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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.02.2020

Actiongeladen, wendungsreich und mega fesselnd

AbendGewitter
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In „Abendgewitter“ dreht sich alles um Samira und ihre beste Freundin Zahra. Schon während des Einstiegs lernen wir die beiden jungen Frauen kennen und es gelang mir ab der ersten Sekunde eine Bindung ...

In „Abendgewitter“ dreht sich alles um Samira und ihre beste Freundin Zahra. Schon während des Einstiegs lernen wir die beiden jungen Frauen kennen und es gelang mir ab der ersten Sekunde eine Bindung zu ihnen aufzubauen. Besonders Samira hatte es mir enorm angetan und ich freute mich schon nach der ersten Seite, den Rest der Geschichte mit ihr gemeinsam zu durchleben. Zahra rückt bald schon in den Hintergrund, bleibt aber definitiv Teil des Geschehens, sodass es immer wieder Wiedersehensfreude gab. Dass sich die Handlung dann auf Samira fokussierte war mir nur recht und ich fieberte mit einer Intensität mir ihr mit, die mir bisher gänzlich fremd war. Diese junge Frau wurde zu einer Freundin, zu einer Verbündeten, zu jemanden, den man als Leser nie wieder missen möchte. Ihre Handlungen, Gedankengänge und Emotionen nachzuempfinden und zu verstehen gelang mir absolut problemlos, konnte ich mich doch so wunderbar mit ihr identifizieren. Samira ist mutig, eine Kämpferin, scheut sich aber auch nicht davor, Schwäche zuzulassen und zu zeigen. Sie steht für sich und ihre Liebsten ein, merkt aber auch, wenn es mal besser ist, die Klappe zu halten. D.C. Odesza hat ihr Unmengen an Lebendigkeit und Authensität geschenkt und sie genau so ausgearbeitet und dargestellt, als wäre sie dem echten Leben entsprungen. Sie macht eine deutlich spürbare Entwicklung durch, die aber auf glaubhaften Niveau ablief und nicht ins unrealistische abrutscht. Ihr fühlte mir Samira mit, lachte und weinte mit ihr und hab mir immer wieder gewünscht, sie einfach in den Arm nehmen zu können. Was diese junge Frau im zarten Alter von 24 Jahren schon alles ertragen musste ist schockierend wie berührend zugleich.
Auf der anderen Seite treffen wir auf Alessio. Ein unermesslich interessanter wie geheimnisvoller Charakter, der allein schon für eine gehörige Portion Spannung sorgte. Bei ihm wusste man nie so recht, woran man gerade ist und sein Verhalten stand oft genug in purem Kontrast zu seinen Worten – aber das war es schließlich, was mich so faszinierte. Eiskalt und berechnend, aber gleichzeitig so sanft und behutsam. Der Kerl hatte einfach alles, was man sich von einem heißen Bad Boy wünscht und bisher ist mir noch keiner begegnet, der Alessio auch nur annähernd das Wasser hätte reichen können. Absolut genial gestaltet und dargestellt, wie ich finde und eins meiner absoluten Highlights des Buches.
Alle anderen Figuren gefielen mir dabei aber auch enorm gut. Von den Angestellten bishin zu den Geschäftspartnern bietet dieses Buch eine riesige Bandbreite an unterschiedlichsten Charakteren – manche liebenswert, manche verabscheuungswürdig – aber alle gleichermaßen eine Bereicherung für die Geschichte.

Zum Schreibstil brauche ich wohl nicht viele Worte sagen. Schon als Yuna Drake konnte mich die Autorin absolut von sich und ihrem Talent überzeugen. Wenn geschriebene Worte zu bewegten Bildern werden, dann steckt eine Menge Können dahinter und das wohnt D.C. Odesza definitiv inne. Ich fühlte mich nicht nur regelrecht gefangen, sondern stellenweise richtig berauscht von den Szenen und sah mich viel eher als Teil des Geschehens, inmitten des Dschungels, als nur als Leser. Ich war gefesselt, mitgerissen und von der Atmosphäre komplett in Beschlag genommen und kam, trotz der Teils sehr blutigen und gewaltätigen Stellen enorm gut voran und wollte es zu keiner Sekunde aus den Händen legen. Es begeistert – nicht nur inhaltlich sondern auch stilistisch.
Die Unterteilung, die die AUtorin hier vorgenommen hat war ebenfalls absolut on point. Dadurch, dass wir nicht nur aus Samira’s Sicht alles zugetragen bekommen, sondern auch einen Blick hinter die Fassaden von Alessio und Elian werfen dürfen, werden uns die einzelnen Figuren noch einmal viel eingehender näher gebracht und die Handlungen und Gedankengänge authentischer. Die Bindungen zu den dreien vertiefte sich dadurch enorm und ich einfach völlig versunken in der Geschichte.

