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Veröffentlicht am 17.10.2020

Was ist echt, und was ist nur Teil der Show?

Love Show
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Die siebzehnjährige Ray lebt auf Aroha Island und hat die Insel noch nie verlassen. Die Natur ist traumhaft schön und alle Inselbewohner sind wie eine große Familie - warum sollte sie woanders sein wollen? ...

Die siebzehnjährige Ray lebt auf Aroha Island und hat die Insel noch nie verlassen. Die Natur ist traumhaft schön und alle Inselbewohner sind wie eine große Familie - warum sollte sie woanders sein wollen? Doch dann machen Ray und ihr bester Freund Noah einige Entdeckungen, die sie ins Stutzen bringen. Der auf der Insel eintreffende Besucher Liam, dem sie die Insel zeigen soll, bringt Ray schnell auf andere Gedanken. Was sie nicht ahnt: Ihr ganzes Leben ist eine Reality-Show, außer ihr und Noah sind alle Inselbewohner Schauspieler. Und Liam wurde geschickt, damit die „Love Show“ ihrem Namen gerecht wird.

Auf den ersten Seiten taucht man ein in Rays heile Weilt auf Aroha Island, wo jeder jeden kennt und sie am liebsten zusammen mit ihrem besten Freund Noah über die Insel streift. Ein Brand im Diner, über dem sie mit ihrem Onkel Jim wohnt, führt dazu, dass sie die Nacht bei Noah verbringen soll. Doch seine Annäherungsversuche blockt sie entscheiden ab - sehr zum Verdruss von Mr. X, der seinem Publikum Liebesszenen bieten will.

Das Tempo ist von Beginn an sehr hoch. Der Brand im Diner wird auf einer einzigen Seite geschildert und kurz darauf schläft Ray schon in Noahs Zimmer ein, nachdem sie ihm klar gemacht hat, dass sie ihn nicht küssen wird. Auf die Gefühle und Gedanken der Handelnden wird nur oberflächlich eingegangen und Entscheidungen werden nicht groß erklärt. Ich hatte in der Folge häufig Probleme damit, das Verhalten der Charaktere nachzuvollziehen.

Die Schilderungen des Insellebens haben Feelgood-Charakter und nehmen viel Platz ein. Als Liam auf der Insel eintrifft mit dem Ziel, Ray zu verführen, erhält diese die Aufgabe, ihm die Insel zeigen. Sie nimmt ihn mit zu all ihren Lieblingsplätzen, die genau beschrieben werden, sodass man sich vorstellen kann, in welch toller Natur Ray lebt. Das führt allerdings auch dazu, dass Noah ganz schön eifersüchtig wird. Ich wartete unterdessen ungeduldig darauf, dass endlich die Wahrheit über die Show ans Licht kommt. Dies geschieht aber erst recht spät und dann überstürzen sich die Ereignisse so sehr, dass nur wenig Zeit für die Reflektion rund um die Frage „Wer bin ich, wenn andere über mein Leben bestimmen?“ bleibt.

Beim Lesen der Buchbeschreibung denkt man schnell an „Die Truman Show“ und der Ansatz ist tatsächlich ähnlich. Jedoch schöpft die Geschichte das Potenzial eines Buches gegenüber eines Films nicht ausreichend aus und bleibt für meinen Geschmack zu sehr an der Oberfläche. "Love Show“ bietet durch seinen paradiesischen Schauplatz zahlreiche Feelgood-Momente, bleibt im Hinblick auf die Handlung aber hinter meinen Erwartungen zurück.

Veröffentlicht am 30.08.2020

Ein dystopischer Sci-Fi Thriller

Aus schwarzem Wasser
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Maja sitzt mit ihrer Mutter, der Innenministerin Dr. Patricia Kohlbeck, im Auto, als dieses unkontrolliert in die Spree stürzt. Eigentlich sollten sie beide tot sein - doch Maja erwacht Stunden später ...

