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Veröffentlicht am 01.03.2020

Ein neues Abenteuer in einem anderen Venedig

Serafin. Das Kalte Feuer
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Jeden Monat bei Neumond verschwindet das Wasser aus den Kanälen Venedigs. Für Schlammsammler wie Serafin ist das die Chance, wertvolle Gegenstände zu bergen. Weil niemand weiß, wann genau das Wasser zurückkommt ...

Jeden Monat bei Neumond verschwindet das Wasser aus den Kanälen Venedigs. Für Schlammsammler wie Serafin ist das die Chance, wertvolle Gegenstände zu bergen. Weil niemand weiß, wann genau das Wasser zurückkommt und Gardisten Jagd auf die Sammler machen, ist das Ganze lebensgefährlich. Doch nur so kann Serafin die Medizin für seine kranke Mutter bezahlen. In einer dieser Nächte macht seine goldene und geflügelte Katze Cagliostra ihn auf einen merkwürdigen Fund aufmerksam: Vor einem Spiegel im Kanal liegen zwei bewusstlose Mädchen. Er kann nur eine in Sicherheit bringen, bevor ihn die Gardisten einholen. Sie stellt sich als Junipa vor, ein Mädchen mit Spiegelaugen, die unbedingt ihre Freundin Merle wiederfinden muss. Die beiden stammen aus einem anderen Venedig und sind durch die Spiegelwelt hergekommen. Fasziniert von Junipa bietet Serafin seine Hilfe an und ist im Nu Teil eines gefährlichen Abenteuers...

Ich habe schon viele Bücher von Kai Meyer gelesen, doch der vor fast 20 Jahren erschienene Merle-Zyklus gehörte bislang nicht dazu. Das Erscheinen von „Serafin“ war für mich die perfekte Gelegenheit, das nachzuholen und in Merles magisches Venedig einzutauchen. Nach dem dramatischen Ende des dritten Bandes war ich sehr froh, in „Serafin“ ohne Wartezeit weiterlesen zu können, denn ganz zufriedenstellen konnte mich dieses noch nicht.

Wer die bisherigen Bände kennt, der wird sich beim Titel der neuen Fortsetzung zunächst gewundert haben. Dieser wurde vom Autor mit den Worten „Kein Prequel. Keine Auferstehung.“ bekannt gegeben. Kai Meyer knüpft mit seiner Lösung an Merles Überlegungen aus dem dritten Band an, was sie wohl in der Spiegelwelt erwarten wird. Inzwischen sind zwei Jahre vergangen und die beiden haben bei ihren Reisen durch die Spiegelwelt entdeckt, dass es mehrere Manifestationen von Venedig gibt, in denen Doppelgänger von ihnen und anderen ihnen bekannten Personen unterwegs sind. Sie sehen zwar gleich aus, sind charakterlich aber völlig andere Menschen. Daher ist Merle wenig erstaunt, als sie von einer anderen Merle eingesperrt wird und feststellen muss, dass Junipa von einem Serafin gerettet wurde.

Merle ist schon lange auf der Suche nach ihrem Vater, den sie im legendären Herz der Stadt zu finden hofft. Doch sie und Junipa werden sowohl in der Spiegelwelt als auch in den Manifestationen von Venedig ständig verfolgt, sodass ihre Mission gefährlich und anstrengend ist. Gemeinsam mit dem Serafin dieser Manifestation müssen sie sich immer wieder aus brenzligen Situationen retten und entscheiden, wem sie vertrauen können.

Mir hat die Idee der verschiedenen Venedigs sehr gut gefallen, bei denen viele Dinge ähnlich sind und doch jedes seine Besonderheiten hat. Wenn man die vorherigen Bände kennt macht es besonders viel Spaß, die Unterschiede zu entdecken und die Doppelgänger kennenzulernen. Ein Quereinstieg ist aufgrund des neuen Schauplatzes aber genauso möglich, wobei ich Euch garantieren kann, dass ihr danach die ersten drei Bände auch noch lesen werden wollt. Ich fand den Handlungsverlauf abwechslungsreich und spannend und kann mit dem Ende gut leben, falls es sich diesmal um den endgültigen Abschluss handeln sollte.