Die Idee hinter dem Buch ist schlichtweg genial. D.C. Odesza hat sich hier einiges einfallen lassen, was an Innovation und Kreativität kaum zu überbieten ist. Der Einstieg ist dabei noch recht ruhig gehalten, sodass man als Leser die Chance nutzen kann um eine Bindung zu Samira aufzubauen. Dies glückte, wie schon erwähnt, binnen kürzester Zeit und wunderbar einfach. Doch kaum dass man die junge Studentin und ihre beste Freundin sowie die Lebensumstände der beiden kennengelernt hatte, nimmt die Geschichte an Fahrt auf. Das Tempo wird massiv angehoben, die Atmosphäre prompt düsterer und packender. Die Autorin schafft es, eine enorme Spannungskurve aufzubauen, deren Sog man sich kaum verwehren kann. Plots, mit denen man niemals rechnet und Twists, die einen komplett aus der Bahn werfen. Das ist es, was dieses Buch ausmacht, doch auch die Düsternis nimmt einen in Beschlag und lässt einen teils mit körperlichen Schmerzen, teils mit Gänsehaut durch die Seiten rauschen. Für mich brachte Abendgewitter in Sachen Idee und Umsetzung alles mit, was man für ein Highlight braucht. Es wurde zu keiner Sekunde langweilig, das Erzähltempo ist konstant hoch und ruhigere Phasen werden mit interessanten Gesprächen oder realistischen Gedankengängen gefüllt, sodass selbst diese fesseln.
Machen wir uns nichts vor: dieses Buch ist kein Liebesroman – es herrscht Gewalt, Brutalität, die Erotikszenen sind kein Blümchensex und Alessio und Co. leben nicht von Luft und Liebe, sondern von kriminellen Geschäften. Action, Schießereien, Morde – all das ist keine Seltenheit innerhalb der Geschichte. Hier wird nichts und niemand mit Samthandschuhen angefasst und D.C Odesza offenbart die knallharte Realität; präsentiert den Alltag einer mächtigen Gang auf dem Silbertablett und schafft es trotzdem, alles völlig glaubhaft und lebensecht darzustellen. Nichts ihr hier überdramatisiert worden; nicht überspitzt – sondern einfach echt. Ich fand diese Inszinierung genial und so atmosphärisch und mitreißend.
Dabei muss aber gesagt werden, dass auch das zwischenmenschliche nicht zu kurz kommt. Es gab, neben dem ganzen Adrenalin auch ausreichend viele Szenen, in denen eben besagte Ruhe herrschte, die ich mindestens genau so genoss wie die andere Seite.
Das Ende überzeugt nicht nur durch die riesige Überraschung, sondern auch durch die Länge. Die actionreiche, finale Szene zieht sich über mehrere Kapitel und lässt einen als Leser über eine geraume Weile atemlos durch die Seiten rauschen. Und trotz des großen Umfangs ist der Schluss vollgepackt mit allerlei Geschehnissen und einer Wendung, die keiner – ich wiederhole – keiner kommen sah. Was für ein großartiges, perfektes Ende für dieses Buch. Es hätte nicht besser sein können und überzeugte und begeisterte mich gleichermaßen!

FAZIT:
„Abendgewitter“ ist ein Roman mit einem brillianten Setting in Form des tiefen Dschungels, mit einzigartigen Figuren und einem Schreibstil, der mitreißt, begeistert und vollkommen in seinen Bann zieht. Doch das Highlight war für mich die bahnbrechende Umsetzung dieser ohnehin schon genialen Idee. Bandenkriege, Gewalt und Brutalität wurden trotz aller Derbheit gut dargestellt und wirken zu keinem Moment niveaulos, sondern einfach lebendig und greifbar. D.C. Odesza hat mit diesem Buch wieder ein regelrechtes Meisterwerk geschaffen, das mich von der ersten, bis zur letzten Seite in eine Art Rauschzustand versetzte und mich vom Alltag komplett abschirmte. Danke dafür! Ich werde Alessio und Samira schmerzlich vermissen; freue mich aber gleichermaßen auch auf Zero und Lilith.
Mehr als nur ein Highlight und deshalb verdiente 5+ Sterne.

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Veröffentlicht am 18.02.2020

Zutiefst berührend und echt

Meine Sterne in deiner Nacht
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Dieses Buch unterscheidet sich auf so vielerlei Ebenen von anderen Young Adult Romanen, dass es beinah falsch ist, ihn überhaupt als solchen zu bezeichnen. Viel eher gehört er in das Genre, in dem Colleen ...

Dieses Buch unterscheidet sich auf so vielerlei Ebenen von anderen Young Adult Romanen, dass es beinah falsch ist, ihn überhaupt als solchen zu bezeichnen. Viel eher gehört er in das Genre, in dem Colleen Hoover und Co. zu Hause sind. Tiefgreifende Romance mit einer eher schweren Thematik. Der Start in die Geschichte ist ideal gewählt um eine Bindung zu den Figuren aufbauen zu können, die Lebensumstände eines jeden einzelnen kennen zu lernen und sich innerhalb der Story zurecht zu finden. Kurz danach setzte jedoch eine unheimlich intensive Sog-Wirkung ein, die mich regelrecht von den Füßen riss und emotional auf ganzer Linie beherrschte. Dabei glänzt die Geschichte gar nicht mal durch actionreiche Spannung und Tempo, sondern viel eher Intensität und Echtheit. Alexandra Fischer hat einige sehr einnehmende und überraschende Wendungen eingebaut und ganz bewusst mit dem Gefühlen des Lesers gespielt. Allein der Roadtrip, der bei Gott nicht viel Platz innerhalb des Geschehens einnimmt, erzeugte eine derart intensive Atmosphäre, dass meine Emotionen wahrlich Achterbahn gefahren sind. Ob es nun das Lachen war, das aus Skye’s Mund dran, das Adrenalin durch ihre Adern rauschte und ihr Herz schneller schlagen lief oder die tiefgreifende Trauer, die sie vor lauter Schluchzern beben lässt – ich fühlte zu 100% mit und war streckenweise wirklich überrascht, wie stark mich das Buch im Griff hatte. Selbst außerhalb meiner Lesezeit wanderten die Gedanken immer wieder nach San Diego, weil meine Neugier darauf, wie es weitergehen wird, ungebrochen blieb. Und im Hintergrund lauerte zusätzlich stets die Frage, was Asher eigentlich verbarg.
Die Auflösung des Ganzen, war keine immense Überraschung; als Genre-Fan kann man es sich eventuell bereits denken. Doch die Autorin hat diese große Wende schon sehr früh herbei geführt und die Art, wie sie den Plottwist ausgearbeitet und insziniert hat, war großartig! Das Buch im Allgemeinen war schon ein vollkommener Genuss, doch diese Wendung zu erleben, riss mir als Leser den Boden unter den Füßen weg. Und die Frage, was denn nun noch auf so vielen übrigen Seiten passieren soll, stand ebenfalls im Raum und wurde nach und nach durch weitere Überraschungen beantwortet. Nie hätte ich gedacht, dass man mich in dem Genre noch umhauen kann, doch Alexandra Fischer hat es geschafft, in dem sie den großen Plot viel früher als erwartet aufgelöst hat, nur um dann weitere Herzschmerz-Momente einzubauen.
So – und nicht anders – überzeugt man sein Publikum. Genial gemacht und ein wahres Highlight.

