehrere Tage und fast alle Schlüsse werden aus Gesprächen gezogen. Dabei verhalten sich alle Beteiligten äußerst gesittet und zeigen nur wenig Emotionen. Während Bathurst immer wieder erklärt, dass ihm allmählich alles klar wird, tappte ich als Leserin lange im Dunkeln. Erst am Ende wird die Auflösung als Ganzes präsentiert und danach erläutert, welche Hinweise bei den Ermittlern zu welchen Schlüssen geführt haben.

In „Die Morde von Mapleton“ werden nach einem Weihnachtsdinner zwei Tote gefunden, deren Mord es aufzuklären gilt. Merkt man dem Buch deutlich an, dass es vor 90 Jahren verfasst wurde. Dadurch kommt ein zur Weihnachtszeit passendes Nostalgie-Gefühl auf. Allerdings ist die Darstellung der Frauenfiguren hier wirklich altmodisch (dabei durfte zu dieser Zeit doch auch schon Miss Maple ermitteln) und ich vermisste Spannung und Emotionen. Insgesamt ein beschaulicher Krimi, den man gemütlich im Dezember lesen kann.

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Veröffentlicht am 30.11.2019

Was ist mit dem kleinen Max geschehen?

Der Insasse
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Das Leben von Till Berkhoff wird in seinen Grundfesten erschüttert, als sein kleiner Sohn Max an einem Abend spurlos verschwindet. Alles deutet darauf hin, dass er entführt wurde. Kurz darauf wird Guido ...

Das Leben von Till Berkhoff wird in seinen Grundfesten erschüttert, als sein kleiner Sohn Max an einem Abend spurlos verschwindet. Alles deutet darauf hin, dass er entführt wurde. Kurz darauf wird Guido Tramnitz für die Entführung und den Mord an zwei Kindern und einer Mutter in die Forensische Psychiatrie eingewiesen. Till glaubt, dass er auch seinen Sohn entführt hat, doch zu diesen Vorwürfen schweigt Tramnitz. Daraufhin schmiedet Till mit Unterstützung seines Schwagers Skania, der Polizist ist, den waghalsigen Plan, sich selbst in die Psychiatrie einweisen. Dort will er das Vertrauen von Tramnitz gewinnen und ihn zum reden bringen. Doch schon bald läuft alles anders als geplant.

Das Buch beginnt mit dem Mord an einer Frau und den letzten Minuten, die Till Berkhoff mit seinem Sohn Max vor dessen Verschwinden verbracht hat. Danach springt das Buch ein Jahr in die Zukunft und berichtet von der Einweisung von Guido Tramnitz in die Forensische Psychiatrie. Das Tempo ist von Beginn an hoch und schon bald ist Till auf dem Weg, um selbst eingewiesen zu werden. Bei Büchern von Fitzek ist es üblich, dass vieles anders ist, als es zunächst scheint. Es gibt immer wieder Situationen, die zahlreiche Fragen aufwerfen. Das Buch konzentriert sich lange darauf, die ausweglose Situation, in die sich Till selbst gebracht hat, zu schildern und mit blutigen und erschreckenden Szenen zu punkten. Den Handlungsverlauf fand ich ziemlich absurd (vor allem, nachdem ich in meinem Psychologie-Studium mal selbst eine Forensische Psychiatrie besichtigen durfte) und mir dauerte diese Phase zu lang, denn währenddessen gibt es kaum neue Erkenntnisse. Erst zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse und die Auflösung konnte mich überraschen. Insgesamt ein soldier Psychotriller, der mich aber nicht so recht überzeugen konnte.