„Serafin. Das kalte Feuer“ nimmt den Leser mit in ein anderes Venedig, das Junipa und Merle durch die Spiegelwelt betreten. Dort treffen sie nicht nur auf Doppelgänger, sondern erleben auf der Suche nach dem Herz der Stadt ein neues spannendes Abenteuer. Ob ihr Merle schon kennt oder nicht - dieses magische Venedig wird euch begeistern! Ich gebe eine große Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 26.02.2020

Von Roten Kreuzen, Gefangenschaft und der Kraft zum Weitermachen

Rote Kreuze
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Alexander ist gerade mit seiner drei Monate alten Tochter in seine neue Wohnung in Minsk gezogen, als er ein rotes Kreuz auf seiner Wohnungstür findet. Als er es entfernen will, wird er von seiner Nachbarin ...

Alexander ist gerade mit seiner drei Monate alten Tochter in seine neue Wohnung in Minsk gezogen, als er ein rotes Kreuz auf seiner Wohnungstür findet. Als er es entfernen will, wird er von seiner Nachbarin angesprochen, die es dort angebracht hat. Bei Tatjana ist Alzheimer diagnostiziert worden, und sie nutzt die Kreuze, um nach Hause zu finden. Bislang ist vor allem ihr Kurzzeitgedächtnis betroffen, während sie sich noch gut an ihre Vergangenheit erinnert, von der sie Alexander berichtet.

Tatjana wurde 1910 in London geboren, zog 1919 aber mit ihrem Vater in dessen Heimat Russland zurück. Dort studierte sie und erhielt schließlich eine Arbeitsstelle im Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten, wo sie für die Dokumente zuständig war. Mit dem Zweiten Weltkrieg brachen für sie düstere Zeiten an. Ihr Mann zog in den Krieg, und schon kurz darauf hörte sie nichts mehr von ihm. Doch das war erst der Beginn von Tatjanas persönlichem Leidensweg, auf dem sie die Willkür unter Stalins Herrschaft deutlich zu spüren bekam.

Der Einzug von Alexander in seine neue Wohnung in Minsk und das Entdecken des roten Kreuzes auf seiner Tür gibt der Geschichte einen Rahmen. Schon nach wenigen Seiten beginnt Tatjana mit ihrer Erzählung, welche den Großteil des Romans ausmacht. Das Erzähltempo ist zügig und stringent, sodass ich ihr mühelos in die Vergangenheit folgen konnte. Ihr fiktives Schickal steht exemplarisch für das vieler russischer Frauen zu jener Zeit.

Indem der Autor Tatjana im Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten arbeiten lässt, kann er einige Originaldokumente aus jener Zeit in die Handlung einfügen, die im Roman durch ihre Hände gehen. Dass viele Menschen zur Zeit Stalins in Russland mehr oder weniger willkürlich verhaftet wurden war mir nicht neu, die Haltung Russlands zu Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg jedoch schon. Die entsprechende Korrespondenz zum Thema fand ich interessant und beklemmend. Hier sind auch Briefe des Internationales Komittees vom Roten Kreuz abgedruckt, was der zweite von drei Gründen für die Titelwahl ist.

Rund um diesen wahren Kern entrollt sich Tatjanas emotionale und berührende Geschichte, die kein gutes Ende hat und bei der ich genauso gebannt zuhören musste wie Alexander. Auch dieser befindet sich in einer schwierigen Situation, über die man in Tatjanas Erzählpausen mehr erfährt. Zum Ende hin gibt es noch einige überraschende Erkenntnisse, welche die Geschichte gelungen abrunden.

„Rote Kreuze“ ist ein Roman, der von der ersten Seite an mein Interesse geweckt hat und der noch eine Weile in mir nachhallen wird. Hier treffen zwei Menschen mit ungewöhnlichen Lebensgeschichten aufeinander, deren Schicksal mich berührt hat und die trotz allem, was sie erlebt haben, die Kraft zum Weitermachen gefunden haben. Durch den wahren Kern der Geschichte schafft Sasha Filipenko einen wichtigen Beitrag gegen das Vergessen. Ich gebe eine klare Leseemfpehlung!

