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Veröffentlicht am 11.07.2020

Obdachlose Studentin

Berühre mich. Nicht.
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Sage ist ein paar tausend Meilen von zuhause entfernt, um zu studieren und zu vergessen. Sie kann sich keine Wohnung leisten und schläft daher in ihrem klapprigen VW-Bus (der übrigens auch nie getankt ...

Sage ist ein paar tausend Meilen von zuhause entfernt, um zu studieren und zu vergessen. Sie kann sich keine Wohnung leisten und schläft daher in ihrem klapprigen VW-Bus (der übrigens auch nie getankt werden muss und daher auch kein Geld kostet). Zum Waschen schleicht sie sich in die Gemeinschaftsduschen auf dem Campus. Aber dann lernt sie April kennen, die ebenfalls gerade mit dem Studium begonnen hat und diese überredet sie, bei ihr und ihrem Bruder zu wohnen. Sie haben eine moderne, große Wohnung und noch Platz. Sage sagt zu, auch wenn ausgerechnet Aprils Bruder alles verkörpert, vor dem sie Angst hat. Er ist groß, muskulös, tätowiert und mega gut aussehend. Denn Sage schleppt viele Ängste mit sich herum, denn ihre Vergangenheit war nicht gerade berauschend.

Mir hat was gut gefallen: Obwohl hier auch sexuelle Gewalt thematisiert wird, behandeln die Männer/Jungs, auf die es ankommt, das Mädchen hier nicht wie den letzten Dreck. Das ist immerhin schon mal ein großer Vorteil vielen anderen NA-Büchern gegenüber. Und vielleicht hätte das Buch daher auch mehr Spaß gemacht, wenn mal irgendwas passiert wäre. Aber dieses ewige Hin und Her zwischen Sage und ihrem Angebeteten ist nervig. Es ist klar, dass man Angststörungen nicht so leicht überwinden kann, auch mit Hilfe einer Psychologin nicht (so richtig ist mir nicht klar geworden, ob die arme Frau jemals Geld von Sage gesehen hat). Aber wenn man sich einem Typen schon so weit annähert, dass man es sich mit dem Mund machen lässt und vice versa, dann kann es doch nicht sein, dass man kein Vertrauen hat, ihm alles zu erzählen? Stattdessen zickt sie auf einmal rum und macht noch mehr Dummheiten als vorher. Auch innerhalb des Buches habe ich immer wieder die Augen verdreht, wenn sich alle Mädels als sofort best friends of the world entpuppt haben oder Sage sofort eine Wohnung (bei dem ach so von Mom enttäuschten Love Interest) oder einen Job findet, für den sie nichts können und auch kaum mit anderen Menschen agieren muss. Zu viel Blabla in zu wenig Handlung. Ach so. Habe ich schon den saudummen Titel erwähnt? Wer denkt. Sich sowas. Aus?

Veröffentlicht am 29.06.2020

Würfelspiel

Der Würfelmörder (Ein Fabian-Risk-Krimi 4)
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Ein kleiner syrischer Junge wird brutal ermordet, in einem Asylheim wird Feuer gelegt. Gleichzeitig sterben erst eine schwedische Geschäftsfrau, dann bringt jemand unvermittelt einen Fleischer um. Zusätzlich ...

Ein kleiner syrischer Junge wird brutal ermordet, in einem Asylheim wird Feuer gelegt. Gleichzeitig sterben erst eine schwedische Geschäftsfrau, dann bringt jemand unvermittelt einen Fleischer um. Zusätzlich ermittelt Fabian Risk in einem cold case, und es steht zu befürchten, dass einer aus dem Team mörderische Ambitionen hat. Als wäre das alles nicht genug, will sich Tuvesson einem Alkoholentzug unterziehen und Risk ist eigentlich noch im Urlaub. Personalmangel ist das Stichwort, weil auch gerade in ganz Restschweden so viele Verbrechen passieren, dass niemand Leute entbehren kann.