Selbst bei der Charaktergestaltung, wurde so gut wie alles richtig gemacht! Wir treffen auf eine große Bandbreite an unterschiedlichsten Persönlichkeiten, die aber alle eins gemeinsam haben: sie passen in die Geschichte wie die Faust aufs Auge. Die Interaktionen untereinander sind realistisch und glaubhaft, die Harmonie zwischen ihnen nicht immer gegeben, sodass auch mal Streitereien und Uneinigkeiten herrschen. Das ist es, was mich wohl letztlich am meisten überzeugte: die intensive Lebendigkeit eines jeden.
Ich gebe zu, ich habe bei weitem nicht alle gemocht. Da waren zum Beispiel Skye’s Freunde, die entweder, wie Nell, sehr egoistisch denken und handeln, oder aber wie Flint und Cara, die verhaltenstechnisch nie über die Reife eines Grundschülers hinaus kamen. Doch das wichtigste ist in meinen Augen Einsicht und Entwicklung, und da wiederum glänzten vor allem die Nebenfiguren sehr deutlich.
Skye, deren Leben seit dem tragischen Tod ihrer geliebten Eltern von Trauer beherrscht wird. Sie ist eine Protagonistin, die für den Leser sehr offensichtlich mit einer Maske durchs Leben geht. Wie sollte sie auch anders, wenn ihre Freunde von ihr erwarten, einfach weiterzumachen wie bisher, obwohl sich ihr Leben schlagartig um 180 Grad gedreht hat? Erst unser männlichern Protagonist Asher gibt sich ganz unterschwellig Mühe, die echte Skye kennen zu lernen. Die echte Skye, die jede Nacht weint und sich manchmal sogar vielleicht wünscht, selbst alles zu beenden. Nur langsam bröckelt die Fassade und gibt die Skye preis, die da wirklich hinter tausend Lächeln und guten Beziehungstipps verborgen ist. Und auch nur Asher ist es zu verdanken, dass sie langsam heilen kann.
Asher, wahrlich nicht der typische Bad Boy oder Gentleman ist, sondern ein junger Mann, der jede Menge Ballast zu tragen hat und Skye deshalb so gut versteht. Er verbirgt einiges, spricht nicht über sich oder seine Situation, doch im Laufe der Zeit lernen wir auch ihn besser kennen und ich für meinen Teil war schockiert, was Geld und Macht aus Menschen macht – was dieser junge Mann schon ertragen musste, ehe er dort ankam, wo er jetzt ist. Doch ganz egal, was auch passiert war, er genoss meine vollste Sympathie und eroberte sich schnell einen Platz in meinem Herzen. Auch weil er entgegen manch anderem einfach anders war und das auch offen zeigte. Wen interessierten denn Promis, wenn es so viel mehr im Leben zu entdecken gab? Asher, der einen alten Thunderbird fährt und alte Filme liebt – Asher, der den Rückhalt der Familie schmerzlich vermissen muss.
Für mich waren Asher und Skye die wohl wunderbarste Art aufzuzeigen, dass es mehr im Leben gibt als schwarz und weiß. Dass Vergeben und Vergessen zwei grundsätzlich verschiedene Dinge sind und dass der Himmel manchmal um so vieles schöner ist als die Erde.

Mit einem enorm angenehmen Schreibstil erzählt uns Alexandra Fischer also die berührende Geschichte von Skye und Co. Sie fischt nach genau den richtigen Worten, platziert sie perfekt und erzeugt mit bloßen Silben intensive und beeindruckende, aber vor allem, allesverzehrende Bilder, die einen in die Welt der Figuren eintauchen lassen. Bilder, die einen alles um einen herum vergessen lassen und für eine gewisse Zeit das wichtigste auf der Welt für den Leser sind. Besonders schön fand ich auch die Parallelen zu den Sternen, die immer wieder gezogen wurden. Es gab so viele schöne Momente, in denen Sternbilder und deren Geschichten dahinter die tragendste Rolle spielen und das wiederum zeugt auch von einer Menge Recherche-Arbeit, die sich hinter dem Buch verstecken muss.
Meiner Meinung nach hat die Autorin ein ganz besonderes Talent, Gefühle zu transportieren und Geschichten so zu erzählen, dass man sich als Leser als Teil des Ganzen fühlen darf. Ich war selten derart gefangen in einem Buch und die Tatsache, dass Ilayda und ich innerhalb von nur 4 Tagen durch waren, spricht ebenfalls Bände. Lockerleicht und trotzdem unbeschreiblich fesselnd.

