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Veröffentlicht am 17.02.2017

Auf Gedeih und Verderb

Hool
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„Dann setzte ich ein Pokerface auf, stecke die Hände in die Taschen und gehe los. Hunderte Fragen schießen mir durch den Kopf, prallen von meinen Schädelknochen ab und verkeilen sich ineinander. Was, wenn ...

„Dann setzte ich ein Pokerface auf, stecke die Hände in die Taschen und gehe los. Hunderte Fragen schießen mir durch den Kopf, prallen von meinen Schädelknochen ab und verkeilen sich ineinander. Was, wenn der mich doch erkennt?“

Inhalt

Heiko Kolbe ist ein Hooligan, aber nicht irgendein Mitläufer sondern ein überzeugter Schläger, der sich auf jedes Duell vorbereitet, der körperliche Gewalt verstehen kann und sich mit Häme freut, wenn er die Gegner ausknockt. Aber Heiko sehnt sich auch nach Akzeptanz, nach freundschaftlichen Zusammenhalt und Loyalität. Sein kleines Universum kann man als Außenstehender nur kopfschüttelnd betrachten, doch für Heiko ist es alles, was ihm an Halt geblieben ist, nachdem der Vater zum Alkoholiker verkam und seine Familie auseinanderbrach. Erst als auch seine Freunde, seine engsten Vertrauten, nach und nach der Szene den Rücken kehren, beginnt für Heiko ein Umdenken, doch so leicht, mag er sich nicht trennen vom Kampf an vorderster Front …

Meinung

Bereits kurz nach Erscheinen dieses Debütromans des jungen, deutschen Nachwuchsautors Philipp Winkler, war mir klar, dass ich dieses Buch unbedingt kennenlernen musste. Schon allein die guten Kritiken der Presse aber auch die Meinungen der Leserschaft sprachen für sich und nun habe ich mir eine eigene Meinung gebildet. Dieser Roman ist eine Wucht, insbesondere was die Sprache und die Derbheit der Gedanken betrifft. Es fesselt, es klärt auf, es polarisiert und wirft Fragen auf, die man sich noch nie gestellt hat. Gerade an Informationsgehalt bietet es eine Menge an Gesprächsstoff, rund um eine soziale Randgruppe, deren Erscheinen in der Öffentlichkeit nur Ablehnung hervorruft und deren Ruf mittlerweile sehr verkommen ist.

Der Start in den Roman war für mich kein leichter und auch nach den ersten hundert Seiten empfand ich in erster Linie eine direkte und unmittelbare Abwehrhaltung, die aus der Charakterisierung der Protagonisten, aus ihrer Kommunikation untereinander und ihrem Lebensinhalt resultierte. So fremd und doch so faszinierend beschreibt Philipp Winkler die Interaktion seiner Hools, sensibilisiert für deren Gewaltverherrlichung und zeigt doch im nächsten Augenblick, wie verletzlich und abhängig sie voneinander sind. Gerade dieser Zwiespalt war es, der mich letztlich zu meiner Bewertung veranlasst hat. Denn nach Abschluss der Lektüre, mit der ich mich auf Grund ihrer Sperrigkeit und des sehr derben Schreibstils absolut nicht identifizieren konnte, blicke ich doch interessiert zurück auf Menschen, die anders leben, die dem Alkohol in rauen Mengen zusprechen, die sich Kampfhunde halten und illegale Matches austragen, die Sachbeschädigung nicht scheuen und weder vor anderen noch vor sich selbst zurückschrecken. Und all das wirkt in der Gesamtheit wie ein schlüssiges, in sich ansprechendes Bild eines Menschen, den einfach noch nie jemand portraitiert hat.

Fazit

Ich vergebe nun 4 Lesesterne, nachdem ich lange nur zu 2 Sternen tendiert habe. Ein Roman, mit dem mich keine Liebe und kein Wohlgefühl verbindet, ein Roman der die Scheuklappen öffnet und Konfrontation sucht und bei dem sich das Durchhalten lohnt, auch wenn viele Dinge ungesagt bleiben und Emotionen nur zwischen den Zeilen zu finden sind. Ich empfehle „Hool“ für alle Interessierten, die nicht alles restlos nachvollziehen möchten, sondern in erster Linie über ihren eigenen Tellerrand blicken möchten. Schön geht anders, aber Anders kann durchaus schön sein.