Veröffentlicht am 31.01.2020

Ein Must Read für alle Leserinnen romantischer Komödien!

Das Glück ist zum Greifen da
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Ana hat serbische Wurzeln und lebt gemeinsam mit ihren zwölfjährigen, musikalisch hochbegabten Zwillingen in Köln. Der Vater der beiden, ein erfolgreicher Hornist, hat sich schon vor der Geburt aus dem ...

Ana hat serbische Wurzeln und lebt gemeinsam mit ihren zwölfjährigen, musikalisch hochbegabten Zwillingen in Köln. Der Vater der beiden, ein erfolgreicher Hornist, hat sich schon vor der Geburt aus dem Staub gemacht und als einziges Lebenszeichen zum sechsten Geburtstag der Kinder einen riesigen Flügel mit einem Umschlag voller Geld geschickt. Das ist jedoch so gut wie aufgebraucht und Ana sucht schon seit Monaten erfolglos nach einem Job als Produktdesignerin. Als ihr Job bei einem Start-Up im letzten Moment platzt und dann auch noch ein Brief vom Ausländeramt eintrudelt mit der Bitte, in den nächsten 28 Tagen das Land zu verlassen, braucht sie dringend einen Plan, um in Köln bleiben zu dürfen.

Als Leser lernt man die Protagonistin Ana kennen, als sie gerade an einem persönlichen Tiefpunkt angekommen ist. Fast hatte es mit einem Job geklappt, und nun schwebt die Abschiebung nach Serbien wie ein Damoklesschwert über ihr. Sie fühlt sich in Köln heimisch, hat dort viele Freunde, spricht perfekt Deutsch und ihre Zwillinge sind dort aufgewachsen. In das serbische Dorf ihrer Schwester zu ziehen würde für sie erneute Entwurzelung und persönliches Scheitern zugleich bedeuten.

Die Geschichte ist eine romantische Komödie, die durch das Thema der drohenden Abschiebung auch ernste Momente hat. Im Vordergrund steht jedoch die Unterhaltung, sodass man selbst während Anas Besuch beim Ausländeramt immer wieder schmunzeln muss. Denn während sie mit ihrem Sachbearbeiter über eine Fristverlängerung sprechen will zocken die Zwillinge munter Fruit Ninja, plaudern Geheimnisse aus und entdecken die Auf- und Abfahrfunktion von Drehstühlen.

Es geht angenehm turbulent zu, sodass ich schnell mitten in der Geschichte war. Die Musikschule möchte bald ein Musical veranstalten, und Ana hilft Peter, ihrem Nachbarn und Klavierlehrer ihrer Kinder, bei der Organisation. Helikoptermütter müssen beruhigt, Kinder motiviert und Kostüme genäht werden. Dabei scheint Peter zunehmend mit ihr zu flirten. Gleichzeitig sucht Ana mit zunehmender Verzweiflung nach einem Job und probiert Tinder aus, um auf andere Gedanken zu kommen. Bei all dem emotionalen Auf und Ab steht ihr zum Glück ihre beste Freundin Ella mit Rat und Tat zur Seite.

Mir hat der Schreibstil von Sylvia Deloy sehr gefallen. Das Buch bietet eine gelungene Mischungaus lustigen, schönen und romantischen Momenten, ohne in Klischees und Kitsch abzudriften. Es geht um Freundschaft, Hilfsbereitschaft, Mutterschaft und Liebe. Dabei lernt man neben Ana viele sorgfältig ausgearbeitete Charaktere kennen, über deren Schicksal ich gerne mehr erfahren habe. Immer wieder konnte die Geschichte mich durch unerwartete Wendungen überraschen.

Auch wenn die Autorin natürlich ihren ganz eigenen Stil hat ist dieses Buch für mich ein Stück weit die kölsche Antwort auf die in Hamburg spielenden Bücher von Petra Hülsmann. Fans der Autorin rate ich, unbedingt dieses Debüt von Sylvia Deloy zu entdecken. Für mich ist „Das Glück ist zum Greifen da“ eine rundum gelungene Geschichte. Ein Must Read für alle Leserinnen romantischer Komödien!

