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Veröffentlicht am 06.06.2020

Wie es sich lebt, wenn die Seele getötet wurde

Das wirkliche Leben
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Seit einigen Monaten scheint es, als würden mich Bücher über mißbrauchte Kinder regelrecht von sich aus suchen. So auch der Debütroman von Adeline Dieudonné, "Das wirkliche Leben".

Es ist kein sexueller ...

Seit einigen Monaten scheint es, als würden mich Bücher über mißbrauchte Kinder regelrecht von sich aus suchen. So auch der Debütroman von Adeline Dieudonné, "Das wirkliche Leben".

Es ist kein sexueller Mißbrauch, der hier geschieht. Doch Mißbrauch ist so vielfältig wie das Leben selbst. In diesem Buch mißbraucht ein Ehemann und Vater seine Ehefrau und seine Kinder, damit er sich selbst gut fühlt und seine Gewaltbereitschaft sowie sein Frust ein Ventil haben.

"Bei uns zu Hause gab es vier Schlafzimmer. Meines. Das meines Bruders Gilles. Das meiner Eltern. Und das der Kadaver." So ist der Einstieg in diesen Roman. Die Protagonistin erzählt rückwirkend über das schwierige Familienleben in dem Haus ihrer Eltern in der Reihenhaussiedlung.

Ihren Vater beschreibt sie sehr anschaulich. Vor meinem inneren Auge entstand ein großer und massiger Mann, der sich als Alleinherrscher fühlte und seine Abende vorm TV-Gerät mit viel Alkohol verbrachte. Seine einzige Leidenschaft war die Jagd - vor allem das Großwild hat es ihm angetan. Das Trophäenzimmer welches die Kinder nicht betreten durften, in dem auch der Stoßzahn eines Elefanten lag, zeugte von seinen Erfolgen. Doch irgendwo in diesem Monster war auch eine zarte Seite. Manchmal legte er eine Schallplatte auf, hörte ein ganz bestimmtes Lied und heulte wie ein kleines Kind. Der Quäler hatte auch eine gequälte Seite. Leider erfahren wir bis zum Schluss nicht, was es mit diesem Lied auf sich hat. Seine Familie hielt er sich zu seiner Bequemlichkeit. Seine Frau, seine Kinder hatten ihm das Leben angenehm zu gestalten. Jederzeit, auch wenn er nicht anwesend war, stand er drohend im Hintergrund seiner Frau und den Kindern. Die Mutter wird Amöbe genannt. Jemand der nie richtig anwesend war, jedoch immer bereit, die Gewalt ihres Ehemannes zu ertragen, wenn er seine Wut ausleben wollte. Und das kommt recht oft vor, zeigte sich schon Tage im voraus. Wie ein Schatten ihrer selbst geht sie durch den Alltag. Nur ihre Ziegen im Garten hauchen ihr Leben ein. Dort fühlt sie sich, ist lebendig.

Die beiden Kinder stehen wie ein geparktes Auto zwischen allem. Sie sind da, spielen im Leben der Erwachsenen jedoch eine untergeordnete Rolle. Sie durften mal gerade eben den Raum ausfüllen, der noch übrig blieb.

Ein Unglück, das beide Kinder ansehen und durchleben mussten, brachte die Veränderung. Da die Eltern unfähig waren ihren Kindern Trost zu spenden, ihnen zur Seite zu stehen, übernahm die Schwester die Rolle von Vater und Mutter gleichzeitig. Sie nahm ihr eigenes Leben, als auch das ihres kleinen Bruders in ihre Hände weil sie erkennen musste, dass nur sie etwas zum Guten verändern könnte. Es war auch eine Sache des eigenen Überlebens. Doch wenn die Eltern so versagen, sind die Möglichkeiten eines jungen Mädchens begrenzt. Bei dem Unglück schien nicht nur der nette Eisverkäufer gestorben zu sein, sondern auch die Seele ihres kleinen Bruders. Seine Seele starb bei Anblick der Explosion, wogegen die Seele der Mutter schon eine lange Zeit zuvor unter den ewigen Schlägen und verbalen Mißhandlungen ihres Ehemannes verkümmerte, bis nichts mehr davon übrig war. Beide scheinen gleichermaßen leblos zu funktionieren.