Veröffentlicht am 16.02.2017

200 Milchkühe und doch kein Idyll

Niemand ist bei den Kälbern
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„Sonnenlicht strahlt zwischen den Vorhängen ins Zimmer. Es ist vollkommen still. Ich hab geträumt, dass ich in Hamburg war, in einem riesigen Karussell immer im Kreis gefahren bin und über die gesamte ...

„Sonnenlicht strahlt zwischen den Vorhängen ins Zimmer. Es ist vollkommen still. Ich hab geträumt, dass ich in Hamburg war, in einem riesigen Karussell immer im Kreis gefahren bin und über die gesamte Stadt gucken konnte.“

Inhalt

Christin möchte so gerne weg, hinaus in ein freies, selbstbestimmtes Leben abseits der Einöde und Verantwortlichkeiten, die der heimische Bauernhof ihr tagtäglich auferlegt. Sie kauft sich teure Schminke, träumt sich in die Großstadt und steckt doch irgendwie fest – gefangen zwischen 200 Milchkühen und einer Landschaftsidylle, der sie rein gar nichts abgewinnen kann. Ihr langjähriger Freund Jan ist ein Bauernsohn und schon jetzt mit dem Hof verheiratet, so dass Christin mit offenen Augen nach einem neuen Partner Ausschau hält, einen, der ihr die Welt zeigt, der sie mitnimmt in ein anderes Leben. Als in ihrem Heimatort die Männer der Windkraftanlage auftauchen, stürzt sie sich voller Vergnügen in ein Abenteuer, dass sie teuer zu stehen bekommt. Denn die aufkeimende Hoffnung ihrerseits wird bitter enttäuscht, nicht ein anderer Mann kann sie mobilisieren, sondern allein ihre eigene Entschlusskraft, wenn sie diese denn aufbringt …

Meinung

Auf diesen Debütroman der jungen deutschen Autorin Alina Herbing bin ich aufmerksam geworden, nachdem ich viele begeisterte Leserstimmen in der Romane Challenge auf lovelybooks wahrgenommen habe. Vielleicht auch, weil ich persönlichen Bezug dazu habe und mittlerweile selbst auf dem Land lebe. Dass es sich hier nicht um ein Loblied auf die ländliche Idylle handelt, war mir bereits zu Lesebeginn bewusst und so konnte ich mich umso intensiver mit den Charakteren des Romans auseinandersetzen.

Die Autorin schafft hier ein kleines Meisterstück, dem man nicht anmerkt, dass es sich um ein Debüt handelt. In fast alltäglichen Situationsbeschreibungen lässt sie Menschen sprechen, die sich nicht mit ihrem Leben identifizieren. Sie schreibt nicht nur von Perspektivlosigkeit, nein sie schildert das mühevolle Leben mit schlecht bezahlten Jobs und daraus resultierender Kleinkriminalität. Sie beschreibt die Problematik des Alkoholismus nicht nur damit, dass man keinen Lebenssinn gefunden hat, sondern auch als Möglichkeit, sich von den tatsächlichen Problemen zu distanzieren. Und was mir besonders gefällt, ist die gewählte Ich-Erzählperspektive, die es möglich macht, zumindest zeitweise eine Hauptprotagonistin zu erleben, die kämpft. Die gegen ihr Leben rebellieren möchte, verzweifelt einen Ausweg sucht und sich doch verdrossen in die Alltagsroutine zwischen Kühe melken und Ernte einholen integriert. Ihre mutwilligen Sabotageakte wirken echt und lassen die zunehmende Verzweiflung ihrerseits zum Vorschein kommen.