Veröffentlicht am 11.01.2020

Wie kann es nach zehn Jahren Funkstille weitergehen?

Annika Rose und die Logik der Liebe
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Annika Rose hat sich in ihrem Leben als Bibliothekarin in Chicago gut eingerichtet. Doch dann begegnet sie eines Tages im Supermarkt Jonathan, den sie in New York wähnte. Die beiden haben sich seit 10 ...

Annika Rose hat sich in ihrem Leben als Bibliothekarin in Chicago gut eingerichtet. Doch dann begegnet sie eines Tages im Supermarkt Jonathan, den sie in New York wähnte. Die beiden haben sich seit 10 Jahren nicht gesehen, als ihre Beziehung aus Gründen, an die Annika nicht zurückdenken will, endete. An Annikas Versprechen, ihn bald anzurufen, glaubt Jonathan nicht so recht. Doch Annika hat in den letzten Jahren weiter an ihren Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen gearbeitet. Was ist damals zwischen den beiden vorgefallen? Können sie wieder zusammenfinden?

Titel und Cover des Buches versprechen eine schöne Liebesgeschichte und ich war neugierig, Annika und Jonathan kennenzulernen. Die beiden treffen sich nach langer Zeit im Supermarkt wieder, eine Situation, die Annika in der nächsten Sitzung mit ihrer Therapeutin analysiert. Schnell merkt man, dass sie Probleme damit hat, zwischenmenschliche Interaktionen richtig zu deuten und angemessen zu reagieren.

Danach springt das Buch zehn Jahre in die Vergangenheit. Annika ist Studentin an der University of Illinois, nachdem sie zu Schulzeiten lange zu Hause unterrichtet worden ist. Der Start an der Uni war schwierig für sie. Nur dank ihrer Mitbewohnerin Janice und der Entdeckung des Schachclubs hat sie durchgehalten. Als sie im Schachclub gegen den Neuzugang Jonathan spielen soll, stört sie das massiv in ihrer Routine, denn eigentlich spielt sie entweder mit Eric oder geht wieder nach Hause. Als Ich-Erzählerin macht Annika dem Leser begreiflich, was ihr an der Interaktion mit anderen so schwer fällt und warum sie sich auf bestimmte Weise verhält, durch die sie als sonderbar gilt. Ich fand diese Einblicke interessant und lernte Annikas Art zu Denken und zu Fühlen mit jedem Kapitel besser kennen.

Die Mehrheit der Kapitel ist aus Annikas Sicht erzählt, doch auch Jonathan kommt zu Wort und erzählt, wie es ihm nach der erneuten Begegnung mit Annika ergeht. Er ist nach wie vor fasziniert von ihr und erwartet nicht, dass sie sich für ihn verbiegt. Dennoch stellt er erfreut fest, dass sie weiter an sich gearbeitet hat, um soziale Situationen souveräner zu meistern. Gerne möchte er darüber reden, was damals vorgefallen ist, doch hier blockt Annika ab. Auch als Leser muss man sich gedulden, um Antworten zu erhalten.

Stattdessen erfährt man alles über das Kennenlernen und der gemeinsamen Zeit der beiden an der Uni und wie sie nun versuchen herauszufinden, in welchem Verhältnis zueinander sie 10 Jahre später stehen möchten. Die beiden harmonieren toll miteinander und es gibt viele schöne und romantische Szenen. Doch nicht jeder akzeptiert Annikas Andersartigkeit, weshalb das Buch immer wieder ernstere Töne anschlägt. Zum Ende hin werden die offenen Fragen beantwortet. Gleichzeitig wird das Buch sehr dramatisch und wichtige Entscheidungen müssen getroffen werden, sodass ich die letzten 60 Seiten in einem Rutsch lesen musste.