Es ist schon eine sehr seltsame Familie, die uns die Autorin da präsentiert. An seinem Sohn bekam der übermächtige Vater erst ab dem Moment Interesse, als ihn dieser zu seinen Schießübungen begleiten konnte. Nach einiger Zeit war der Sohn treffsicherer als der Vater. Und als Leser erwartet man nach etwa 3/4 des Buches auf den großen Knall in dieser eigenartigen Familie.

Für mich bleibt die Frage, ist diese Familie tatsächlich ein Einzelfall? Da ich mich in letzter Zeit - angeregt durch einen Tatsachenbericht - mit Kindes/mißhandlung/ mißbrauch befasse, komme ich immer mehr zur Überzeugung, dass es mehr solcher schwierigen Familienverhältnisse gibt, als ich mir je vorstellen konnte. Dieser Roman beschreibt lediglich eine Art von Mißbrauch, der jedoch in vielen Facetten daherkommen kann.

Weshalb ich dann doch ein 3/4 Sternchen abzog liegt daran, dass es für mich hie und da eine Länge gibt, Dinge zwar kurz angesprochen, aber von der Autorin nicht weiter verfolgt wurden.

Auf jeden Fall ist dies ein lesenswerter Roman.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.08.2019

In den Highlands

Die Melodie der Schatten
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Jeder von uns hat sicherlich seine eigenen Vorstellungen von den Highlands in Schottland. Prinz Charles, bekleidet mit einem Kilt, hat wohl jeder schon mal im TV oder einer Illustrierte gesehen. Dazu ...

Jeder von uns hat sicherlich seine eigenen Vorstellungen von den Highlands in Schottland. Prinz Charles, bekleidet mit einem Kilt, hat wohl jeder schon mal im TV oder einer Illustrierte gesehen. Dazu karge Landschaften, düstere Schlösser oder Burgen, die Clans - alles zusammengenommen setzt sich vor meinem inneren Auge zu einem bestimmten Bild zusammen. Ob das so stimmig ist?

All diese Vorstellungen geisterten in meinen Kopf herum, als ich den Blick auf das Cover des Buches "Die Melodie der Schatten" von Maria W. Peters warf und wurde durch die anmutige Frauengestalt mit dem wehenden rötlichen Haar um eine Nuance erweitert. Ich war neugierig geworden.

Das es sich bei diesem Buch nicht nur um einen historischen sondern auch um einen Frauenroman handelt, ergab sich schon aus der Inhaltsangabe. Zwar ist die Sparte "Frauenroman" nicht das Genre, nach dem ich spontan greife, jedoch - die Neugierde siegte. Um es gleich zu sagen, das Lesen hat sich gelohnt. Die brütend heißen Sommertage verbrachte ich mit Lesen und war im 19. Jahrhundert in den Highlands unterwegs.

Es ist ein Unterhaltungsroman für Frauen und nach diesem Kriterium habe ich auch zu bewerten.

Fiona Hemington reist mit Tante und Advokat in einer Pferdekutsche durch die Highlands. Im völligen Nirgendwo werden sie überfallen und - ist es Glück oder Zufall - sie kann sich retten, wird nicht wie ihre Mitreisenden ermordet. Lange irrt sie umher, bis sie in der Ferne ein Licht sieht, das zu einem Herrenhaus gehört. Völlig durchnässt und verdreckt bittet sie dort um Hilfe, die ihr auch gewährt wird.
Aidan, der Besitzer von Thirstane Manor wirkt auf sie genau so düster und abweisend wie der "alte Kasten", der irgendwann mal bessere Zeiten gesehen haben musste.