Maja sitzt mit ihrer Mutter, der Innenministerin Dr. Patricia Kohlbeck, im Auto, als dieses unkontrolliert in die Spree stürzt. Eigentlich sollten sie beide tot sein - doch Maja erwacht Stunden später in einem Leichensack und flieht aus dem Krankenhaus zu ihrem Freund Daniel. Wie konnte sie überleben? Auch die letzten Worte ihrer Mutter geben ihr Rätsel auf: „Du kannst niemandem trauen, sie stecken alle mit drin.“ Ihre beste Freundin Sofie macht währenddessen Urlaub auf den Philippinen, wo sich die erste einer Reihe von tödlichen Naturkatastrophen ereignet.

Die Geschichte beginnt aus Majas Perspektive, die das Ertrinken ihrer Mutter mit ansehen muss. Sie beide befinden sich unter Wasser in einem Auto, und auch Maja schließt mit ihrem Leben ab. Als sie einige Zeit später in einem Leichensack aufwacht, weiß sie selbst nicht so recht, wie ihr geschieht. Aufgrund der Warnung ihrer Mutter flieht sie überstürzt aus dem Krankenhaus und versucht bei ihrem Freund Daniel, Antworten zu finden. Das Tempo ist rasant, die Kapitel kurz und aus unterschiedlichen Perspektiven geschrieben.

Eine ganze Weile versteht man als Leser nicht, was überhaupt passiert ist und worum sich die ganze Geschichte dreht. Klar ist, dass es Personen gibt, die bereit sind, über Leichen zu gehen. Nur langsam gibt es erste Hinweise, während kurze, spannende Szenen einander jagen. Für Innehalten, Reflexion und Trauer bleibt wenig Zeit. Ich flog geradezu durch die Seiten, während sich allmählich ein Bild ergab. Ab einem gewissen Punkt setzen Rückblenden ein, die zusätzlichen Kontext zu Geschehen geben.

Das Buch gibt in Sachen Tempo und Spannung alles, konnte mich im Hinblick auf die Aufarbeitung des Kernthemas aber nur mäßig überzeugen. Die Idee ist wissenschaftlich aufgezogen und spricht wichtige politische Themen an. Ich hätte mir aber noch mehr Informationen gewünscht und fand insbesondere die Verarbeitung des Themas Sex merkwürdig. Die angekündigten Naturkatastrophen spielen eher eine Nebenrolle, hieraus hätte man meiner Meinung noch mehr machen können. Die Entwicklungen zum Ende hin punkten vor allem in Sachen Dramatik.

„Aus schwarzem Wasser“ ist ein dystopischer Sci-Fi Thriller, dessen Stärke die gelungene Spannungskurve ist, während ich mir von der Story mehr versprochen habe.

Veröffentlicht am 20.06.2020

Dupin ermittelt in Saint-Malo

Bretonische Spezialitäten
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Ausgerechnet gemeinsam mit seinem Präfekten Locmariaquer wird Dupin die nächsten vier Tage auf einem Seminar an der Polizeischule in Saint-Malo verbringen. Dort sind die Präfekten der vier bretonischen ...

Ausgerechnet gemeinsam mit seinem Präfekten Locmariaquer wird Dupin die nächsten vier Tage auf einem Seminar an der Polizeischule in Saint-Malo verbringen. Dort sind die Präfekten der vier bretonischen Départmements mit jeweils einem ihrer Kommissare zusammengekommen, um über die Verbesserung der Zusammenarbeit zu sprechen. Die Mittagspause des ersten Tages nutzt Dupin, um den nahegelegenen Markt zu besuchen. In aller Öffentlichkeit wird dort vor seinen Augen eine Frau erstochen, der Täterin gelingt die Flucht. Die Präfekten entschließen sich kurzerhand, die theoretischen Besprechungen zugunsten der Praxis zu vertagen: Die drei anwesenden Kommissare sollen den Fall gemeinsam lösen.

Dupin muss in „Bretonische Spezialitäten“ erneut außerhalb des eigenen Départements ermitteln. Der Grund ist diesmal ein Seminar, dass er gemeinsam mit seinem Präfekten besucht und das ihn nach Saint-Malo führt. Schon der Titel macht deutlich, dass Speisen hier eine größere Rolle spielen und schon auf den ersten Seiten werden dem Kommissar und dadurch auch dem Leser die Vorzüge einiger Käsesorten angepriesen.