Für mich ist „Annika Rose und die Logik der Liebe“ eine gelungene Liebesgeschichte fernab von Kitsch. Annika ist eine bezaubernde Protagonistin, die mir ihre Art zu Denken begreiflich machen konnte und deren Andersartigkeit ich zu schätzen lernte. Ich habe sie gern durch Höhen und Tiefen begleitet und mitgefiebert, ob es eine Zukunft für sie und Jonathan geben kann. Sehr gern empfehle ich das Buch weiter

Veröffentlicht am 03.01.2020

Drei Berichte aus Gilead liefern neue Antworten

Die Zeuginnen
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Agnes ist in Gilead aufgewachsen und weiß, dass Tabitha nicht ihre leibliche Mutter ist. Was sie jedoch nicht weiß ist, was aus dieser geworden ist. Als Tochter eines Kommandanten besucht sie eine Schule ...

Agnes ist in Gilead aufgewachsen und weiß, dass Tabitha nicht ihre leibliche Mutter ist. Was sie jedoch nicht weiß ist, was aus dieser geworden ist. Als Tochter eines Kommandanten besucht sie eine Schule der Tanten, wo sie Dinge lernt, die man als zukünftige Ehefrau beherrschen sollte. Dazu gehört sticken und beten, aber nicht lesen und schreiben. Daisy hingegen kann sich kaum vorstellen, ein solch beengendes Leben in einem totalitären Staat zu führen. Sie lebt in Kanada, wo ihre Eltern einen Secondhand-Shop betreiben. Doch durch ein dramatisches Ereignis ändert sich ihr Leben von einen Tag auf den anderen, und sie muss entscheiden, ob sie sich auf eine wichtige Mission begeben will. In Gilead zieht unterdessen Tante Lydia, eine der vier Gründerinnen der Tanten, die Fäden in einem komplexen und gefährlichen politischen Spiel.

Nachdem mich „Der Report der Magd“ erst vor kurzem begeistert hat, war „Die Zeuginnen“ für mich ein Must Read, da ich unbedingt mehr über Gilead erfahren wollte. Diesmal wechseln sich drei Perspektiven beim Erzählen ab: Eine Tante, eine Tochter auf dem Weg zur Ehefrau und ein Teenager aus Kanada, dem Land, in das immer wieder Frauen aus Gilead flüchten.

Während man beim Report der Magd zunächst nichts über Gilead wusste, nicht einmal den Namen des Staates, und diese Informationen nur stückweise erhielt, schafft diese Geschichte dem Leser einen einfacheren Zugang. Man erfährt früh die wichtigsten Dinge über die Personen und begleitet sie in ihrem Alltag. Wer den Vorgänger gelesen hat, kann mit diesen Informationen an Bekanntes anknüpfen, das Buch ist aber auch ohne Vorkenntnisse lesbar.

Ich fand es spannend, aus neuen Perspektiven auf die Vorgänge in Gilead zu schauen. Wie auch die Magd erzählt Tante Lydia einiges über die Anfänge des Staates und ihr Leben davor, was ich interessant fand. Agnes und Daisy hingegen können sich nicht an eine Welt ohne Gilead erinnern und nehmen viele Dinge als selbstverständlich hin. Während Tante Lydia und Agnes aus dem Altag von Gilead berichten, kommt im Handlungsstrang von Daisy bald Spannung auf und ich bangte mit, ob ihre Mission erfolgreich sein wird. Auch in den anderen Handlungssträngen wird die Situation zunehmend brenzlig, und schließlich läuft alles auf einen entscheidenen Moment hinaus.

„Die Zeuginnen“ liefert rund fünfunddreißig Jahre nach „Der Report der Magd“ viele Antworten auf Fragen, die man sich bei der Lektüre gestellt hat. Das Buch gibt Informationen sehr viel expliziter preis als sein Vorgänger und fühlte sich dadurch beim Lesen mainstreamiger an. Die drei Perspektiven beleuchten die Situation aus unterschiedlichen Blickwinkeln und die Handlung konnte mich zunehmend packen. Weil mir die Grundidee bekannt war hat mich dieser Band nicht ganz so mitreißen können wie sein Vorgänger. Dennoch finde ich die Fortsetzung sehr gelungen und spreche eine klare Leseempfehlung aus!