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Veröffentlicht am 01.03.2020

Pauls Rückkehr

Der rote Judas
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„Ja, er war wieder Polizist, es stimmte wirklich. Er war tatsächlich zurück in der Wächterburg.“
Paul ist im Großen Krieg in Gefangenschaft geraten, und kommt erst im Jahr 1920 zurück in die Leipziger ...

„Ja, er war wieder Polizist, es stimmte wirklich. Er war tatsächlich zurück in der Wächterburg.“
Paul ist im Großen Krieg in Gefangenschaft geraten, und kommt erst im Jahr 1920 zurück in die Leipziger Heimat. Zum Glück kann er zurück in seinen alten Beruf, in der Wächterburg sind gute Ermittler Mangelware. Noch während Paul mit seiner Kriegsneurose, aber auch mit der Rückkehr in den Alltag kämpft, geschieht ein bestialischer Mord. Paul wird direkt gefordert. Über seine Grenzen hinaus?
„Der rote Judas“ ist ein spannender Krimi vor historischem Hintergrund, gleichzeitig aber auch eine Gesellschaftsstudie über die 20er Jahre. Paul Stainer ist ein sympathischer Kerl, der aber auch sein Päckchen zu tragen hat. Das belastet seine Arbeit, trotzdem hat er sein kriminalistisches Feingespür nicht verloren. Ich mochte ihn sehr gerne, und hoffe, dass es bald noch weitere Geschichten über ihn gibt. Man wandert an seiner Seite durch Leipzigs Straßen, alles wird genau beschrieben und man merkt die Recherchearbeit, die in diesem Krimi steckt. Auch der Zeitgeist wird gut wiedergegeben. Die Schrecken des Krieges stecken noch vielen in den Knochen, der „Schandfriede“ von Versailles sorgt für Unmut und schon jetzt sind einige Stimmen zu hören, die dem Aufstieg der Nationalsozialisten den Weg ebnen. Alles wirkt sehr echt und authentisch, was für mich bei historischen Romanen sehr wichtig ist. Die Handlung entwickelt sich langsam, trotzdem baut sich große Spannung auf. Keine ganz leichte Gratwanderung, doch der Autor meistert sie gefühlt spielend. Anfangs wirkt der Fall recht unübersichtlich, doch wird alles zu einem logischen Ende zusammengeführt, sodass keine großen Fragen offen bleiben. Der Erzählstil ist sicherlich nicht jedermanns Sache, doch ich fand ihn passend gewählt. Nicht zu leicht, schließlich geht es um Mord, Totschlag und eine beklemmende Grundstimmung in der Bevölkerung, aber trotzdem ansprechend zu lesen. Ein rundum gelungener Krimi, der Lust auf Pauls nächste Fälle macht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.12.2019

Opulenter Weihnachtsschmaus – auch für die Augen

Weihnachten in Amsterdam
2

Yvette van Boven war mir bisher ehrlich gesagt überhaupt nicht bekannt, nach dem Studium dieses Kochbuches muss ich mir aber dringend auch ihre anderen ansehen. Ich bin nämlich schwer angetan gewesen.
Die ...

