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Veröffentlicht am 20.03.2020

Ungewöhnlich und herrlich schräg ist die Mitzi auf Hexenjagd

Wenn die Alpen Trauer tragen
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Isabella Archans Alpenkrimi "Wenn die Alpen Trauer tragen" erscheint im Emons Verlag.

"Alles hier in der Wachau ist so idyllisch und schön, doch hinter der Fassade gibt es genug Mist und Sauerei." Zitat ...

Isabella Archans Alpenkrimi "Wenn die Alpen Trauer tragen" erscheint im Emons Verlag.

"Alles hier in der Wachau ist so idyllisch und schön, doch hinter der Fassade gibt es genug Mist und Sauerei." Zitat Seite 200


Statt den beschaulichen Ausblick auf die Alpen zu genießen, wagt sich Mitzi mal wieder an eine Mordermittlung der besonderen Art. Als eine alte Dame bei einem Brand ums Leben kommt, setzt Mitzi alles daran, den Täter aufzuspüren. Ihre Freundin Inspektorin Agnes Kirschnagel entdeckt einen Tatverdächtigen, den Erben der alten Frau. Doch so einfach ist der Fall nicht gelöst und Mitzi verfolgt eine mysteriöse Spur zu einer Frau in Weiß, einer Hexe. So etwas Irreales nimmt ihr Agnes natürlich nicht ab und Mitzis Alleingang bringt sie in Gefahr.

Es war so klar, dass Mitzi, pardon eigentlich Maria Konstanze Schlager, ihre Nase mal wieder in die Aufklärung eines Tötungsfalls steckt und damit mitten in ein "Hexennest". Als sie von der toughen Rentnerin Hilda Valbilda erfahren hat, die erfolgreich einen Enkeltrickbetrüger überführt hat und zufällig herausfindet, das Therese, die Schwester der alten Dame bei einem Brand umgekommen ist, fühlt sich Mitzi für diesen Fall zuständig. Aber vor allem, weil sie dieser ominösen weißen Frau auf die Schliche kommen will, denn so eine Hexenerscheinung führt ja das Böse mit sich. Und Mitzi glaubt an solche Figuren.

Für mich sind Mystik und Übersinnliches eher der Fantasie geschuldet, aber in diesem Buch behält Isabella Archan sehr gut die logische Balance zwischen der Realität und den nebelumwobenen Figuren.

Ihre Mitzi ist eigenbrödlerisch veranlagt, hat eine blühende Fantasie und glaubt an Sagengestalten und unwirkliche Dinge. Immer noch leidet sie an dem Verlust ihrer Eltern und ihres Bruders und häufig kommen die Erinnerungen daran hoch. Ihre Therapie ist auf dem richtigen Weg, doch häufig vermischen sich Realität und Albtraum in ihren Gedanken und selbst der Tod kommt ihr manchmal hilfreich vor wie eine Zusammenführung der Familie. Diese Gedankenlage lässt sie empfänglich sein für überirdische Wesen und in diesem Fall für die weiße Hexe, die mit ihr in Verbindung tritt.


Wie gut, dass sie mit Agnes befreundet ist, die Ermittlerin kennt Mitzis Gedanken und ist in der Lage, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Zusammen sind sie ein unschlagbares Team, in diesem Fall nicht ganz. Aber dazu muss man den Krimi selbst lesen. Ich verrate nur, das Singleleben von Mitzi und Agnes wird in diesem Buch auch etwas aufgefrischt.

Dieser Krimi hat mich gut unterhalten, es gibt eine fesselnde Krimiverstrickung, die Ermittlung ist spannend, die Figuren außergewöhnlich und einige Szenen mit einer speziellen Tatwaffe sind schon fast brutal. Hinter den Nebelschwaden in den Bergen kann man das Übersinnliche beinah spüren, die Hexe mit ihrem weißen Kleid verschwindet aber nur dank des rigorosen Eingreifens der Inspektorin. Das Ende ist übrigens besonders spektakulär und die Kaffeesucht der Autorin spürt man durch das ganze Buch hindurch.


