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Veröffentlicht am 16.05.2020

Das Tagebuch

Die verlorene Frau
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Bei Jessica haben vorzeitig die Wehen eingesetzt und ihr Mann ist beruflich im Ausland. Verängstigt wendet sich Jessica an ihren Vater Harvey, der mit ihr ins Krankenhaus eilt. Die Geburt ist schwieriger ...

Bei Jessica haben vorzeitig die Wehen eingesetzt und ihr Mann ist beruflich im Ausland. Verängstigt wendet sich Jessica an ihren Vater Harvey, der mit ihr ins Krankenhaus eilt. Die Geburt ist schwieriger als erwartet und auch ganz anders als erhofft. Die kleine Elisabeth ist ein perfektes Baby, allerdings bekommt sie gleich einen Infekt und muss behandelt werden. Jessica ist krank vor Sorge und ihre Reaktion fällt heftiger aus als normal. Sie verschwindet mit ihr er neugeborenen Tochter aus dem Krankenhaus. Auch Jessicas Mutter hatte nach der Geburt ähnliche Probleme und Harvey macht sich sofort auf die Suche nach seinem Kind.

In jeder Familie gibt es Geheimnisse. Und auch Jessicas Mutter hat ihr und ihrer Schwester nie alles erzählt. Vor der Geburt ihres Kindes hatte Jessica den Wunsch, von der Vergangenheit zu erfahren. Doch leider gab es nicht nur positive Neuigkeiten. Was ihre Mutter Rebecca ihr erzählt, ist nicht leicht zu verdauen. Die Mütter und Töchter der Familie haben sie nie leicht mit ihren Familien getan. Schon ihre Großmutter und Mutter Harriet hatte es nach dem Krieg sehr schwer. Ihr Mann war nach seiner glücklichen Heimkehr nie wieder der, der er vorher war.

Diese mehrere Generationen umspannende Familiengeschichte wirkt am Anfang so als seien die Reaktionen zu heftig, doch je weiter man liest, desto mehr zieht sie einen in ihren Bann. Die Schicksale der Frauen so unterschiedlich sie auch sind, sie ähneln sich doch. In keiner Generation ist es nur leicht. Doch die Frauen entwickeln eine besondere Stärke, die sie vieles ertragen lässt. Doch erst muss auch noch das letze Geheimnis gelüftet werden, bis die Familie zusammenfindet und ihre Besonderheiten zu verstehen lernt. Mit ihren überraschenden Wendungen reißt die Story wirklich mit und offenbart, wie übel den Frauen früher mitgespielt werden konnte. Gerade der Ansatz der Handlung bildet einen Teil der Wirklichkeit ab. Froh macht es einen, dass gewisse Dinge heutzutage doch anders sind. Diese gefühlvolle Geschichte kann wärmstens empfohlen werden.

Veröffentlicht am 10.05.2020

Ein unbescholtener Mann

Abgrund
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In einer Wohnung treffen die Psychologin Freya und Kommissar Huldar wieder mal zusammen. Freya soll einen kleinen Jungen abholen, der allein in der Wohnung sein soll. Und wie sich herausstellt, ist der ...

In einer Wohnung treffen die Psychologin Freya und Kommissar Huldar wieder mal zusammen. Freya soll einen kleinen Jungen abholen, der allein in der Wohnung sein soll. Und wie sich herausstellt, ist der gerade ermordet aufgefundene Helgi Besitzer der Räumlichkeiten. Helgi war alleinstehend, es ist daher erstmal unerklärlich, wie der kleine Junge dorthin kam. Siggi ist noch zu jung, um sich richtig erinnern zu können. Auch der Mord gibt Rätsel auf. Als Investmentbanker war Helgi wohlhabend und ein unbeschriebenes Blatt. Am Abend seines Todes war er mit ein paar Freunden unterwegs, denen erst etwas später aufgefallen war, dass er verschwunden ist.

Es ist bereits das vierte Mal, dass Freya und Huldar die Klingen kreuzen, wobei ihre kleinen Geplänkel erfrischend friedlich ablaufen. Dafür wird Huldar umso mehr von seiner Chefin Erla und seiner neuen Kollegin Lína mit Beschlag belegt. Lína ist eine der ersten Studierten auf dem Revier und mit ihrem unerschöpflichen theoretischen Wissen eckt sie speziell bei Erla an. Besonders wenn sie recht hat. Das war auch schon am Fundort des Opfers so. Dort war die Untersuchung durch andere Umstände äußerst schwierig. Und wie so häufig passt am Anfang nichts zusammen.