FAZIT:
Auf den letzten Metern des Jahres begegnete ich also nochmal einen richtigen Highlight! Alexandra Fischer hat mit „Meine Sterne in deiner Nacht“ ein Buch veröffentlicht, das so viel mehr Aufmerksamkeit und Begeisterung verdient hat. Wundervolle, lebendige und authentische Charaktere, ein gefühlvoller, bildhafter Schreibstil und die wohl berührendste Geschichte des Jahres machen das Buch zu einem wahren Pageturner, den man als Fan des Genres definitiv gelesen haben muss. Für mich steht die Autorin auf einer Stufe mit den ganz Großen wie Colleen Hoover und Co. und ich freue mich auf jedes weitere Werk, das sie veröffentlicht. Danke liebe Alexandra für das Erlebnis!

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Veröffentlicht am 18.02.2020

Schockierend und faszinierend zugleich.

Der Mensch ist böse
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Julian Hannes beschäftigt sich wohl schon länger mit wahren Verbrechen; was nicht zuletzt sein zuvor erschienenes Buch „Die Welt ist böse“, das bereits im Juli 2018 auf den Markt kam, beweist. Ich habe ...

Julian Hannes beschäftigt sich wohl schon länger mit wahren Verbrechen; was nicht zuletzt sein zuvor erschienenes Buch „Die Welt ist böse“, das bereits im Juli 2018 auf den Markt kam, beweist. Ich habe bewusst gewartet, bis ich sein neustes Werk beendet hatte, ehe ich mir seinen Youtube-Kanal anschaute. Das war mir enorm wichtig, da ich mich nicht beeinflussen lassen wollte. Bereits seit über 5 Jahren postet der inzwischen 21-jährige Vollzeit-Youtuber regelmäßig Videos, größtenteils über reale Straftaten aus aller Welt. Dabei schreibt Jarow exakt so, wie er auch in seinen Videos erzählt: sachlich, neutral und absolut informativ und ausführlich. Dennoch gibt er auch mal seine Vermutungen preis und bringt sich selbst so nochmal deutlich mehr in das Buch ein.
Mit seinem atmosphärischen Schreibstil schaffte er es, mich in alle 13 Kriminalfälle hinein zu ziehen. Schon nach den ersten Wörtern eines jedes Kapitel ertappte ich mich dabei, wie ich mir selbst Sorgen machte, mich gruselte und an mancher Stelle sogar fürchtete. Trotzdem konnte und wollte ich das Buch nie aus der Hand legen, sondern immer mehr und mehr erfahren. Leicht verständlich erzählt Jarow von Serienmördern, Entführern, Opfern, Ermittlern und Angehörigen und vermittelt uns Lesern stets ein klares Bild vor dem geistigen Auge. Auch wenn ich noch nie so ein Buch gelesen habe, bin ich mir sicher, dass man das hätte nicht besser lösen können.

Ebenso verhielt es sich aber auch mit der Gliederung des Werkes. Jedes Kapitel ist ein einzelner Fall und beginnt mit einem kurzen Vorwort, ehe es zur eigentlichen Geschichte geht. Diese ist dann nochmal in einzelne Abschnitte unterteilt und mit eigenen Überschriften versehen. Ganz individuell passend zum aktuellen Fall ausgewählt und definitiv neugierig machend. Manche Verbrechen werden stärker beleuchtet und sind dementsprechend ausführlicher, andere sind etwas kürzer, aber mindestens genau so voll gepackt mit Informationen, Spannung und Ermittlungsarbeit. Besonders auf den jeweils letzte Abschnitt eines jeden Kapitels, der sich „Mein Fazit“ nennt, war ich immerzu am meisten gespannt. Dort berichtet Julian Hannes, was er über den Fall, die Lösung, die Ermittlungsarbeit und ganz allgemein über das Verbrechen denkt. Fast zum Schluss eines jeden Falls wird entweder noch der beteiligte Profiler Mark T. Hoffmann befragt, was er über die Tat bzw. den Täter und dessen Psyche denkt, oder aber es gibt kurze Ausschnitte, Fakten, Statistiken und Erklärungen zur Strafttat allgemein bzw. wie sehr sie zum Beispiel in Deutschland auftritt usw. Meines Erachtens nach die perfekte Gliederung und äußerst gut gelöst.