Yvette van Boven war mir bisher ehrlich gesagt überhaupt nicht bekannt, nach dem Studium dieses Kochbuches muss ich mir aber dringend auch ihre anderen ansehen. Ich bin nämlich schwer angetan gewesen.
Die Aufmachung des Buches ist wirklich wunderschön. Sehr stilvolle und stimmige Bilder, gleich zwei Stofflesebändchen, immer wieder ergänzt durch kleine weihnachtliche Zeichnungen. Doch, optisch kann „Weihnachten im Amsterdam“ schon allerhand; allein vom Durchblättern wird man satt.
Die Rezepte sind bunt gemischt, von kleinen Appetizern bis hin zum aufwändig geschichteten Dessert ist für jedes Feinschmeckerherz etwas dabei. Die Auswahl ist festlich, aber sicherlich nicht typisch weihnachtlich. Den Gänsebraten sucht man ebenso vergebens wie die Rinderbrühe als Vorspeise. Ich fand das sehr gut, wollte ich doch Festliches abseits der gewohnten Pfade kochen. Wer eher Traditionelles sucht, der wird in diesem Buch vielleicht nicht fündig. Die Zutatenliste ist manchmal eine Herausforderung, gerade wenn man nicht eine Auswahl an Feinkostläden in der Nähe hat. Vieles lässt sich jedoch mit etwas Kreativität auch gut ersetzen, das Endergebnis konnte auf jeden Fall trotzdem überzeugen. Ich habe mehrere Gerichte ausprobiert, die Anleitungen waren klar und gut verständlich (ein Meisterkoch mit einer Profiküche muss man dafür nicht sein), auch mengenmäßig haben die Angaben gut gepasst. Geschmeckt hat alles ganz hervorragend, ich werde sicherlich noch einiges nachkochen. Viele der Rezepte lassen sich zudem gut vorbereiten, sodass man während des Festmenüs nicht ständig in der Küche stehen muss. Sicherlich ist vieles aufwändiger als der berühmte deutsche Kartoffelsalat, das finde ich aber für besondere Anlässe völlig in Ordnung. Die Menüauswahl selbst finde ich gut zusammengestellt, trotzdem wäre ich schon nach Gang 2 pappsatt. Viele Rezepte sind schon recht mächtig, sodass echte Weihnachtsvöllerei aufkommt.
Mich hat dieses Buch rundum überzeugt, optisch sehr ansprechend, gespickt mit nützlichen Tipps und natürlich mit vielen nachahmungswürdigen Rezepten. Ein tolles Buch, sicherlich auch ein schönes Geschenk für Kochbegeisterte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Gestaltung
  • Rezepte
Veröffentlicht am 12.11.2019

Filmografie & mehr

Tim Burton
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Wer seine Filme mag, der wird auch dieses Buch lieben. Anders kann es gar nicht sein.
Mark Salisbury veröffentlicht in diesem Buch diverse ausführliche Interviews mit Tim Burton; diese sind zudem mit interessanten ...

Wer seine Filme mag, der wird auch dieses Buch lieben. Anders kann es gar nicht sein.
Mark Salisbury veröffentlicht in diesem Buch diverse ausführliche Interviews mit Tim Burton; diese sind zudem mit interessanten Hintergrundinfos ergänzt, sodass ein sehr rundes Bild entsteht. Die ersten stammen aus einer Zeit vor Burtons großen Kinoerfolgen, aus einer Zeit als er noch vom massenhaften Zeichnen kitschiger Fuchsaugen (ein Zitat ; )) bei Disney traumatisiert war; aus der Zeit als noch keine Erwartungen an ihn, und sein Schaffen dadurch auch eben ein Stück freier war. Man lernt seine Arbeit sehr gut kennen, auch über ihn persönlich erfährt man einiges, der Fokus liegt aber definitiv auf seinen Werken. Jedem Film wird ein eigenes Kapitel gewidmet, Zeichnungen Burtons‘, Fotos von Dreharbeiten oder auch Filmszenen liefern das richtige Feeling. Das Buch ist schon vor einigen Jahren erschienen, „Alice im Wunderland“ ist der letzte ausführlich besprochene Film, sodass es über die neueren Werke leider nichts zu erfahren gibt. Trotzdem liefert dieses Buch quasi alles was das Fanherz begehrt, sodass ich Filme wie „Dark shadows“ oder den zweiten Alicefilm kaum vermisst habe. Ich habe viel Neues gelernt, mich an kleinen Zeichnungen erfreut und nach Ende der Lektüre sofort wieder große Lust auf die Filme gehabt. Ein wirklich tolles Sachbuch.

Veröffentlicht am 09.10.2019

Kriminalistischer Ausflug auf die Pariser Weltausstellung

Der Turm der Welt
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Die letzten Tage der Weltausstellung in Paris sind nicht nur geprägt vom fulminanten Abschluss der großartigen Ausstellung, sondern auch vom Mord an zwei Geheimagenten. Ausgerechnet auf dem Gelände der ...

Die letzten Tage der Weltausstellung in Paris sind nicht nur geprägt vom fulminanten Abschluss der großartigen Ausstellung, sondern auch vom Mord an zwei Geheimagenten. Ausgerechnet auf dem Gelände der Exposition! Als wäre das nicht schlimm genug, werden die Ermittlungen durch das fehlende Vertrauen und die Verachtung der großen europäischen Mächte füreinander behindert. Jeder geht seinen eigenen Spuren nach, und natürlich ist der verhasste Nachbar erst mal der Hauptverdächtige. Doch nur noch knapp zweieinhalb Tage bleiben, um größeres Übel zu verhindern.

