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Veröffentlicht am 29.03.2020

Leid und Pflicht der älteren Schwester

Meine Schwester, die Serienmörderin
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Ich konnte mich gleich mit Korede, der älteren Schwester von Ayoola und Ich-Erzählerin dieses Romans solidarisieren, denn auch ich habe eine jüngere Schwester. Allerdings eine, die sich trotz ihres guten ...

Ich konnte mich gleich mit Korede, der älteren Schwester von Ayoola und Ich-Erzählerin dieses Romans solidarisieren, denn auch ich habe eine jüngere Schwester. Allerdings eine, die sich trotz ihres guten Aussehens gottseidank nicht angewöhnt hat, ihre Verehrer über die Klinge springen zu lassen. Ganz im Gegensatz zur überirdisch schönen Ayoola, der es Korede zu verdanken hat, dass sie immer und immer wieder übersehen wird.

So auch von Tade, dem attraktiven Arzt aus dem Krankenhaus, in dem sie als Krankenschwester beschäftigt ist - beste Voraussetzungen dafür, die Leichen, die ihre Schwester (nicht nur) im Keller hat, verschwinden zu lassen. War bisher kein Problem, weil sie die Männer ihrer Schwester kaum kannte. Aber Tade - den wollte sie doch für sich selbst haben! Doch nachdem Ayoola sie in der Klinik besucht, hat sie keine Schnitte!

Es gibt nur einen, dem sie ihr Leid klagen kann - einen Komapatienten in der Klinik. Er ist ihr Vertrauter, denn sonst kann sie mit niemandem sprechen. Auch nicht mit Ayoola, die die Unterstützung ihrer Schwester als selbstverständlich nimmt. Mehr als selbstverständlich.

Hört sich nach totalem Klamauk an. Oder aber nach hartem Thriller. Nun, dieser Roman beinhaltet Elemente beider Genres, jedoch nur in Auszügen. Denn es ist auch oder vor allem - ganz wie es jeder Leser für sich interpretiert - ein gesellschaftskritischer Roman und dazu der einer nigerianischen Autorin. Einer, der die Geschicke der Frauen offenbar besonders am Herzen liegen. Denn Oyinkan Braithwaithe lässt hier tief blicken, was das Leben der Frauen, ihre Stellung in Nigeria angeht. Und sie lässt auch durchblicken, was sie diesen Frauen wünscht. Ein besonderer Roman, der allerdings ab und an ein bisschen zu luftig-leicht rüberkam.

Veröffentlicht am 27.02.2020

Pariser Frauenpalast

Das Haus der Frauen
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Soléne geht es überhaupt nicht gut - nach so einigen persönlichen Tiefschlägen musste die Anwältin Zeugin beim Selbstmord ihres Mandanten werden. Nach einem - wohlgemerkt von ihr - mehr als unerwarteterweise ...

Soléne geht es überhaupt nicht gut - nach so einigen persönlichen Tiefschlägen musste die Anwältin Zeugin beim Selbstmord ihres Mandanten werden. Nach einem - wohlgemerkt von ihr - mehr als unerwarteterweise verlorenen Prozess stürzt er sich gleich im Gerichtsgebäude aus dem Fenster.

Das war nur das Tüpfelchen auf dem i - jetzt geht es Soléne tatsächlich so schlecht, dass sie den Tatsachen ins Auge sieht und erkennt, dass sie ihren Beruf nicht weiter ausüben kann. Erstmal jedenfalls nicht. Als ihr von medizinischer Seite geraten wird, ein Ehrenamt auszuüben, um besser ins Leben zurückzufinden, ist sie zunächst perplex. Wie soll sie das bloß schultern, geschweige denn wie könnte das hilfreich sein?

Doch als Briefeschreiberin in einem Frauenhaus kommt sie nach und nach an. Wobei dies kein Frauenhaus ist, wie man es sich in Deutschland vorstellt, nein, es ist ein riesiges, palastartiges (daher der Spitzname) Gebäude, das mehrere hundert Appartements beherbergt: für geflüchtete, gestrandete, ausgemusterte Frauen. Das es im Übrigen tatsächlich gibt. Es wurde in den 1920er Jahren von Blanche Peyron, einer Offizierin der Heilsarmee gegründet, die all das erkämpfte, für das es wirklich steht. Und ganz allmählich gleitet der Leser parallel auch in Blanches Geschichte ein. Ein bisschen jedenfalls.