Um auch auf die Auswahl an Kriminalfälle zu sprechen zu kommen: Julian Hannes hat hier eine kunterbunte Mischung aus nationalen und internationalen, bekannten und weniger bekannten, gelösten und ungelösten, sehr alten aber auch sehr aktuellen Fällen zusammen gestellt und so jedes Interessengebiet bedient. Von Entführung über Stalking bishin zu Serienmorden ist alles vertreten. Dabei möchte ich aber nicht zu viel verraten, immerhin sollt ihr selbst auch noch ein gewisses Überraschungsmoment haben. Trotzdem muss ich noch einmal betonen, wie viel Recherche, Arbeit und Mühe hinter diesem Buch stecken muss. Penibel ausgearbeitet und dargestellt erfahren wir als Leser innerhalb weniger Seiten quasi alles, was es zum entsprechenden Fall zu wissen gibt und regt uns zudem mittels geschickt aufgebauten Abschnitten dazu an, selbst einige Vermutungen anzustellen. Gerade bei den Verbrechen, die nie aufgelöst wurden, steigert das die Neugier derart, dass ich, nach dem Beenden des Buches, keine Sekunde gezögert habe, weiter zu recherchieren und das World Wide Web auf links zu drehen, ob nicht doch vielleicht eine Aufklärung stattfand – aber nein! Jarow hat alles, was es über die jeweiligen Geschehnisse und Ermittlungen zu wissen gibt, in dieses Buch gepackt.

Ich bin übrigens im Laufe der letzten Tage auf mehreres aufmerksam geworden: zum Einen natürlich auf den Youtube-Kanal von Jarow. Dort gibt es quasi alles, was man im Buch findet, noch einmal als Video; teilweise sogar mit Originalszenen. Alle 13 Fälle werden bedient, doch darüber hinaus gibt es noch viel mehr andere Verbrechen, die behandelt werden. Einen Besuch ist sein Kanal also auf alle Fälle wert. Außerdem gibt es auf Spotify einen ganzen MysteryCast von Jarow, der sicher mehrere Tage Material bietet und ganz bestimmt unheimlich interessant ist! Dort spricht er vor allem mit einem Kumpel über die einzelne Fälle und diskutiert die Möglichkeiten und Lösungen des Ganzen. Als letztes gibt es noch den wichtigsten Punkt: Julian Hannes spendet viele seiner Einnahmen an Organisationen wie zum Beispiel dem weißen Ring e.V, oder dem Bund für vermisste Kinder.
Das Ganze finde ich äußerst bemerkenswert und mehr als lobenswert. Ich denke, mit seiner Reichweite kann er noch einmal ein ganz anderes Publikum erreichen und so gewisse Fälle, wie zum Beispiel den von Rebecca Reusch, an der Oberfläche hält und verhindert, dass er, oder gar das Opfer in Vergessenheit gerät. Und seinen Status als öffentliche Person für solch gute Zwecke zu verwenden, ohne sich daran bereichern zu wollen, verdient den größten Respekt. Deshalb, Hut ab.

FAZIT:
Julian Hannes alias Jarow hat mit „der Mensch ist böse“ ein enorm vielschichtiges, abwechslungsreiches Buch auf den Markt gebracht, das uns die menschlichen Abgründe in aller Deutlichkeit aufzeigt. Enorm gut recherchiert, genial ausgearbeitet und sehr sachlich aber hochgradig interessant und spannend geschrieben! Dank den Kapitel-Abschlüssen in Form von Jarow’s Fazit fließt auch einiges vom Autor persönlich in das Werk ein und bringt uns den 21-jährigen Youtuber doch ein wenig näher. Für mich ein enorm gutes Buch, das fesselt, schockiert und auf einer gewissenen Ebene sogar begeistert – nämlich deswegen, weil es so mitreißend ist. Großartig gemacht und ich werde mir mit 100%iger Sicherheit auch sein erstes Werk anschauen und jedes weitere Buch, das kommt, lesen!

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Veröffentlicht am 07.12.2019

Herrlich authentisch und mitreißend

Kissing Lessons
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Schon lange vor dem Erscheinungstermin ist mir dieses wunderschöne Cover ins Auge gestochen; kein Wunder – es ist ein absoluter Blickfang! Doch erst der Klappentext sorgte dafür, dass ich es unbedingt ...

Schon lange vor dem Erscheinungstermin ist mir dieses wunderschöne Cover ins Auge gestochen; kein Wunder – es ist ein absoluter Blickfang! Doch erst der Klappentext sorgte dafür, dass ich es unbedingt haben musste. Vielen Dank an dieser Stelle an den Kyss-Verlag für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars; die Freude darüber war grenzenlos! Und kaum dass das Buch dann bei mir einzog habe ich mich auch schon direkt in die Geschichte gestürzt. Ich denke, am neugierigsten war ich definitiv darauf zu sehen, wie Helen Hoang den Autismus-Aspekt ausgearbeitet und dargestellt hat. Und exakt das; aber auch noch vieles mehr, erzähle ich euch jetzt. Bleibt also gerne dran. Viel Spaß.