Was von diesem Moment an auf Fiona einstürzt und ihr ruhiges und bisher vom Vater vorgegebenes Leben völlig aus den vorgegebenen Bahnen wirft, ist schon gewaltig. War sie zu Beginn des Buches ein wohlbehütetes und naives Mädchen, bereit ein langweiliges Leben in Abgeschiedenheit bei ihrer Tante zu verbringen (das ihr vom Vater aufgezwungen wurde), so entwickelt sie sich zu einer jungen Frau, die irgendwann ICH WILL sagen kann. Was ihr Vater immer abfällig als Leiden bezeichnete, nimmt sie nun als besondere Gabe an. Die Autorin lässt uns abtauchen in Mystik, Spukgeschichten und eine "schwarze Gestalt" - ist sie gut oder böse? - geistert auch durch die dunklen Gänge des Anwesens.

Obwohl der Unterhaltungsroman in den schottischen Highlands spielt, spannte die Autorin auch einen Bogen nach Australien, dem Kontinent, auf den Verbrecher des Mutterlandes verbannt wurden. Beim Lesen bekommt man den Eindruck von der Willkür vermittelt, mit der auch unschuldige, aber unliebsame Bürger in weiter Ferne "entsorgt" wurden. Zimperlich waren die Menschen damals ganz bestimmt nicht. Was mir sehr gut gefällt ist der Anhang, der das Leben und Wirken der Clans erläutert und dem Leser den historischen Hintergrund verständlich macht, z. B. die Vertreibung der einfachen Pächter, die Willkür mit der das Land regiert wurde usw.

Mit dem Schreibstil hat die Autorin genau meinen Nerv getroffen. Ich mag einen guten Ausdruck in der dtsch. Sprache. Nachdem ich mit dem Lesen anfing, mochte ich das Buch auch nicht mehr aus der Hand legen. Wie bereits oben erwähnt, Frauenromane sind üblicherweise so gar nicht mein Ding, doch von diesem Buch war ich total eingenommen. Ich wünsche der Autorin mit diesem Roman viel Erfolg und vor allem zahlreiche Leser.

MIt den Sternchen liege ich zwischen 4 und 5.

Veröffentlicht am 20.06.2019

Stechende Biester oder liebenswerte Lebewesen?

Bienenleben
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Wer kennt sie nicht - Sarah Wiener? Bekannt wurde sie den Fernsehzuschauern durch das Kochen. Eine Frau in einer von Männern beherrschten Domäne. Im TV konnte man sie mit Spitzenköche dieses Landes um ...

Wer kennt sie nicht - Sarah Wiener? Bekannt wurde sie den Fernsehzuschauern durch das Kochen. Eine Frau in einer von Männern beherrschten Domäne. Im TV konnte man sie mit Spitzenköche dieses Landes um die Wette kochen sehen. Doch ihre Talente sind noch viel weitreichender. Egal was Sarah Wiener in der Vergangenheit anpackte - man denke nur einmal an eine TV Serie über ihre kulinarischen Reisen - sie vermittelt immer den Eindruck, dass sie alles mit vollem und persönlichem Einsatz durchzieht. Auch das Bücherschreiben.

Das vorliegende Werk "Bienenleben", Vom Glück, Teil der Natur zu sein, sprüht nur so vor Lebensfreude darüber, im Einklang mit der Umwelt zu leben. Wie Sarah Wiener schreibt, kam sie eher zufällig zum Imkern. Es war ein langer und schleichender Prozess, angefangen bei einer zufälligen Bekanntschaft mit einem Imker, über einen Lehrgang der Bienenhaltung. Bis es sie endlich voll packte und ihr erstes Bienenvolk bei ihr Einzug halten konnte. Doch wo ein Bienenvolk ist, da kommen meist noch mehrere hinzu. Imkern, das ist etwas das auch im Leben von Sarah Wiener immer mehr Zeit und Raum einnahm und sich im Laufe der Zeit immer weiter entwickelte, bis es in richtige Arbeit ausartete.

Sie lässt den Leser daran teilhaben, wie und wo sie die besten Standplätze für ihre Völker auswählte, damit es den Tieren auch gut gehen sollte. Dass es sich für sie dabei nicht nur um irgendwelche Tiere handelte zeigt sich allein schon daran, dass jedes Volk von ihr einen eigenen Namen bekam. Es liest sich, als seien die Bienen ihre persönlichen Freunde, so wie für andere Leute der Hund oder die Katze.