Monferat lässt in seinem Roman das Paris der Weltausstellung lebendig werden. Flair, Atmosphäre und Bilder stimmen, neben dem Mordfall bleibt viel Zeit um die Exposition zu genießen. Natürlich kennt jeder den Eiffelturm, aber was die Ausstellung sonst noch zu bieten hatte, das wird dem Leser immer wieder wie nebenbei vor Augen geführt. Gut beschrieben ist aber nicht nur die Ausstellung, sondern auch die angespannte politische Lage. Bismarcks Spiel mit den fünf Kugeln, das Misstrauen der Nationen, spiegelt sich in der fehlenden Zusammenarbeit der beteiligten Ermittler und Geheimdienste wider. Daraus ergeben sich natürlich einige Handlungsstränge und viele Charaktere, was aber nicht in Verwirrung endet, sondern dafür sorgt, dass man erst recht noch weiterlesen muss. Ich mochte die Figuren unterm Strich recht gerne, gerade die Legende des französischen Geheimdienstes Marais hat mich mit seiner unkonventionellen Art überzeugt. Auch der Erzählstil hat mir sehr gut gefallen, und so waren die zweieinhalb Tage bis zum Finale der Ausstellung circa ebenso schnell gelesen. Ein wirklich schöner historischer Krimi mit Mehrwert.

Veröffentlicht am 03.10.2019

Melmoth

Melmoth
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Helen ist Mitte 40, arbeitet als Übersetzerin von Bedienungsanleitungen in Prag, und bleibt gerne für sich. Karel, einer ihrer wenigen Freunde in der fremden Stadt ist es dann auch, der sie auf die Legende ...

Helen ist Mitte 40, arbeitet als Übersetzerin von Bedienungsanleitungen in Prag, und bleibt gerne für sich. Karel, einer ihrer wenigen Freunde in der fremden Stadt ist es dann auch, der sie auf die Legende von Melmoth aufmerksam macht. Melmoth, die einsame Frau, die auf der Suche nach Mitreisenden durch die Lande zieht. Angezogen von Unglück, Unrecht und vor allem Schuld. Helen ist fasziniert, und gräbt in Bibliotheken nach weiteren Hinweisen auf Melmoth. Denn über ihrem eigenen Leben liegt ebenfalls ein Schatten.
Sarah Perry überzeugt mit einer wirklich runden Geschichte, die jedoch sicherlich nicht für jeden etwas ist. Helens Geschichte in gerade zu Beginn undurchsichtig, man erfährt nicht sonderlich viel über sie, und sie bleibt einem bis zum Schluss etwas fremd. Die wenigen anderen Figuren sind ebenfalls nicht hundertprozentig ausgearbeitet, bleiben so dezent auf ihre Funktion reduziert, was mich aber überhaupt nicht gestört hat, weil es einfach zu der etwas geheimnisvollen Aura der Handlung gepasst hat. Mir war die Legende von Melmoth bis dato nicht bekannt, ich fand es aber sehr spannend mehr darüber zu erfahren. Eine außergewöhnliche und düstere Erzählung, die eine gute Basis für diesen Roman bildet. Ein großer Teil der Handlung wird von Erfahrungsberichten und Briefen mit und über Melmoth bestimmt; für mich hätte das etwas kürzer ausfallen dürfen, gerade im Mittelteil verliert die Handlung dadurch etwas von ihrem schaurigen Glanz. Apropos schaurig… sooo schaurig wie zuvor vermutet/erhofft war es leider doch nicht, da hätte es für mich ein bisschen mehr sein dürfen.
Sprachlich ist dieses Buch allerdings wirklich ein Genuss. Sehr poetisch, lebendig und bildgewaltig entführt die Autorin den Leser nach Prag. Jede Schneeflocke, jeden Papierschnipsel am Wegesrand macht sie zum Ereignis. Ich mochte ihren Stil schon bei der Schlange von Essex sehr, doch hier hat Perry sich noch einmal gesteigert. Gerade die letzten Kapitel fand ich unglaublich gut geschrieben. Auch wird man als Leser immer wieder direkt angesprochen, was mich natürlich erst recht in die Geschichte gesogen hat.
Insgesamt mochte ich diesen Roman mit kleinen Abstrichen sehr gerne, und ich bin schon jetzt gespannt wohin uns die Autorin als nächstes entführt.

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