Nach wenigen Seiten kommt es zum eingangs erwähnten Mord und einer spektakulären Verfolgungsjagd, welche die Spannung ansteigen lässt. Die Täterin ist dennoch schnell identifiziert, sagt allerdings kein Wort. Dupin und seine beiden Kollegen aus dem Seminar werden mit der gemeinsamen Ermittlung beauftragt und machen sich an die Befragung des Umfelds von Opfer und Täterin. Beide haben sich in der Region mit ihren Restaurants einen Namen gemacht. Führen ihre Berufe zum Motiv, oder steckt eine ganz andere Geschichte dahinter?

Die Zahl der Menschen, die bei der Suche nach dem Mordmotiv helfen könnten, ist übersichtlich. Doch so recht kommen die Ermittler nicht voran, denn für alle möglichen Ansatzpunkte gibt es eine gute Erklärung, warum das eigentlich kein Motiv sein kann. Ein weiterer Mord im selben Umfeld wirft neue Fragen auf und setzt die Kommissare unter zeitlichen Druck: Wenn die Täterin des ersten Mordes bereits hinter Gittern sitzt, wer ist dann jetzt aktiv geworden?

Dupins Team aus Concarneau kann diesmal nur begrenzt mit einigen Online-Recherchen unterstützen. Die beiden neuen Kolleginnen Le Menn und Nevou, deren Auftauchen ich im letzten Band begrüßt habe, spielen diesmal leider gar keine Rolle. Kommissarin Huppert und Kommissar Nedellec, mit denen Dupin vor Ort ermittelt, lernt man nur oberflächlich kennen.

Die Bücher nehmen sich schon immer viel Zeit für die Beschreibung der Landschaften, Sehenswürdigkeiten und Restaurants. Wer das mag, kommt hier voll auf seine Kosten, denn dem wird hier bisweilen mehr Platz eingeräumt als den Ermittlungen. Ein Buch vor allem für Leser, die sich für die Region und seine Spezialitäten interessieren!

Veröffentlicht am 30.05.2020

Ein Porträt zweier Brüder, die sich nicht kennen

Brüder
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Mick und Gabriel haben eine Sache gemeinsam: Sie sind ohne Vater aufgewachsen. Außerdem sind sie Halbbrüder und haben von ihrem afrikanischen Vater eine Hautfarbe geerbt, mit der sie in Deutschland auffallen. ...

Mick und Gabriel haben eine Sache gemeinsam: Sie sind ohne Vater aufgewachsen. Außerdem sind sie Halbbrüder und haben von ihrem afrikanischen Vater eine Hautfarbe geerbt, mit der sie in Deutschland auffallen. Ihre Lebenswege sind ganz unterschiedlich: Mick ist in Berlin geblieben, feiert gern und lässt sich durchs Leben treiben. Eines Tages sagt er Ja zu einer gefährlichen und kriminellen Aktion. Gabriel ist hingegen nach London gezogen, wo er als Star-Architekt arbeitet. Doch dann tut er etwas, das seinem Ruf nachhaltig schädigen könnte.
Die beiden Brüder werden nacheinander porträtiert und begegnen sich in diesem Buch nicht. Als Leserin erhielt ich umfassende Einblicke in ihr Aufwachsen, ihre Entscheidungen und wohin diese sie gebracht haben. Auch die Frauen an ihrer Seite - beide haben kein einfaches Verhältnis zu ihnen - lernt man ausführlicher kennen. Das Thema Hautfarbe spielt eine große Rolle, ohne explizit angesprochen zu werden. Die Sprache des Buches ist nüchtern und distanziert. Während Gabriels Part habe ich mehrere tagelange Lesepausen gemacht, weil es mich nicht packen konnte. Die Thematik fand ich aber weiterhin interessant, sodass ich es beendet und mich über den gelungenen Schluss gefreut habe.

Veröffentlicht am 27.05.2020

Dieser zweite Band wird von Krieg und mangelnder Kommunikation geprägt

Children of Virtue and Vengeance
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Nach den Ereignissen im Tempel auf der Heiligen Insel kehren Zélie und Amari auf dem von Roën und seinen Söldnern gekaperten Kriegsschriff aufs Festland zurück. Während Zélie um ihren Vater trauert, überlegt ...