"Bienenleben" ist einerseits ein Sachbuch über das Imkern mit vielen sachlichen Infos, als auch ein persönlicher Erfahrungsbericht von Sarah Wiener über ihre Erfahrungen mit der Bienenhaltung. Der erste eigene Honig - was ein Genuss! Manchmal sind die Tiere für sie schwärmende Freunde und dann auch mal stechwütige Biester. Eins schließt das Andere nicht aus.

Ich selbst habe dieses Buch zweimal hintereinander gelesen, da ich diese Flut an Bienenwissen nicht bei einem einzigen Durchgang in seiner ganzen Fülle erfassen konnte. Der flüssige Schreibstil, als auch die immer wieder eingestreuten persönlichen Anekdoten, machen das Lesen dieses Buches für mich zu einem echten Vergnügen. Hätten wir nicht schon einige Bienenvölker im Garten, wäre ich ganz sicher von Sarah Wieners Enthusiasmus über die Bienenhaltung gepackt und würde zumindest einmal einen Bienenlehrstand besuchen. Dieses Buch weckt auf jeden Fall das Interesse an unserer direkten, bienenfreundlichen Umwelt. Bienen sind nun mal tatsächlich nicht nur stechende Biester, sondern kleine, pelzige Individuen, die unsere Natur am Laufen halten. Man muss ihre Schönheit und Außergewöhnlichkeit nur sehen wollen.

Veröffentlicht am 13.03.2019

Ein Leben im Vertrauen auf Gott

Gott spielt in meinem Leben keine Rolle - er ist der Regisseur
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In dem Buch "Gott spielt in meinem Leben keine Rolle - er ist der Regisseur" über Maria Luise Prean-Bruni, lernt der Leser eine außergewöhnliche Frau kennen.

Würde ich rein nach dem Cover schließen, dann ...

In dem Buch "Gott spielt in meinem Leben keine Rolle - er ist der Regisseur" über Maria Luise Prean-Bruni, lernt der Leser eine außergewöhnliche Frau kennen.

Würde ich rein nach dem Cover schließen, dann würde ich vermuten dies ist ein Buch über eine reiche Lady des englischen Adels, natürlich auf der Sonnenseite des Lebens, die sich auf den Weg zu ihren Bridge-Damen macht um bei einem Gläschen Portwein mit ihnen einen netten Nachmittag zu verbringen.

Ich weiß, das ist der total falsche Schluss. Jedoch ist dies, was mir beim ersten Blick auf das Cover ganz spontan durch den Kopf ging. Es ist diese Ausstrahlung, ihre Sache im Leben gut gemacht zu haben.

Dabei ist es zu Beginn ihres Lebens gar nicht so sicher, in welche Richtung der Weg von Maria Luise Prean-Bruni gehen würde. Zuerst musste sie diesen schrecklichen Krieg überleben. An ihre Mutter geschmiegt verbrachte sie Bombennächte im schützenden Bunker. Diese Todesängste können wir uns heute, die wir nie einen Krieg erlebt haben, uns gar nicht vorstellen. Schon in dieser Beschreibung zeigt sich das enorme Gottvertrauen, das die Familie auszeichnet. Dieses Gottvertrauen wird auch belohnt. Keiner von ihnen verliert im Bombenhagel sein Leben. Sogar der Vater kommt wieder aus dem Krieg heil zu seiner Familie nach Hause zurück. Ihr Verhältnis zum Vater ist schwierig. Sie schreibt, sie sei vom Vater abgelehnt und so in die Hände Gottes getrieben worden. Er war da um sie aufzufangen.

Maria Luise erhält eine gute Ausbildung, arbeitet als Lehrerin und könnte das ganz normales Leben einer Frau der damaligen Zeit mit Mann und Kindern leben. Doch es ist als spüre sie, "das ist nicht MEINS". Für eine begrenzte Zeit übersiedelt sie in die USA und daraus werden viele Jahre. Diese Zeit in den USA schlägt sich auch in ihrem Erzählstil nieder. Es ist eine sehr amerikanische Art zu schreiben.