Nun ja. Ich fange mal mit dem Positiven an. Der Schreibstil. Flüssig, oft spannend, routiniert. Wobei mir aufgefallen ist, dass sich vieles wiederholt, wortmäßig, kann natürlich auch an der Übersetzung liegen. Gut finde ich auch die relativ klare Positionierung gegen Nazis und rechtes Gesindel. Aber der Rest ... sollte eigentlich Schweigen sein, aber ich bin nicht Shakespeare, also gehe ich näher drauf ein. Ahnhem präsentiert uns hier mal eben drei Fälle statt einem und lässt und einfach mal ungelöst hier stehen. Am Ende haben sie zwar mehrere Leute festgenommen, aber überzeugen tut mich davon keiner, zumal auch nicht irgendwie bewiesen wurde, dass einer der Festgenommenen zweifelsfrei verantwortlich ist. Ganz zu schweigen von dem cold case, der gewissermaßen schon im letzten Buch angeschnitten wurde. Hinzu kommt, dass einfach viel zu viel in die Privatprobleme der Ermittler gesteckt wurde - bei keinem von denen gibt's auch nur annähernd Normalität. Nicht nachvollziehbar fand ich auch das Verhalten von Lilja, die sich lieber von Nazis terrorisieren lässt bis hin zu sexueller Misshandlung, anstatt die anzuzeigen, weil "man ihnen nicht zeigen darf, dass man sie fürchtet". What?! Ja, dann. Also, Mädels, wenn ihr missbraucht oder gemobbt werdet, zeigt eure Peiniger ja nicht an. Wir wollen ja nicht, dass sie merken, dass ihr Angst hattet, oder?
Was für ein Bulls...
Enttäuschende Fortsetzung der Reihe. Im Übrigen sollte er lieber eine eigene Reihe um Dunja schreiben anstatt hier ab und zu Schnipsel zu streuen, die überhaupt nichts zur Handlung beitragen.

Veröffentlicht am 29.06.2020

Wie Zuckerwatte

Das Buch der gelöschten Wörter - Zwischen den Seiten
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Hope Turner ist in der Buchwelt angekommen, nur mit Rufus Walker gibt es noch immer Probleme. Als sie ihn verdächtigt, ihre Mutter in der Echtwelt zu vergiften, reagiert er beleidigt und sie muss sich ...

Hope Turner ist in der Buchwelt angekommen, nur mit Rufus Walker gibt es noch immer Probleme. Als sie ihn verdächtigt, ihre Mutter in der Echtwelt zu vergiften, reagiert er beleidigt und sie muss sich von jemand anders einlesen lassen. Aus Versehen stolpert Hope dann über den wahren Täter und auch einige Intrigen, die von dem Antagonisten Quan Surt ausgeheckt werden.

So inhaltsleer wie meine Beschreibung entpuppte sich leider auch der zweite Band der Trilogie, in die ich ursprünglich so viel Hoffnung gesetzt hatte. Wahrscheinlich jedoch gibt die Handlung einfach nicht genügend für drei Bücher her, also muss aufgebläht werden, als würde man eine Zuckerwatte herstellen. Hope, die ich mir ursprünglich als gestandene Frau von Anfang vierzig hatte vorstellen wollen, benimmt sich, als hätte sie die Pubertät gerade erst hinter sich. Ihre Handlungen und Reaktionen sind meistenteils fragwürdig, bestenfalls kindisch. Damit ist sie allerdings bei Rufus in guten Händen, denn der mürrische Mann ist mürrisch. Und beleidigt. Mehr Charakterzüge habe ich bei ihm nicht entdecken können. Anstatt sich dauernd bei ihm zu entschuldigen (völlig ohne Grund, denn es gab genügend Beweise gegen ihn), hätte sie ihn zum Teufel jagen und den anderen Leser nehmen sollen, der ihr zugeteilt wurde. Aber das geht natürlich nicht, denn Oliver ist nett, höflich, beherrscht Kampfsport, behandelt Hope anständig, ist aber übergewichtig. So was wollen wir natürlich nicht. Könnte vielleicht das Signal senden, dass gutes/muskulöses Aussehen nicht alles ist. Schlimmer noch ist jedoch, dass es hier keinen Plan für ein Vorgehen gibt, das rational denkenden Menschen einleuchtet. Wie aufgeschreckte Hühner rennen alle ohne Sinn und Verstand durch die Gegend, keiner stellt die richtigen Fragen oder lässt die richtigen Leute ermitteln. Alles, was passiert, passiert durch Zufall oder Hopes Dum... also gut, nennen wir es Tollpatschigkeit. Diese Geschichte hätte als Einzelband oder maximal Dilogie bestimmt sehr viel besser funktioniert. Auch hätte man bedeutend mehr logische Handlungen reinbringen müssen, dann gäbe es die Chance, dass aus dem Buch ein großer Wurf geworden wäre. So jedoch hat man nach dem Lesen das Gefühl, dass hier eine mega Idee mega gegen die Wand gefahren wurde.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Handlung
  • Fantasie
  • Erzähltstil
  • Figuren
Veröffentlicht am 30.05.2020

Langweilig

DUNKEL
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Hulda Hermannsdottir ist eine Kommissarin der alten Schule, heißt es. Langsam, aber gewissenhaft. Leider sind diese Eigenschaften nichts mehr wert, sie soll Platz für einen jungen, hochgepuschten Kollegen ...