Nach den Ereignissen im Tempel auf der Heiligen Insel kehren Zélie und Amari auf dem von Roën und seinen Söldnern gekaperten Kriegsschriff aufs Festland zurück. Während Zélie um ihren Vater trauert, überlegt Amari, wie sie auf den ihr nun rechtmäßig zustehenden Thron gelangt. Bei ihrer ersten großen Rede taucht jedoch eine mächtige Gegenspielerin auf, die deutlich macht, dass sie Amari den Thron nicht kampflos überlassen wird. Zwar können die Divînés nun Magie einsetzen, doch ungeplant sind auch magiebegabte Adelige, sogenannte Tîtánen, entstanden. Der Frieden schien zum Greifen nahe, doch nun geht der Kampf der Maji gegen die Adeligen weiter.

Der düstere, temporeiche Reihenauftakt von Tomi Adeyemi war im vorletzten Jahr ein echtes Fantasy-Highlight für mich. Entsprechend neugierig war ich auf diesen zweiten Teil der Trilogie, der die Geschichte relativ nahtlos weiterführt. Die Ereignisse im Tempel haben für Zélie und Amari alles geändert, doch in Ruhe trauern ist keine Option, denn der Krieg geht weiter und ein Frieden scheint erst möglich, wenn Amari Königin ist.

Das Tempo ist erneut rasant und eine Überraschung jagt die nächste. Gerade erst gefasste Pläne müssen dadurch verworfen werden und die Charaktere überlegen, welche Schritte sie stattdessen gehen können. Zélie und Amari haben mir im ersten Teil als willensstarke Frauen, die Dinge selbst in die Hand nehmen, sehr gefallen. Nun war ich jedoch enttäuscht von ihnen. Beide sind überzeugt davon, dass ihr Weg der einzig richtige ist. Von dieser Einstellung lassen sie sich bei ihren impulsiven Entscheidungen leiten und sind unempfänglich für Argumente der Gegenseite.

Es entsteht ein andauerndes hin und her: Kaum ist eine Seite endlich zur Annäherung bereit greift die andere Seite an und daraufhin muss ein Gegenschlag her. Dabei werden gute Ideen oft im allerletzten Moment zunichte gemacht. Mangelnde Kommunikation ist das Hauptproblem und bei mir machte sich zunehmend Ernüchterung breit. Man erfährt als Leser auch, was auf der Seite der Adeligen vor sich geht. Die einzige verhandlungsbereite Person hier verhält sich sehr naiv und muss immer wieder feststellen, dass sie eigentlich keine Ahnung von den Plänen ihrer Seite hat.

Es gab aber auch Lichtblicke, vor allem in Form der Divînés, die endlich wieder Magie einsetzten können und fleißig trainieren. Die Szenen in ihrem Lager fand ich schön und hier gibt es eine Menge interessanter Charaktere, die man langsam besser kennenlernt. Auch für die Liebe ist einige Momente und Szenen lang Zeit, bevor man sich wieder ins Gefecht stürzt. Der Söldner Roën war für mich in diesem Band der interessanteste Charakter. Eigentlich sollten er und seine Leute für denjenigen arbeiten, der am besten zahlt, doch das wird für ihn persönlich zunehmend zum Problem.

Vor dem großen Finale dieses Bands gibt es noch mal eine neue Entdeckung, die Hoffnung gibt und gleichzeitig zu emotionalen, traurigen Momenten führt. Der Showdown danach war kürzer als ich erwartet habe und gibt der Geschichte eine Wendung, die mich mit vielen Fragezeichen zurücklässt. In diesem von Krieg geprägten zweiten Teil konnten mich die Protagonisten leider nicht überzeugen. Die von Tomi Adeyemi geschaffene magische Welt finde ich jedoch weiterhin faszinierend, weshalb ich hoffe, dass es sich hier um ein klassisches Mittelband-Syndrom handelt und die Reihe im Finale zu alter Stärke zurückfindet.