In Kissing Lessons treffen wir auf eine junge Frau, deren Leben vor allen Dingen dank Routinen und sehr viel Arbeit funktioniert. Stella ist Autistin und reagiert deshalb sehr stark auf Veränderungen und gewisse Einflüsse von außen wie Lärm, Gerüche, Lichteffekte, etc. Sie schottet sich ab, sieht sich selbst als schlechte Gesellschaft und ist daher unsicher und schüchtern. Doch das will sie ändern, und nur eins kann ihr helfen: Übung. Kurzerhand entscheidet sie sich dazu, einen männlichen Escort zu engagieren und prompt kommt Michael ins Spiel.
Stella als Protagonistin ist wahrlich perfekt. Ich habe lange überlegt, wie es jemand ohne diese Störung schafft, eine autistische junge Frau derart realistisch und glaubhaft darzustellen, doch im Endeffekt ist das auch völlig egal – wichtig ist nur, dass Helen Hoang eine wunderbare, absolut greifbare und zutiefst bewundernswerte Hauptfigur geschaffen hat; wie sie das machte, spielt gar keine Rolle. Mit Stella die Geschichte zu durchleben ist nicht nur interessant, sondern macht auch unheimlich Spaß. Es gewährte mir völlig neue Einblicke in die Welt der Betroffenen und öffnete mir die Augen. Ich habe mir nie besonders intensiv Gedanken um Autismus gemacht, doch Stella animierte mich, zu recherchieren – noch mehr über sie bzw. ihre Störung wissen zu wollen und alleine das bestätigt mich in meiner Meinung, dass ich sie absolut genial fand, erst recht. Stella ist nicht wie die unzähligen anderen Charaktere in Büchern, Stella ist was Besonderes. Ihre Eigenheiten machen sie umso sympathischer und ihre Entwicklung beobachten zu dürfen, erfüllte mich mit grenzenloser Freude.
Michael hingegen ist total wie alle anderen; und trotzdem irgendwie einzigartig. Mein Empfinden ihm gegenüber in Worte zu fassen fällt mir immens schwer, da er einerseits wirklich recht gewöhnlich war, mein Herz aber trotzdem im Sturm erobern konnte. Michael ist unendlich attraktiv und sexy; er weiß immer, was er tut und er strahlt ein Selbstbewusstsein aus, um das man ihn beneiden muss. Dabei hat er selbst Probleme, übernimmt mehr Verantwortung als gut für ihn ist und steckt seine eigenen Ziele und Wünsche zurück, um für andere zu sorgen und da zu sein. Michael ist auf ganzer Linie lebendig und überzeugte mich schon während den ersten Seite komplett. Mit seiner Art und Weise, seinem inneren Dilemma und seiner wahnsinnigen Ausstrahlung ist er exakt das Gegenteil von Stella und trotzdem genau so liebenswert und greifbar, wie sie.
Kurz um: Stella und Michael sind einfach fantastisch zusammen. So unterschiedlich sie auch sein mögen, die Interaktionen miteinander und untereinander sind mehr als interessant und trotzdem herrlich normal und bodenständig. Durch ihre verschiedenen Wesen ergänzen und helfen sie sich enorm und holen das Beste aus dem jeweils anderen heraus.
Und können wir bitte auch mal eben schnell einen Absatz den Nebenfiguren widmen? Ein jeder einzelne ist derart greifbar und lebendig, dass es kaum in Worte zu fassen ist. Es gibt so viele unterschiedliche Persönlichkeiten, denen wir im Laufe der Geschichte begegnen dürfen und jeder ruft ganz andere Gefühle im Leser hervor – von Misstrauen über Abscheu bishin zu tiefer Bewunderung und Liebe.

Besonders gut gefiel mir allerdings auch die Umsetzung dieser ohnehin schon vielversprechenden Idee. Die Autorin hat iden Hauptteil ihres Augenmerks darauf gelegt, wie Stella tickt, wie ihr Alltag aussieht und wie die Menschen um sie herum mit ihr umgehen. Ihre Unsicherheiten nahmen so viel Raum ein, so viel Geschichte, und doch hätte dieses Werk niemals ohne das alles funktioniert. Es war allgemein ein Erlebnis, zu sehen, wie gut sich die Autorin mit der Thematik rund um Autismus beschäftigt hat und welch wahnsinnige Recherche-Arbeit dahinterstecken muss. Trotzdem wird nicht auf jeder zweiten Seite erwähnt, dass Stella daran leidet – man spürt es einfach und das ist ein unglaublicher Pluspunkt, in meinen Augen.
Die Handlung nimmt eine ganz andere Richtung, als man vielleicht anfangs vermutet und diesen Verlauf zu verfolgen, ist auf eine ganz besondere Art und Weise spannend. Es beginnt noch recht klischeehaft, entwickelt sich aber so wundervoll, so authentisch und so lebendig. Helen Hoang setzt dabei nicht nur auf einen atmosphärisch, gefühlvollen Schreibstil und eine passend abgestimmte Sprache, sondern auch eine bewährte Gliederung: wir erleben die Geschichte nämlich durch zweierlei Perspektiven; Stella’s und Michael’s. In ihrer beiden Köpfen geht so viel vor, beide haben recht ähnliche Gedankengänge, dabei aber grundverschiedene Probleme und trotzdem ähneln sich zwei so unterschiedliche Charaktere auf eine ganz spezielle Art. Dank gut platzierten Geschehnissen und abwechslungsreichen Elementen wird es nie langweilig und das obwohl die Geschichte definitiv nicht von Tempo oder gar Action lebt, sondern einzig und allein vom Interesse des Lesers und den Gefühlen der Protagonisten.
Das Highlight des Buches lag in meinen Augen aber wo anders: ich fand es perfekt, wie sich die Sache zwischen Stella und Michael entwickelt hat. Ruhig und gediegen, fast schon langsam; 100% glaubhaft und lebensnah. Nicht so überstürzt wie in vielen anderen New Adult Romanen, sondern in einem realistischen Tempo, mit realistischen Problematiken, mit realistischen Dramen und einem realistischen Ende. Kein Kitsch, sondern herzerwärmende Dialoge und jede Menge Emotionen sind es, die das Buch aufrecht halten. Sogar ein paar kleine Überraschungen sind eingebaut und sorgen für den nötigen „Spannungsbogen“. Endlich mal eine NA-Geschichte, die weder überdramatisiert noch aalglatt abläuft. Selbst die Erotikszenen wirken in diesem Buch so niveauvoll und sind trotzdem auf ganzer Ebene prickelnd und gut geschrieben.

