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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.06.2020

Klug und nachdenklich

Der Leopard
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„Ich bin jetzt dreiundsiebzig Jahre alt, gelebt habe ich davon … zwei, höchstens drei Jahre…“
Ein ernüchterndes Resumé, das Fabrizio, Protagonist des Romans, am Ende seines Lebens zieht. Fürst Fabrizio ...

„Ich bin jetzt dreiundsiebzig Jahre alt, gelebt habe ich davon … zwei, höchstens drei Jahre…“
Ein ernüchterndes Resumé, das Fabrizio, Protagonist des Romans, am Ende seines Lebens zieht. Fürst Fabrizio betrachtet sein Dasein als Anghöriger des Adelsgeschlechts Salina im Königreich Sizilien äußerst kritisch. Einerseits den Traditionen seiner adligen Vorfahren verbunden, liebt er es auf der anderen Seite besonders, sich mit Naturwissenschaften wie Mathematik und Astronomie zu beschäftigen, was allein ihm sinnvoll erscheint. Als engagierter Beobachter seiner Umgebung kommentiert er die Anstrengungen seiner Mitmenschen, die nach höheren gesellschaftlichen Positionen, Reichtum oder Einfluss streben. Aus der (Ein-)Sicht des Fürsten scheint ihr Streben sinnlos, wenn man es in dem größeren Zusammenhang zur geschichtlichen Entwicklung betrachtet. Giuseppe Tomasi di Lampedusa (1896-1957) lässt auf kluge und humorvolle Weise den Leser teilhaben am Leben Salinas und seiner Familie und den Ereignissen der Jahrzehnte zwischen den Frühsommern 1860 und 1919. Kritisch betrachtet er ihr Dasein vor dem historischen gesellschaftlichen Hintergrund und den grundlegenden politischen Veränderungen jener Zeit. Salina selbst kommentiert die Geschehnisse in seinen Gedanken, manchmal (selbst)kritisch, oft ironisch. Es scheint fast, als sei Fürst Fabrizio das Alter Ego Lampedusas, der ebenfalls aus einem alten Adelsgeschlecht stammt.
Zu Lebzeiten des Schriftstellers wurde der Roman von den Verlagen abgelehnt; erst im Jahr 1958 nach seinem Tod konnte er in Italien erscheinen. Bei allem Humor, den der Leser hier spürt, lässt er ihn doch nachdenklich zurück.

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Veröffentlicht am 24.05.2020

Eindringlich

Ich bleibe hier
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Überaus prägnant gibt bereits das Buchcover einen Eindruck zum Romaninhalt: es zeigt den Kirchturm des ehemaligen Dorfes Graun, der aus dem Wasser des Reschensees ragt. Marco Balzano erzählt die Geschichte ...

Überaus prägnant gibt bereits das Buchcover einen Eindruck zum Romaninhalt: es zeigt den Kirchturm des ehemaligen Dorfes Graun, der aus dem Wasser des Reschensees ragt. Marco Balzano erzählt die Geschichte dieses Südtiroler Ortes und wie es dazu kam, dass er gegen den Willen seiner Bewohner geflutet wurde und in einem Stausee versank. Hierbei mischt er Fiktion und Tatsachen auf unterhaltsame Weise. Die historischen Fakten von Planung und Ausführung des Stauvorhabens verwebt er gekonnt mit der ganz persönlichen Lebensgeschichte von Trina und ihrer Familie. Aus ihrer Sicht erlebt der Leser ein halbes Jahrhundert Südtiroler Geschichte mit und spürt, wie sie sich auf das Schicksal der Einwohner ausgewirkt hat. Unaufdringlich, aber durchaus eindrucksvoll lässt Balzano uns an Trinas Seite die einschneidenden Konsequenzen miterleben, welche die häufigen politischen Veränderungen und neuen Grenzziehungen für die Bevölkerung des Vinschgau mit sich brachten.
Während Trina und ihr Ehemann Erich sich mit dem Dorf Graun und seinem Los verbunden fühlen und für seinen Fortbestand kämpfen, ziehen andere Einwohner entmutigt fort. Auch Trinas geliebte Tochter sieht keine Zukunft in ihrer Heimat und verlässt heimlich ihre Familie. So gestaltet der Autor Trinas Erzählung als Bericht an Marica, eine Art Erbe an ihre verschollene Tochter, wobei er sich einer bodenständigen, schlichten Sprache bedient, wie sie zu den Dorfbewohnern passt.
Obwohl die Unterdrückung und Missachtung von Rechten der Südtiroler Bevölkerung zugunsten politischer und wirtschaftlicher Interessen einzelner Gruppen Thema des Romans ist, verfällt der Autor weder in einen klagenden noch kämpferischen Ton. Sein Stil bleibt ruhig, authentisch, und vielleicht gerade darum wirkt seine Geschichte so eindringlich.

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Veröffentlicht am 01.05.2020

Ein Fünf-Sterne-Gartenbuch

Alles über Bio-Gemüse
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Vom Ackersalat bis zur Zwiebel - in diesem Gartenratgeber sind Informationen zu (fast) allen Gemüsesorten zu finden, die der Hobbygärtner sich wünscht. So schwergewichtig das Buch in der Hand wiegt, ...