Mit diesem Krimi geht es in die idyllische Bergwelt der Wachau mit ihren Marillen, aber auch dort steckt das Böse hinter so mancher Fassade. Die Handlung mit den speziellen Figuren hat mich gespannt in Atem gehalten.

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Veröffentlicht am 18.03.2020

Fesselnder Krimi mit spanischem Flair und interessanten Charakteren

Spanischer Feuerlauf
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Der Krimi "Spanischer Feuerlauf" ist der dritte Teil der Barcelona-Krimireihe von Catalina Ferrera, Pseudonym von Eva Siegmund. Die Reihe erscheint im Droemer Knaur Verlag.

Wie in jedem Jahr findet in ...

Der Krimi "Spanischer Feuerlauf" ist der dritte Teil der Barcelona-Krimireihe von Catalina Ferrera, Pseudonym von Eva Siegmund. Die Reihe erscheint im Droemer Knaur Verlag.

Wie in jedem Jahr findet in Barcelona der tradtionelle Feuerlauf Correfoc statt, Karl Lindberg, seine schwangere Frau Alba und sein Schwager Alex Diaz beobachten das muntere Spektakel vom Balkon ihrer Freunde aus. Inmitten der Feierlustigen kippt plötzlich die fröhliche Stimmung, es muss etwas passiert sein. Karl und Alex finden auf der Strasse eine tote Frau, die scheinbar vom Himmel gefallen sein muss. War es ein Unfall, wo kam die Frau her und vor allem, wer ist sie? Die Ermittlungen führen die Kommissare in ein entlegenes Bergdorf in den Pyrenäen.

Auch der dritte von mir herbei gesehnte Barcelona-Krimi für den Berliner Ex-Kommissar Karl Lindberg und seinen katalanischen Schwager Comisario Alex Diaz von der Mossos d`Esquadra konnte mich wieder vollständig überzeugen.

Denn der Fall ist äußerst knifflig, verbirgt einige Geheimnisse und kommt zu einer Zeit, wo Karl Lindberg eigentlich auf Abruf für seine hochschwangere Frau Alba bereit stehen wollte, denn die Geburt ihres Kindes steht kurz bevor und sein Sohn zieht aus, mit einem Freund in ihre erste Wohnung.

Die Ermittlungen im Fall der toten Frau führen zu einem einflussreichen Baulöwen, dessen über alles geliebte Frau verschwunden gemeldet ist. Angeblich war die Ehe glücklich, die zwei Kinder vermissen ihre Mutter entsetzlich und auch wenn man auf eine Entführung tippen würde, gab es kein Erpresserschreiben, die Frau verschwand einfach spurlos. Besondere Spuren führen in die Pyrenäen und dort entdecken die Kommissare die dunkle Vergangenheit der Frau.

Die verschiedenen aus den Vorbänden bekannten Figuren bleiben sich und ihren Charakterzügen treu, deshalb kann man ihnen wunderbar durch das Buch folgen. Für Neueinsteiger sollte das aber kein großes Problem darstellen. Nur empfehle ich zum besseren Verständnis natürlich die Einhaltung der Reihe.

Neben der fesselnden Handlung bringt Catalina Ferrera auch das stimmige Barcelona-Flair gut zum Ausdruck, sodaß Barcelona-Liebhaber ihnen bekannte Schauplätze wiedererkennen werden und alle anderen Reisefieber bekommen. Ich habe das ungleiche Ermittlerduo wieder gern begleitet, Alex ist schon ein spezieller Fall, aber sehr charmant und Karl ist nachdenklicher als sonst, er macht sich viele persönliche Gedanken um die Zukunft mit seinem neuen Kind. Gleichzeitig hält die Ermittler der knifflige Fall in Atem und natürlich ist Karl nicht vor Ort, als die Wehen einsetzen.

Einige amüsante Dialoge und spezielle Situationen runden wie immer den fesselnden Fall ab.

Die Auflösung des Falls wird am Ende noch einmal richtig spannend und gefährlich, die Geburt des Kindes mischt sich natürlich genau in diese Zeit.

Dieser Krimi hat mich von Anfang bis Ende mitgerissen, die privaten Einblicke lockern den wirklich spannenden Kriminalfall unterhaltsam auf und das Flair und die Küche Barcelonas kommt ebenfalls nicht zu kurz.