Während wir mehr lernen über Gegenwart und Vergangenheit, kommt Soléne mehr und mehr bei sich selbst an. Es sind die Frauen, selbst so hilfsbedürftig, die ihr den Weg dazu weisen. Aber es gibt auch diverse Rückschläge - für sie persönlich und auch durch den Kontakt mit den bedürftigen Frauen.

Diesen im "Palast" auf verschiedene Arten gestrandeten Frauen wird das Buch nicht ganz so gerecht wie von mir erhofft. Sie werden nämlich ziemlich kurz abgehakt. Viel kürzer, als sie es aus meiner Sicht verdient haben. Auch wenn man eine Ahnung von ihrer Vielfalt, ihrer Unterschiedlichkeit und ja, auch ihrer zeitweiligen Kraft bekommt. Aber eben nur eine kleine.

Dennoch ein tolles und eindrucksvolles Buch, das ich mit Gewinn gelesen habe, eins zum Verschenken! Ich für meinen Teil, weiß schon, an wen!

Veröffentlicht am 17.02.2020

Im Exil

Der Empfänger
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Joe ist ausgewandert in die Staaten, irgendwann nach dem Großen Krieg und ist in New York gelandet, wo er sich ganz gut durchschlägt und zwar wegen seiner Vorliebe für die Technik, er puzzelt ...

Joe ist ausgewandert in die Staaten, irgendwann nach dem Großen Krieg und ist in New York gelandet, wo er sich ganz gut durchschlägt und zwar wegen seiner Vorliebe für die Technik, er puzzelt gerne an Maschinen rum und ist Hobbyfunker.

Dann, irgendwann, taucht Hitler auf in Deutschland. "Vaterland" wird nun wieder ein wichtigeres Wort, gerade auch unter Exilanten. Wohlgemerkt unter einem Teil der Exilanten, die auch entsprechende Versammlungen und Feiern organisieren. Joe rutscht da mehr oder weniger rein und hat auf einmal regelmäßig zwei Funker bei sich rumrocken.

Bis es auf einmal um Spionage geht und Joe im Knast landet.

Wir lesen zu großen Teilen aus dem "Danach": 1949. Joe ist ausgewiesen worden aus den Staaten und kommt im heimischen Rheinland unter. Bei der Familie seines Bruders Carl in Neuss. Doch auch hier fühlt er sich gewissermaßen im Exil, fühlt sich unwillkommen, obwohl man sich Mühe gibt, vor allem aber missverstanden. Es zieht in weiter nach Südamerika.

Ulla Lenze schildert hier die Geschichte eines ewigen Exilanten, eines, der sich nirgendwo zuhause und schlimmer: irgendwann nirgendwo mehr willkommen fühlt. Mit sparsamen Worten, oft in Andeutungen lässt sie den Leser mit Josef durch die Handlung ziehen, setzt auf eine reduzierte Art und Weise auf Gefühle, spielt, nein: arbeitet mit den Empfindungen des Lesers.

Ein sehr interessantes Buch zu einem ebenso interessanten Thema. Ich kann nicht sagen, ob mich die Handlung mehr faszinierte oder der Stil. Nur manchmal, da fühlte ich mich befremdet und ganz, ganz weit weg. Aber vielleicht war das ja gewissermaßen eine Absicht.

Veröffentlicht am 16.02.2020

Durchaus realistisch und überraschend knallhart

Du bist die Nächste
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Sophie Dawson ist Staatsanwältin in Atlanta und hat gerade die Abteilung am Gericht gewechselt. In ihrem neuen Fall geht es um den jahrelangen Betrug eines Angestellten an kleinen Leuten. Da Sophie - nicht ...

Sophie Dawson ist Staatsanwältin in Atlanta und hat gerade die Abteilung am Gericht gewechselt. In ihrem neuen Fall geht es um den jahrelangen Betrug eines Angestellten an kleinen Leuten. Da Sophie - nicht zuletzt aufgrund ihres starken christlichen Glaubens - einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn besitzt, stürzt sie sich voller Engagement in die neue Aufgabe und arbeitet bis spät in den Abend.