Darüber hinaus gefiel mir die Aussage hinter der eigentlichen Handlung, die durchaus sehr tiefsinnig und bestimmend war. Ich mochte es, wie Frau Herbing einen Zusammenhang zwischen all den trübsinnigen Handlungen, den Exzessen, der generellen Lebenseinstellung und der Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln schafft. Damit wird ganz klar deutlich, dass man sich als unbeteiligter Dritter für Christin etwas Anderes wünscht, dass man aber auch einsieht, dass es im Leben nur dann vorwärts geht, wenn man selbst die Initiative ergreift und sich nicht in ein von außen vorgefertigtes Schema pressen lässt. Was für den einen die Erfüllung ist, grenzt für den anderen an absolute Sinnlosigkeit.

Fazit

Ich vergebe gute 4 Lesesterne für diesen Debütroman mit einer ungewöhnlichen, wenn auch nicht absonderlichen Thematik, der nicht nur das Landleben kritisiert, sondern den Leser sehr einfühlsam in das Innere seiner Protagonisten schauen lässt. Wer bereit ist, etwas über den Tellerrand zu schauen und sich von der Gutbürgerlichkeit zumindest während des Lesens trennen kann, erlebt interessante Ausflüge in ein Leben, welches man dennoch nicht geschenkt haben möchte.

Veröffentlicht am 30.01.2017

Ein Königreich aus Eis und Kälte

Die silberne Königin
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„Ein Herz so kalt wie Eis. Eine Berührung so brennend wie Feuer. Eine Geschichte so mächtig wie Magie.“

Inhalt

Emma lebt in einer verwunschenen Welt voller Eiseskälte und Schnee, in ihrem Ort Silberglanz ...

„Ein Herz so kalt wie Eis. Eine Berührung so brennend wie Feuer. Eine Geschichte so mächtig wie Magie.“

Inhalt

Emma lebt in einer verwunschenen Welt voller Eiseskälte und Schnee, in ihrem Ort Silberglanz herrscht ein unnahbarer, junger König, der seinen Eispalast nie verlässt und dessen Schergen die Stadt mit eiserner Hand beherrschen. Die Bevölkerung kann nur unter größter Anstrengung überleben und kämpft jeden Tag gegen die Naturgewalt aus klirrendem Eis und frostigen Temperaturen. Als Emma in der Chocolaterie von Madame Weltfremd die Geschichte der silbernen Königin kennenlernt, ahnt sie, dass ihr eigenes Schicksal mit dem ihrer Welt aufs engste verbunden ist. Und ihre Mutter schenkte ihr einst ein Amulett, welches der König jetzt unbedingt haben will. Emma wagt sich in die Nähe des Schlosses und setzt damit eine Lawine an Ereignissen in Gang, von denen ganz Silberglanz betroffen sein wird.

Meinung

Dieser wunderbar leichte Fantasyroman erobert das Herz des Lesers schon auf den ersten Seiten. Gerade die Beschreibung der Winterwelt in all ihren Facetten zeichnet ein mystisches, dunkles Bild mit Raum für Magie und Zauberei. Ein ganz besonderer Genuss ist dieser Roman in der kalten Jahreszeit, wo meterhoch der Schnee liegt und der Wind auch ums eigene Haus pfeift.

Katharina Seck schafft hier eine in sich geschlossene Erzählung, die auch mal ganz ohne Nachfolgeroman auskommt. „Die silberne Königin“ mutet wie ein Märchen an und vereint tatsächlich Elemente aus diversen grimmschen Erzählungen aber auch aus der orientalischen Welt. So entschwebt Emma z.B. wie Aschenputtel auf den Ball des Königs. Kämpft sie gegen die dunklen Mächte, wie Kai und Gerda aus der „Schneekönigin“ und erobert am Ende natürlich das Herz des Prinzen, so wie Scheherazade es auch geschafft hat, mit dem Erzählen einer Geschichte. Doch bis zum erwarteten Happy-End stellt sie sich zahlreichen Proben und nimmt viele schmerzhafte Dinge in Kauf, um ihrem Volk beizustehen.

Fazit
Ich vergebe 4 Lesesterne für diese zauberhafte Fantasy-Geschichte, die sich auch für jüngere Leser bestens eignet und ganz ohne Grausamkeit und Liebeszauber auskommt. Der Fokus liegt hier auf der Beschreibung einer ganz anderen, fremden Welt, die zwar voller Glanz und Unberührtheit ist, ihre Menschen aber innerlich erfrieren lässt. Eine schöne Idee, verfasst in jugendlich-leichter Sprache, die mir gut gefallen hat. Ein optimaler Einstiegsroman in das Genre Fantasy, allzu viel Tiefgang darf man aber nicht erwarten.