Ein fesselnder und besonders kniffliger Krimi, der mit spanischem Flair und interessanten Charakteren punkten kann. Gerne weiter so, Frau Ferrera!

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Veröffentlicht am 14.03.2020

Ein Wohlfühlroman mit Amore unter der Sonne Italiens

Liebe ist tomatenrot
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Ursi Breidenbachs Roman "Liebe ist tomatenrot" entführt ins sommerliche Italien, das Buch erscheint im Penguin Verlag.


Nelli ist geschieden, sie hat eine große Tochter und lernt an ihrem 40. Geburtstag ...

Ursi Breidenbachs Roman "Liebe ist tomatenrot" entführt ins sommerliche Italien, das Buch erscheint im Penguin Verlag.


Nelli ist geschieden, sie hat eine große Tochter und lernt an ihrem 40. Geburtstag den gutaussehenden Luca kennen und beginnt mit ihm eine Affaire, die ihr gut tut. Allerdings hat die Sache einen Haken, Luca ist wesentlich jünger als sie. Obwohl sie nicht glaubt, dass Luca der Mann fürs Leben ist, willigt sie in seinen Vorschlag für eine romantische Kurzreise nach Italien ein. Doch dort wartet seine ganze Familie auf sie.


"Ich habe erkannt, dass es wunderbar entspannt, wenn man sich Phasen zugesteht, in denen das Leben ruhig ein bisschen eiern darf." Zitat Seite 252



Nellis Reise führt sie in das kleine Dorf Tabbio, wo sich die Bewohner auf den nachhaltigen Tomatenanbau spezialisiert haben. Kaum angekommen, ist Nelli sofort dem Zauber dieser Gegend erlegen und natürlich auch der köstlichen Tomatensauce, die Lucas Großmutter aus den sonnengereiften Tomante kocht. Ihr Verhältnis mit Luca wird akzeptiert und als Lucas Vater auftaucht, entdeckt Nelli auch für ihn große Gefühle.


Die Geschichte wird ziemlich romantisch, was aber hauptsächlich am italienischen Flair der tollen Atmosphäre in der Großfamilie liegt. Luca ist ein toller Liebhaber, doch es fehlen die gemeinsamen Interessen zwischen ihm und Nelli. Sie braucht eine Weile, bis sie heraus findet, dass nicht nur Jugendlichkeit ihren Reiz hat, sondern auch gelebtes Leben und damit die Spuren des Alterns durchaus ihre Vorzüge haben.



Vom ersten Moment in Italien habe ich mich bei dieser Familie sofort wohlgefühlt, mich mit Nelli sofort in das alte Steinhäuschen, die Casseta, verliebt und wäre dort selbst gern eine Weile geblieben. Während Luca im Ort seine alten Freunde trifft, überdenkt Nelli ihr Gefühlschaos und verbringt immer mehr Zeit in der Casseta, mit Lucas Vater Roberto und Großvater Hans. Anders als mit Luca laufen die Gespräche mit Roberto auf einer gemeinsamen Wellenlänge, Lebenserfahrung ist eben doch ein großer Schatz.



Ursi Breidenbach erweckt mit ihrem wunderbar bildhaften Schreibstil das italienische Dolce vita und die Beziehungen zwischen Nelli, Luca und Roberto zum Leben. Es entsteht sofort ein Gefühl als würde man die Geschichte aus der Nähe miterleben.

Ihre abwechslungsreichen Figuren sind facettenreich gezeichnet, alle sind auf ihre Art und Weise liebenswert und es macht sich in der Geschichte eine Stimmung breit, bei der man wie Nelli allmählich zur Ruhe kommt und erkennt, worauf es im Leben wirklich ankommt. Diese Familie tut richtig gut.


Die Liebesgeschichte läuft mit einigen Überraschungen ab, auch Tochter Laura reist Hals über Kopf nach Tabbio und das sorgt für abwechslungsreiche Unterhaltung, in die man gerne eintaucht und die herrlichen Bilder von Tomaten und der schönen Gegend genießt.