Das Ende ist nicht außergewöhnlich, schaffte es aber mit einer bemerkenswerten Leichtigkeit, mich zu begeistern. Meistens ist es völlig gleichgültig ob man als Leser etwas kommen sieht oder nicht, die Hauptsache ist, dass es schön verpackt ist – und genau das war hier der Fall. helen Hoang setzt auf einen runden Schluss, der alle offenen Fragen beantwortet und mich 100% zufrieden stellt. Was für eine Gefühlsachterbahn; gerade gen Ende ist es noch einmal sehr mitreißend und spannend, genau so wie beim restlichen Buch und somit perfekt ausgearbeitet und zu Papier gebracht. Danke für dieses Erlebnis!

FAZIT:
„Kissing Lessons“ ist Unterhaltung, Aufklärung, eine emotionale Achterbahnfahrt und ein absolutes Wohlfühl-Buch in einem. Helen Hoang bringt mit einem wunderschönen, leicht zu lesenden Schreibstil eine gefühlvolle Geschichte zu Papier, die überzeugt und begeistert. Einzigartige Charaktere mit Ecken und Kanten macht besonders deshalb Spaß, weil wir sie als Leser sehr eingehend kennenlernen und dank den beiden Perspektiven ein deutliches Bild ihrer Gedankengänge erhalten. Es fällt mir unheimlich schwer, meine Begeisterung für das Werk in Worte zu fassen, ohne alles nüchtern herunter zu rattern; aber lasst euch eins gesagt sein: dieses Buch ist genau das, was hinten drauf steht » Die Liebesgeschichte des Jahres“ ♥ Von mir also die volle Punktzahl und ich freue mich auf Band 2.

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Veröffentlicht am 07.12.2019

Geister-Horror vom Feinsten!

Der Fluch von Carrow House
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Madame Hasenfuß verfasst eine Rezension zu einem Horrorbuch. Finde den Fehler. Tatsächlich. Ich Angsthase habe „Der Fluch von Carrow House“ gelesen – mutterseelenallein, im dunkeln. Bitte fragt mich nicht, ...

Madame Hasenfuß verfasst eine Rezension zu einem Horrorbuch. Finde den Fehler. Tatsächlich. Ich Angsthase habe „Der Fluch von Carrow House“ gelesen – mutterseelenallein, im dunkeln. Bitte fragt mich nicht, wie es dazu kam.. ich war einfach superschrecklich neugierig auf die Geschichte und wollte mich mal so richtig schön gruseln. Vielleicht schlummert die Horrorfilm-Passion, die ich früher hatte, ja immer noch irgendwo tief in mir? Wer weiß. Heute jedenfalls habe ich meine Meinung zu dem Buch im Gepäck und möchte sie gern mit euch teilen. Falls ihr also wissen möchtet, wie mir mein erstes Horrorbuch gefallen hat, bleibt gerne dran. Viel Spaß ♥

Bevor wir so richtig in die Geschichte starten, gewährt uns die Autorin einen Einblick in Remy’s Arbeitsleben. Wir erfahren nicht nur eine Menge wichtiger Fakten zum berüchtigten Carrow House, sondern lernen auch unsere Protagonistin erst einmal kurz kennen. Der Einstieg ist also noch recht ruhig gehalten, zwar äußerst informativ, aber eben noch nicht großartig beeindruckend. Gemeinsam mit Remy führen wir eine Gruppe von mutigen Touristen und Einheimischen durch das Spukhaus und können uns so ein erstes Bild von den Örtlichkeiten und den Begebenheiten machen. Erst als dann ein Teilnehmer der Gruppe darum bittet, sich über einen längeren Zeitraum im Haus aufhalten zu dürfen, beginnt der eigentliche Spaß. Während Remy sich nicht lange bitten lässt, stellt Mark eine bunte Truppe zusammen und nur wenige Zeit später betreten die Langzeitgäste das Haus.
Ab diesem Punkt nimmt die Geschichte kontinuierlich an Fahrt auf und die einst noch recht sanfte Beklemmung wächst mit jeder gelesenen Seite. Carcy Coats versteht es, den Leser zu packen und ihn auf eine Reise zu schicken, die er nie wieder vergisst. Dank der düsteren, vollkommen einnehmenden Atmosphäre fiel es mir nicht schwer, mich ganz auf das Buch einzulassen und ich gestehe, Gänsehaut ist nicht das einzige, was ich zu spüren bekam. Obwohl das Grundgerüst der Geschichte so abgedroschen, fast banal klingt, verbirgt sich dahinter erstklassiger Horror. Man sollte annehmen, dass zufallende Türen, zerspringende Fenster und das Knarzen von Holz nichts ist, was einen erwachsenen Menschen aus der Bahn wirft, doch die Autorin schafft es eben diese einfachen, aber wirkungsvollen Elemente so perfekt zu platzieren, dass sie ihre volles Potential entfalten. Dazu kommen die unzähligen Plots, die sich Schlag auf Schlag aneinandereihen und Langeweile jeglicher Form im Keim ersticken. Was für eine immens einnehmende Geschichte, die nicht spannender hätte sein können. Ich ertappte mich beinahe sekündlich dabei, wie ich den Atem anhielt, in freudig-ängstlicher Erwartungen, was die Gruppe als nächstes erleben würde, nur um dann mit akuter Schnappatmung und Herzrasen panisch durch die Kapitel zu hetzen, schneller als es eigentlich hätte möglich sein können. Den letzten Schliff erhielt die Story dann durch die Tatsache, dass man als Leser sogar miträtseln konnte. Nur Geister? Oder trieb noch etwas anderes sein Unwesen in den heiligen Hallen von Carrow House? Diese Undurchsichtigkeit spielte dem Geschehen zusätzlich in die Karten und trieb den Lesegenuss weiter in die Höhe.
Selbst das Ende ist, ebenso wie der Rest der Geschichte, gespickt mit actionreichen, hochdramatischen Szenen, die einen das Blut in den Adern gefrieren lassen. Absolut unerwartet und demnach sehr überraschend ging das Buch zu Ende. Ich muss zugeben, dass ich mir das Ganze vielleicht ein wenig anders vorgestellt – vielleicht auch gewünscht – hätte, doch trotz der minimalen Kritik bin ich mit der Umsetzung hochgradig zufrieden und noch immer leicht atemlos und verängstigt. Danke Darcy Coates für diese absolut gelungenen Horror-Momente und das riesige Lesevergnügen.