Hulda Hermannsdottir ist eine Kommissarin der alten Schule, heißt es. Langsam, aber gewissenhaft. Leider sind diese Eigenschaften nichts mehr wert, sie soll Platz für einen jungen, hochgepuschten Kollegen machen. Wenn sie will, so sagt ihr Chef, kann sie sich einen alten Fall aussuchen, den sie in den letzten Tagen vor ihrer Pension noch bearbeiten kann. Das tut Hulda auch, sie geht dem Fall einer toten Asylbewerberin nach, der ihrer Meinung nach nicht anständig abgeschlossen wurde. Bei ihren Nachforschungen merkt sie, dass sie damit wohl recht hatte, denn es gibt einen skrupellosen Mörder, der noch immer frei herumläuft.

Einer der besten Krimis/Thriller seit 1945 und preiswürdig und was weiß ich noch. Woher kommen die Lobhudeleien? Der Fall selbst ist so lahm wie eine Ente, der in den Flügel geschossen wurde. Alles ist depressiv und deprimiert. Warum Hulda als mega Kommissarin bezeichnet wird, ist mir ebenso rätselhaft, sie stochert ständig im Dunkeln und trampelt wie ein Elefant im Porzellanladen herum. Es gibt zwei Nebenstränge - einmal einen völlig sinnlosen aus der Vergangenheit, der absolut keinen Mehrwert für das Buch hat und einmal einen, in dem wir Opfer und Täter begleiten. Vielen Dank, dass mir dadurch schon klar wurde, wer der Täter ist, diese Information aber der Kommissarin nicht bekannt war. Langweilig. Einfach langweilig. Davon abgesehen war mir Hulda, trotz dessen, dass sie zweifellos viele Ungerechtigkeiten in ihrem Job erfahren musste, sehr unsympathisch. Ihre Denkweise empfand ich als egoistisch und wenig vertrauenseinflößend. Und das Ende war einfach nur mies, kann man nicht anders sagen. Den Rest der Trilogie erspare ich mir.

Veröffentlicht am 27.05.2020

Alice im Geisterdorf

Das Dorf der toten Seelen
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Vor sechzig Jahren verschwanden in einem kleinen, abgelegenen Ort alle Einwohner - gefunden wurden nur noch eine an einem Pfahl gefesselte, zu Tode gesteinigte Frau und ein Baby.

Alice, die Enkelin von ...

Vor sechzig Jahren verschwanden in einem kleinen, abgelegenen Ort alle Einwohner - gefunden wurden nur noch eine an einem Pfahl gefesselte, zu Tode gesteinigte Frau und ein Baby.

Alice, die Enkelin von jemandem, der einst in diesem Dorf gelebt hat, möchte jetzt einen Film über dieses Dorf drehen und sie hat es geschafft, ein Team und etwas Ausrüstung aufzubringen. Noch bevor sie dort ankommen, merken sie, dass ihre Handys nicht mehr funktionieren - auch die mitgebrachten Walkie Talkies haben immer wieder seltsame Störungen. Schon nach einem Tag geschieht ein Unfall, eines ihrer Autos explodiert und sie müssen sich zugestehen: Sie sind nicht allein in dem Geisterdorf. Bald gibt es Tote ...

Mit dieser Prämisse wurde zwar das Rad nicht neu erfunden, aber es ist trotzdem eine spannende Sache - oder sollte es zumindest sein. Die Autorin hat es nicht geschafft, einen Spannungsbogen aufzubauen, was auch an der suboptimal gewählten Protagonistin liegt. Alice kann keine Geschichte tragen; sie ist zickig, anstrengend und verliert ständig die Nerven. Von Sympathie konnte da keine Rede sein. Auch die anderen Mitwirkenden sind wenig geeignet, wirklich Interesse aufkommen zu lassen. Lediglich Elsa - aus dem Erzählstrang von 1959 - schaffte es, Wohlwollen zu erregen. Das wäre alles nicht so problematisch, wenn die Geschichte wenigstens zu einem logischen und nachvollziehbaren Ende gelangen würde, aber was uns die Autorin hier präsentiert, ist entweder Unfähigkeit, einen glaubwürdigen Schluss zu präsentieren oder sie dachte sich: Ach, egal. Bei dem Nachnamen werde ich eh gelesen, da brauche ich mir um Logik nun wirklich keine Gedanken zu machen. Selbiges gilt für das Buch - darum muss man sich keine Gedanken mehr machen, sondern kann es gleich nach dem Zuklappen wieder vergessen.