Dieser gefühlvolle Roman sorgt für angenehme Wohlfühlstimmung, bei dem man die Sonne Italiens spürt und die köstliche Salsa del Paradiso und die emotionalen Momente einfach nur genießen kann.



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Veröffentlicht am 13.03.2020

Interessante und hautnahe Vogel-Beobachtung aus der Gründerzeit der Verhaltensforschung

Die Vogel-WG
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Karl Schulze-Hagen und Gabriele Kaiser sind die Autoren des Buches "Die Vogel-WG" aus dem Knesebeck Verlag.


Das muss man sich mal vorstellen! In einer Etagenwohnung mitten in Berlin werden in jedem ...

Karl Schulze-Hagen und Gabriele Kaiser sind die Autoren des Buches "Die Vogel-WG" aus dem Knesebeck Verlag.


Das muss man sich mal vorstellen! In einer Etagenwohnung mitten in Berlin werden in jedem Zimmer viele verschiedene Vögel gehalten. Da brütet eine Nachtschwalbe auf dem Teppich, ein Specht hackt Löcher in den Schrank und ein Mauersegler kreist durchs Wohnzimmer. Dieses Szenario ist kurios, aber wahr, es liegt fast 100 Jahre zurück.


Der Zoologe und Direktor des Aquariums im Berliner Zoo Oskar Heinroth (1871–1945) widmete sich gemeinsam mit seiner Frau Magdalena dem Studium des Verhaltens von Tieren. In 28 Jahren zogen sie in ihrer Berliner Wohnung aus dem Ei ca. 1000 Vögel aus 286 Arten per Hand auf. Die Einzelheiten ihrer Beobachtungen hielten sie in Wort und Bild fest, es entstand das einzigartige Werk "Vögel Mitteleuropas" (1926–1933), mit dem die vergleichende Verhaltensforschung von Vögeln begründet wurde.

Es fing ganz harmlos mit einer erfolgreichen Nachtschwalbenaufzucht an, sie legte den Grundstein für das Megaprojekt, dem sich die Heinroths Tag und Nacht widmeten. Oskar bekam und holte aus allen Ecken Deutschlands Vogeleier, um sie bei sich zuhause auszubrüten. Seine Frau Magdalena sorgte für die Fütterung und Säuberung der Nester, Käfige und der Wohnung. Diese Arbeit beschäftigte sie rund um die Uhr. Man mag es sich kaum vorstellen, was für ein wildes Treiben muss in der Wohnung geherrscht haben. Es kamen auch viele andere Naturkundler zu Besuch. Doch heute redet kaum jemand über die beiden Forscher.

Das Ehepaar teilte die Begeisterung für Vögel und übte diese ungewöhnliche Tierhaltung über 30 Jahre aus. Oskar erkrankte an Asthma, das enge Zusammenleben mit den gefiederten Freunden war nicht ohne Folgen. Als Magdalena früh verstarb, fand Oskar seine zweite Frau, eine Doktorandin, die ihm bei seinem Buchprojekt zur Seite stand.

Nach einführenden Kapiteln über das Leben, Arbeiten und Wirken der Heinroths und ihre Kontakte zu anderen Ornithologen, geht es im Buch auch um die Nazizeit und die Kriegsjahre.

Danach folgen etliche Kapitel, die sich den verschiedenen Vogelarten widmen. Hühner, Enten- und Kraniche machen den Anfang, Störche, Möwen, Greifvögel, Spechte und abschliessend die Singvögel werden mit ihren Besonderheiten vorgestellt. Dazwischen gibt es immer wieder Fotoseiten, die von den Heinroths persönlich angefertigt wurden und die Vögel in verschiedenen Aufzuchtphasen und in ihrer Haltung und Fütterung zeigen.

Man bekommt dank einiger Originaltexte und Zitate ein deutliches Bild von der Arbeit dieses Forscherpaares.

Zitate, Literaturhinweise und ein umfassendes Register beschliessen dieses interessante Buch.


Wer sich für Vogelbeobachtungen, - haltung und Aufzucht heimischer Vögel interessiert, bekommt hier viele Beispiele gezeigt und erkennt, welche enormen Ambitionen das Forscherpaar antrieb und in Vogelprojekten umsetzte.