In diesem Kriminalroman passt die Mischung wirklich. Ein sehr spannender Fall, mit dem ein brisantes Thema angepackt wird und in dem es immer wieder zu Überraschungen kommt. Dann die unterschwelligen Stimmungen auf der Wache, die Kollegen, die sich manchmal eher weniger gut verstehen und Huldar, der mit Ideenreichtum versucht den Kontakt zu Freya zu verbessern. Was so harmlos schien, entwickelt sich zu einem ausgeklügelten Rätsel, dem man als Leser nicht auf die Spur kommt. Man wird hineingesogen und gepackt und man muss einfach weiterlesen, bis man weiß, wie alles zusammenhängt. Hiermit zeichnet sich die Reihe wirklich aus und das angesprochene Thema lässt einen darüber nachdenken, wie Menschen miteinander umgehen. Es ist ein Buch, über dessen Handlung man nicht allzu viel verraten darf, die Offenbarungen, die auf den Leser warten, fesseln einfach dann am meisten, wenn sie jeder selbst entdecken kann.

Veröffentlicht am 02.05.2020

Nach dem Krieg

Heldenflucht
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Dezember 1918 - der Krieg ist vorbei. Doch in dem kleinen Eifeldorf Kirchbach sind die Kriegsfolgen deutlich zu spüren. Viele der jungen Männer sind gefallen oder vermisst, die Heimkehrer sind nicht mehr ...

Dezember 1918 - der Krieg ist vorbei. Doch in dem kleinen Eifeldorf Kirchbach sind die Kriegsfolgen deutlich zu spüren. Viele der jungen Männer sind gefallen oder vermisst, die Heimkehrer sind nicht mehr so wie sie waren. Agnes Papen, die als Kriegsberichterstatterin an der Front war, besucht ihren erkrankten Onkel. Sie sehnt sich in die Stadt zurück und sucht nach einem Job als Fotojournalistin. Der junge Franz hat noch etwas von einem Abenteurer und als er in der Nähe des Ortes eine Leiche findet, will er unbedingt erforschen, was weiter mit dem Toten geschieht, deshalb behalt er seinen Fund für sich.

Fast alle Einwohner des Dorfes sind in irgendeiner Form vom Krieg gezeichnet. Entweder haben sie liebe Menschen verloren oder selbst viel erlitten. Fast glücklich sind beinahe die, die entweder zu jung oder zu alt waren, um direkt in den Krieg gezogen zu werden. Doch auch die Wirtschaft liegt danieder, die Menschen haben nicht viel. Sogar dem Krämer fehlt es an Ware, weil sein Lieferant nicht kommt. Die Stimmung ist gedrückt und wenn es auf einem Hof mal besser gehen könnte, so sind die Besitzer doch missgünstig und geizig. Sie teilen nicht, sondern nehmen sich eher noch Frechheiten heraus gegenüber ihren Untergebenen.

Es ist eines dieser Bücher, die sehr überzeugend darstellen, dass die Folgen eines Krieges so schwer sind, dass sich niemand einen Krieg wünschen kann. Anhand eines kleinen Dorfes werden die Auswirkungen sehr eindringlich dargestellt. Bei manchen Menschen scheint diese Zeit das Schlechteste hervorgeholt zu haben. Und Heimkehrer leiden unter vielfältigen Störungen, womit die Familien häufig überfordert sind. Da freut man sich schon fast, wenn einige Menschen noch halbwegs normal geblieben sind und einiges an Initiative behalten haben. Es ist zu hoffen, dass ihnen die Zukunft gehört. Gepackt verfolgt man die Ereignisse im Dorf und ist sprachlos ob der teilweise herrschenden Gewalt. Dem Autor ist es wirklich gelungen, die düstere Stimmung nach dem Krieg nachzuzeichnen. Von Erleichterung ist da noch nicht viel zu spüren. Der überraschende Schluss schockiert zusätzlich. Dieser Roman mahnt, Frieden ist ein wertvolles Gut.

Veröffentlicht am 28.03.2020

Union Jack

Dear Oxbridge
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Am Vorabend der Brexit-Abstimmung reist die Autorin nach Oxford, um ihr WG-Zimmer zu räumen, weiß sie noch nicht, dass sie um einige Schulden ärmer also reicher aufwachen wird. Zum Erstaunen und Entsetzen ...

Am Vorabend der Brexit-Abstimmung reist die Autorin nach Oxford, um ihr WG-Zimmer zu räumen, weiß sie noch nicht, dass sie um einige Schulden ärmer also reicher aufwachen wird. Zum Erstaunen und Entsetzen der Universitätseliten haben die Briten, die zur Wahl gegangen sind, sich für den Brexit entschieden. Die Autorin bleibt den Briten dennoch zugetan, auch wenn sie manchmal mit ihnen hadert. Ihr Traum war es immer, in Oxford oder Cambridge oder an beiden Orten, die dann Oxbridge genannt werden, zu studieren. Doch vor das Studium haben die Verantwortlichen ein Auswahlverfahren gesetzt, das es zu bestehen gilt.