Veröffentlicht am 23.01.2017

Heimat ist der Ort, an dem deine Familie ist

Kind aller Länder
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„ Als ich fortgereist bin, habe ich mit ihm und meiner Mutter zusammen geweint. Wiedersehen kann man sich nicht. Man kann nur sterben und sich gegenseitig umschweben.“

Inhalt

Kully erzählt aus Sicht ...

„ Als ich fortgereist bin, habe ich mit ihm und meiner Mutter zusammen geweint. Wiedersehen kann man sich nicht. Man kann nur sterben und sich gegenseitig umschweben.“

Inhalt

Kully erzählt aus Sicht eines zehnjährigen Kindes aus ihrem täglichen Leben zwischen Geldnot, politischer Verfolgung und dem ständigen Auf und Ab durch ununterbrochenes Reisen. Ihr Vater, ein geächteter Künstler in der Heimat, ist gezwungen sich und seine kleine Familie irgendwie über Wasser zu halten, indem er Gönner sucht und Geld eintreibt, für Bücher, die er noch gar nicht geschrieben hat. Ihre Mutter bemüht sich um etwas Normalität im Alltag, agiert aber letztlich als Handlangerin ihres Mannes. So zieht es die drei rund um die Welt, mal alleine, mal gemeinsam sind sie auf der Suche nach einem stabilen Fundament für die Familie und führen doch ein Leben von der Hand in den Mund immer in Abhängigkeit anderer. Kully erkennt, dass Heimat dort ist, wo die Menschen leben, die man liebt, nicht festzumachen an einem Ort, nicht festzuhalten für die Ewigkeit.

Meinung

Die Autorin Irmgard Keun verarbeitet in ihrem 1938 erschienenen Buch „Kind aller Länder“ autobiografische Züge und liefert damit nicht nur ein Zeitzeugnis der damaligen Welt ab, sondern schildert sehr intensiv und umfassend das Leben im Exil aus Sicht eines Kindes. In einer teils sehr humorvollen, naiven Erzählweise webt sie die Geschichte von Kully und ihrem unsteten Elternhaus. Doch die Leichtigkeit der einzelnen Sätze lässt erahnen, wie schwer der Alltag doch gewesen sein muss. Besonders die ständigen Geldsorgen, die damit verbundenen Lügen und die vielen oberflächlichen Bekanntschaften ihrer Eltern, nur mit dem Aspekt, jemanden zu finden und zu halten, der der Familie wieder etwas leiht, überschatten die kindliche Unbeschwertheit.

Der Roman entwickelt einen ganz eigenen Charme, weil er einerseits noch immer sehr zeitlos ist und andererseits zeigt, wie wichtig geliebte Menschen für ein Kind sind und wie es gelingen kann, trotz aller Sorgen eine Art Familienfrieden zu erhalten. Denn Kully liebt ihre Eltern, liebt ihre Mutter, auch wenn sie viel weint und verzweifelt ist, liebt ihren Vater, auch wenn der übermäßig dem Alkohol zuspricht und viele Unwahrheiten verbreitet. Und wenn es nur die gemeinsame Zugfahrt von einem in ein anderes Land ist, es gibt sie dennoch, die Momente in denen die Hauptprotagonistin spürt, dass sie geliebt wird und Teil einer Gruppe ist, die besteht unabhängig vom Lauf der Welt.

Fazit

Ich vergebe 4 Lesesterne für diesen interessanten, zeitlosen Roman der die Kindheit eines Menschen in das Zentrum der Erzählung stellt und damit auf sympathische Art und Weise Gesellschaftskritik übt aber vor allem ein Leben abbildet, welches man im Exil führt. Angesprochen hat mich hier nicht nur der Erzählton, sondern in erster Linie die Auseinandersetzung mit den Abhängigkeiten menschlicher Beziehungen, ihrer Brüchigkeit und Kurzlebigkeit einerseits und ihrer Dauerhaftigkeit andererseits, denn Irmgard Keun macht hier deutlich, wie weit Liebe reichen kann und was sie nicht vermag.