Dieses Buch zeigt die Ausmaße des kuriosen und enormen Forscherlebens der Heinroths. Ihre circa 20.000 Fotografien und Berichte füllten sagenhafte vier Buchbände, diese Bücher legten den Grundstein für die weitere wissenschaftliche Verhaltensforschung.

Aus heutiger Sicht kann man nur staunen und die vielen beschriebenen Arten im Buch bewundern. Viele dieser Arten sind heute in ihrem Bestand stark bedroht und nur noch selten in der freien Natur zu sehen.

Dieses unterhaltsame Buch zeigt Naturkunde aus nächster Nähe, stellt neben den Vogelarten und ihren Gewohnheiten auch das außergewöhnliche Leben und Engagement des Forscher-Ehepaares Heinroth vor. Ihre wissenschaftliche Arbeit ist eine Besonderheit und regt zum Nachdenken über das Verschwinden von Vögeln in Europa an. Denn viele damals noch häufige Vögel sind heute sehr selten.


Ein sensationelles, biografisches Buch über Forschung, Vogelaufzucht und die Lebensgeschichte Oskar und Magdalena Heinroths, den Gründervätern der Verhaltensforschung. Selten habe ich bei einem Buch so sehr gestaunt und Forscher bewundert.

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Veröffentlicht am 11.03.2020

Ein aufrüttelndes und überzeugendes Buch des Sternekochs über unser Essverhalten und die Massentierhaltung

Ab in die Küche!
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Im Westend Verlag erscheint das Sachbuch "Ab in die Küche!" von Sternekoch Franz Keller.

Billigfleisch überschwemmt den Markt, Fast-Food-Läden haben immer noch einen regen Zulauf. Franz Keller bringt ...

Im Westend Verlag erscheint das Sachbuch "Ab in die Küche!" von Sternekoch Franz Keller.

Billigfleisch überschwemmt den Markt, Fast-Food-Läden haben immer noch einen regen Zulauf. Franz Keller bringt in diesem Buch überzeugende Argumente, warum der Konsument wieder selbst kochen und was er bei seiner Ernährung beachten sollte, um wieder ein natürliches Gleichgewicht in der Natur erreichen zu können. Die Bevölkerung ist bereit für eine Agrar- und Lebensmittelwende, doch die Politik wird in Deutschland und der EU von den starken Lobbyinteressen ausgebremst.


Gesund und lecker Kochen kann man mit guten Rohstoffen und einfachen Mitteln, man muss es nur wollen und die Gründe dafür verstehen.

Franz Keller erklärt in diesem Buch sehr überzeugend seine Kritikpunkte an der Landwirtschafts- und Nahrungsmittelindustrie. Das nicht alle Probleme in der Landwirtschaft mit Geld geregelt werden können, liegt klar auf der Hand. Hier muss ein Wechsel stattfinden, das Umdenken weg von Billigfleisch und hin zu angemessener Tierhaltung, mit Preisen, die die Verbraucher durchaus bereit sind zu zahlen.


Wenn schon Sterneköche auf den Irrsinn unserer Nahrungsmittelindustrie hinweisen und der Landwirtschaft die rote Karten zeigen, ist der Punkt gekommen, wo nicht nur die Politik umdenken und handeln muss, sondern auch der Verbraucher. Denn die Kaufkraft der Verbraucher regelt auch den Markt. Dessen sollte sich jeder einzelne von uns bewusst sein.

Wie in vielen Haushalten mangelt es an Zeit für ausgiebige Kochvorgänge, doch das muss nicht sein. Mit einer gebündelten Vorbereitung verschiedener Grundlagen in der Küche kann man einige Schritte für mehrere Tage vorbereiten und muss nur noch kleine Arbeitsgänge einsetzen.

Brühen, gekochte Gemüse und Fleisch kann man in größeren Mengen vorbereiten, konservieren und die nächsten Tage darauf zurückgreifen. Schon unsere Großmütter waren solche Kochvorgänge gewohnt, wir müssen uns nur darauf zurückbesinnen.