MIch faszinierten ihre Zwiegespräche mit Gott. Dieses bedingungslose Vertrauen das sie aufbringt, ihr Leben in seinem Sinn zu führen. Selbst wenn der Verstand signalisiert, "das kann nicht funktionieren", bleibt sie unbeirrt auf dem Weg, den sie von Gott vorgegeben bekommt. Und am Ende fügt es sich.

Erst mit 50 Jahren heiratet sie. Wie man lesen kann, war es eine späte und sehr glückliche Ehe. Leider war sie nur von kurzer Dauer. Nach wenigen Jahren wurde sie Witwe. Doch Maria Luise fällt nicht in eine Depression. Es ist, als habe sie noch mehr Kraft für ihr Lebenswerk bekommen. In einem Alter in dem andere Menschen in Rente gehen und zwei Gänge zurück schalten, dreht sie erst richtig auf. Seite 165, Vision for Africa. In Ruanda gründet sie ein Missionswerk, adoptiert Kinder, die ohne ihre Hilfe nur geringe Chancen im Leben hätten. Gibt ihnen eine Ausbildung. Immer wieder kreuzen im richtigen Moment Menschen ihr Leben die ihr helfen, dieses Missionswerk am Laufen zu halten. Sei es durch finanzielle Unterstützung oder seien es Ärzte, die kostenlose medizinische Hilfe leisten. In dem großen Bildteil werden auch mehrere ihrer Unterstützer vorgestellt.

Dass es sich um ein christliches Buch handelt, versteht sich im Grunde von selbst. Als Leser dieser Biographie sollte man dieser Art Literatur etwas abgewinnen können. Es geht immer um Nächstenliebe und den Anderen lieben wie sich selbst. Verzeihen können, was im Grund unverzeihlich ist - wie sie es bei einem jungen Mann tat, der Reue zeigte.

Von den Gebetsstätten in Imst habe ich schon viel gehört. War aber noch nie dort. Dieses Buch hat mich neugierig gemacht.

Dies ist kein alltägliches Buch. Wer nicht an Gott glaubt, der wird sich wohl schwer tun, die Gedanken von Maria Luise zu verstehen. Wie schon zuvor gesagt, ihr Leben ist ein stetiges Gottvertrauen.

Dafür gebe ich gerne eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 20.11.2018

Ein Indianer des Sammes der Lakota im Heute

Indian Cowboy
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Allein das Cover dieses Buches spricht von Abenteuer und machte mir schon Lust aufs Lesen. Der Protagonist des vorliegenden Romans „Indian Cowboy“ - die Nacht der Wölfe – von Brita-Rose-Billert gehört ...

Allein das Cover dieses Buches spricht von Abenteuer und machte mir schon Lust aufs Lesen. Der Protagonist des vorliegenden Romans „Indian Cowboy“ - die Nacht der Wölfe – von Brita-Rose-Billert gehört zu den Ureinwohnern Amerikas. Genauer gesagt, er ist ein Lakota.

Ach, Indianer, wird so manch einer sagen und denkt an Pferde, Pfeil und Bogen, an Kriegsbemalung, Kriegspfad, Feuerwasser und Federschmuck. Vielleicht noch an die Romane von Karl May oder an die vielen Western die in den 60ern gedreht wurde, bei denen Indianer meist die Weißen überfielen, ihren Skalp oder deren schöne Frauen wollten und die guten Weißen gegen die bösen Rothäute gewannen. Dass die ersten weißen Siedler , die auf der Mayflower die neue Welt erreichten, ohne die Hilfe der Indianer nicht hätten überleben können, ist nur wenigen bekannt. Der Thanksgiving Day, der in ganz USA einer der höchsten Feiertagen ist, hat darin seinen Ursprung. Als Dankbarkeit an die Ureinwohner für die gewährte Hilfe. Aber das ist jetzt ein ganz anderes Thema.

In dem vorliegenden Roman lernen wir Indianer der Neuzeit kennen. Sie wohnen größtenteils in ihren Reservaten, wo sie in ihren Traditionen als auch in der modernen Zeit leben können. Für viele der Bewohner ein Drahtseilakt. Der Alkoholismus unter dieser Volksgruppe ist legendär. Direkt zu Beginn des Buches konfrontiert uns die Autorin mit der Problematik des leicht zugänglichen Alkohols, der viele dieser Ureinwohner zerstört. Das ist ein ganz großes Problem sowohl des letzten als auch dieses Jahrhunderts. Dazu kommt vielfach noch die mangelnde Bildung.