In ihren Essays, die hier zu einer Sammlung mit Zusammenhang gefasst sind, schildert die Autorin ihren Weg und Umweg durch das Studium der Philosophie und Englischen Literatur in Heidelberg, Cambridge und Oxford. Auch wenn man selbst keine Essays schreiben kann, weil man das hier in Deutschland auch nicht lernt, so kann man doch verstehen, wie schwer es Nele Pollatschek gefallen ist, sich den Anforderungen der englischen Unis anzupassen. Es war ihr Traum und sehr zielstrebig hat sie alles drangesetzt, dass sie ihn sich erfüllen konnte. Durch den jahrelangen Aufenthalt in England hat sie einen Einblick und tiefes Verständnis von der englischen Mentalität gewonnen, welches sie hier nun weitergibt.

Abseits von allem Brexit-Geschrei, das möglicherweise so manch einem inzwischen zu viel wird, herrscht in England eine Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, die ihresgleichen sucht. An Englische Toiletten erinnert man sich sicher aus dem Urlaub und kann mit der Autorin schmunzeln, schließlich standen einem schon selbst die Haare zu Berge beim Kampf mit dem Abfluss. Wie das unsägliche Bild aus Zeitungs- und TV-Berichten zustande kommt und welchen Hintergrund die britischen Eliten haben, die nach dem Studium häufig an die Macht kommen, erläutert die Autorin sehr eindringlich. Da empfindet man mehr Verständnis für das Handeln der Briten, aber auch eine gewisse Hoffungslosigkeit, dass sich an der Situation nochmal etwas ändern könnte. Und so werden wir uns an die britische Freundlichkeit erinnern und versuchen die kulturellen Unterschiede zu verstehen. Und es vielleicht mit einem ähnlichen Stoizismus ertragen, dass es eben so ist wie es ist.

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Veröffentlicht am 19.03.2020

Ladies

Und am Ende werden wir frei sein
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Im Jahr 1939 lernt Caroline Ferriday den charmanten Franzosen Paul Rodier kennen. Paul ist ein bekannter Schauspieler, dessen Ehe nur noch auf dem Papier existiert. Die Lage in Europa ist unsicher, Hitler ...

Im Jahr 1939 lernt Caroline Ferriday den charmanten Franzosen Paul Rodier kennen. Paul ist ein bekannter Schauspieler, dessen Ehe nur noch auf dem Papier existiert. Die Lage in Europa ist unsicher, Hitler ist gerade in Polen einmarschiert. In Polen erleben Kasia und ihre Freunde den Einmarsch hautnah. Ein Luftangriff der Deutschen fegt über Lublin hinweg, sie müssen mit ansehen, wie Teile ihrer Heimatstadt dem Erdboden gleich gemacht werden und Schüsse aus den Flugzeugen heraus Menschen tödlich treffen. In Düsseldorf träumt Herta von einem Leben als Chirurgin. Zwar darf sie Medizin studieren, doch kann sie als Frau allenfalls auf eine Stelle als Dermatologin hoffen. Wieso ihr schwerkranker Vater zu einem jüdischen Arzt geht, versteht sie nicht.

Drei Frauen - drei sehr unterschiedliche Schicksale. Caroline, die Tochter aus gutem Haus, engagiert sich für wohltätige Zwecke in der französischen Botschaft. Kasia, die junge Polin, ist verliebt. Doch will auch was tun, gegen die Deutschen, die sich immer mehr in das Stadtbild Lublins drängen. Ihre beste Freundin Nadia ist Jüdin und Kasia unterstützt den Widerstand, in der Hoffnung auch Nadia zu helfen. Herta dagegen ist von der Nazidoktrin durchdrungen. Sie hat nur einen Wunsch, sie will Ärztin werden und um dieses Ziel zu erreichen, ist ihr jedes Mittel recht. Als sie von einer Stelle hört, zögert sie nicht lange.

Auch wenn Caroline etwas behütet wirkt und während des Krieges in New York nicht tatsächlichen Kriegshandlungen ausgesetzt ist, entwickelt sie doch großes Mitgefühl und das Bedürfnis zu helfen. Kasia, die in das Frauenlager Ravensbrück deportiert wird, muss schlimmste Foltern erleiden. Es ist ungewiss, ob sie überhaupt mit dem Leben davon kommt. Herta Oberheuser zeichnet nichts aus. Sie ist eine tumbe Nazi-Schergin, die jegliches Gefühl vermissen lässt. Unterschiedlicher können die Frauen kaum sein. Ihre Lebensbeschreibungen lösen etwas aus. Die Grausamkeit der Nazis ist dabei unbegrenzt. Es ist kaum zu fassen, dass Menschen die Menschlichkeit so abhanden kommen kann und sie sich dann nicht einmal schuldig fühlen. Welcher Balsam für die Seele sind dann die anderen. Die liebenswerte, aber auch durchsetzungsstarke Caroline und Kasia, die trotz allem Leid Zeugnis geben kann von dem was ihr widerfahren ist. Ein fesselndes und mitreißendes Buch, das den Ravensbrück Ladies ein würdiges Denkmal setzt.

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