Franz Keller erklärt sehr überzeugend, welche Lebensweisen wir im Umgang mit unseren Nahrungsmitteln überdenken müssen und welchen Weg wir sinnvollerweise einschlagen sollen. Die Tierhaltung und -verwertung läuft auf Billigware hinaus. Das muss sich ändern, dann werden auch die Güllemengen wieder sinken und die Preise zwar höher werden, aber das muss uns gutes Essen wert sein. Denn zusätzlich zu den günstigen Preisen muss man ehrlicherweise auch die Kosten für die Umweltsünden aufaddieren. Langfristig gerechnet ist die Umweltbelastung teurer als kurzfristige Preisanstiege für Biofleisch und Bioprodukte.

Dank seiner anekdotenreichen Geschichten und seiner direkten Sprache mit erschlagenden Argumenten, erkennt man schnell, was die industrielle Lebensmittelproduktion mit diversen Zusatzstoffen für unsere Ernährung bedeutet und was wir damit letztendlich unserer Gesundheit und unserer Umwelt antun. Erschreckend ehrlich stellt Keller die Diagnose, dass wir krank werden, wenn wir weiter so essen wie bisher.

Im Rezeptteil finden sich viele schmackhafte Grundgerichte, die vielfältig sind und die man gut nachkochen kann.

"Tomatensugo mit Basilikum und Pinienkernen"

"Gerstenrisotto mit Gemüsewürfeln und geräucherter Forelle"

Die Graupe ist das europäische Superfood statt Chia oder Quinoa.

"Kartoffelgratin mit Zuccinistreifen und geröstetem Wirsing"

"Kartoffelrösti mit griechischem Joghurt und Seeteufel"

"Kartoffelsalat"

"Gerösteter Rosenkohl mit Alblinsen"


Die Herstellung von eigenen Brühen ist Franz Keller sehr wichtig. Diese Grundlage ermöglicht es, mit Gemüsen später die besten Kochergebnisse zu erzielen. Wie man diese herstellt, erfahren wir im Buch.

Reste von Lebensmitteln machen einen horrenden Anteil an unserem Müll aus, da muss sich ändern. Denn aus Resten lassen sich manchmal die besten Gerichte zaubern, weil man die Zusammenstellung nur einmal ändert. Überhaupt macht selbst Kochen richtig Spaß, nur so wissen wir, welche Produkte wir verwenden und damit auch zu uns nehmen. Je weniger Inhaltsstoffe ein Produkt hat, umso ursprünglicher und unverarbeiteter ist es. Das muss uns klar sein, wenn wir etwas kaufen.



Einige Geschichten aus Kellers Leben lockern dieses Sachbuch auf und sorgen für unterhaltsame und interessante Fakten. Er erzählt gerne, so scheint es und bringt diese Anekdoten auch gern unters Volk. Das Kochen wurde Keller schon in die Wiege gelegt, seine Mutter war die erste Sterneköchin Deutschlands, dankbar erzählt er von ihr und seiner Großmutter Mathilde. In seinem Restaurant trafen sich auch Politiker wie A. Merkel und W. Putin und Keller macht deutlich, wie ein gemeinsames Essen auf Menschen wirken kann.



Zum Ende des Buches nimmt er die sogenannte Bauernmilliarde aufs Korn. Wie man das Geld sinnvoll einsetzen könnte, dazu hat er eine Meinung und stellt ein Gedankenmodell vor. Was wäre, wenn Deutschland aus der Massentierhaltung ausstiege?

Statt Billigware sollte mehr Wert auf Qualität gelegt werden, dann kann die Landwirtschaft gesunden. Viele negative Beispiele gibt es bereits im Anbau von Avocado und mit Quinoa, dort wird in manchen Ländern mit allen Mitteln die Produktion angetrieben, am Ende wird abgeholzt, das Trinkwasser verschwendet und den Einheimischen die Lebensgrundlage für ihre Rohstoffe genommen.



Ab in die Küche! setzt eine klare Botschaft gegen die Lebensmittelindustrie und gegen die Massentierhaltung. Wir haben die Kontrolle über unsere Ernährung, wenn wir selbst kochen und manche Dinge überdenken. Ein wichtiges Buch, welches sich auch unsere Politiker für Ernährung und Landwirtschaft mal durchlesen sollten.

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