Im Vorspann lernen wir Ryan Black Hawk, ein Lakota, im Alter von 16 Jahren kennen, als er trinkt, Gras raucht, und nach einer durchzechten Nacht von seinen Freunden total besoffen und high vor der Haustür seines Elternhauses abgeliefert wurde. Sein Vater greift ihn am Kragen und schleift ihn unter kaltes Wasser, ist bitterböse über dieses Verhalten, doch seine Standpauke dringt nur schemenhaft durch den Alkohol- und Drogennebel in Ryans Hirn. Erst als die Polizei am nächsten Morgen auftaucht und nach dem Fahrer und Beifahrer des Autos fragt, mit denen Ryan die vergangene Nacht unterwegs war, fängt dieser an zu denken. Seine beiden Saufkumpane haben sich mit dem Auto überschlagen und dabei tödlich verletzt.

In diesem Moment nimmt sich Ryan vor, keinen Tropfen Alkohol mehr anzurühren und seinem Leben einen Sinn zu geben. So lernen wir ihn auf den nachfolgenden Seiten in diesem Roman auch kennen - als einen verantwortungsvollen jungen Lakota, der sein Ziel vor Augen hat. Ich muss gestehen, von da an wurde mir Ryan von Seite zu Seite immer sympathischer. Irgendwie sah ich ihn vor mir, mit seinem langen blauschwarzen Haar und der olivfarbenen Haut.

Da die Familie Geld braucht um die Farm zu halten, meldet er sich in einem Rekrutierungsbüro, kommt zur Air Force und wird zu einem Fahrer mit Sonderaufgaben (Personenschützer) ausgebildet. Die Beschreibung der harten Ausbildung bei der US Army, als auch wie es sich als Angehöriger des US Air Force lebt, ist der Autorin gut gelungen und sie bringt dies auf nur wenigen Seiten komplett rüber. Ryans besondere (indianische) Fähigkeiten werden schnell von seinem Vorgesetzten erkannt, gefördert und kommen in seiner neuen Tätigkeit voll zum Einsatz. Er ist präzise, schnell und kann sich völlig lautlos, als auch unsichtbar für seine Feinde, in der Natur bewegen. Das liest sich sowas von spannend, dass ich das Buch nicht mehr weglegen konnte. Der Roman hat aber auch seine komischen Seiten, z. B. als Ryan die Ehefrau und durchgeknallte Tochter eines Vorgesetzten zum Flughafen fahren muss, mit all den Begleiterscheinungen dieser eigenartigen Tour. Selbst auf abfällige, rassistische Äußerungen hat er gelernt, nicht zu reagieren.

Dass Ryan auf Gönner trifft die sein Talent erkennen und schätzen, als auch auf Schurken die ihm nach dem Leben trachten und in eine Falle locken, das versteht sich wohl von selbst. Spannung pur. Es ist ein moderner Roman über die Ureinwohner der USA im Heute. Der Autorin gelingt es, mit den Vorurteilen des „ewig Hinterwäldlerischen“ gegenüber diesen Menschen aufzuräumen. Das Ryan, ein intelligenter und moderner Lakota, trotzdem noch immer in den Traditionen seines Stammes zu Hause ist, erleben wir beim „Sundance“. Auch ist es der Autorin sehr gut gelungen, einige Probleme des modernen US-Amerikas - ich denke da an den Straßenausbau in dem Indianer Schutzgebiet, was zu Auseinandersetzungen führte - in die Handlung einzuflechten. Phantasie gepaart mit Realität.

Ich muss gestehen, dass ich auf den zweiten Band riesig gespannt bin und wissen will, was Ryan noch alles erlebt bis er das Leben leben kann, das sein eigentliches Ziel ist, Rancher sein und Pferde züchten. Doch bis er als Rancher sesshaft wird, gibt es hoffentlich noch etliche spannungsgeladene Romane mit Ryan Black Hawk.