Vom Ackersalat bis zur Zwiebel - in diesem Gartenratgeber sind Informationen zu (fast) allen Gemüsesorten zu finden, die der Hobbygärtner sich wünscht. So schwergewichtig das Buch in der Hand wiegt, so umfangreich gestaltet sich auch der Inhalt. Ortrud Grieb erteilt fachgerechte Ratschläge zu Planung und Anlage eines Gemüsegartens, stellt die wichtigsten Gerätschaften vor und gibt einen Überblick über die Ansprüche von Gemüsepflanzen. Zum Basiswissen über richtige Pflege und Düngung kommen viele Tipps zum Erkennen und Behandeln von Krankheiten. Das alles erklärt die Gartenfachfrau - sowohl für den Neuling als auch für „alte Hasen“ - sehr ausführlich und gut verständlich.
Ein ausgedehntes Register enthält Beschreibungen von bekannten, aber auch ungewöhnlichen Gemüsepflanzen und speziellen Hinweisen zum Anbau. Zahlreiche Illustrationen begleiten den Text. Die Zeichnungen und Fotos, die zumeist von der Autorin selbst stammen, verdeutlichen ihre Erklärungen und motivieren zum Gärtnern in Eigenregie.
Über den üblichen Gartenratgeber hinausgehend gibt Grieb auch Hinweise zum Haltbarmachen der Ernte und sogar zur Saatgewinnung. Zusätzliche Gemüsetabellen für schnelle Infos zwischendurch und Bezugsquellenangaben ergänzen dieses voluminöse Werk.
Der Titel des Buches übertreibt keineswegs, wenn er „Alles über Bio-Gemüse“ verspricht. Neben Ortrud Griebs profundem Wissen und der großen Erfahrung, die sie in ihren praxis-orientierten Gartenratgeber einbringt, ist ganz deutlich ihre Liebe zum Gärtnern zu spüren. Ein wirklich gelungenes Gartenbuch, das fünf Sterne verdient!

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Veröffentlicht am 18.04.2020

Intensive Lektüre

Cyril Avery
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Das Leben Cyril Averys ist gleich durch mehrere Makel geprägt: im Dublin der 40er Jahre wird er unehelich geboren und von zwar vermögenden, aber etwas lieblosen Adoptiveltern aufgenommen, die ihm immer ...

Das Leben Cyril Averys ist gleich durch mehrere Makel geprägt: im Dublin der 40er Jahre wird er unehelich geboren und von zwar vermögenden, aber etwas lieblosen Adoptiveltern aufgenommen, die ihm immer wieder versichern, dass er kein „echter Avery“ ist. Dazu kommt seine homosexuelle Veranlagung, die er schon früh entdeckt. Verständlich, dass Cyrils Weg im katholisch-konservativen Irland mit Problemen behaftet ist. Immerhin hat er seinen besten Freund Julian, für den er allerdings mehr als Freundschaft empfindet.
Auf mehr als siebenhundert Seiten lässt der Autor Cyrils Lebenslauf von seiner Geburt bis ins Alter erstehen - keine Seite erscheint zuviel. John Boyne ist ein geistreicher, spannender Erzähler; sehr eindrücklich schildert er Cyrils Erlebnisse, offenbart seine intimsten Geheimnisse und Ängste. Empathisch erzählt er von schmerzhaften Erfahrungen mit Vertretern der Kirche, seiner Sexualität und Aids. Doch niemals wird sein Ton larmoyant. Viel hintergründiger Humor durchzieht Boynes Roman; sein Held verliert nie seinen Optimismus und die Lebensfreude. Und als er endlich einen Wechsel in ein anderes Land und später auf einen anderen Kontinent wagt, scheint sich für ihn alles zum Guten zu wenden. Auf lockere Art schreibt Boyne ein Stück irische Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts, teilweise bereichert um eigene Kindheits- und Jugenderfahrungen. Ein beeindruckendes, geistreiches Buch, das ich wärmstens empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 03.04.2020

Originelle Harzreise

99 x Harz wie Sie ihn noch nicht kennen
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Weinanbau im höchsten Gebirge Norddeutschlands? Schokoladenfestival und Schach als Schulfach? Das alles (und noch mehr) gibt es tatsächlich - im Harz.
Miriam Fuchs und Stefan Sobotta stellen in ihrem ...

Weinanbau im höchsten Gebirge Norddeutschlands? Schokoladenfestival und Schach als Schulfach? Das alles (und noch mehr) gibt es tatsächlich - im Harz.
Miriam Fuchs und Stefan Sobotta stellen in ihrem Reiseführer bekannte und weniger bekannte Urlaubsziele vor. Im Unterschied zu anderen „Guides“ erteilen die gebürtigen Harzer Autoren nicht nur Auskunft zu touristischen Highlights, sondern lenken die Aufmerksamkeit vor allem auf originelle Stationen, etwas abseits ausgetretener Touristenpfade. Ihre vielfältigen Anregungen umfassen sowohl Natur als auch Kultur der Harzregion. Neben Informationen zu idyllischen Wanderungen haben sie auch tolle Ideen für Unternehmungen mit Kindern parat, beschreiben besondere Museen und Handwerkskunst. Zusätzlich finden sich Empfehlungen zu einigen ungewöhnlichen Ferienquartieren und gemütlichen Gasthäusern. Alle Vorschläge sind kurz gehalten, gut erklärt und zusätzlich mit den entsprechenden Adressen versehen. Zum schnellen Auffinden sind sie (numeriert) auf einer Landkarte im Innenteil des Buchcovers eingetragen. Natürlich gehören auch anschauliche Illustrationen zu einem guten Reiseführer. Stefan Sobottas zahlreiche attraktive Fotografien begleiten den Text und geben eindrucksvoll Ortstypisches wieder. „99 x Harz“ verlockt zum Ausprobieren und gibt Harzneulingen, aber auch Kennern dieser Urlaubregion einen Führer an die Hand, um neue, lohnenswerte Ziele und Nebenschauplätze zu entdecken.

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