Als sie sich müde und hungrig ein paar Kleinigkeiten in einem Geschäft besorgen will, wird sie aus heiterem Himmel Zeugin eines Doppelmordes. Der - das kann sie klar bezeugen - vom jüngeren, bisher "sauberen" Bruder eines stadtbekannten Gangsters. Und der hat ganz andere Pläne für den Kleinen - der soll nämlich studieren und was ordentliches werden und daran soll dieser "Ausrutscher" nichts ändern. Dafür soll seine Anwältin Ashley Murphy sorgen.

Sophie ist nun einerseits Kronzeugin und hat andererseits ihren eigenen komplexen Fall zu verhandeln. Ihr Vater - sie kommt aus reichem Hause - engagiert einen Leibwächter für sie. Es ist Cooper, der Freund und Compagnon einen guten Bekannten, der ihr sehr sympathisch ist. Sogar mehr als das. Doch sie leben so unterschiedlichen Leben. Haben dennoch sie eine Chance?.

Ihre Lage ist schwierig, gerade auch, weil es in ihrer jetzigen Situation gewissermaßen um ihrer beider Leben geht. Denn nur allzu schnell wird deutlich, dass die Befürchtungen von Sophies Vater mehr als begründet sind.

Ein spannender Fall - und einer, in dem klare christliche Werte zur Sprache kommen. Werte wie Gewissen, die Fähigkeit, zu vergeben oder in sich zu hören.

Wobei bei weitem nicht alle Figuren nach christlichen Maßstäben agieren, was das Buch unglaublich spannend macht. Ich konnte es kaum aus der Hand legen, auch wenn einiges unlogisch bzw. nicht ganz auserzählt war. Auf jeden Fall möchte ich mehr von dieser Autorin lesen!


Veröffentlicht am 12.02.2020

Unterwegs mit derweißen Maus

Die Spionin
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nämlich mit der Spionin Nancy Wake - durch die dunkelsten Viertel von Marseille und gegen die Deutschen. So gerade eben entwischt sie diesen, denn zunächst ahnen sie nicht, dass es sich beim um von ihnen ...

nämlich mit der Spionin Nancy Wake - durch die dunkelsten Viertel von Marseille und gegen die Deutschen. So gerade eben entwischt sie diesen, denn zunächst ahnen sie nicht, dass es sich beim um von ihnen so dringlich gesuchten Spion um eine Frau handelt!

Nancy ist einerseits ein Kind ihrer Zeit, in einigen Dingen jedoch dieser ganz weit voraus, also eine moderne Frau. Jedensfalls ist sie tollkühn wie nur irgendeine! Andererseits ist sie aber eine Frau, die romantisch liebt und auf Tradionelles wie besten Champagner steht. Sie genießt es, hofiert zu werden und ihr Mann Henri verwöhnt sie nach Strich und Faden - bis er seinerseits in die Fänge der Deutschen gerät.

Was für Nancy bedeutet, dass sie fliehen muss und zwar nach London! Von wo aus sie weiterhin für die Résestance bzw. insgesamt für die Allierten tätig ist: zunächst als Fluchthelferin und nach entsprechender Ausbildung dann auch im operativen Bereich - und irgendwann haben die Nazis sie dann auch auf dem Kieker!

Nancy Wake hat wirklich gelebtund sie ist in hohem Alter von fast 99 Jahren gestorben - als Kriegsheldin, die gekämpft, koordiniert und viele Menschen gerettet hat. Eine tapfere Frau und ein weiblicher Haudegen, deren Leben vom Autorenduo Imogen Kealey in einen spannenden Historienroman verpackt wurde - wobei es mir ab und zu wird es mir doch ein wenig zu bunt wird, da können die beiden es nicht lassen, die ein oder andere Räuberpistole auszupacken. Aus meiner Sicht wäre hier weniger mehr gewesen. Dennoch ist dies eine aufregende Erzählung über eine ungewöhnliche Frau, die mittendrin dabei ist in einer der schwersten Phasen der jüngeren Europäischen Geschichte - ein faszinierender historischer Roman!