Profilbild von Havers

Havers

Lesejury Star
offline

Havers ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Havers über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.04.2020

Konnte mich leider nicht überzeugen

Der gute Cop
0

Dundurn ist eine (fiktive) Kleinstadt im Osten Kanadas, deren besten Tage längst vorbei sind. Aber das soll sich nach dem Willen des ambitionierten Bürgermeisters ändern. Er hat einen Großinvestor an Land ...

Dundurn ist eine (fiktive) Kleinstadt im Osten Kanadas, deren besten Tage längst vorbei sind. Aber das soll sich nach dem Willen des ambitionierten Bürgermeisters ändern. Er hat einen Großinvestor an Land gezogen, der im Hafen ein Museumsprojekt realisieren möchte, in dessen Zentrum zwei 1813 versunkene Schoner stehen sollen. Eine einmalige Chance, um Touristen anzuziehen und das Städtchen wieder zum Leben zu erwecken. Zu früh gefreut, denn durch unerwartete Leichenfunde beim Ausbaggern des Hafenbeckens steht plötzlich das gesamte Vorhaben auf der Kippe. Die beiden Toten im Kofferraum des Oldtimers scheinen weniger das Problem, liegen sie wohl bereits seit Jahrzehnten im Wasser. Aber dann sind da noch die Leichen in den Betonsäulen, die offenbar neueren Datums sind und mit weiteren Toten auf dem Grundstück einer Biker-Gang in Zusammenhang stehen. Bloß ein Bandenkrieg, oder steckt etwa mehr dahinter? Und als ob das noch nicht genug wäre, treibt auch noch ein rassistischer Serienmörder in der Gegend sein Unwesen, der es auf erfolgreiche Frauen mit Migrationshintergrund abgesehen hat. Klar, dass Detective Superintendent MacNeice und sein Team alle Hände voll zu tun haben.

Einige Bemerkungen vorweg: Im Original liegen bereits vier Bände mit MacNeice plus Team vor. Da es in „Der gute Cop“ (zweiter Teil der Reihe), speziell was die Vergangenheit und die Beziehungen der Personen angeht, einige Verweise auf den Vorgänger gibt, stellt sich mir die Frage, warum man bei der Veröffentlichung nicht chronologisch vorgegangen ist. Des Weiteren erschließt sich mir die Wahl des Titels nicht wirklich. Offenbar soll signalisiert werden, dass hier ein neuer Protagonist am Start ist, aber „gut“ ist in diesem Zusammenhang sehr beliebig und wenig aussagekräftig. Dazu kommt der irrenführende Klappentext. MacNeice spricht weder mit seiner toten Frau (er träumt von ihr) noch mit den Vögeln, die er beobachtend zur Kenntnis nimmt. Hier wäre größere Sorgfalt bei der Erstellung geboten gewesen.

Wir haben es hier mit einem astreinen „Police Procedural“ zu tun, in dem die Arbeit des Teams um MacNeice sehr kleinteilig geschildert wird, was im Lauf der Handlung immer wieder zu Längen führt. Manches davon ist wichtig, anderes wird offenbar nur erwähnt, um die Seiten zu füllen. Leider geht das stellenweise sehr zu Lasten der Spannung. Und auch die Beschreibung der Personen fällt sehr verschieden aus. Bei einigen gibt sich der Autor große Mühe, obwohl sie nur einen kurzen Auftritt haben, andere werden, obwohl wesentlich an den Ermittlungen beteiligt, eher oberflächlich abgehandelt.

Meine hohen Erwartungen an diesen Kriminalroman wurden leider nicht erfüllt. Es gibt zwar interessante Ansätze, aber schlussendlich ist mir die gesamte Story „zu dünn“ und hätte auch auf der Hälfte der Seiten abgehandelt werden können.

Veröffentlicht am 14.04.2020

Oberflächlich und durchsichtig - kein Lesevergnügen

1965 - Der erste Fall für Thomas Engel
0

Düsseldorf, 1965, und noch ein Krimi, der sich zu der inflationären Masse der Bücher gesellt, deren Hintergrund die jüngere Geschichte der BRD bildet. Aber, um es gleich vorweg zu nehmen, leider nicht ...