Veröffentlicht am 16.01.2017

Der Feind in deinem eigenen Haus

Fremd
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„Es scheint schon so unendlich lange her zu sein, dass unsere Welt noch in Ordnung war. Wie selbstverständlich wir diesen Zustand immer hingenommen haben, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, ...

„Es scheint schon so unendlich lange her zu sein, dass unsere Welt noch in Ordnung war. Wie selbstverständlich wir diesen Zustand immer hingenommen haben, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, es könnte einmal anders sein.“
Für Erik Thieben bricht von einem Moment auf den anderen sein gesamtes Glück auseinander, nachdem ihn seine Verlobte Joanna nicht mehr erkennt und ihn schlimmer noch als einen Einbrecher ansieht, der ihr gewiss nach dem Leben trachtet. Mühsam setzt er die Puzzleteile des letzten gemeinsamen Jahres für Joanna zusammen, doch ihre Abneigung treibt ihn an den Rand der Verzweiflung. Auch die verschwundenen Möbel aus der gemeinsamen Wohnung geben ihm Rätsel auf und als ihn sein Chef Gabor auch noch aus einem großen Deal ausschließen möchte, gerät Erik an seine Grenzen. Wer will sein Leben so nachhaltig zerstören und vor allem warum? Als er nur knapp einem Terroranschlag entkommt, beschließt er unterzutauchen und seinen vermeintlichen Tod vorzutäuschen. Doch seine Widersacher sind ihm dicht auf den Fersen und haben bald schon Joanna im Visier …
Sowohl Ursula Poznanski, als auch Arno Strobel gehören zu meinen Lieblingsautoren, die mich mit ihren Büchern bereits oft und umfassend begeistern konnten, so dass ich mir von ihrer ersten schriftstellerischen Kooperation einiges versprochen habe. Tatsächlich ist ihnen mit „Fremd“ auch ein äußerst spannender, mitreißender Psychothriller gelungen, der gerade durch seinen Aufbau etwas Neues initiiert: Ein Mann, eine Frau und zwei gegensätzliche Perspektiven. Wem schenkt man Glauben? Wer lügt und aus welchem Grund? Oder gibt es da etwas, was man so noch gar nicht vermutet hat?
Doch was mich auf den ersten Seiten des Buches gereizt hat, verlor über die Länge der Geschichte etwas an Glanz. Besonders die Strukturierung ließ es nicht zu, zu viel über den Täter und seine Motive zu offenbaren. So dass ich nach gut zwei Dritteln der Geschichte immer noch nicht den blassesten Schimmer hatte, welche Motive hier vorliegen. Und das hat mich dann schon irgendwie genervt. Ebenso im Sand verlaufen ist die psychologische Komponente des Thrillers, der hier streckenweise ein echtes Beziehungsdrama war aber nicht mehr der erhoffte Nervenkitzel. Dennoch versteht sich das Duo ganz prächtig darauf eine erzählenswerte Geschichte zu entwerfen, die den Leser trotz mehrerer Kritikpunkte an den Text bindet und ihn zum Weiterlesen animiert.
Fazit: Ich vergebe 4 Lesesterne für diesen Gemeinschaftsroman, den man auch als solchen erkennt. Man liest ihn als begeisterter Anhänger von Spannungsliteratur zwar gerne, er bleibt aber hinter anfänglichen Erwartungen zurück. Insbesondere die spärliche Auflösung der Ereignisse konnte mich nicht überzeugen, während der Lesefluss stets vorhanden war. Hier hätte ich definitiv schon ab der Hälfte des Buches eine dritte Erzählebene eingebaut, nämlich die des Täters, der seine Handlungen für den unbeteiligten Dritten offenbart. So blieb einiges ungesagt und wohl nicht sehr nah an der Realität. Dennoch ein lesenswerter Thriller, der sich sicher auch als Einsteigerroman ins Genre eignet, weil er weder grausam, noch blutig, noch abstrakt ist. Ganz im Gegenteil, man hofft inständig, dass einem selbst derartiges niemals widerfahren mag.