Gelungene historische Familiensaga um eine Uhrmacherfamilie
Das Erbe der AltendiecksIn diesem historischen Schmöker, der fast 700 Seiten dick ist, begleiten wir die Bremer Uhrmacherfamilie Altendieck fast 100 Jahre lang. Beginnend im Jahre 1766 lernen wir zuerst Johann Altendieck und ...
In diesem historischen Schmöker, der fast 700 Seiten dick ist, begleiten wir die Bremer Uhrmacherfamilie Altendieck fast 100 Jahre lang. Beginnend im Jahre 1766 lernen wir zuerst Johann Altendieck und seinen Vater Nicolaus kennen. Letzterer hat durch Fleiß und Können seine Uhrmacherwerkstatt zu einer der Größten in Bremen gemacht. Seinem Sohn Johann wird zu Beginn des Romans ein bedeutender Auftrag zuteil. Er soll die neue Uhr für das Bremer Rathaus herstellen. Doch die Vergabe des Auftrages an die Altendiecks hat auch Schattenseiten. Der erfolgreichste Uhrmachermeister der Stadt, Albert Greven, ist ein schlechter Verlierer und versucht alles, um den guten Ruf der Altendiecks zu zerstören. Durch eine Sabotage an der Uhr gelingt es ihm die Familie zu ruinieren. Johanns Tochter Gesche versucht alles, um den guten Namen wiederherzustellen. Sie ist die Begabteste der drei Kinder, doch als Frau darf sie das Gewerbe nicht ausführen. Uhrmachermeister ist immer der erstgeborene Sohn und somit ihr Bruder Friedrich.....
Der Roman ist in vier Abschnitte geteilt. Zu Beginn jedes Abschnittes wurde ein Stammbaum, der im Laufe der Jahre erweitert wird, dargestellt. Obwohl es sich um fast 5 Generationen Altendiecks handelt, steht Gesche mehr oder weniger im Mittelpunkt des Geschehens. Sie hat sowohl das Händchen und Köpfchen, als auch Ideen und Durchsetzungsvermögen. Zusätzlich hat ihr Großvater Nicolaus ihr alles beigebracht um die Familie wieder zu den bedeutenstens Uhrmachern der Stadt aufsteigen zu lassen. Mit einem von ihr entworfenen Seechronometer versucht sie den Untergang der Uhrmacherfamilie zu stoppen. Doch dann wird die freie Stadt Bremen von den Franzosen unter Napoleon eingenommen....
Ich habe Gesche, ihre Kinder und Enkel sehr gerne begleitet. Als Leser erfährt man sehr viel über das Uhrmacherhandwerk, die neuen technischen Errungenschaften, die politischen Umwälzungen und über die Stadt Bremen. Die Familiengeschichte birgt viele Höhen und Tiefen und wird fesselnd erzählt.
Hendrik Lambertus erzählt spannend und haucht seinen Charakteren Leben ein. Während des Lesens hatte ich immer ein Bild der Figuren im Kopf. Manche waren mir mehr sympathisch, manche weniger. Die einzelnen Charaktere werden sehr individuell und vielschichtig dargestellt.
Nach Beendigung eines Teiles hatte ich oft den Wunsch noch mehr über diese Figur zu erfahren und sie weiter auf ihren Weg zu begleiten. Alle Charaktere blieben zwar in den weiteren Abschnitten erhalten (wenn sie nicht gestorben sind), aber in jedem der vier Teile steht ein anderer Altendieck im Vordergrund. Manche Erben sind begnadete Uhrmacher, manche sehen ihre Vorlieben woanders, müssen aber als männliche Erstgeborenen das Handwerk übernehmen.
Mir wurde die ganzen fast 700 Seiten nie langweilig, jedoch hätte ich es besser gefunden, das Buch als Trilogie zu veröffentlichen und den jeweiligen Charakteren noch mehr Raum zu geben. So ist der jeweilige Zeitsprung zu Beginn eines neuen Abschnittes manchmal fast zu groß und es fehlt anfangs an kleinen Zusatzinformationen, die ich gerne gehabt hätte. Generell fand ich die erste Hälfte absolut gelungen, während mir in der zweiten Hälfte die Familie gegenüber der Politik fast zu kurz kommt. Trotz dieser kleinern Kritikpunkte habe ich diesen Schmöker sehr gerne gelesen.
Am Ende gibt es ein sehr umfangreiches Glossar zu den historisch belegten und fiktiven Personen, Fachbegriffe zur Uhrmacherkunst und ein Nachwort des Autors, der akribisch recherchiert hat.
Fazit:
Ein farbenprächtiger und spannender historischer Roman, in der wir eine Uhrmacherfamilie in Bremen fast hundert Jahre lang begleiten dürfen. Tolle und individuelle Charaktere runden die interessante Geschichte ab, die ich sehr gerne gelesen habe.