Düsseldorf, 1965, und noch ein Krimi, der sich zu der inflationären Masse der Bücher gesellt, deren Hintergrund die jüngere Geschichte der BRD bildet. Aber, um es gleich vorweg zu nehmen, leider nicht gelungen.

Offenbar wollte der Autor mit jeder Menge Informationen zu Musik, Mode etc. den Zeitgeist transportieren und daraus eine stimmige Atmosphäre kreieren. Das hätte gelingen können, wenn er darauf verzichtet hätte, zusätzlich noch den Zweiten Weltkrieg mit all seinen Gräueln für die jüdische Bevölkerung in seine Story einzuarbeiten. Und natürlich muss dann auch noch zusätzlich die unvermeidliche Lovestory, gerne genommen bei Erstlingswerken, dazukommen.

Unglaubwürdige Charaktere, ein überladener, aber dennoch durchsichtiger Plot, und das alles in einer hölzernen Sprache, die nun wirklich kein Lesevergnügen erzeugt. Kein Autor, den man sich merken muss, tut mir leid.

Veröffentlicht am 03.04.2020

Bemüht und dennoch gescheitert

Das eiserne Herz des Charlie Berg
0

Aufwachsen in einer Familie, in der die Erwachsenen mehr an ihrer eigenen Selbstverwirklichung - wenn man es denn so nennen will – als an ihren Kindern interessiert sind. Der Vater ein dauerkiffender ...

Aufwachsen in einer Familie, in der die Erwachsenen mehr an ihrer eigenen Selbstverwirklichung - wenn man es denn so nennen will – als an ihren Kindern interessiert sind. Der Vater ein dauerkiffender Musiker, die Mutter Tingeltangel-Schauspielerin, die Schwester, in ihrer eigenen Welt lebend. Alltag für Charlie, der schauen muss, dass er halbwegs eine Ordnung aufrechterhält. Als sich in den Neunzigern die Gelegenheit bietet, das (nicht vorhandene) Nest zu verlassen, er ist 19 und hat eine Zivi-Stelle in Aussicht, glaubt er endlich auch eine Perspektive zu haben. Doch alles kommt anders als geplant. Der letzte Jagdausflug mit Opa endet mit dessen Tod und Charlies große Liebe, eine mexikanische Videofreundin, heiratet einen Gangster. Ein einziges Kuddelmuddel, dem er möglichst unbeschadet entrinnen will.

Zwei Assoziationen haben sich mir beim Lesen dieses Erstlings von Sebastian Stuertz aufgedrängt. Bezogen auf die abgedrehte Story war das Irvings „Garp“, und sprachlich sind die Ähnlichkeiten mit John Nivens Romanen kaum zu leugnen. Allerdings schneidet Stuertz im Vergleich mit diesen beiden Autoren leider nicht sonderlich gut ab. Zu Irving fehlt die Eleganz und Leichtigkeit, zu Niven der schwarze Humor und die sprachliche Kunstfertigkeit des Schotten. Skurrile Figuren und derbe Sprache reichen bei einer dünnen Geschichte, die sich dann auch noch über 700 Seiten elend langatmig dahinzieht, leider nicht aus. Der Autor hat sich zwar bemüht, ist aber unterm Strich an seinen übersteigerten Ambitionen gescheitert.

Veröffentlicht am 31.12.2019

Ein gues Pferd wird totgeritten

1794
0

Wir schreiben das titelgebende Jahr „1794“, und noch immer haben die Menschen in Stockholm mit den Nachwirkungen des Schwedisch-Russischen Kriegs zu kämpfen. Die Lebensverhältnisse sind erbärmlich, Hunger ...