Doch nicht nur die Idee und deren Umsetzung können überzeugen und begeistern – denn beides wäre nichtig ohne die passende Besetzung – auch die Charaktere tun es. Eine bunt zusammengewürfelte Truppe: jeder mit eigenen Ecken und Kanten; aber vor allem mit eigenen Ansichten bietet das Zusammenleben jede Menge Zündstoff für hitzige Diskussionen, lautstarke Streitereien und abgrundtiefes Misstrauen. Doch die Autorin legt ebenso Wert auf das zwischenmenschliche Miteinander und erschafft einige Situationen, die den Figuren nicht nur Leben einhauchen, sondern ihnen Tiefe und Sympathie und Nahbarkeit. Mir war es enorm wichtig, dass eben genau das der Fall ist und ich bin froh, dass Darcy Coates mir diesen Wunsch erfüllen konnte, indem sie nicht nur Zweifel sähte, sondern diese auch wieder ausradierte – und das in glaubhaften Abständen und mit dem nötigen Einfühlungsvermögen.
Da die Gruppe, wie schon erwähnt, aus sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten besteht, wird auch allein auf diesem Gebiet nie langweilig. Wir treffen nicht nur Remy, den Tourguide, die das Haus kennt wie ihre Westentasche – wir treffen auch auf Mark, einen jungen Mann, dessen Absichten lange Zeit verborgen bleiben. Auf Marjorie, ein Medium, die das Paranormale beherrscht und sogar mit damit kommunizieren kann. Taj, einen aufgehenden Stern an Youtube-Himmel, der durch seinen Besuch im Spukaus vor allen Dingen seine Klick,- und Followerzahlen in die Höhe treiben will. Diese vier Menschen, und noch vier weitere, die ich hier nicht auch noch namentlich nennen kann, sind aus jeweils eigenen Beweggründen nach Carrow Island gekommen und ob sie am Ende wohl alle wirklich nur Gutes im Sinn haben, erzählt euch die Geschichte.
Für mich war diese Mischung, genau so wie Idee und Handlung, einfach perfekt gewählt und eine wahre Bereicherung für den Lesespaß. Die Undurchsichtigkeit, das aufkeimende und wieder ablaufende Misstrauen – das alles bescherte mir nur noch mehr Gänsehaut und Atemlosigkeit.

Der Schreibstil der Autorin ist absolut angenehm (darf man das Wort im Zusammenhang mit einem derart gruseligen Horror-Roman überhaupt verwenden?) und sehr leicht zu lesen. Mit bloßen Worten erzeugte Darcy Coates ein wahnsinnig realistisches Bild der Geschehnisse und versetzte mich damit mitten hinein ins Spukhaus. Ich fühlte mich als Teil der Gruppe, als Opfer und als Geist zugleich; manchmal vielleicht sogar eine Spur zu sehr. Kein Wunder also, dass die aufkeimende Panik sich immer wieder meldete und ich hin und wieder sogar eine kurze Pause von dem Buch brauchte – einfach um durchatmen zu können. Ich sehe es als riesiges Talent, den Leser derart zu catchen und ihn so sehr zu schockieren, dass er tatsächlich Schweißausbrüche und Herzrasen bekommt. Ihn so mitzureißen, ihm solche körperlichen Symptome abzuringen spricht also eindeutig für Stil und Sprache der Autorin.

FAZIT:
„Der Fluch von Carrow House“ von Darcy Coates ist die perfekte Lektüre für die dunkle Jahreszeit. Doch selbst bei gleißendem Sonnenlicht beschert einem dieses Buch definitiv Gänsehaut. Geister-Horror vom Feinsten mit altbewährten Elementen, die gut platziert und absolut atmosphärisch eingearbeitet sind. Auch Charaktere, Schreibstil und Umsetzung können auf ganzer Linie überzeugen und da mir jegliche Handhabe für Kritik fehlt, ist diese Geschichte zurecht eins meiner Jahres-Highlights. Großartiges Kino für alle Fans von „Spuk in Hill House“, „13 Geister“ und „Sinister“. Definitiv ein Blick wert.

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