Wir schreiben das titelgebende Jahr „1794“, und noch immer haben die Menschen in Stockholm mit den Nachwirkungen des Schwedisch-Russischen Kriegs zu kämpfen. Die Lebensverhältnisse sind erbärmlich, Hunger und Entbehrung bestimmen den Alltag - zumindest den des einfachen Volkes. Die Wohlhabenden hingegen leben wie die Maden im Speck, scheren sich nicht um Anstand und Moral, geben ihren dunklen Trieben nach. Menschenleben zählen nichts. Männer werden geschunden, Frauen misshandelt. Unrat wohin man schaut. Und all das wird von dem Autor in epischer Breite und bis ins Detail geschildert.

Alles bereits aus dem Vorgänger „1793“ bekannt. Fast 600 Seiten, unterteilt in vier Abschnitte, die erst allmählich zusammenfinden. Und auch sonst bietet dieser Nachfolgeband kaum Neues. Selbst das Personal ist bis in die Nebenrollen fast gleich geblieben. Einen Neuzugang für den an Schwindsucht gestorbenen Cecil Winge gibt es allerdings. Emil, sein Bruder, taucht auf und unterstützt, wenigsten in Grundzügen, Mickel Cardell bei den Ermittlungen um den grausamen Tod einer jungen Frau, die offenbar in der Hochzeitsnacht von ihrem Bräutigam getötet wurde.

Der einzige interessante Aspekt ist meiner Meinung nach der Ausflug in die schwedische Kolonialgeschichte, ansonsten verharrt der Autor in den bekannten Mustern. Nichts Neues unter der Sonne, und mich beschleicht der Verdacht, dass hier ein gutes Pferd totgeritten wird. Schade!

Veröffentlicht am 17.11.2019

Fast Food aus der Schreibwerkstatt

Missing Boy
0

Ein Kind verschwindet aus einem verschlossenen Raum. Spurlos. Ein Albtraum. Treibt ein Pädophiler im nordaustralischen Crimson Lake sein Unwesen? Schnell ist eine Suchmannschaft organisiert, die die örtliche ...

Ein Kind verschwindet aus einem verschlossenen Raum. Spurlos. Ein Albtraum. Treibt ein Pädophiler im nordaustralischen Crimson Lake sein Unwesen? Schnell ist eine Suchmannschaft organisiert, die die örtliche Polizei unterstützt. Parallel dazu beauftragt die Mutter das Ermittlerduo Ted Conkaffey und Amanda Pharrell, sehr zum Verdruss des leitenden Ermittlers. Zum einen kämpft Ted noch immer um seinen Ruf, zum anderen unterstellt man Amanda für den Tod einer Polizistin verantwortlich zu sein. Doch gegen alle Widerstände nehmen die beiden die Suche auf, um Licht ins Dunkel des mysteriösen Falls zu bringen. Und schnell müssen sie feststellen, dass nicht jeder das ist, was er scheint.

Bereits Redemption Point, zweiter Band der Crimson Lake-Reihe, konnte mich nicht überzeugen. Zwar wird die Autorin landauf landab als „neue Stimme“ der australischen Krimiszene gehandelt, aber mir erschließt sich leider nicht, worauf dieser Ruf gründet. Nur weil ein Duo mit problematischer Vergangenheit beschließt, als Privatdetektive mit unkonventionellen Methoden zu arbeiten, ist das jetzt nicht besagter frischer Wind. Das literarische Vorbild für Amanda ist gar zu offensichtlich, Tattos, Motorrad etc., wer denkt da nicht sofort an Lisbeth Salander, wobei letztere Figur wesentlich komplexer angelegt ist. Und Ex-Cops, die mit einem ihnen unterstellten Verbrechen in Schimpf und Schande leben müssen, denen man die Rehabilitation verweigert, gibt es in der Kriminalliteratur zuhauf.

Die Story mittelmäßig mit unspektakulärer Auflösung, die Protagonisten siehe oben, die Landschaftsbeschreibungen ganz nett, die Schreibe simpel – nichts, was man nicht schon oft gelesen hätte. Fast Food aus der Schreibwerkstatt von James Patterson. Schnell gelesen und nichts, was beeindruckt und im Gedächtnis bliebe. Für mich war’s das jetzt endgültig mit Candice Fox.